IW: Droht eine Bankenkrise?

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Das Institut für Deutsche Wirtschaft (IW) in Köln hat sich in einer Studie der Frage gewidmet, ob die Corona-Krise zu einer Bankenkrise führen könnte. Das Institut stellt dabei drei Transmissionskanäle des Corona-Schocks auf Banken fest:

  • Steigen in dieser historisch einmaligen Krise die Staatsschulden, dann wäre ein Rating-Downgrade für bestimmte europäische Staaten (zum Beispiel Italien oder Griechenland) möglich. Da unverändert Staatsanleihen nicht mit Eigenkapital zu unterlegen sind und wegen eines Home Bias der Banken in ihrem Engagement, kann daraus eine Wiederkehr der Banken- und Staatsschuldenkrise im Euroraum resultieren. Das dürfte vor allem Großbanken betreffen. Anders als jedoch von zehn Jahren wirkt dem die etablierte Bankenunion mit entsprechenden Eingriffs- und Stabilisierungsmöglichkeiten entgegen. Hinzu kommt, dass die Einigung des Europäischen Rates am 20. Juli 2020 über den „Aufbaufonds“, die besonders von der Pandemie betroffenen Staaten der EU und deren Schuldentragfähigkeit entlastet.
  • Es zeigt sich nach Meinung des IW, dass die Pandemie das Reiseverhalten der Menschen verändert, und zwar sowohl beruflich als auch privat. Umsatzrückgänge und -verschiebungen im Tourismus würden dies deutlich (zum Beispiel Kreuzfahrten) machen. Besonders die Luftfahrtbranche sei betroffen, für das zweite Halbjahr wird allenfalls eine Auslastung von 30-40 Prozent des Vorkrisenniveaus erwartet, eine Normalisierung erst über mehrere Jahre. Da unklar ist, wie lange die Unterauslastung letztlich bestehen bleibt und welche strukturellen Effekte fortwirken, kann es sein, dass Banken die Kreditausfallraten bei der Flugzeugfinanzierung und der Schiffsfinanzierung unterschätzt haben. Bei einer zu geringen Eigenkapitalunterlegung drohen Bilanzprobleme, die aber vor allem auf diese Finanzierungen spezialisierte Großbanken und Anleihegläubiger betreffen dürften. Eine breite Krise des Bankensystems sollte daraus nicht resultieren.
  • Besonders bedeutsam können hingegen laut IW für das Bankensystem breit angelegte Insolvenzen in Corona-betroffenen Branchen sein (zum Beispiel Landwirtschaft, Nahrungsmittel, Gastgewerbe, Tourismus, Messebau, Freizeit und Sport). Vor allem kleinere Unternehmen – auch der typische Mittelstand – sind in diesen Branchen betroffen. Hinzu würden gegebenenfalls Unternehmen in den Zulieferbereichen der Automobilhersteller kommen, wenn dort die Nachfrage nachhaltig schwach bleibt und zugleich der Strukturwandel zu neuen Antrieben stark forciert wird. Großbanken haben laut IW diese kleineren Unternehmen in der Regel nicht als Kunden, sondern vor allem die Kreditgenossenschaften und die Sparkassen, sodass die Möglichkeit von umfassenderen Kreditausfällen bei diesen Bankengruppen besteht. Beide Bankengruppen besitzen aber eigene Aufsichts- und Sanierungssysteme (Institutssicherung als Haftungsverbund, der den Fortbestand von jedem der angeschlossenen Institute sichert). Insofern kann eine Insolvenzwelle grundsätzlich in den Verbünden aufgefangen werden und dürfte die Konsolidierung im Volksbanken- und Sparkassensektor befördern.

Im Gegensatz zur Globalen Finanzmarktkrise seien die Bankbilanzen aktuell nicht vernetzt. Damals hielten die Banken ähnliche Wertpapiere in ihren Bilanzen, sodass der Wertverlust eines Wertpapieres zu Wertverlusten bei ähnlichen Wertpapieren führte. Da diese Assets zum Marktwert bilanziert werden mussten, übertrugen sich die Wertverluste auf das gesamte Bankensystem. Bei den aktuell befürchteten Insolvenzen ist dies nicht der Fall. Die Verluste aus einer Insolvenz bei einem Unternehmen tragen nur die Kreditgeber des betroffenen Unternehmens. Im Vergleich zur Globalen Finanzkrise wirkt die aktuelle Krise mit einer viel geringeren Geschwindigkeit auf das Bankensystem, davon geht zumindest das IW aus.

Die komplette Studie finden Sie hier.

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