E-Banking

First-e: "Wir wollen die Kundendaten mit anderen Finanzdienstleistern teilen"

Fast alle Kreditinstitute bieten inzwischen in der einen oder anderen
Form das Internetbanking an. Und die bereits etablierten Direktbanken
wandeln sich mehr und mehr von Telefon- zu Internetbanken. Wie
schätzen Sie vor diesem Hintergrund die Wettbewerbssituation für
Unofirst ein?
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Die Wettbewerbssituation im Internetbanking ist in den verschiedenen
Märkten sehr unterschiedlich.
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In den großen Märkten in Lateinamerika und Asien, wo die
Internetverbreitung noch gering ist, werden wir den Wettbewerbsvorteil
genießen, zu den ersten Anbietern zu zählen.
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Auch in Großbritannien, wo wir zuerst mit unserem Angebot an den Markt
gegangen sind, waren erst vier Wettbewerber im Internet-Banking tätig.
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In Deutschland dagegen ist der Markt bereits sehr differenziert und
kompetitiv. Hier wird es schwierig sein, Marktanteile zu gewinnen.
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Wie wollen Sie den Bekanntheitsvorsprung der Wettbewerber in
Deutschland aufholen?
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Wir werden in allen klassischen Medien werben. Vor allem geht es
darum, den Markennamen first-e aufzubauen und den Kunden die Attribute
der Marke zu kommunizieren.
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Auch nach der Fusion soll Unofirst in den verschiedenen Märkten
weiterhin unter den beiden Marken uno-e und first-e auftreten.
Weshalb?
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Grundsätzlich wäre eine weltweite Marke natürlich durchaus sinnvoll.
Anderseits muss man auch bei Markennamen lokale Besonderheiten
berücksichtigen. Als anglizistischer Ausdruck ist first-e in
Mitteleuropa wesentlich besser anwendbar als in Spanien. Der Spanier
kann sich unter Uno-e viel mehr vorstellen.
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Ist eine weltweite Marke Ihrer Einschätzung nach also nicht so
wichtig?
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Für den Kunden zählt eigentlich nur sein Länderhorizont. Entscheidend
ist für ihn vor allem die Kompetenz. Andererseits gewinnt er natürlich
auch Vertrauen, wenn eine first-e-Werbung am Frankfurter Flughafen
genauso aussieht wie in Paris oder London.
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Darüber hinaus schlägt sich die globale Tätigkeit in Preisvorteilen
nieder. Denn Stückkostendegressionen, die sich aus einem großen
Kundenstamm ergeben, können dann an den Kunden weitergegeben werden.
Insofern ist es für den Kunden indirekt doch von Bedeutung, ob er es
mit einem lokal oder weltweit tätigen Anbieter zu tun hat.
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Wie definieren Sie Ihre Zielgruppe, und wo sehen Sie Differenzierungen
gegenüber dem Wettbewerb?
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Grundsätzlich wollen wir keinen Kunden neu zum Internet bekehren,
sondern bisherige Online-Kunden durch unser Produktangebot überzeugen
zu wechseln. Durch die steigende Internetverbreitung kommen natürlich
auch neue Kunden in den Markt. An diesem Marktwachstum wollen wir
ebenfalls partizipieren. Unsere Kernzielgruppe sind diejenigen
Online-Kunden, die viel Geld und wenig Zeit haben.
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Welchen Marktanteil glauben Sie in Deutschland erreichen zu können ?
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Wir hoffen, dass wir bis zum Jahresende etwa 60000 Kunden überzeugen
können. In drei bis vier Jahren halten wir einen Marktanteil von fünf
Prozent für realistisch.
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Wie soll sich Unofirst gegenüber den Wettbewerbern differenzieren?
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Wir wollen uns nicht als Internetbank positionieren, sondern als
Plattform für Finanzdienstleistungen. Wir sind nicht nur ein
Bankdienstleister, sondern auch ein Dienstleistungsanbieter von
Bankmodulen.
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Wir offerieren zwar die Basisprodukte einer Internetbank wie Sparkonto
und Girokonto.
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Die Bankdienstleistungen und das Brokerage sind aber nur ein Teil
unserer Produktpalette. Daneben wollen wir auch Produkte anderer
Finanzdienstleister verkaufen und anderen Kreditinstituten
Outsourcing-Dienstleistungen zur Verfügung stellen.
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Unser Ziel ist es in erster Linie, Markttransparenz zu schaffen. Im
Juni werden wir in Großbritannien ein Best-Buy-Tool implementieren.
Ein Kunde, der zum Beispiel eine Hypothek aufnehmen möchte, kann in
eine Maske sein Profil eingeben. Diese Daten werden an einen Pool von
Hypothekenanbietern weitergeleitet, die dem Kunden dann ihr Angebot
unterbreiten können.
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Wie schätzen Sie die Möglichkeiten der Kooperation mit anderen
Finanzdienstleistern ein?
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In Großbritannien konnten wir bereits 50 Kreditinstitute überzeugen,
die auf dem eben beschriebenen Weg der "Reverse Auction"
Hypothekendarlehen anbieten wollen. In Deutschland ist ein
entsprechender Rollout für September geplant. Daneben wollen wir es
anderen Finanzdienstleistern ermöglichen, sich auf unserer Website zu
präsentieren.
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Um Markttransparenz nicht nur für die Kunden, sondern auch für die
Anbieter zu schaffen, wollen wir die Kundeninformationen mit anderen
Finanzdienstleistern teilen. Wenn wir beispielsweise aus unseren
Kundendaten erkennen, dass ein bestimmter Teil unserer Kunden
bestimmte Produktwünsche hat, geben wir diese Informationen an andere
Finanzdienstleister weiter. Diese gewinnen dadurch die Möglichkeit,
durch entsprechende Angebote dieses Kundenpotenzial zu gewinnen.
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Welche Outsourcing-Services bieten Sie anderen Kreditinstituten an?
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Für kleinere Institute ist es zum Beispiel oftmals zu teuer, eine
Online-Brokerage-Lösung zu entwickeln und bereitzustellen. Solchen
Instituten stellen wir gegen ein bestimmtes Entgelt die gesamte
Dienstleistung unter dem Label der Bank zur Verfügung, ohne dass der
Kunde wahrnimmt, dass sein Online-Brokerage nicht über seine Bank
abgewickelt wird. Nach dem gleichen Prinzip wollen wir es auch
Händlern oder Dienstleistern mit einer hohen Kundenbasis ermöglichen,
Finanzdienstleistungen anzubieten, ohne hierfür eine Banklizenz
beantragen zu müssen.
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Durch solche Services können wir unsere Infrastruktur besser ausnutzen
und auf diesem Wege Kostenvorteile erreichen.
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Welche Bedeutung werden diese "White Label"-Dienstleistungen für
Banken beziehungsweise "Private Label"-Services für Nichtbanken
mittelfristig für Unofirst haben?
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Um unsere Kompetenz für solche Outsourcing-Dienstleistungen zu
dokumentieren, müssen wir zunächst eine ausreichende Kundenbasis
aufbauen, um unsere Bankmodule zu validieren. In der strategischen
Zielsetzung steht deshalb in einer ersten Phase der Aufbau der Marke
first-e im Vordergrund. In der zweiten Phase wird aber sicher das
Servicegeschäft mindestens genauso wichtig.
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Über Uno-e ist der spanische Internetprovider Terra Networks an
Unofirst beteiligt. Welche strategische Bedeutung hat diese
Beteiligung aus Ihrer Sicht? Planen Sie, auch in anderen Märkten
Provider als Anteilseigner zu gewinnen?
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Was Terra Networks bei Unofirst mit in die Ehe bringt, ist zum einen
die Internetkompetenz. Gerade in Spanien und Südamerika ist es
wichtig, potenziellen Kunden den Einstieg ins Internet zu erleichtern.
Dieser Aspekt ist In Deutschland weniger wichtig, da es hier bereits
genügend Möglichkeiten gibt, ins Internet zu kommen.
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Der zweite Faktor ist die große Kundenbasis, die wir für die
Distribution nutzen können. Da Terra Networks auch den gesamten
lateinamerikanischen Markt abdeckt, haben wir damit das Potenzial,
große Märkte der Zukunft erreichen zu können.
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Braucht man in einem wettbewerbsstarken Markt wie Deutschland nicht
erst recht die Kundendatenbank eines Providers?
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Im Prinzip ja. Auch hier sind wir im Gespräch mit verschiedenen
Anbietern über strategische Allianzen. Das kann zum Beispiel ein
Marketing-Agreement sein, aber auch eine langfristige strategische
Allianz.

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