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Kreditscoring - Ministeriumsvorwürfe: Bewährte Systeme ohne Grund in Frage gestellt

Kaum ist das Gesetzgebungsverfahren zur Novellierung des Bundesdatenschutzgesetzes abgeschlossen, wird eine vom Verbraucherschutzministerium beauftragte Untersuchung der GP Forschungsgruppe veröffentlicht.1) Es ist wichtig, dass sich die Politik mit der Branche der Auskunfteien und dem Scoring befasst. Transparenz, Datenschutz und Selbstbestimmung der Verbraucher müssen auch nach der Bundestagswahl öffentlich diskutiert werden. Entscheidend ist dabei aber, dass die Diskussion auf fundierten Grundlagen stattfindet.

In der Untersuchung haben 100 Testpersonen bei vier Auskunfteien Eigenauskünfte eingeholt. Während die Daten der anderen Auskunfteien laut Studie "nicht aussagekräftig" waren, glauben die Autoren bei den Schufa-Auskünften verschiedene Fehlerarten ausmachen und zu einer möglichst hohen Prozentzahl (45 Prozent) addieren zu können. Mit alleine 21 Prozent Fehlerquote schlagen beispielsweise fehlende Girokonten zu Buche, mit fünf Prozent fehlende Immobilienkredite. Hätten die Verfasser des Berichts die Logik fehlender Daten auf die drei anderen Auskunfteien übertragen, wären für diese Fehlerquoten von 100 Prozent zu vermelden gewesen. Das hätte Verfasser und Ministerium nachdenklich machen müssen, denn Auskunfteien sorgen dafür, dass mit hohem volkswirtschaftlichem Nutzen in Deutschland täglich hunderttausende Kreditverhältnisse eingegangen werden können.

Die Untersuchenden und das Ministerium haben keinen Kontakt zu den Auskunfteien aufgenommen. Es wäre ihnen sonst nicht verborgen geblieben, dass Girokonten bis Ende 2005 der Schufa nicht zwingend zu melden waren und heute für Hypotheken nach wie vor keine Meldepflicht besteht. Statt einer fundierten Recherche und Nachfrage wurden jedoch Schlüsse gezogen, die Fachleute schlicht als abstrus bewerten müssen. So berichten die Autoren beispielsweise von drei Personen, zu denen die Schufa keine ausreichenden Informationen hatte und bei denen demzufolge in der Eigenauskunft kein Basisscorewert angegeben wurde. Die offensichtlich ernst gemeinte Frage der Autoren lautet dazu wörtlich: "Es ist sicherlich diskussionswürdig, warum die Schufa in solchen Fällen nicht einen Scorewert von 100 Prozent vergibt". Dazu sei nur angemerkt, dass ein Score von 100 Prozent bei der Schufa eine Rückzahlungswahrscheinlichkeit von 100 Prozent bedeutet.

Abgesehen von dieser an der Realität und dem System des Scorings völlig vorbeigehenden Frage weist die Untersuchung beispielsweise auch zwei Prozent falsche Girokontennummern aus. Selbstverständlich ist es im größten Interesse der Schufa, dass alle notierten Informationen korrekt sind. Es dürfte jedoch jedem, der sich mit dem Scoring beschäftigt, klar sein, dass die Nummern von Girokonten oder Kreditkarten für die Berechnung von Scorewerten nicht herangezogen werden und an dieser Stelle irrelevant sind.

Welche Schufa-Daten sind nun tatsächlich falsch und welche Auswirkungen kann das auf das Scoring haben? Falsch wären Informationen, wenn Kreditverträge nie oder nicht in der notierten Form bestanden haben. Auch falsch wären Informationen zu Konten, die nicht mehr bestehen. Diese Fehler machen jedoch nur einen Teil der in der Untersuchung propagierten hohen Fehlerquote aus und könnten auf falschen Interpretationen beruhen. Häufig interpretieren Verbraucher Informationen zu Kreditanfragen bei der Schufa beispielsweise als eingemeldete bestehende Kredite. Informationen, die von Vertragspartnern nicht mitgeteilt wurden, sind in diesem Sinne nicht falsch, sondern unvollständig. Es ist ein stetiger Prozess, die Informationen zu vervollständigen und möglichst alle kreditrelevanten Daten von den Vertragspartnern zu bekommen.

Auf dem Portal www.meineschufa.de können Verbraucher ihre Daten einsehen und gegebenenfalls korrigieren lassen. Daten können auf Anregung der Verbraucher und nach Rücksprache mit den einmeldenden Banken ergänzt oder gelöscht werden. Unvollständige Daten werden sich im Lauf der Zeit verringern und stehen der sicheren Aussagekraft der Scorekarten nicht entgegen. Diese werden in Back-Tests permanent überprüft. Dabei ist erkennbar, dass die vorhergesagten Ausfallwahrscheinlichkeiten nahezu perfekt eintreffen. Die Prognosen sind stabil und zuverlässig. Darüber hinaus wurden im Rahmen der Basel-II-Implementierungen von der Bankaufsicht Scoresysteme von diversen Banken freigegeben, die Schufa-Scores beziehungsweise -Teilscores enthalten.

Im Sinne dieser Ausführungen wäre es wünschenswert, dass in Zukunft Untersuchungen durchgeführt werden, die das Thema Auskunfteien und Scoring mit Sachlichkeit und Tiefgang analysieren. Die schlagzeilenträchtige Publikation von fragwürdigen Zahlen dürfte auch nicht im Interesse des Verbraucherministeriums sein, denn sie führen zu nicht notwendiger Verunsicherung und stellen ohne Grund bewährte Systeme in Frage.

Rainer Neumann, Vorsitzender des Vorstands der Schufa Holding AG, Wiesbaden

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