Kommunikation für Finanzdienstleister

Wie Banken nach der Finanzmarktkrise kommunizieren sollten

Die globale Finanzmarktkrise und die dschwere Wirtschaftskrise haben enorme Werte vernichtet. Mit am härtesten betroffen ist die Branche, in der die Krise ihren Ausgang nahm: der Bankensektor. Institute rund um den Globus mussten gigantische Summen abschreiben - und gerieten in zum Teil existenzielle Schieflagen, die sie nur mit massiver staatlicher Unterstützung überstehen konnten. Doch die Verluste sind beileibe nicht nur materieller Art. Auch auf immaterieller Ebene sind Werte nachhaltig beschädigt worden, die zum Funktionieren des Weltfinanzsystems und für jede einzelne Bank überlebensnotwendig sind: Reputation und Vertrauen.

Nur wenige Banken haben es geschafft, diesen immateriellen Schaden für sich in Grenzen zu halten und können ihren Weg konsequent weiter gehen. Viele andere stecken heute in dem offensichtlichen Dilemma, in der Beratung von Kunden und Geschäftspartnern aufgrund der veränderten Rahmenbedingungen oftmals ihre bisherige Marschroute massiv anpassen zu müssen. Bei der Bewältigung dieser Situation wird selbst das beste Vertrauensverhältnis zwischen Kunde und Bank häufig vor eine Zerreißprobe gestellt.

Banken im Teufelskreis

Damit einher geht für Banken eine weitere Herausforderung, die so bislang keine andere Industrie zu bewältigen hatte. Die Reputation von Finanzinstituten ist aktuell derart beschädigt, dass es neben den richtigen und wichtigen Diskussionen um eine verbesserte Regulierung der Branche en vogue ist, Banken ganz grundlegend zu hinterfragen. Geschäftsmodelle, Aufgaben, sogar die Nützlichkeit per se stehen zur Diskussion - in privaten Gesprächen ebenso wie zu öffentlichen und medienwirksamen Anlässen. Kein Mensch käme auf die Idee, etwa die Autoindustrie als solche oder deren Produkte grundsätzlich infrage zu stellen, nur weil sich Rückrufaktionen in letzter Zeit gehäuft haben. Der Finanzbranche aber verzeiht man nicht mehr im Zweifel gegen den Angeklagten.

Zusammengenommen sind die Herausforderungen existenzieller Natur, denn im Vergleich zu den meisten anderen Industrien existieren in der Finanzwirtschaft die wenigsten Produkte und Dienstleistungen unabhängig von den Akteuren. Konkret bedeutet das: Finanzdienstleistung kann nur dann entstehen und funktionieren, wenn die Teilnehmer am Finanzsystem - Banken, Handelspartner, Kunden - sich darauf einigen, einander zuallererst zu vertrauen. Banken befinden sich also in einem Teufelskreis: Um Vertrauen zurückzuerlangen und ihre Reputation wieder aufzubauen, müssen sie exzellente Produkte und Dienstleistungen erbringen, die im Wesentlichen auf dem Vertrauen ihrer Geschäftspartner in ihre Reputation basieren.

Für das einzelne Institut kommt hinzu, mit einem Generalverdacht umgehen zu müssen. Obgleich etliche Banken auf langjährige Integrität im Geschäftlichen wie insbesondere auch bei ihren Mitarbeitern verweisen können, die Krise gut gemeistert haben und keinerlei finanzielle Abenteuer eingegangen sind, sehen sie sich in Sippenhaft genommen. Von Ausnahmen abgesehen: Der Goodwill-Puffer, oder, anders ausgedrückt, der Vertrauenskredit der Branche ist aufgebraucht.

Neue Verantwortung für die Unternehmenskommunikation

Wie ist der Teufelskreis aus verspieltem Glaubwürdigkeitskredit und verlorener Vertrauenseinlage zu durchbrechen? Auf dem Weg aus der Vertrauenskrise kommt der Unternehmenskommunikation eine entscheidende Rolle zu. Sie muss sich ihrer neuen Verantwortung bewusst werden, die längst nicht mehr an den bisherigen Grenzen des Fachgebiets endet. Es sind im Wesentlichen drei Grundsätze, deren Anwalt sie im Unternehmen sein muss nach der Krise stärker denn je:

Konsequente Kommunikation: In der Krise schien für viele Akteure Einigeln erste Bankerpflicht zu sein. Doch gerade dieses kommunikative Abtauchen hat wesentlich zum Vertrauensverlust beigetragen. Der Paradigmenwechsel, der durch die neuen Medien eingeleitet wurde und einen aktiven und zeitnahen Zielgruppendialog erfordert, kommt gerade in der Krise massiv zum Tragen: Kommunikation muss Informationsbedürfnisse von Kunden, Mitarbeitern und Öffentlichkeit schnell und glaubwürdig befriedigen. Proaktives Agenda Management ist auch in Krisenzeiten allemal erfolgversprechender als zu warten, bis man selbst auf die Agenda gesetzt wird.

Tragfähige Transparenz: Unterschiede zwischen den Informationsbedürfnissen von Kunden und Geschäftspartnern einerseits und den Veröffentlichungsgepflogenheiten von Banken andererseits sind oft als ein Mangel an Transparenz missverstanden worden. Kommunikation zwischen Bank, Kunden und Geschäftspartnern muss in Zukunft Risiken offen benennen und darf die Verantwortung für Geschäftsentscheidungen nicht verschleiern. Nur wer klar über Risiken und deren Bepreisung spricht, gewinnt seine Glaubwürdigkeit zurück und gibt Kunden und Märkten wieder das gute Gefühl, ihre Bank zu verstehen.

Institutionelle Integrität: Das öffentliche Interesse an der Skandalisierung hat es gut geführten Häusern in den vergangenen Jahren erschwert, mit ihren Leistungen über die Wahrnehmungsschwelle zu kommen. Nachhaltiges und unaufgeregtes Wirtschaften war weder vor noch während der Krise spannend genug, die Nachrichten zu bestimmen. Die Besinnung auf die Kernwerte Verlässlichkeit, Verantwortung und Wahrhaftigkeit im Umgang mit Kunden, Investoren und Öffentlichkeit eröffnet im aktuellen Umfeld die Chance, vernünftiges Wirtschaften und verantwortliches Unternehmertum wieder als Zukunftsmodell zu positionieren.

Insbesondere an diesem dritten Punkt wird klar, dass Kommunikation zwar eine Schlüsselrolle bei der Bewältigung der Reputationskrise spielt - so wie sie teilweise zu deren Entstehung beigetragen hat, indem Banken die genannten Grundsätze missachtet haben. Die Kommunikation kann die Herausforderung aber nicht alleine bewältigen. Die Kommunikatoren der Banken sind angewiesen auf ein Fundament, das auf einer glaubwürdigen Strategie, einem nachhaltig tragfähigen, weil kundenorientierten Geschäftsmodell und nicht zuletzt auch auf guten, transparenten und den Kundenbedürfnissen dienenden Produkten gründet. Damit fordert sie explizit ein integeres Management, das sich durch Mut, Verantwortungsübernahme und ein Agieren auszeichnet, das von Vertrauen und Respekt geprägt ist. Wo Strategie und Kommunikation Hand in Hand gehen, und wo eine Bank die institutionelle Integrität und die persönliche Glaubwürdigkeit ihrer in der Öffentlichkeit stehenden Protagonisten in die Waagschale werfen kann, dort sind die Erfolgsaussichten auch unter den gegenwärtig misslichen Umständen besser als es zu erwarten wäre.

Denn unzweifelhaft ist Banking ein Peoplebusiness - mit dem Unterschied zur Vorkrisenzeit, dass heute neben den professionellen Fertigkeiten der Banker vor allem ihre persönlichen Eigenschaften höchsten Ansprüchen genügen müssen. Vertrauen und Reputation gewinnen Banken nur zurück, indem sich die in ihnen und für sie handelnden Personen absolute Integrität zum Maßstab machen.

Doch selbst wenn Banken mit ihrem Verhalten und ihrer Kommunikation klar signalisieren, dass sie ihre Lektion gelernt haben, und selbst wenn sie sich an positiven Beispielen orientieren, die es auch in den eigenen Reihen in Sachen Gradlinigkeit und Verlässlichkeit über den gesamten Krisenzyklus hinweg gibt: Alleine können die Banken ihre Reputation nicht vollständig wiederherstellen. Sie brauchen dafür Flankenschutz von der Politik. Es ist alles andere als weitsichtig, eine ganze Branche undifferenziert zu verteufeln. Eine starke Volkswirtschaft braucht starke Banken. Wer diese einfache Wahrheit missachtet oder gar die Existenzberechtigung von Banken generell infrage stellt, der gefährdet letztlich den Wohlstand in unserer Gesellschaft.

Eine nachhaltige Gesundung des Finanzsystems und der Wirtschaft insgesamt sind nur möglich, wenn Banken, Kunden, Geschäftspartner und auch die Politik sich wieder gegenseitig Kredit gewähren. Die Währung dafür ist kostbar und heißt: Vertrauen.

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