Zielgruppe Studenten

Interview mit Peter Fleischer Studienfinanzierung bei der KfW: neue Vertriebswege

Welche Erfahrungen hat die KfW in der Bildungsfinanzierung

Die KfW kann mittlerweile auf eine über zehnjährige Tradition in der Förderung von Bildungsmaßnahmen zurückblicken. Begonnen haben wir 1996 mit dem sogenannten Meister-BaföG zur Aufstiegsfortbildungsförderung von Fachkräften und dem BaföG-Bankdarlehen, die das staatliche BaföG-System ergänzen.

Heute umfasst unsere Förderpalette insgesamt fünf Produkte, unter anderem den im April 2006 gestarteten KfW-Studienkredit. Derzeit betreuen unsere Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen im Bereich der Bildungsfinanzierung rund 450 000 Kunden. Bis Ende des letzten Jahres haben wir Investitionen in die Bildung mit Krediten von rund sechs Milliarden Euro unterstützt.

Inwieweit lässt sich der Studienkredit mit anderen Bildungskrediten vergleichen?

Selbstverständlich haben wir unsere Expertise auf dem Gebiet der Bildungsfinanzierung genutzt, als wir die Förderbedingungen für den KfW-Studienkredit festgelegt haben. Dennoch ist der KfW-Studienkredit nur bedingt mit den anderen Wissenskrediten der KfW vergleichbar. Dies gilt insbesondere für die Zinskonditionen, die Risikosteuerung sowie den Antragsweg.

Die Konditionen orientieren sich - neben den Refinanzierungs- und Bearbeitungskosten - an den Risiken, die wir für einen solchen Kredit kalkuliert haben. Er kommt ohne eine Subventionierung aus dem Staatshaushalt aus. Die Kreditentscheidungen werden im Rahmen der geltenden Förderbedingungen allein von der KfW getroffen.

Dies alles sind wesentliche Unterschiede gegenüber den anderen Bildungsprogrammen. Diese werden im Auftrag des Bundes durchgeführt, der zum Teil Risiken übernimmt beziehungsweise Zinsverbilligungsmittel für die Kredite zur Verfügung stellt. Die Programme basieren in der Regel auf einem speziellen Gesetz und werden zunächst auf öffentlich-rechtlicher Ebene beantragt und durch Bescheide entschieden, bevor wir auf privatrechtlicher Basis den Kreditvertrag abschließen können.

Seit April 2006 bietet die KfW Studienkredite an. Wie hat sich die Nachfrage bisher entwickelt, und welche Größenordnung hat ein durchschnittlicher Kredit?

Wir sind mit der Nachfrageentwicklung sehr zufrieden. Bereits im ersten Monat, dem April, konnten wir fast 2000 Kredite zusagen. Bis zum Ende des Jahres 2006 hat sich diese Anzahl auf rund 19 000 summiert. Zum Vergleich: Das sind mehr als doppelt so viele Kredite wie für das Meister-BaföG in dessen Einführungsjahr 1996. Der durchschnittlich gewählte monatliche Darlehensbetrag beträgt zurzeit 490 Euro.

Über welche Vertriebspartner werden die meisten Kredite vermittelt?

Beim Vertrieb des KfW-Studienkredits ist die KfW neue Wege gegangen. Zum einen haben wir mit dem Online-Kreditportal einen Internet-basierten Antrags- und Zusageweg geschaffen. Zum anderen haben wir - der Zielgruppe entsprechend - für dieses Produkt den Kreis unserer klassischen Vertriebspartner erweitert. Neben unseren traditionellen Partnern, den Banken und Sparkassen, können die Kredite auch über Studentenwerke vermittelt werden. Die meisten Kredite, nämlich 85 Prozent, wurden aber über die Kreditinstitute vermittelt.

Wie sieht bei dem KfW-Studienkredit das Risikomanagement aus? Welche Ausfallquoten erwarten Sie?

Studienkredite werden in Deutschland von der KfW erst seit einem vergleichsweise kurzen Zeitraum angeboten. Deshalb ist es derzeit nicht möglich, eine Zahl zu den Ausfallquoten zu nennen. Aber ein Blick ins Ausland liefert einige Informationen. Dort gibt es zum Teil schon langjährige Erfahrungen mit der Studienfinanzierung, allerdings schwanken die Ausfallquoten von Land zu Land beträchtlich und auch die Programme können nicht eins zu eins gleichgesetzt werden.

Eines lässt sich sagen: Insgesamt halten wir die Gruppe der Studierenden aufgrund des überdurchschnittlich hohen Einkommens von Akademikern und der Erfahrung, dass sie unterdurchschnittlich von Arbeitslosigkeit betroffen sind, für ein "gutes" Risiko. Gleichwohl existieren im Einzelfall eine Reihe von Risikofaktoren, wie Studienabbruch oder Berufsunfähigkeit.

Sind Restkschuldversicherungen für den Fall der Arbeitslosigkeit nach Studienende beim Studienkredit ein Thema?

Für den KfW-Studienkredit ist der Abschluss einer Restschuldversicherung nicht notwendig. Um auf die im Zeitablauf variierenden finanziellen Möglichkeiten der Kreditnehmer einzugehen, haben wir stattdessen sehr flexible Rückzahlungsstrukturen geschaffen.

So bieten wir eine maximale Rückzahlungsdauer von 25 Jahren an, in denen man den Kredit in Annuitäten ab mindestens 20 Euro monatlich tilgen kann. Insofern kann der Kredit den Einkommensverhältnissen angepasst werden.

Halbjährlich kann die Höhe der Annuität verändert werden.

Auch sind während der Rückzahlungsphase jederzeit außerplanmäßige Tilgungen möglich.

Außerdem schließt sich nach der Auszahlungsphase eine tilgungsfreie Karenzphase von grundsätzlich 18 Monaten an, die der beruflichen Orientierung nach dem Studium dient.

Welche Auswirklungen hat die Einführung von Studiengebühren auf den Markt für Studienkredite?

Der KfW Studienkredit dient der Finanzierung von Lebenshaltungskosten im Erststudium. Aus diesem Grund ist die Nachfrage völlig unabhängig von der Einführung oder Nicht-Einführung von Studiengebühren. Zur Finanzierung der Studienbeiträge gibt es spezielle Angebote der Bundesländer. Einige von ihnen kooperieren dabei eng mit der KfW. So können derzeit Studierende aus Bayern, Niedersachsen und demnächst Hamburg die sogenannten Studienbeitragsdarlehen über die Online-Kreditplattform der KfW beantragen.

Da der KfW-Studienkredit ausschließlich zur Finanzierung der Lebenshaltungskosten dient, haben wir uns bei der Festlegung dieses Höchstbetrages an den durchschnittlichen Lebenshaltungskosten eines Studierenden orientiert. Studiengebühren lassen sich ergänzend über die bereits erwähnten Länderprogramme finanzieren. Ein Vergleich: Der BaföG-Höchstsatz liegt bei 585 Euro. Insofern denken wir zurzeit nicht über eine Anhebung der Höchstgrenze beim Studienkredit nach.

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