Im Gespräch

"Berlin ist ein idealer Standort"

Welche Bilanz ziehen Sie für das erste Jahr der Bank of Scotland im deutschen Privatkundengeschäft?

Die Bank of Scotland blickt auf ein erfolgreiches erstes Geschäftsjahr zurück. Mit 100 000 Kunden und Tages- und Festgeldeinlagen in Höhe von 1,5 Milliarden Euro haben wir unsere eigenen Ziele übertroffen. Der Markt nimmt das Tagesgeld-Produkt der Bank of Scotland gut an.

Warum haben Sie den Sitz Ihres Privatkundengeschäftes in Berlin angesiedelt? Wäre Frankfurt nicht praktischer gewesen, zumal die Bank of Scotland ja auch von dort aus das gewerbliche Immobiliengeschäft betreibt?

Nein. Zwar sind wir seit zehn Jahren in Frankfurt im Bereich der gewerblichen Immobilienfinanzierung tätig. Dennoch haben wir das Privatkundengeschäft bewusst in Berlin angesiedelt. Dies hat mehrere Gründe. In Berlin ist es einfacher, einen nachhaltigen Mitarbeiterstamm aufzubauen als in Frankfurt, weil die Mitarbeiter-Fluktuation geringer ist. Berlin ist eine attraktive Stadt, weshalb auch Spezialisten, die wir für unser Geschäft benötigen, gerne nach Berlin kommen. Für den Kundenservice benötigen wir zudem mehrsprachige Mitarbeiter. Berlin mit seiner internationalen Bevölkerung ist dafür ein idealer Standort.

Warum nutzen Sie nicht das Konzern-Rechenzentrum?

Das war tatsächlich unser erster Impuls, doch die Finanz Informatik Technologie Service GmbH in München, die ihre Kundenbasis außerhalb der Sparkassenorganisation erweitern will, hat uns mit einem attraktiven Angebot aktiv angesprochen. Das Unternehmen ist für uns ein idealer Partner, mit dem wir die Anbindung an Deutschland stabil und professionell gestalten konnten. Die Finanz Informatik Technologie Service GmbH stellt uns ihre umfangreichen Erfahrungen auf dem deutschen Markt zur Verfügung.

Was hat Sie dazu bewogen, Ihre Expansion ins Festland-Europa von Deutschland aus zu starten?

Die Lloyds Banking Group hat einen Marktanteil von mehr als 30 Prozent im britischen Privatkundenmarkt und ist damit der größte Akteur im dortigen Privatkundengeschäft. Dieses Geschäft möchte sie regional erweitern. Dabei ist Deutschland als größter Sparermarkt in Europa für uns selbstverständlich interessant. Wir hatten allerdings mit einem sehr viel intensiveren Wettbewerb gerechnet. Heute kommen wir aber zu dem Schluss, dass der Wettbewerb in Deutschland weniger stark ist im Vergleich zu anderen europäischen Ländern wie beispielsweise Frankreich, den Niederlanden oder Italien.

Welches Land wollen sie als nächstes angehen?

Derzeit laufen die letzten Vorbereitungen für den Start des Geschäfts in den Niederlanden. Das holländische Team in Berlin steht bereits in den Startlöchern. Aktuell ist die Bank of Scotland dort bereits im Hypothekengeschäft tätig. Nun kommen Sparprodukte hinzu.

Welche Unterschiede sehen Sie zwischen dem deutschen und dem holländischen Markt?

Der niederländische Markt ist derzeit deutlich wettbewerbsintensiver als der deutsche. Das betrifft einerseits werbliche Aktivitäten, aber auch die Konditionen der Konkurrenten. Wir erwarten ein schwierigeres Umfeld als in Deutschland.

Warum wollen Sie das europaweite Geschäft von Berlin aus aufbauen?

Zunächst einmal fiel die Entscheidung für Deutschland als erstes Land, in dem die Bank of Scotland - neben Großbritannien - vertreten sein wollte. Auch unter Kostengesichtspunkten ist Berlin im internationalen Vergleich ein guter Standort. Zudem kann man von Berlin aus andere Länder gut betreuen. Dort lassen sich ausreichend Mitarbeiter finden, die die jeweilige Sprache als Muttersprachler sprechen. Als wir beispielsweise Kundenbetreuer für den holländischen Markt suchten, waren wir von der Resonanz auf unsere Stellenanzeigen positiv überrascht. Mit Italien oder Frankreich würde dies sicherlich genauso gut funktionieren.

Betreiben Sie Ihre Call-Center grundsätzlich mit Mitarbeitern, die auf muttersprachlichem Niveau sprechen?

Im Privatkundengeschäft gibt es dazu keine Alternative. In den Tests für den holländischen Markt haben die Kunden teilweise gefragt, wo der Betreuer sitzt. Es war kein Problem, dass er in Berlin sitzt, solange er auf muttersprachlichem Niveau holländisch kommunizieren kann. Für uns hat die Qualität des Kundenkontakts höchste Priorität. Als Direktbank haben wir nur ein oder zwei persönliche Kontakte pro Jahr mit unseren Kunden. Die gilt es zu nutzen, indem wir mit hoher Servicequalität punkten.

Kommt das Eröffnen von Filialen in Deutschland für Sie in Frage?

Nein. Unsere Kundenkontaktkanäle bleiben in Deutschland Telefon und Internet, wobei aus Sicherheitsgründen alle Transaktionen über den Online-Kanal laufen müssen. Doch das ist kein Problem für die Kunden: Auch der durchschnittliche deutsche Fili-albank-Kunde geht immer häufiger den Weg übers Internet anstatt die Filiale seiner Bank aufzusuchen.

Planen Sie mittelfristig eine Erweiterung Ihrer Produktpalette - beispielsweise in Richtung Girokonto?

Unser Hauptprodukt bleibt das Tagesgeldkonto, das wir seit Januar 2009 in Deutschland anbieten. Im Oktober 2009 kam ein Festgeld-Produkt mit den Laufzeiten zwei, drei und vier Jahre hinzu. Derzeit planen wir keine Erweiterung unserer Produktpalette. Wir fokussieren uns auf die geografische Expansion unseres Geschäftes. Grundsätzlich schließen wir aber die Einführung eines Girokontos nicht aus, weil man damit die Beziehung zum Kunden vertiefen und festigen kann.

Welche Rolle spielt es für die Neukundengewinnung, im Zinsranking immer vorne mitzuspielen?

Für Neukunden sind die Konditionen immer ein wichtiger Faktor. Diese Tendenz hat sich in den vergangenen zehn Jahren durch das Internet sogar noch verschärft. Der Anteil der "Zinshopper" im Markt ist jedoch kleiner als viele denken. Er liegt nicht höher als zwei Prozent.

Unser Ziel ist es, immer unter den besten Anbietern platziert zu sein. Wir haben dabei gar nicht den Ehrgeiz, immer die Nummer eins im Ranking zu sein. Denn wir wollen keine Kunden gewinnen, die nur kurzfristig Top-Angebote mitnehmen, um später wieder zu wechseln. Ziel ist es dauerhaft attraktive Konditionen zu bieten, auf die sich die Kunden verlassen können.

Besonders wichtig ist es der Bank of Scotland, keinen Unterschied zwischen Neu- und Bestandskunden zu machen. Bei vielen Wettbewerbern liegt ein starker Fokus auf den Neukundenzahlen. Doch Sonderkonditionen für Neukunden sind eine kurzfristige Strategie. Auf Dauer werden Kunden dadurch verärgert.

In der Februar-Ausgabe 2010 von Stiftung Warentest sind Sie Testsieger in der Kategorie Tagesgeld geworden. Spürt man solche gute Bewertungen direkt in den Neukundenzahlen?

Das Geschäft lief in den vergangenen Wochen sehr gut, doch es gab keinen größeren Ausschlag bei den Neukundenzahlen. Wir sind stolz darauf, dass wir nach so kurzer Zeit im deutschen Sparermarkt einen Testsieg bei Stiftung Warentest errungen haben. Die genauen Auswirkungen sind aber schwer zu messen. Selbstverständlich haben wir die Bewertung in den Internetauftritt und in die Kommunikation mit aufgenommen.

Aus welcher Bankengruppe gewinnen Sie die meisten Kunden?

Unsere Kunden kommen aus allen Bankengruppen. Demografisch betrachtet ist natürlich diejenige Gruppe am stärksten vertreten, die das Internet am intensivsten nutzt, das sind die 30- bis 50-Jährigen. Doch der Anteil der Internetnutzer an der Gesamtbevölkerung steigt ständig. Selbstverständlich findet sich diese Gruppe beispielsweise stärker unter den Kunden von Geschäftsbanken als unter den Sparkassenkunden. Der Großteil unserer Kunden kommt zudem aus städtischen Gebieten.

Für die Bank of Scotland besteht kein geringes Verwechslungspotenzial zur Royal Bank of Scotland, die sich aus dem deutschen Privatkundengeschäft zurückgezogen hat. Profitieren Sie von dieser Ähnlichkeit?

Das Verwechslungspotenzial ist in der Tat groß. Vor dem Markteintritt in Deutschland haben wir natürlich darüber nachgedacht, ob es besser sei, eine neue Marke aufzubauen. Im Gespräch war zum Beispiel ein Kunstname, wie es viele Mitbewerber praktizieren. Doch wir sind zu dem Ergebnis gekommen, dass unser echter Name Bank of Scotland am besten unsere Tradition und unser Selbstverständnis transportiert.

Spüren Sie ein Misstrauen der deutschen Kunden gegenüber ausländischen Banken?

Sicher ist das in Krisenzeiten eher ein Thema als in den vergangenen zehn Jahren. Aber die Bank kommt im Markt gut an, das zeigt unsere Geschäftsentwicklung. Der Name "Bank of Scotland" steht für über 300 Jahre europäische Banktradition. Das fördert das Vertrauen in unser Institut.

Ist eine schottische Bank aus Sicht des Kunden vertrauenswürdiger als beispielsweise eine indische?

Ja, das denke ich schon. Haben Sie es in Betracht gezogen, eine Marketingstrategie aufzubauen, die auf Ihrer schottischen Herkunft basiert, so wie es die SEB mit ihrem schwedischen Image tut?

Nein, unser Name allein spricht die Kunden stark genug an.

Würde es für Ihr Institut keine Vorteile bringen, Mitglied der freiwilligen deutschen Einlagensicherung zu werden?

Sicherlich ist die Mitgliedschaft in der freiwilligen deutschen Einlagensicherung ein starkes Instrument in der Kommunikation zum Kunden. Wir machen die Erfahrung, dass unsere Kunden großes Vertrauen in unser Einlagensicherungssystem haben. Die staatliche britische Einlagensicherung, der wir unterliegen, reicht bis 50 000 britische Pfund, das sind etwa 55 000 Euro.

Damit sind 98 Prozent unserer Kunden vollständig abgesichert. Nichtsdestotrotz sind wir im Gespräch mit dem Prüfungsverband der deutschen Banken, der den Einlagensicherungsfonds organisiert. Aufgrund der Lehman-Pleite ist dort aktuell eine Umorganisation und Neuaufstellung im Gange. Wir können die Gespräche erst weiterführen, wenn dieser Prozess abgeschlossen ist.

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