Gespräch des Tages

VÖB - Verlierer und Gewinner?

Gleich zweimal das speziell von den tagesaktuellen Medien gefürchtete Sommerloch der Nachrichtenlage zu füllen - und gar noch durchgängig über mehr als ein ganzes Jahr - das hat in der Bankenszene lange Zeit kein Thema geschafft. Allem Eindruck nach hat die aktuelle Finanzmarktkrise leider immer noch die Substanz dazu. Anders als die eher spröden Dauerthemen rund um die technische Ausgestaltung des Risikomanagements oder die Schaffung eines einheitlichen Zahlungsverkehrsraums hat sie in den letzten zehn Monaten weltweit immer wieder überraschende Meldungen um mögliche Ergebnisbelastungen, notwendige oder vollzogene Kapitalmaßnahmen, neue Eigner, Wechsel beim Spitzenpersonal sowie Überprüfungen der strategischen Ausrichtung einschließlich der Disposition ganzer Geschäftsbereiche mit sich gebracht. Und sie könnte in der bald wieder anstehenden Ferienzeit in all diesen Facetten immer noch hinreichend Stoff liefern, wenngleich sich die meisten Akteure mittlerweile liebend gerne mit anderen, leichter handhabbaren Themen anfreunden würden.

Ganz gewiss gilt das auch für die Gremien des Bundesverbandes Öffentlicher Banken Deutschlands, VÖB, dessen Vorstandsmitglieder sich fast zur Hälfte aus den Chefs der Landesbanken zusammensetzen. Gerade in dieser wichtigen Gruppe der VÖB-Mitglieder würden es von Kiel bis München zweifellos auch viele Mitarbeiter auf allen Ebenen als besonders wohltuend empfinden, nicht in mindestens jedem zweiten Beitrag zur Finanzkrise als Beispiel für Fehlleistungen oder Handlungsbedarf herangezogen zu werden - egal ob es passend ist oder nicht. Dass Siegfried Jaschinski, in seinem Hauptamt Vorstandsvorsitzender der LBBW die Anlässe, Ursachen und Lehren der Finanzmarktkrise dennoch so ausführlich in den Mittelpunkt seiner ersten Jahresberichterstattung als VÖB-Präsident stellte, dokumentiert einmal mehr ihre Bedeutung für die Zukunft der Verbandsarbeit. Es bedarf einer sauberen Aufarbeitung der aktuellen Lage und richtigen Weichenstellung bei den Instituten. Will der Verband, gemessen an der Bilanzsumme, auch weiterhin wenigstens annähernd auf sein derzeitiges Gewicht von 27 Prozent am hiesigen Bankenmarkt verweisen, muss es spürbare Schritte in Richtung einer "Erarbeitung der langfristigen Ertragskraft" geben, wie der VÖB-Präsident die Grundvoraussetzung einer zukunftsfähigen Lösung ausdrückt.

Und weil Jaschinski die schlichte Zusammenschiebung zu einer Super-Landesbank ablehnt und das bloße Vertrauen auf die weitere Steigerung der Verbundquote als hilfreich, aber längst nicht ausreichend einstuft, wirbt er für ruhige Überlegungen und lässt den Zeitrahmen für Bereinigungen zumindest bis in den Herbst dieses Jahres hinein offen. Sein schlichter Hinweis auf die fehlende Option einer schnelleren Reaktion - bei der LBBW wegen der Integrationsarbeit in Sachsen und Rheinland-Pfalz und bei der WestLB und der Bayern-LB angesichts der offenen Fragen rund um deren Zweckgesellschaften - mündet in die aktuelle Situationsanalyse Nachhaltigkeit geht vor Schnelligkeit.

Bemerkenswert sind indes noch zwei Empfehlungen des VÖB- Präsidenten zur besseren Vorbeugung gegen künftige Krisen. Zwischen Produkten, deren Risiken nach Bonitätseinschätzung beurteilt und in den Bilanzen bis zur Endfälligkeit gehalten werden, so seine erste Anregung, und solchen, bei denen Preisbildungsprozesse wegen liquider Märkte mit vielen Anbietern und Nachfragern funktionieren, sollte strikt getrennt werden. Bei Zweifeln darüber, ob solche Marktbedingungen vorliegen, plädiert er dafür, solche Produkte wie Kredite nach Ausfallrisiken und nicht wie handelbare Wertpapiere nach Marktpreisen zu bestimmen.

Die zweite Anregung ist die pointierte Fortführung eines Gedankens, den er schon im Herbst vergangenen Jahres als Redner der 53. Kreditpolitischen Tagung dieser Zeitschrift angedeutet hatte (Kreditwesen 23-2007). Sie resultiert aus der selbstkritischen Bestandsaufnahme des allgemeinen Kenntnisstandes über die Funktionsweise moderner Kapitalmärkte und das Zusammenwirken ihrer Akteure: Das Wissen und die Erfahrung in Finanzmärkten sollte in der Qualifikation von Entscheidungsträgern, aber auch Kontrolleuren entsprechend ihrer Aufgabenstellung in einem Mindestmaß vorhanden sein und fortwährend geschult werden. Diese Vorgabe will er gleichermaßen auf Vorstände, Aufsichts- und Verwaltungsräte sowie Prüfungsgesellschaften und die staatliche Finanzaufsicht angewendet wissen. In einer immer noch sehr stark auf das Kreditgeschäft ausgerichteten Welt könne es nichts schaden, wenn die verschiedenen Beteiligten besseren Einblick in die gegenseitigen Abläufe hätten, der Kreditvorstand etwa ab und an mit der Methodik von Bewertungsfragen konfrontiert sei, der Wirtschaftsprüfer schon mal grob die Abläufe an Handelstischen erfahren habe und die Aufsicht mit dem Produktdesign im Kapitalmarktgeschäft in Berührung kommen würde.

Anders als um die Gruppe der Landesbanken ist es um den zweiten Teil der VÖB-Mitglieder eher ruhig, im Zweifel darf man die Förderbanken sogar zu den Krisengewinnern zählen. Ob Letzteres auch für das außerordentliche Mitglied KfW zutrifft, ist zwar fraglich. Denn als größter Eigner der IKB ist sie bekanntlich seit Mitte letzten Jahres von hohen Belastungen der eigenen GuV erschüttert worden, deren Einfluss auf die künftige strategische Ausrichtung noch nicht umfassend abzusehen sind. Alle anderen Förderbanken treffen in ihrem originären Geschäft aber auf vergleichsweise günstige Marktbedingungen. Angesichts ihrer Nähe zur öffentlichen Hand haben etwa die NRW Bank, die L-Bank und zuletzt auch die Rentenbank bei ihrer Refinanzierung von einer Verbesserung der Konditionen berichten dürfen.

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