Die Rolle der Rentenbank in der Transformation der Landwirtschaft

Nikola Steinbock, Foto: Landwirtschaftliche Rentenbank

Auch die Landwirtschaft hat ihren Anteil an der nachhaltigen Transformation zu leisten, wie Nikola Steinbock gleich zu Beginn ihres Beitrags bemerkt. Dabei hat die Branche gleich vier große Aufgaben zu bewältigen. Dazu gehören laut der Autorin der Umwelt- und Naturschutz, der Erhalt der Biodiversität, Umbau der Nutztierhaltung und vor allem der Klimawandel. Gleichzeitig muss die Branche genügend Nahrungsmittel für eine stetig steigende Weltbevölkerung produzieren. Die Vorstandssprecherin der Rentenbank zeigt sich überzeugt, dass die Landwirtschaft einen großen Beitrag beisteuern könne, dafür seien aber enorme Investitionen nötig. Hier kommen dann auch die Förderbanken ins Spiel. Im Geschäftsjahr 2021 flossen bei der Rentenbank 1,9 Milliarden Euro in die Finanzierung nachhaltiger Vorhaben. Doch es sei auch Innovation und technischer Fortschritt nötig, um die mannigfaltigen Probleme lösen zu können. Daher unterstütze das Förderinstitut auch Start-ups aus dem agrarnahen Bereich. (Red.)

Bis 2045 will Deutschland klimaneutral sein. Dies wird nur gelingen, wenn Politik und Gesellschaft nachhaltigem Wirtschaften und Leben eine hohe Priorität einräumen. Diese Transformation erfordert ein sektorübergreifendes Handeln und ist eine gesamtgesellschaftliche Aufgabe. Die Landwirtschaft ist davon nicht ausgenommen. Im Gegenteil, sie ist mittendrin im Wandel. Die vier großen Herausforderungen, vor denen sie steht, sind: Umwelt- und Naturschutz, Erhalt der Biodiversität, Umbau der Nutztierhaltung und insbesondere der Klimawandel. Gleichzeitig hat sie die Aufgabe, ausreichend Nahrungsmittel für eine stetig wachsende Weltbevölkerung zu produzieren - ein Thema, das vor dem Hintergrund der Corona-Pandemie und des Ukraine-Krieges wieder stärker ins allgemeine Bewusstsein gerückt wurde.

Ziele der EU und Deutschland bis 2030, Quelle: Landwirtschaftliche Rentenbank

Ziele der EU und Deutschland bis 2030, Quelle: Landwirtschaftliche Rentenbank

Beim Klima- und Umweltschutz nimmt die Landwirtschaft eine Schlüsselrolle ein. Einerseits werden durch die landwirtschaftliche Produktion große Mengen klimarelevanter Gase ausgestoßen. Andererseits verfügt die Landwirtschaft als eine vom Klimawandel selbst stark betroffene und auf stabile Ökosysteme angewiesene Branche durch den Entzug von Kohlenstoff aus der Atmosphäre über erhebliches Potenzial, CO2 organisch zu binden. Zusammen mit der Forstwirtschaft ist die Landwirtschaft deshalb schon heute eine wichtige Kohlenstoffsenke. Hier besteht für die Zukunft durchaus weiteres Potenzial, beispielsweise durch die konservierende Bodenbearbeitung.

Auch darüber hinaus kann die Landwirtschaft in einem erheblichen Umfang Lösungen für die vor uns liegenden Herausforderungen anbieten. Notwendig sind für die Umsetzung allerdings hohe Investitionen. In ihrem Abschlussbericht aus dem vergangenen Jahr beziffert die "Zukunftskommission Landwirtschaft" die Kosten für mehr Nachhaltigkeit in der deutschen Landwirtschaft zwischen 7 und 11 Milliarden Euro jährlich - je nach Szenario.

Förderangebote für nachhaltige Investitionen

Hier kommen Förderbanken ins Spiel. Insbesondere die Rentenbank als Förderbank für die Agrarwirtschaft und den ländlichen Raum. Seit Anfang dieses Jahres wickelt sie das "Investitionsprogramm Landwirtschaft" für das Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft (BMEL) ab. Ziele des Programms sind eine ressourcenschonende Landbewirtschaftung, mehr Klima- und Umweltschutz und die Verbesserung der Biodiversität. Das Programm beinhaltet einen Zuschuss in Höhe von 40 Prozent der Investitionssumme und wird mit einem zinsgünstigen Förderdarlehen der Rentenbank kombiniert. So entfalten die Programmkredite der Rentenbank Lenkungswirkung. Bis 2024 stehen insgesamt 816 Millionen Euro für die Zuschüsse zur Verfügung.

Auch ohne Zuschüsse aus Haushaltsmitteln kann die Rentenbank mit ihrem vielseitigen Förderangebot zahlreiche nachhaltige Investitionen in der Agrarwirtschaft voranbringen. Zu nennen ist insbesondere der Ausbau der erneuerbaren Energien, also beispielsweise Investitionen von Landwirten in Fotovoltaik-, Biogas- und Windenergieerzeugung sowie Bürgerwindparks im ländlichen Raum. Die Rentenbank unterstützt diese Investitionen mit speziellen Förderprogrammen und einem Zinsbonus (Topkonditionen). Gefördert wird ferner ein breites Spektrum von Maßnahmen zur Verbesserung der artgerechten Tierhaltung, der Energieeffizienz und zur Minderung von Emissionen. Weitere Ziele dieser Programme sind die Förderung des ökologischen Landbaus, Maßnahmen des Waldumbaus hin zu klimaangepassten Mischwäldern sowie die Direkt- oder Regionalvermarktung landwirtschaftlicher Produkte. Im Geschäftsjahr 2021 flossen 1,9 Milliarden Euro in die Finanzierung nachhaltiger Vorhaben, immerhin ein Drittel des Förderneugeschäfts mit Programmkrediten.

Innovationen und technischer Fortschritt unerlässlich

Allein mit der Förderung nachhaltiger Investitionen wird die Transformation der Agrarwirtschaft jedoch nicht zu bewältigen sein. Um diese erfolgreich voranzutreiben, sind Innovationen und technischer Fortschritt nötig. Sie sichern die Wettbewerbsfähigkeit der Betriebe und ermöglichen gleichzeitig die schonende Nutzung von Ressourcen, auch bei höheren Anforderungen an das Tierwohl, die Produktqualität und den Umweltschutz.

Zahlreiche agrarnahe Start-ups beschäftigen sich mit der Herausforderung, Nahrungs- und Rohstoffmärkte zu bedienen und gleichzeitig natürliche Ressourcen zu schonen sowie dem Klimaschutz gerecht zu werden. Oder sie unterstützen mit ihren Entwicklungen die Agrarwirtschaft bei der Lösung dieses Zielkonflikts.

Die Landwirtschaftliche Rentenbank unterstützt Start-ups aus dem agrarnahen Bereich (Agtech- und Foodtech-Start-ups). Die Innovationsförderung umfasst den gesamten Prozess von der Entwicklung über die Praxiseinführung bis hin zur Verbreitung zukunftsweisender Verfahren und Produkte.

Mit Zuschüssen aus ihrem "Innovationsfonds" fördert die Rentenbank praxisrelevante Forschungsprojekte unter Beteiligung von Partnern aus der Wirtschaft. Daran schließt sich die Start-up-Förderung aus dem Zweckvermögen des Bundes bei der Landwirtschaftlichen Ren ten bank an. Wir unterstützen damit ausgewählte agrarnahe Start-ups in der Frühfinanzierungsphase. So wird innovativen Ideen der Weg in den Markt geebnet. Die Förderung beinhaltet ein zinsgünstiges Nachrangdarlehen in Höhe von bis zu 800 000 Euro in Kombination mit einem Zuschuss für Beratungsdienstleistungen (Innovationsgutscheine).

Dieses Engagement von der Rentenbank als Förderbank ist notwendig. Gemeinsam mit dem BMEL hat die Rentenbank damit im vergangenen Jahr eine Lücke in der Finanzierung von Start-ups schließen können. Und noch eine Lücke gilt es zu schließen: Bisher haben innovative Agtech- und Foodtech-Start-ups in Europa aufgrund des unzureichend entwickelten Venture-Capital-Marktes häufig noch Schwierigkeiten, Kapitalgeber zu finden. Die Rentenbank beteiligt sich daher im Februar 2022 mit 25 Millionen Euro am European Circular Bioeconomy Fund (ECBF). Der von der Europäischen Kommission initiierte Fonds investiert seine Mittel in innovative Wachstumsunternehmen der Bioökonomie. Ziel ist es, den Verbrauch fossiler Rohstoffe zu verringern, den Übergang zu einer biobasierten Kreislaufwirtschaft zu fördern und zu einer nachhaltigen, klimaneutralen Entwicklung beizutragen.

Darüber hinaus stärkt die Rentenbank die Nachhaltigkeit auch mit ihrem gesellschaftlichen Engagement in Form von Kooperationsmodellen. Ein Beispiel ist das "Waldprojekt Buchenborn". Hier engagiert sich die Förderbank gezielt für den Naturschutz im Rhein-Main-Gebiet. Zusammen mit der Bundesanstalt für Immobilienaufgaben (BImA) fördert die Rentenbank seit 2016 auf 550 Hektar die naturnahe Waldbewirtschaftung im Forstrevier "Buchenborn" in der hessischen Wetterau.

Ein weiteres Beispiel ist das Projekt F.R.A.N.Z. (Für Ressourcen, Agrarwirtschaft & Naturschutz mit Zukunft). Es will zeigen, dass eine moderne, leistungsfähige Landwirtschaft mit biologischer Vielfalt vereinbar ist und entwickelt hierfür Konzepte, die wissenschaftlich erprobt und praxistauglich sind. An diesem Verbundprojekt sind unter anderem die Rentenbank und das BMEL als Förderer beteiligt.

Sustainable "Ag-Finance" und EU-Taxonomie

Es ist absehbar, dass die Anforderungen an Sustainable "Ag-Finance" weiter steigen werden. Auch die Europäische Union hat die wichtige Rolle des Finanzsektors bei der Transformation hin zu einer nachhaltigen Gesellschaft erkannt. Mit ihrem Aktionsplan zur Finanzierung nachhaltigen Wachstums hat sie für eine wahre Regulatorikflut gesorgt, die längst nicht mehr nur Banken betrifft. Zwar sind die Auswirkungen auf die grüne Branche bisher noch überschaubar, doch werden auch hier die zunehmenden Informationsbedarfe nach Nachhaltigkeitsangaben bald spürbar sein; ebenso wie die sich bereits abzeichnende Datenlücke.

Die EU-Kommission hatte im Frühjahr 2021 einen Entwurf für die Taxonomie - ihr Klassifizierungssystem für nachhaltige Aktivitäten - für die ersten zwei der sechs geplanten Umweltziele vorgelegt. Dieser Entwurf beinhaltete auch Kriterien für die Landwirtschaft. Der delegierte Rechtsakt für die Landwirtschaft wurde jedoch kurzfristig verschoben, um eine größere Kohärenz mit den Anforderungen der neuen gemeinsamen EU-Agrarpolitik zu erzielen. Mit einem neuen Vorschlag und somit einer klaren Definition, ab wann ein Betrieb einen wesentlichen Beitrag zu Klimaschutz und Klimaanpassung nach Auffassung der EU leistet, ist in den kommenden Wochen zu rechnen. Bisher sahen die Vorschläge für die Landwirtschaft eine externe Auditierung vor. Sollte dieses Vorgehen beibehalten werden, müssten zunächst entsprechende Nachweismodelle insbesondere für die konventionelle Landwirtschaft entwickelt beziehungsweise identifiziert werden, um Angaben zur Taxonomie-Konformität machen zu können.

Nachhaltigkeitsangaben gewinnen auch im Rahmen des Risikomanagements an Bedeutung. Die Europäische Bankenaufsicht fordert eine angemessene Berücksichtigung von ESG-Faktoren beim Kreditprozess. Einige Banken haben bereits reagiert und sogenannte ESG-Scoring-Modelle entwickelt. Ähnlich wie bei der Bonitätseinstufung wird hier mithilfe von Angaben zu Nachhaltigkeitsleistungen und -risiken ein Risikoprofil des Kreditnehmers erstellt.

Wachsender Informationsbedarf

Klingt machbar, aber die Herausforderungen stecken in der konkreten Umsetzung. Da landwirtschaftliche Betriebe selten kapitalmarktorientiert sind, kann nur in wenigen Fällen auf veröffentlichte Informationen zurückgegriffen werden. Sowohl Angaben zur Taxonomie als auch zum Nachhaltigkeits-Scoring müssen mühevoll und zeitintensiv im Kreditprozess erfragt werden. Als nachhaltig identifiziert zu werden, entscheidet sich daher nicht mehr nur anhand der erbrachten Leistungen, sondern hängt davon ab, ob die notwendigen Nachhaltigkeitsdaten vorliegen.

Neben der Ausgestaltung nachhaltiger Förderprogramme ist es daher für die Rentenbank essenziell, die "grüne Branche" dabei zu unterstützen, adäquat und zielgerichtet auf die wachsenden Informationsbedarfe reagieren zu können. Die Rentenbank sieht es als ihre Aufgabe an, belastbare, vereinheitlichte Datenquellen und Erfassungsinstrumente für die Landwirtschaft mit zu entwickeln. Gemeinsam mit den Hausbanken und der Agrarwirtschaft will die Rentenbank Instrumente erarbeiten, die eine Umsetzung der regulatorischen Anforderungen, aber auch eine finanzierungsgestützte Transformation der Agrarwirtschaft möglich machen.

Green Bonds bei der Refinanzierung

Seit mehr als zwanzig Jahren nimmt die Rentenbank überwiegend bei ausländischen institutionellen Investoren, Zentralbanken und anderen öffentlichen Stellen die Mittel auf, die sie für ihre Förderangebote benötigen. Das erfolgt durch die Emission von Wertpapieren und die Aufnahme von Darlehen. Ihre Investoren wollen beim Wandel hin zu mehr Nachhaltigkeit zunehmend mitgenommen werden - über nachhaltige Anleihen. Die Rentenbank emittiert deshalb Green Bonds. Dies erfolgt unter dem freiwilligen Standard der ICMA Green Bond Principles, die bisher den weltweit anerkannten Rahmen für grüne Anleihen bieten.

Bisher besteht das dafür notwendige Eligible Green Loan Portfolio aus Finanzierungen von Wind- und Solarenergie-Projekten. Für das laufende Jahr ist geplant, auch Kredite im Zusammenhang mit Biogas in das Eligible Green Loan Portfolio aufzunehmen und diese Investitionen zukünftig über Green Bonds zu refinanzieren. Wie auch bei den Wind- und Solarenergie-Projekten kann hier das Impact Reporting - also die Berechnung der Co2-Einsparungen - auf Basis wissenschaftlicher Methoden erfolgen.

Im laufenden Jahr hat die Rentenbank noch keinen Green Bond emittiert. Ihr grünes Kreditportfolio bietet aber genug Spielraum für weitere Emissionen. Die Rentenbank plant deshalb, im weiteren Jahresverlauf mindestens eine großvolumige auf Euro lautende grüne Anleihe zu begeben (Zielgröße 500 Millionen Euro bis 1 Milliarde Euro). Wichtig ist für die Rentenbank, dass sie in ihrer Heimatwährung Euro eine eigene Laufzeitkurve grüner Anleihen aufbaut. Die Rentenbank ist sehr optimistisch, dass das laufende und zukünftige Neugeschäft mit erneuerbaren Energien ihr auch zukünftig eine regelmäßige Emissionstätigkeit in Green Bonds erlauben wird.

Mit dem EU Green Bond Standard arbeitet die EU derzeit an einem eigenen Regulierungsrahmen. Er befindet sich noch im EU-Gesetzgebungsverfahren. Die Trilog-Verhandlungen dazu beginnen gerade. Durch ihren klaren Fokus auf erneuerbare Energien sieht die Rentenbank sehr gute Chancen dafür, dass sie auch den Anforderungen des EU Green Bond Standard entsprechen werden.

Ob und wann die Rentenbank Emissionen in diesem Rahmen begibt, bleibt aber noch abzuwarten. Das hängt nicht zuletzt auch von der genauen Ausgestaltung des Rechtsrahmens ab. Darüber hinaus stellt die (wenn auch eingeschränkte) Aufnahme von Gas und Kernenergie eine Abweichung von den Expertenratschlägen zur Ausgestaltung der Anforderungen an grüne Assets dar, deren Auswirkungen auf die Investorennachfrage nach EU Green Bonds abzuwarten bleibt.

An der Seite der Bauern

Das Thema Nachhaltigkeit wird Gesellschaft, Politik und Wirtschaft auch weiterhin prägen. Im Vergleich zu anderen Wirtschaftsbereichen geht es in der Agrarwirtschaft nicht nur darum, natürliche Ressourcen effizienter und verantwortungsvoller einzusetzen sowie Emissionen zu mindern. Vielmehr können darüber hinaus land- und forstwirtschaftlich genutzte Böden Kohlenstoff aus der Umwelt aufnehmen und binden und so zum Klimaschutz beitragen. Das große Potenzial der Agrarwirtschaft zu nutzen, macht hohe Investitionen notwendig. Die Rentenbank wird ihren Beitrag zu dem herausfordernden Umbau leisten: mit ihrer bewährten Investitionsförderung und einer verstärkten Innovationsund Start-up-Förderung.

Dass sich die Rentenbank als Unternehmen dabei selbst nachhaltiger aufstellt, liegt nahe. Die Gesellschaft befindet sich mitten im Transformationsprozess und die Rentenbank sieht auch in ihrem Bankbetrieb noch weitere Möglichkeiten, Ressourcen zu schonen und das Klima zu schützen. Das käme dann auch der Landwirtschaft zugute.

Nikola Steinbock , Sprecherin des Vorstands , Landwirtschaftliche Rentenbank

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