Gespräch des Tages

VÖB - Im Schulterschluss mit Berlin?

Dass mittlerweile fast 90 Prozent aller Regelungen für die Kreditwirtschaft aus Brüssel kommen, hat gerade der Bundes verband Öffentlicher Banken Deutschlands nachweislich verinnerlicht. Schon zum 17. Mal präsentiert der VÖB eine Neu auflage (Stand 1. September 2009) seiner "Kreditwirtschaftlich wichtigen Vorhaben der EU" die mit weit über 300 Seiten längst Buchcharakter angenommen hat. Brüssel bleibt also weiterhin wichtig: Von der Auslegung der Verständigung II der Förderinstitute bis hin zu den laufenden Beihilfeverfahren diverser Landesbanken hängt auch die künftige Struktur des VÖB ganz wesentlich von der europäischen Ebene ab. Gleichwohl ist es keine Überraschung, dass sich der seit einigen Monaten amtierende Präsident des Verbandes, Christian Brand, in seiner aktuellen Bestandsaufnahme erst einmal der Berliner Politik zuwendet. Es zeugt jedenfalls von routinierter Verbandsarbeit, in dem derzeit noch frühen Stadium der Weichenstellungen der neuen Bundesregierung die zentralen Anliegen der öffentlichen Banken auch in Richtung Berlin zu artikulieren und mit einer gemeinsamen Positionierung die Erfolgsaussichten in Brüssel zu stärken.

Eine besondere Bedrohung des deutschen Bankenmarktes sieht der VÖB derzeit zu Recht in den von den G20-Staaten beschlossenen Verschärfungen des bankaufsichtlichen Regelwerkes. Egal wie hoch dabei die zu erwartende Aufstockung der Mindestkernkapitalquoten auch ausfallen mag und welche Differenzierungen es möglicherweise geben wird, es hätte aus Sicht des VÖB "für die deutsche Kreditwirtschaft und insbesondere für die öffentlichen Banken dramatische Auswirkungen", wenn die stillen Einlagen nicht mehr dem traditionellen Kernkapital zugerechnet werden dürften. An dieser Stelle die Rückendeckung der neuen Bundesregierung in den anstehenden Verhandlungen und Entscheidungsprozessen auf internationaler Ebene zu gewinnen, ist deshalb für den Verband von zentraler Bedeutung. Aus dem Koalitionsvertrag eine Unterstützung herauszulesen, stille Einlagen unabhängig von der Rechtsform des Emittenten weiterhin als harte Kernkapitalbestandteile (Tier I) anzuerkennen, mag dabei seitens des VÖB in der Tendenz richtig sein. Aber bei dem gewohnten Gerangel der deutschen ZKA-Verbände untereinander bleibt erst einmal abzuwarten, ob sich das deutsche Kreditgewerbe in der konkreten Umsetzung der G20-Beschlüsse überhaupt auf eine gemeinsame Position gegenüber der deutschen Bundesregierung einigen kann. Und darüber hinaus unterliegen die endgültigen Regelungen dem Einfluss von vielen Ländern, die dieses Eigenkapitalinstrument überhaupt nicht kennen, und damit allen Ungewissheiten eines Kompromisses auf internationaler Ebene.

Wesentlich einfacher dürfte eine deutsche Verhandlungslinie mit Blick auf die Diskussionen über eine feste Leverage Ratio sein. Wer dieses Instrument als maßgeblich und verbindlich durchsetzt, plädiert damit faktisch für eine Abschaffung der mühsam eingeführten Regelungen von Basel II. An dieser Stelle von den ZKA-Verbänden über Bundesbank und BaFin bis zur Regierung eine einheitliche Position zu finden, dürfte gelingen. Aber das Thema an sich wird in angelsächsischen Ländern anders gesehen. Wenn der maximale Verschuldungsgrad für Banken als künftiges Instrument eingeführt wird, so kann das aus deutscher Sicht nur eine nachrichtliche Veröffentlichung dieser Leverage Ratio heißen, quasi als ergänzende Zusatzinformation zur Risikobeurteilung.

Eng mit der Eigenkapitalfrage zusammen hängt die Beurteilung der Verbriefung als Mittel zur Finanzierung der (mittelständischen) Wirtschaft. An dieser Stelle plädiert der VÖB für eine differenzierte Betrachtung und wirbt offensiv für staatliche Garantien zur "Wiederbelebung des im Zuge der Finanzkrise massiv in Verruf geratenen Instrumentes der Verbriefung". Wie auch von mittelstandsnahen Wirtschaftsverbänden propagiert, wollen die öffentlichen Banken die Mittelstandsverbriefung über die allgemeine Förderpolitik, beispielsweise der KfW, abgesichert sehen. Gegebenenfalls, so der Vorschlag, könnte man mit einem Absicherungsvolumen von einer Milliarde Euro für Mezzanine-Verbriefungen beginnen und ganz pragmatisch entscheiden, wie sich das Instrument bewährt. Spannende Frage: Lässt sich die Berliner Politik von der Notwendigkeit einer Anschubhilfe überzeugen oder setzt sie eher auf die Selbstheilungskräfte des Verbriefungsmarktes?

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