Innovationsförderung für die Landwirtschaft und den ländlichen Raum

Dr. Christian Bock, Bereichsleiter Fördergeschäft bei der Landwirtschaftlichen Rentenbank, Frankfurt am Main

Dr. Christian Bock, Bereichsleiter Fördergeschäft bei der Landwirtschaftlichen Rentenbank, Frankfurt am Main - Dass technikaffine Ideen, wie sie beispielsweise rund um hochspezialisierte wissenschaftliche Forschungseinrichtungen entwickelt werden, oft eines Anschubs bedürfen, um ihre Praxistauglichkeit zu überprüfen, gehört zu den allgemein bekannten Mustern der Innovationsförderung. Den Agrarsektor hat man an dieser Stelle nicht unbedingt als hochinnovativen Sektor im Blick. Der Autor korrigiert dieses Bild und stuft die Branche - weitgehend abseits der allgemeinen gesellschaftlichen Wahrnehmung - als Hightech-Branche und einen der kapitalintensivsten Wirtschaftszweige ein. Potenzial für Innovationen und damit auch für Förderprogramme seines Hauses sieht er nicht nur auf dem breiten Feld der Düngerentwicklung, sondern auch bei betriebswirtschaftlichen Parametern wie zum Beispiel einer zielgerichteten und ressourceneffizienten Wertstoffrückgewinnung oder dem Herdenmanagement in der Tierhaltung. Vor einer Förderzusage steht in solchen Fällen oft die Prüfung durch die Bundesanstalt für Landwirtschaft und Ernährung. (Red.)

Die deutsche Agrarwirtschaft ist nicht nur ein wichtiger Wirtschaftszweig (siehe dazu auch Abbildung 1), sondern sie hat auch eine hohe Bedeutung im Hinblick auf die Nutzung natürlicher Ressourcen und die Gestaltung ländlicher Räume. Dies macht sie zu einem zentralen Bindeglied bei der Bewältigung einiger der größten technologischen und gesamtgesellschaftlichen Herausforderungen. Ernährungssicherung, Ressourcenschutz, Klimawandel und sich ändernde Wettbewerbsbedingungen sind von grundlegender Relevanz für die Landwirtschaft. Langfristig können diese Herausforderungen nur durch Innovationen und technischen Fortschritt bewältigt werden. Dies gilt besonders, wenn es darum geht, steigende gesellschaftliche Anforderungen und Erwartungen zu berücksichtigen.

Keine eigenständige Agrarstrukturpolitik

Die 1949 gegründete Landwirtschaftliche Rentenbank ist Deutschlands Förderbank für die Agrarwirtschaft und den ländlichen Raum. Um die Wettbewerbsfähigkeit der vor allem kleinen und mittleren agrarwirtschaftlichen Betriebe zu erhalten und auszubauen, stellt die Bank vor allem durch zinsgünstige Programmkredite gute und verlässliche Finanzierungsbedingungen sicher. Die Rentenbank betreibt keine eigenständige Agrarstrukturpolitik, sondern beachtet die jeweiligen Zuständigkeiten des Bundes und der Länder. Agrarpolitische Vorgaben und Herausforderungen unterstützt die Rentenbank daher mit einem breiten Refinanzierungsansatz.

Bei der Innovationsförderung allerdings setzt die Rentenbank vor allem auf Zuschüsse. Dabei wird der gesamte Innovationsprozess, von der praxisnahen Forschung über die Markteinführung bis hin zur flächendeckenden Umsetzung in den Betrieben, unterstützt.

Die Innovationsförderung der Rentenbank basiert auf einem zweistufigen Verfahren: Die Bank arbeitet eng mit der Bundesanstalt für Landwirtschaft und Ernährung (BLE) zusammen, die im ersten Schritt die eingereichten Projektskizzen fachlich bewertet. Die BLE ist die zentrale Umsetzungsbehörde im Geschäftsbereich des Bundesministeriums für Ernährung und Landwirtschaft (BMEL) und dessen Projektträger. Sie berücksichtigt bei der Prüfung der Förderwürdigkeit auch, ob die Projekte mit den agrarpolitischen Zielsetzungen des Bundes übereinstimmen. Erst wenn die BLE zu dem Ergebnis kommt, dass ein Projekt förderungswürdig ist, fordert sie zur Antragsstellung bei der Rentenbank auf. Die Prüfung des Projekts durch die BLE nimmt im Förderprozess zeitlich den größten Teil ein und kann, abhängig von Komplexität und Umfang, in ihrer Dauer stark variieren. Ist diese Hürde aber erst einmal genommen, erfolgt die Förderzusage durch die Rentenbank innerhalb von einer bis zwei Wochen.

Im kritischen Fokus der Öffentlichkeit

Neben dem klassischen Bestreben, Arbeitserleichterungen durch Effizienzsteigerungen zu erreichen, hat sich ein weiterer Treiber für Innovationen herauskristallisiert: Die Landwirtschaft steht zunehmend im kritischen Fokus der Öffentlichkeit. Sie muss sich wachsenden Anforderungen und Erwartungen an die Produktionsbedingungen stellen. Gleichzeitig gehen von öffentlichen Diskursen Impulse für politische Entscheidungen aus. Diese resultieren oftmals in Gesetzen und Normen, die ihrerseits Einfluss auf das Innovationsgeschehen haben. Daneben wirken öffentliche Förderinstrumente selbst als wichtiger Impulsgeber.

Die Rentenbank setzt mit ihrer Förderung bei den drei genannten Impulsgebern an. Durch den engen Austausch mit Verbänden und der Politik kann sie schnell und zielgerichtet auf öffentliche Diskurse reagieren. Für die Innovationsförderung stellt sie aus dem Zweckvermögen des Bundes bei der Rentenbank sowie aus ihrem Innovationsfonds Mittel bereit. Der Fokus liegt hierbei auf der Förderung praxisrelevanter Forschungsprojekte unter Beteiligung von Partnern aus der Wirtschaft. Dazu zählen zahlreiche Forschungsvorhaben im Rahmen der "Deutschen Innovationspartnerschaft Agrar" (DIP). Die Ende Oktober 2012 gegründete Innovationspartnerschaft aus Wissenschaft, Verwaltung und Agrarwirtschaft hat zum Ziel, solche Vorhaben zu fördern, die anschließend erfolgreich in den Markt eingeführt werden können. Damit begegnet sie einer der typischen "Bruchstellen" im Innovationsprozess (Abbildung 2).

Ultrahochfrequente Tier-Erkennung

Ein Beispiel für die praxisrelevante Innovationsförderung ist das Projekt UTE II (Ultrahochfrequente Tier-Erkennung). Das Projekt untersucht den Einsatz eines in der Ohrmarke von Schweinen platzierten Chips, der Radiowellen übermittelt. Damit lässt sich jedes Tier, sei es eine Muttersau, ein Ferkel oder ein Mastschwein, berührungslos identifizieren und lokalisieren. So wird es möglich, die Tiere individuell zu füttern und Verhaltens- oder Gesundheitsveränderungen sehr schnell zu erkennen. Dies verbessert nicht nur das Tierwohl, sondern auch betriebswirtschaftliche Parameter wie zum Beispiel die Rückverfolgbarkeit und das Herdenmanagement. In dem Projekt kooperieren die Universität Hohenheim und die Tierärztliche Hochschule Hannover mit vier mittelständischen Unternehmen.

Auf eine ökologisch und ökonomisch vorteilhaftere Ressourcennutzung zielt das Projekt GAWiB (Gülle-Aufbereitung mit zielgerichteter und ressourceneffizienter Wertstoffrückgewinnung in Borken). In Regionen mit intensiver Tierhaltung und hoher Viehdichte, zum Beispiel in West- und Norddeutschland, ist die Verwertung der Gülle eine Herausforderung. GAWiB hat zum Ziel, mit einer Anlage in Borken im Münsterland Wertstoffe aus der Gülle zu gewinnen, und zwar insbesondere Stickstoff- und Phosphordünger. Der gewonnene Dünger ist lager- und transportfähig und kann effizient in Ackerbauregionen gebracht werden, in denen er benötigt wird. Das Projekt wird von der NDM Naturwertstoffe GmbH, die von über 150 Landwirten getragen wird, durchgeführt und vom Kuratorium für Technik und Bauwesen in der Landwirtschaft e. V. (KTBL) begleitet.

Bei einem weiteren wichtigen Projekt mit dem Namen "F.R.A.N.Z" geht es um die Erhöhung der Agrarbiodiversität auf intensiv landwirtschaftlich genutzten Flächen. Das Vorhaben steht unter der gemeinsamen Schirmherrschaft von Bundeslandwirtschaftsminister Christian Schmidt und Bundesumweltministerin Dr. Barbara Hendricks. Auf bundesweit zehn Demonstrationsbetrieben (sieben Ackerbau, drei Grünland) sollen Maßnahmen zur Erhöhung der Artenvielfalt entwickelt werden. Das Projekt wird von einer intensiven sozioökonomischen und ökologischen Forschung begleitet.

Ein hochinnovativer Sektor

Die Landwirtschaft ist ein hochinnovativer Sektor, der sich in den vergangenen Jahrzehnten - weitgehend abseits der allgemeinen gesellschaftlichen Wahrnehmung - zu einer Hightech-Branche entwickelt hat. Zugleich ist die Agrarwirtschaft einer der kapitalintensivsten Wirtschaftszweige. Damit wird deutlich, wie wichtig die Innovationsförderung im Zusammenspiel mit guten und verlässlichen Finanzierungsbedingungen für die Agrarwirtschaft und den ländlichen Raum ist. Die Innovationsförderung der Rentenbank ist auf Praxisrelevanz ausgerichtet. Sie trägt dazu bei, wachsende gesellschaftliche Anforderungen in Bezug auf Umwelt- und Verbraucherschutz sowie Tierwohl mit betriebswirtschaftlichen Anforderungen in Einklang zu bringen und so eine sowohl ökologisch also auch ökonomisch nachhaltige Entwicklung zu fördern.

Christian Bock , Geschäftsführer der CRIF Bürgel GmbH

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