Im Gespräch

"Erfreulicherweise wächst die grüne Nische sehr stark"

Nachhaltig orientierte Kreditinstitute sind in gewissem Sinne Profiteure der Finanzkrise. Denn die gestiegene Sensibilität für nachhaltiges Wirtschaften hat ihnen neue Kunden beschert. Wie hat sich dies bei der GLS Gemeinschaftsbank im Geschäft ausgewirkt? Viele Kunden sind heute froh, in der GLS Bank ein Institut zu finden, das ihre Gelder sozial-ökologisch sinnvoll, sicher und zu marktüblichen Konditionen verwendet. Dass wir das schon seit 36 Jahren machen, stärkt das Vertrauen, das unsere Kunden in uns haben. Mit knapp 37 Prozent Wachstum und 18000 neuen Kunden 2010 hat sich das auf unser Geschäft ausgewirkt. Das Geschäftsvolumen der GLS Gruppe (Bank, Stiftung, Beteiligungsgeschäft) beträgt nunmehr 2,4 Milliarden Euro. Wie dauerhaft schätzen Sie diesen Trend ein? Die Anzahl der Menschen, die auch bei der Geldanlage ihre sozialen und ökologischen Bedürfnisse und Werte umgesetzt sehen möchten, wächst laufend. Die GLS Bank dient diesen ganzheitlichen Kundenbedürfnissen schon lange und führt daher den Trend an. Kunden treffen heute oft eine Abwägung: Wollen sie ausschließlich den höchsten Zins erzielen - oder wollen sie die Aussicht, sich in einer intakten Umwelt zu bewegen oder ihre Umgebung mitzugestalten? Aufgabe der Banken ist es, diese Entscheidung durch Transparenz erst zu ermöglichen. Wir gehen davon aus, dass der Trend sich fortsetzt. Wie sehen Sie sich heute im Markt positioniert? Die GLS Bank ist als erste sozial-ökologische Universalbank der Welt Branchenführer im Markt nachhaltiger Geldanlagen in Deutschland. Wir bieten das breiteste Angebot: von Girokonten über Geldanlagen, Vermögensmanagement und Finanzierungen bis hin zu Beteiligungen und zur Stiftungsberatung. Unser Wachstum belegt, dass wir mit unserem Geschäftsmodell viele Menschen ansprechen, die unser Verständnis von Nachhaltigkeit teilen. Wer sind Ihre Hauptwettbewerber? Es gibt bisher nur wenige Banken, die nach sozialen und ökologischen Kriterien arbeiten und sich an breite Kundenkreise richten. Dazu gehören Umweltbank und Ethikbank sowie auch die holländische Triodos Bank, aber auch die Kirchenbanken und zunehmend auch andere Geschäftsbanken, die einzelne sogenannte Nachhaltigkeitsfonds anbieten. Wie hat sich der Wettbewerb in Ihrer Nische verändert? Über sehr viele Jahre war die GLS Bank Solitär im allgemeinen Bankenmarkt. Ein wirklicher Nischenmarkt hat sich erst in den letzten drei bis fünf Jahren entwickelt. Erfreulicherweise wächst die "Nische" derzeit sehr stark. Insofern wird wie im vergangenen Jahr auch weiterhin mit neuen oder "ergrünten" Marktteilnehmern zu rechnen sein. Auch weltweit stärken wir diese Entwicklung in der "Global Alliance of Banking on Values (GABV)", die wir mitbegründet haben und der 13 internationale Nachhaltigkeitsbanken angehören. Diese Vereinigung verfolgt das Ziel der gemeinsamen Entwicklung einer sozial, ökologisch und ökonomisch nachhaltigen und erfolgreicheren Alternative zum global krisenbehafteten Finanzmarkt in der gegenwärtigen Form. Was schätzen Sie: Welchen Marktanteil haben nachhaltig orientierte Banken derzeit im deutschen Retailbanking? Der Anteil der am Kapitalmarkt nachhaltig investierten Gelder in Deutschland beträgt laut aktuellen Studien etwa 0,7 Prozent (Forum nachhaltige Geldanlagen 2010). Der Wachstumsmarkt in den Niederlanden beträgt zum Vergleich 40 Prozent (laut einer Studie von Oekom Research von 2010). Es ist vor diesem Hintergrund davon auszugehen, dass der Markt in Deutschland sich noch kräftig entwickeln wird. Für welchen Anteil Ihrer Kunden ist die GLS Bank Hauptbank? Die meisten Kunden nutzen uns als Hauptbankverbindung. Dies bestätigt sich durch die Auszeichnung: "Bank des Jahres 2010". Welchen Stellenwert hat das Girokonto in Ihrem Geschäftsmodell? Insbesondere für Neukunden hat das Girokonto einen hohen Stellenwert. Es dient als Ankerangebot, wir bieten aber auch nachhaltige Spareinlagen, Tagesgelder, Wertpapierdepots, Fonds und vor allem eine persönliche Beratung an. Wie preissensibel sind Ihre Kunden? Und sind sie bereit, für die gute Sache auch einmal Abstriche bei der Rendite ihrer Anlagen hinzunehmen? Es kommt kein Kunde zu uns, um Abstriche zu machen, sondern weil er sich bei uns einen dreifachen Gewinn verspricht: menschlich, zukunftsweisend und ökonomisch. Da wir marktdurchschnittliche Konditionen bieten, muss er auch hier keine Abstriche machen. Haben Sie die treueren Kunden? Die Identifikation unserer Kunden mit der GLS Bank ist aufgrund der sozial-ökologischen Wertebasis besonders hoch. Dabei spielt es eine große Rolle, dass unsere Kunden sich bei der Geldanlage und Kreditaufnahme selbst treu bleiben können. Taugt nachhaltiges Banking fürs Mengengeschäft? Oder fühlt sich eher die einkommensstärkere Klientel angesprochen? Immer mehr Menschen integrieren nachhaltige Kriterien in ihr tägliches Leben sei es beim Kauf von Bio-Lebensmitteln, beim Bezug von Ökostrom oder eben in der verantwortungsvollen Geldanlage. Dieses Bewusstsein umfasst heute alle Einkommensgruppen. Dementsprechend erstreckt sich unsere Klientel von Studenten über Familien bis hin zu vermögenden Privatanlegern und institutionellen Kunden. Durch unsere sogenannten Step-Kanäle können wir allen Kundenbedürfnissen individuell gerecht werden - schriftlich, telefonisch, elektronisch über das Internet oder im persönlichen Gespräch. Verglichen mit der Schweiz ist das Thema Nachhaltigkeit bei deutschen Banken noch wenig präsent. Woran liegt das Ihrer Meinung nach? Die ABS zum Beispiel hat in der Schweiz eine höhere Marktdurchdringung. Das gleiche gilt auch für die Triodos Bank in Holland. Im Vergleich zu Deutschland ist dies aber in kleineren Märkten auch leichter. Warum sind die auf Nachhaltigkeit spezialisierten Banken in Deutschland überwiegend Genossenschaftsbanken? Vom Volumen her ist das im Wesentlichen nur die GLS Bank. Das gemeinschaftliche Prinzip der Genossenschaftsform entspricht uns als Gemeinschafts- und Universalbank am meisten. Die GLS Bank lebt zum Beispiel in besonderen Finanzierungsangeboten das genossenschaftliche Solidaritätsprinzip. Wie werden Sie im genossenschaftlichen Verbund wahrgenommen - als komplementärer Anbieter oder zunehmend als Wettbewerber? Hat sich daran in letzter Zeit etwas geändert? Wir arbeiten eng mit dem genossenschaftlichen Verbund zusammen und werden dort als komplementärer Anbieter wahrgenommen. Vermitteln andere Genossenschaftsbanken auch Geschäft an Sie? In einzelnen Fällen arbeiten wir auch mit Primärbanken gut zusammen. Auch bei "klassischen" Banken in Deutschland gewinnt das Thema langsam an Aufmerksamkeit. Spüren Sie das in Ihrem Geschäft? Oder ist der Trend dazu noch zu klein? Etwa zehn bis 15 Prozent der Bevölkerung will Konsum und Geldanlagen nachhaltig ausgestalten. Es ist absehbar, dass nachhaltiges Banking zu einem großen Trend wird. Das haben inzwischen die meisten Banken gemerkt. Kunden, denen das ein oder andere "grüne" Fondsprodukt reicht, sind damit zufrieden. Kunden, die durchgängig sozial- und ökologische Angebote bei vollkommen transparentem Nachweis wollen, kommen zu uns. Und das sind immer mehr. Solange unsere Qualität der Nachhaltigkeit deutlich besser ist, wirkt sich dieser Trend weiterhin positiv auf unser Geschäft aus.

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