Abgeltungssteuer

Abgeltungssteuer:kein Schreckgespens tfür die Altersvorsorge

Lange suchen muss man nicht. Schlägt man derzeit eine Zeitung auf, springen einem zum Thema Abgeltungsteuer oft in großen Lettern Überschriften wie zum Beispiel "Bremsklötze entfernen" oder "Fondssparen verliert an Attraktivität" ins Auge. Inhaltlich heißt es dann häufig weiter, die Abgeltungsteuer führe zur Kürzung der Privatrente und schade der Altersvorsorge in Deutschland. Kaum jemand hinterfragt allerdings, ob diese Aussagen wirklich stimmen. Was verbirgt sich hinter dem "Gespenst" der Abgeltungsteuer? Die richtige Antwort auf diese Frage findet nur derjenige, der sich auch mit dem Thema Altersvorsorge und den Rentenreformen der letzten Jahre etwas genauer befasst, also derjenige der die Abgeltungsteuer nicht voreingenommen sofort zum Unwort des Jahres 2008 erklärt.

Die Rentenreformen der letzten Jahre folgen einer inneren Logik: Aufgrund der demografischen Entwicklung ist das Niveau der umlagefinanzierten gesetzlichen Rente zwingend zurückzufahren und die kapitalgedeckte Altersversorgung auszubauen. Der Bevölkerung stehen damit im Alter neben den sinkenden staatlichen Leistungen ersetzend beziehungsweise ergänzend Ansprüche auf betriebliche und private Altersversorgung zur Seite, um Versorgungslücken zu schließen.

Altersvorsorge bis zum Tod gewährleisten

Die Sicherung des Lebensstandards, die früher weitgehend der gesetzlichen Rentenversicherung zukam, wird somit zunehmend von privaten Anbietern übernommen. Einher geht diese Veränderung mit dem staatlich unterstützten Aufbau der Altersvorsorge in der Beitragsphase durch Steuerfreistellungen und Förderungen. Im späteren Alter sind die Leistungen dann zu versteuern (nachgelagerte Besteuerung).

Es versteht sich von selbst, dass bei einem Thema dieser Tragweite Produkte nur von besonders qualifizierten Anbietern in Betracht kommen, die wie die gesetzliche Rente grundsätzlich eine sichere lebenslange Altersversorgung bis zum Tod darstellen. Denn was nützt eine Altersvorsorge, die im hohen Alter einfach abbricht? Mit dem Ziel eines würdevollen Alterns ist das Risiko, durch vorzeitigen Kapitalverzehr in den letzten Lebensjahren einen deutlichen Verlust an Lebensqualität oder gar Altersarmut zu erleiden, sicher nicht vereinbar. Immerhin wird die Hälfte der Menschen älter als Statistiker mit Verweis auf die durchschnittliche Lebenserwartung suggerieren.

Steuerliche Belastung für Neuverträge mit kurzer Laufzeit wird günstiger Deshalb muss auch der durchschnittliche Altersversorgende nach OECD-Berechnungen bis zum 65. Lebensjahr zwischen 25 und 45 Prozent mehr Kapital ansparen als bei einer Leibrente, um mit einem Entnahmeplan das finanzielle Langlebigkeitsrisiko einigermaßen einzugrenzen. Denn beim individuellen Kapitalverzehr fehlt der Risikoausgleich in der Versichertengemeinschaft. Effektive Alters- und Risikovorsorge ist deshalb nicht nur ein Sparprozess.

Dies gilt auch für die Hinterbliebenenvorsorge. Wie stellt sich in diesem Zusammenhang die steuerliche Situation dar? Für seit dem 1. Januar 2005 abgeschlossene Lebensversicherungen, auch wenn sie eine Kapitalauszahlung erst nach der Vollendung des 60. Lebensjahres und nach Ablauf von zwölf Jahren Laufzeit vorsehen, sind steuerfreie Auszahlungen nicht mehr möglich. Vielmehr hat der Versicherer zunächst Kapitalertragsteuer in Höhe von 25 Prozent auf die Erträge, das heißt den vollen Unterschiedsbetrag zwischen der Versicherungsleistung und den eingezahlten Beiträgen einzubehalten. Ein Ansatz mit dem halben Unterschiedsbetrag erfolgt allerdings im Rahmen der per sönlichen Einkommensteuer-Veranlagung, sodass dann im Ergebnis maximal 22,5 Prozent der Erträge an Steuern abzuführen sind.

Zu beachten ist jedoch: Ist die Vertragslaufzeit kürzer als zwölf Jahre oder aber wird vor Vollendung des 60. Lebensjahres eine Leistung gezahlt, fallen ab dem Jahr 2009 auf den vollen Unterschieds betrag 25 Prozent Abgeltungsteuer an. Wahlweise kommt gegebenenfalls ein niedrigerer persönlicher Steuersatz zur Anwendung.

Im Vergleich zu heute liegt die steuerliche Belastung der Neuverträge mit einer kurzen Laufzeit oder einem Auszahlungszeitpunkt vor dem 60. Lebensjahr somit niedriger als bisher (derzeit bis zu 45 Prozent, abhängig vom persönlichen Steuersatz). Für vertragliche Langläufer, die erst nach Vollendung des 60. Lebensjahres ausgezahlt werden, ergibt sich hingegen kein Unterschied im Vergleich zu heute.

Unterschiede zwischen Spar- und Vorsorgeprodukten nivelliert

Stellt man nun für das Jahr 2009 und später diese steuerrechtliche Behandlung der Kapitallebensversicherung derjenigen von Kapitalanlageprodukten gegenüber, so diagnostiziert man, dass es keine großen Unterschiede mehr zwischen bloßen Spar- und Vorsorgeprodukten wie der Kapitallebensversicherung gibt. Dies ist dadurch bedingt, dass der Steuergesetzgeber auch die Besteuerungsregelungen für Kapitalanlageprodukte modifiziert hat, bei denen nach einer Haltedauer von einem Jahr Gewinne aus der Veräußerung bisher nicht steuerpflichtig waren. Diese Gewinne waren bislang steuerlich privilegiert - auch gegenüber Lebensversicherungen.

Für Erträge aus Investmentfonds gilt ebenfalls die Abgeltungssteuer von 25 Prozent. Entsprechend der Absicht zur Erfassung auch der bisher privilegierten Veräußerungsgewinne werden künftig auch die im Fonds erzielten Veräußerungsgewinne steuerpflichtig. Eine Besteuerung beim Anteilseigner erfolgt jedoch erst dann, wenn der Veräußerungsgewinn an den Anteilseigner ausgeschüttet wird beziehungsweise bei einer Veräußerung des Fondsanteils (dann werden auch die vom Fonds nicht realisierten Wertsteigerungen erfasst, soweit sie sich im Veräußerungspreis niederschlagen). Nominal ergibt sich damit im direkten Vergleich der steuerlichen Belastung der Leistungen zwischen einer Kapitallebensversicherung und einem Kapitalanlageprodukt (etwa einem Fondssparplan) grundsätzlich kein Unterschied.

Beim langfristigen Sparen Lebensversicherung im Vorteil

Eine etwas günstigere steuerliche Belastung ergibt sich nur bei langfristig Vorsorgenden, die bereit sind, sich in einem Lebensversicherungsvertrag vertraglich für mindestens zwölf Jahre fest zu binden, Auszahlungen daraus im Erlebensfall nicht vor Vollendung des 60. Lebensjahres erwarten, sich gleichzeitig mit Vertragsabschluss vom ersten Beitrag an gegen das Todesfallrisiko absichern und somit insgesamt gesehen für diesen Schutz bereit sind, sehr langfristig auf Konsum zu verzichten.

Nur für diesen Personenkreis ergibt sich, dass bei der Auszahlung im Alter etwa bei einem Spitzensteuersatz von 45 Prozent 22,5 Prozent der Erträge an Steuern abzuführen sind. Bei einem Bank- oder Investmentprodukt, dem insbesondere keine biometrische Risikoabsicherung und auch keine langfristige Zweckbindung immanent ist, beläuft sich die künftige Belastung durch die Abgeltungssteuer aber auch nur auf geringfügig höhere 25 Prozent der Erträge.

Keine negative Auswirkung auf die Altersvorsorge

Mag es somit zwischen Kapitallebensversicherungen und Kapitalanlageprodukten mitunter zu unterschiedlichen steuerlichen Belastungen kommen, negative Auswirkungen auf die Altersvorsorge im Sinne des gesetzgeberischen Verständnisses sind nicht zu erkennen.

Im Gegenteil: Im Durchschnitt vermindert sich für viele Sparer die Kapitalertragssteuerbelastung. Die Abgeltungsteuer ist insofern kein Schreckgespenst, sondern ganz im Sinne ihrer Definition "nur" eine der Vereinfachung dienende Quellensteuer auf Kapitaleinkünfte, die vom persönlichen Einkkommensteuersatz des Gläubigers unabhängig ist und mit der auf die Kapitalerträge entfallende Steuern grundsätzlich abgegolten sind.

Zweckbindung der Lebensversicherung rechtfertigt

Unterschiede bei der Steuer Wer nun im Rahmen der Diskussion um die steuerliche Behandlung von Kapitallebensversicherungen und Investmentfonds eine Gleichbehandlung fordert, setzt Äpfel mit Birnen gleich:

Im Gegensatz zur reinen und jederzeit liquidierbaren Kapitalansammlung in Investmentfonds verbindet ein Lebensversicherungsvertrag ein langfristiges Leistungsversprechen mit einer Zweckbindung: Der Versicherer verspricht eine Auszahlung in der Zukunft, die er über seine eigenen Kapitalanlagen erwirtschaften muss.

Produktimmanent sind keinerlei zwischenzeitliche Ausschüttungen vorgesehen, sondern nur die Auszahlung zum von vornherein vereinbarten Zeitpunkt. Ein Investmentfonds sieht dagegen produktimmanent eine jederzeitige Liquidierbarkeit vor, Erträge fallen regelmäßig an und werden ausgezahlt oder reinvestiert.

Der Grund für die langfristige Festlegung liegt darin, dass Lebensversicherungen über die gesamte Vertragslaufzeit Schutz gegen das Todesfall-, das Berufsunfähigkeits- und/oder Langlebigkeitsrisiko bieten. Durch die langfristige Selbstverpflichtung zur Zahlung fester Beiträge wird nicht nur Risikoschutz überhaupt erst effizient darstellbar - ein Schutz, der gleichzeitig den Sozialstaat effektiv entlastet. Auch wird die unverzichtbare Primärtugend erfolgreicher Altersvorsorge - Disziplin und Stetigkeit - gestärkt. So wird bei der klassischen Kapitallebensversicherung millionenfach erfolgreich die Absicherung der Hinterbliebenen im Todesfall in der Beitragsphase mit der Vorsorge für das Alter verknüpft. Hinzu kommt, dass klassische Lebens- oder Rentenversicherungsverträge im Vergleich zu Investmentfonds einen Schutz vor Kapitalmarktrisiken bieten, der über den reinen Beitragserhalt deutlich hinaus geht. Die jährliche Mindestverzinsung erfasst auch die bereits gutgeschriebenen Überschüsse, sodass - im Unterschied zu Produkten ohne Garantien oder nur mit garantiertem Beitragserhalt - bei Kapitalmarktcrashs überhaupt keine Verluste eintreten können ("Sperrklinkeneffekt"). Einschließlich der Überschussbeteiligung wird für die Kunden über eine langfristig orientierte Kapitalanlage bei nur geringen Schwankungen eine attraktive Gesamtverzinsung erwirtschaftet. Versicherungslösungen bieten im Interesse sowohl der Kunden als auch des Sozialstaats mit dieser Sicherheit und Kontinuität ein hohes Maß an Berechenbarkeit und damit auch Planbarkeit privater Altersversorgung. Fazit: Es ist falsch, die Abgeltungsteuer als Schreckgespenst für die Altersvorsorge darzustellen. Mit Einführung der Abgeltungssteuer im Jahr 2009 kommt es lediglich zu einer steuerrechtlichen Annäherung unterschiedlicher Produkte aus dem Bank- und Versicherungsbereich, die außerhalb des Kernbereichs der Altersversorgung stehen. Dieser Kernbereich grenzt sich durch Mindestanforderungen an die Qualität von Vorsorgeprodukten - insbesondere der Absicherung biometrischer Risiken, der Langfristigkeit der Zweckbindung und der Planbarkeit der Leistungen - von einfachen Sparprozessen ab. Wer nun dieses Steuerpaket wieder aufschnüren will, muss auch die Steuerfreiheit der Lebensversicherung wieder einführen.

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