Studienkredite als Lösung für Finanzierungsprobleme für Studenten?

Anja Hofmann, Mitglied des Vorstands, Deutsche Bildung AG, Frankfurt am Main - Wenn staatliche Förderbanken zinsverbilligte Programme zum Anschub oder zur Verstärkung wirtschafts- oder gesellschaftspolitisch erwünschter Entwicklungen auflegen, gibt es dazu einen Anstoß aus der Politik und/oder die Institute selbst sind zu der Einschätzung gelangt, dass allein durch die Märkte die Zielvorstellungen nicht erreicht werden. Um das vorhandene Spektrum der Bildungsfinanzierung über die Möglichkeiten des Bundesausbildungsförderungsgesetzes hinaus auszuweiten, hat die KfW in diesem Sinne vor zehn Jahren den Studienkredit aufgelegt. Abgewickelt wird dieser im Zuge des Durchleitungsprinzips über die hiesige Kreditwirtschaft. Die Autorin stellt diesem Konzept eine Fondslösung gegenüber. Aufgelegt werden Studienfonds über private und institutionelle Investoren, die diesen Ansatz bei allen wirtschaftlichen Interessen nicht zuletzt als sinnvolles Investment ansehen, das Bildung zum Anliegen von Wirtschaft und Gesellschaft macht. Gegenüber Krediten betont die Autorin eine hohe Flexibilität und eine enge Kundenbindung. (Red.)

Viele junge Menschen müssen Geld aufnehmen, um ihr Studium zu finanzieren. Studienkredite, wie sie die KfW-Bank anbietet, haben in den letzten Jahren eine Erfolgsgeschichte erlebt. Doch Studenten unterschätzen oftmals den Schuldenberg, denn für das spätere Einkommen und die Lebenssituation interessiert die Bank sich wenig. Flexibler sind Studienfonds, die nach einer gezielten Auswahl der Studenten individuelle Angebote unterbreiten und durch ihre einkommensabhängige Rückzahlung die Nachteile von Krediten aushebeln. Der CHE-Studienkredittest 2016 deutet eine Trendwende an.

Finanzieller Druck für Nachwuchsakademiker

Steigende Mieten, teure Auslandsaufenthalte, Studiengebühren: Der Weg zum Studienabschluss ist mit finanziellen Hürden versehen, die nicht jeder Student problemlos überwinden kann. Über 800 Euro monatlich müssen Studenten durchschnittlich für ein Studium in Deutschland aufbringen. In Unistädten mit Rekordmieten wie in München oder Frankfurt sogar noch mehr. Wenn die Eltern nicht alles zahlen können und auch der Bafög-Satz die teils immensen Kosten nicht abfangen kann, ist das zu viel. Heutige Bachelorund Masterstudiengänge sind zudem so dicht konzipiert, dass Nebenjobs nur noch in Maßen möglich sind, wenn das Studium dabei nicht auf der Strecke bleiben soll. Hinzu kommen für einen größer werdenden Teil der Studenten auch Studiengebühren an privaten Hochschulen und Kosten für Auslandsaufenthalte, die in manchen Fächern fast schon zu den Grundvoraussetzungen zählen, um später den gewünschten Job zu ergattern.

Der finanzielle Druck ist für Nachwuchsakademiker in den vergangenen Jahren deutlich gestiegen, was auch die Chancengerechtigkeit infrage stellt. Wer trotz Eignung und Interesse nicht studiert, führt dafür oftmals finanzielle Gründe an. Das ist fatal, denn eine Gesellschaft, die aus ihrer demografischen Entwicklung heraus auf einen Fachkräftemangel zusteuert, kann sich nicht leisten, junge Menschen mit akademischem Talent aus ökonomischen Gründen nicht studieren zu lassen.

Staatlich geförderte Studienfinanzierung

Die Lösung erschien zunächst einfach: Immer mehr Banken boten spezielle Kredite für Studenten an. Angeführt wird das Feld von der staatlich geförderten KfW-Bank, die klammen Studenten mit bis zu 650 Euro im Monat aus der Patsche hilft. Nachteil: Studenten werden ohne Kenntnis des späteren Einkommens und der persönlichen Lebensumstände mit einer fixen Schuldenlast in das Arbeitsleben geschickt. Wer das Angebot der KfW voll ausreizt, kann nach 14 Semestern auf eine Summe von über 50 000 Euro kommen. Das klingt verlockend, das klingt nach Freiheit und Sorgenlosigkeit im Hier und Jetzt. 15 000 Darlehen hat die KfW allein im vergangenen Wintersemester vergeben.

Für den angehenden Arzt oder die zukünftige Juristin in einer Großkanzlei sind die Kreditschulden vielleicht kein großes Problem. Für die Grundschullehrerin, den Architekten oder auch jene, bei denen bestimmte Lebensereignisse wie Familienzeit das regelmäßige Einkommen durchkreuzen, kann die Sache jedoch schnell anders aussehen. Die schöne Zeit auf Pump endet im Extremfall in der Privatinsolvenz, weil die Rückzahlungsraten nicht zum Einkommen passen. Viele Studenten unterschätzen das Ausmaß der Verschuldung, wurde eine Beraterin des Frankfurter Studentenwerks in der FAZ zitiert. Gefragt sind intelligente Angebote, die die Vielfalt der Kreditnehmer und ihre voraussichtliche finanzielle Leistungsfähigkeit berücksichtigen, gerade dann, wenn es um Beträge von mehr als 10 000 Euro geht, was die maximale und noch überschaubare Rückzahlungssumme beim Bafög ist, wenn es voll ausgeschöpft wird.

Trendwende durch Studienfonds?

Zunächst stellt sich die Frage, ob der Staat, der mit Bafög bereits eine Studienfinanzierung bereitstellt, die den Empfängern zur Hälfte geschenkt wird, parallel dazu auch noch Studienkredite fördern soll? Immerhin wurden die Bafög-Sätze im August 2016 nach Jahren erneut wieder angepasst. Doch das ändert nichts an der Tatsache, dass nur ein Teil der Studenten von Bafög profitiert. Das lässt aus den verschiedensten Gründen Finanzierungslücken bei denjenigen, die nicht Bafög-berechtigt sind, sowie bei denjenigen, bei denen der ausgezahlte Satz nicht alle Kosten abdeckt.

Laut Studienkredittest des Centrums für Hochschulentwicklung 2016 (CHE) deutet sich Bewegung in der Studienfinanzierung an: Banken treten im Geschäft der Studienkredite allmählich den Rücktritt an. Die Hamburger Sparkasse hat sich mit ihrem Angebot für Studenten ganz zurückgezogen. Und auch die Anzahl der abgeschlossenen Verträge bei der KfW ist rückläufig. Über die Gründe lässt sich nur spekulieren: Das Geschäft mit den Studenten ist enorm kleinteilig. Zudem ist die junge Zielgruppe in ihrer Persönlichkeit und den angestrebten Berufen und Gehältern so heterogen, dass pauschale Finanzierungslösungen wenig Sinn machen. Die Immatrikulationsbescheinigung von der Uni sagt über die Studierfähigkeit und -willigkeit zu wenig aus. Auf diese Weise kommt es bisweilen zu Kreditverträgen, die für den Einzelnen völlig ungeeignet sind beziehungsweise allzu schnell den manchmal kurzsichtigen Wunsch nach Geld befriedigen.

Intelligente Lösungen durch private Studienfinanzierung

Der mittlerweile viertgrößte Anbieter für private Studienfinanzierung ist die Deutsche Bildung, obwohl sie keine Bank ist. Das Unternehmen eröffnet Studenten eine Finanzierung aus einem Studienfonds, an dem sich institutionelle Investoren und Privatanleger beteiligen, die ganz anders funktioniert als ein Kredit. Das Modell, das manchmal auch als umgekehrter Generationenvertrag bezeichnet wird, basiert auf einer gänzlich anderen Logik: Zunächst durchlaufen Studenten aller Fachrichtungen einen gezielten Auswahlprozess, in dem der tatsächliche Finanzbedarf, aber auch die Wahrscheinlichkeit für den erfolgreichen Studienabschluss ermittelt wird. Die spätere Rückzahlung erfolgt nach dem Berufseinstieg je nach Einkommen, das im Bewerbungsprozess für die Studienförderung anhand persönlicher und fachlicher Kriterien prognostiziert wird: Welches Fach studiert der Antragssteller? An welcher Hochschule? Wie sehen die bisherigen Leistungen aus? Gibt es Zusatzqualifikationen in Form von Praktika oder Sprachkenntnissen, die ein erfolgreiches Studium und ein adäquates Einkommen in der Zukunft wahrscheinlich machen?

Diese Abfragen dienen nicht dazu, nur die hochtalentierten, vermutlich einkommensstarken Kandidaten zu ermitteln. Vielmehr beeinflusst das Ergebnis des individuellen Scorings die Konditionen des Angebots, das der Studienfonds dem Studenten eröffnen kann. So bekommt nicht jeder Bewerber die mögliche Höchstsumme von 30 000 Euro zuerkannt, sondern nur eine solche, die er aufgrund des prognostizierten Einkommens innerhalb einer überschaubaren Laufzeit auch zurückzahlen kann. Verhindern bestimmte Lebensereignisse wie Elternzeit, Arbeitslosigkeit, Krankheit oder Berufsunfähigkeit die Rückzahlung, kann diese unterbrochen werden oder ganz entfallen. Hierfür schaffen die sehr gut verdienenden Absolventen einen Ausgleich, sodass es sich bei der privaten Studienfinanzierung durch die Deutsche Bildung um ein solidarisches Grundprinzip handelt. Auch für nachfolgende Ausbildungsabschnitte wie eine Promotion sind flexible Regelungen möglich. Entscheidend ist in jedem Fall die tatsächliche Zahlungsfähigkeit, wobei Bestverdiener durch eine maximale Bemessungsgrenze vor einer unverhältnismäßig hohen Rückzahlung geschützt sind.

Anders als eine Bank begleitet die Deutsche Bildung ihre Studenten auch mit einem Förderprogramm für den Berufseinstieg. Auf Wunsch erhalten sie geförderte Soft-Skill-Trainings und Bewerbungsberatungen und werden bei Auslandsaufenthalten und beim Knüpfen erster Kontakte zu Arbeitgebern unterstützt. Ziel ist es, den Weg auf den Arbeitsmarkt bestmöglich zu begleiten, was im gemeinsamen Interesse aller Beteiligten liegt.

Studienfonds als Dienstleister

Ein Studienfonds steht als Dienstleister damit in einem völlig anderen Verhältnis zu den studentischen Kunden. Anders als bei Banken ist Studienfinanzierung das zentrale Geschäft, was eine hohe Expertise für die studentische Zielgruppe, die Hochschullandschaft und den Arbeitsmarkt mit sich bringt. Der Auswahlprozess ist ein lernendes System: Erkenntnisse über die rückzahlenden Absolventen fließen in die Optimierung der neuen Angebote für nachfolgende Studenten ein.

Dabei rückt der Geldnehmer als Mensch in den Mittelpunkt und der Studienfonds kann sich vor Risiken schützen, denn nicht jeder Bewerber wird in das Portfolio aufgenommen. Gleichzeitig geschieht das auch zum Schutz der Studenten, die sich mit ihrem Finanzierungsbedarf und ihrer potenziellen beruflichen Entwicklung bewusst auseinandersetzen müssen, wenn sie sich im Auswahlprozess befinden.

Studienfonds können Lücken in der Studienfinanzierung schließen und eine sinnvolle Ergänzung des Bafögs sein, gerade auch bei Studienvorhaben, deren Kosten den durchschnittlichen Bedarf zeitweise übersteigen. Sie lassen den geförderten Studenten, die mit vielen Fragen noch ganz am Anfang ihres Lebens stehen, Freiheit bei der Berufswahl und anderen weit reichenden Entscheidungen. Die Konditionen der Rückzahlung sind individuell auf den Einzelnen und sein Einkommen abgestimmt, wodurch eine finanzielle Überforderung vom Grundsatz her ausgeschlossen wird. Gegenüber Krediten zeichnen sich Studienfonds schließlich durch ihre hohe Flexibilität und die enge Kundenbindung aus. Für institutionelle und private Investoren stellen Studienfonds zugleich ein sinnvolles Investment dar, das Bildung zum Anliegen von Wirtschaft und Gesellschaft macht.

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