Kreditgenossenschaften

Europäische Störfeuer

Das Leben könnte so schön sein. Die deutschen Kreditgenossenschaften machen ihre Sache richtig gut, zumindest das, was sie direkt beeinflussen können. Für 2014 weisen die 1 047 Volksbanken und Raiffeisenbanken, die beiden Zentralbanken, die Hypothekenbanken, die Bausparkasse, der Versicherer und alle übrigen Verbundinstitute einen konsolidierten Jahresüberschuss von 7,8 Milliarden Euro aus. Das ist weit mehr als die zweite große Verbundgruppe der Bundesrepublik, die Sparkassen, ausweisen. Für diese steht ein Überschuss nach Steuern von mageren 288 Millionen Euro zu Buche. Das liegt zwar in erster Linie an den herben Verlusten im Landesbanksektor, über alle Institute fällt ein Minus von 1,7 Milliarden Euro an, doch auch wenn man die Landesbanken herausrechnet, kommen die Sparkassen "nur" auf einen Jahresüberschuss von 1,97 Milliarden Euro. Und das, obwohl die rote Konkurrenz bei beiden wesentlichen Ertragskennziffern die Nase deutlich vorn hat. Zinsüberschuss Sparkassen: 32,5 Milliarden Euro, Zinsüberschuss Genossenschaftsbanken: 20,0 Milliarden Euro, Provisionsüberschuss Sparkassen: 7,3 Milliarden Euro, Provisionsüberschuss Genossenschaftsbanken: 5,5 Milliarden Euro. Der große Vorteil des genossenschaftlichen Finanzverbundes ist seine Effizienz, denn der Verwaltungsaufwand für die mehr als 1000 Institute liegt nur bei 16,9 Milliarden Euro, während die etwa 450 öffentlich-rechtlichen Institute mehr als 27 Milliarden Euro aufwenden müssen. Klarer Punktsieger sind die Genossenschaftsbanken also in diesem Vergleich.

Und auch wenn die Verantwortlichen um BVR-Präsident Uwe Fröhlich sich der außergewöhnlichen Stärke dieses Ergebnisses durchaus bewusst sind und eine Wiederholung mehr als in Frage stellen, so zeigt es doch, wie gut im genossenschaftlichen Sektor in den vergangenen Jahren gearbeitet wurde. Da ist es natürlich umso ärgerlicher, wenn man sich immer wieder mit europäischen Störfeuern auseinandersetzen muss. Da ist zunächst die nicht enden wollende Debatte um die Rettung Griechenlands. Hier zeigte sich Fröhlich durchaus noch skeptisch, da er erst abwarten will, ob all die Versprechungen der Griechen am Ende auch eingehalten werden. Aber er verteidigte den harten Kurs der Bundesregierung: "Ohne grundlegende Modernisierung des griechischen Staates und der Wirtschaft ergibt ein weiteres Hilfsprogramm zu Lasten der europäischen Steuerzahler keinen Sinn", so Fröhlich. Der Stabilitätspakt als Instrument stabiler Staatsfinanzen habe ebenso versagt wie der bisherige Ansatz, auf den guten Willen der nationalen Regierungen zu setzen. Von daher sei ein stärkerer Verzicht auf nationale Souveränität im Bereich der Wirtschaftspolitik unabdingbar. Aber: "Die Politik drückt sich davor, den politischen Weg für Europa konsequent zu Ende zu gehen."

Er muss es wissen, denn mit Souveränität und Solidarität hat die genossenschaftliche Finanzgruppe viel Erfahrung, es ist quasi ihr Lebenselixier. Aber Fröhlich betont, dass die Sicherung der Stabilität auch bei den Kreditgenossenschaften Transparenz und substanzielle Kontrollrechte erfordere, um möglichen Fehlentwicklungen frühzeitig begegnen zu können. Dementsprechend hart hat der BVR für den Erhalt des eigenen, institutserhaltenden Einlagensicherungssystems gekämpft. Eine Vergemeinschaftung der nationalen Sicherungssysteme und damit die Haftung seiner Volks- und Raiffeisenbanken für die Rettung von Banken in anderen Ländern lehnt Fröhlich entschieden ab. Vorstandskollege Gerhard Hofmann kritisierte auch die Bestrebungen des Baseler Ausschusses, über den modifizierten Standardansatz die Bedeutung der bankinternen Modelle zu schmälern. "Eine Vereinheitlichung von Risikomodellen und eine Abschaffung von bankinternen Modellen würde auch dazu führen, dass sich der Gleichlauf von Banken in Europa erhöht", so der BVR-Vorstand.

Doch nicht nur die europäischen Überlegungen trüben die Zufriedenheit mit dem bislang Erreichten, auch der Blick nach vorn zeigt Herausforderungen. So wird die Niedrigzinsphase den Zinsüberschuss der Volks- und Raiffeisenbanken um etwa zehn Basispunkte pro Jahr verringern. Dem will die Finanzgruppe mit weiteren Kostensenkungen, aber auch einer Vertriebsoffensive durch bessere Verzahnung von Online- und stationären Vertriebswegen begegnen. Filialschließungen im großen Stil schloss der Präsident aber aus. Im Jahr 2014 wurden lediglich 280 der insgesamt 11 770 Bankstellen abgebaut. Man darf aber sicher davon ausgehen, dass die deutschen Kreditgenossenschaften auch in den kommenden Jahren andere gute Antworten auf die Herausforderungen finden werden.

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