Gespräch des Tages

VÖB - Europa im Blick

Dem Bundesverband Öffentlicher Banken Deutschlands (VÖB) zu unterstellen, er richte seine Arbeit vor allem an den deutschen und weniger an den europäischen Rahmenbedingungen aus, wäre verfehlt. Schon seit vielen Jahren hat der Verband die europäische Ebene im Blick. Ausdruck dieser umfangreichen Übersicht ist beispielsweise die seit 1988 veröffentlichte (jährlich aktualisierte) Zusammenstellung von kreditwirtschaftlich wichtigen Vorhaben der EU. Dennoch richtet sich der Verband nun in seinem politischen Wirken und auch der Öffentlichkeitsarbeit derzeit noch stärker als ohnehin schon üblich in Richtung Europa aus. Dieser Tenor ist nicht nur aus dem Redaktionsgespräch mit Liane Buchholz, der Hauptgeschäftsführerin des Verbandes herauszulesen (siehe Seite 597), er war auch bei der Frühjahrs-Pressekonferenz und damit bei den Ausführungen von Gunter Dunkel, Präsident des VÖB und Vorstandsvorsitzender der Nord-LB, wahrzunehmen.

Die nun verstärkten Bemühungen des Verbandes beziehen sich aktuell vor allem auf die Beaufsichtigung der als bedeutend eingeschätzten Institute durch die EZB. Mit 14 von 24 Instituten, die zukünftig von der europäischen Behörde beaufsichtigt werden sollen, vertritt der VÖB die meisten von Asset Quality Review (AQR) und Stresstest betroffenen deutschen Institute. Das zeigt sich wiederum auch an den Veröffentlichungen: Anfang Juni hat der Verband beispielsweise eine Broschüre herausgegeben, in der Daten und Fakten zum Stresstest der Zentralbank und zu seiner Einordnung in das Comprehensive Assessment zusammengetragen werden.

Gunter Dunkel wertete die Maßnahmen der EZB bei der jüngsten Pressekonferenz der Vereinigung zunächst als durchaus positiv. Am Ende würden die Banken insbesondere von AQR und Stresstest profitieren, denn Stabilität und Transparenz führten zu einer Reduktion der Kosten für alle, so seine Erwartung. Er geht sogar so weit zu hoffen, dass schwedische, polnische und britische Banken, die derzeit nicht an AQR und Stresstest teilnehmen, die sich positiv entfaltende Wirkung dieser Instrumente erkennen und sich diesen Prüfungen noch freiwillig unterziehen.

Freilich wartet der geneigte Zuhörer bei dieser Lobeshymne über die EZB-Aufsicht geradezu auf das "Aber". Und tatsächlich lassen die Kritikpunkte auch nicht allzu lange auf sich warten. Einer der von Liane Buchholz am engagiertesten vorgetragenen ist die Feststellung, dass die EZB zwar selbst oftmals erst nach den dafür vorgesehenen Terminen ihre genauen Anforderungen kommuniziert, gleichzeitig aber die Datenabgabetermine für die Banken nicht oder nur sehr zäh nach hinten verschiebt. In Summe verkürzt sich dadurch die (ohnehin schon knappe) Zeit, die den Kreditinstituten für die Bearbeitung der Templates zur Verfügung steht. Und mit Blick auf die Förderbanken macht der VÖB weitere - ganz grundsätzliche - Einwände geltend: Sie sollten aufgrund ihrer besonderen Strukturen, so die Position, von der EZB-Aufsicht noch ausgenommen werden. Ihre Ausgestaltung sieht der VÖB übrigens europaweit mit Interesse betrachtet, frei nach dem Motto "so etwas bräuchten wir auch".

Ganz besonderes Augenmerk legt der VÖB-Präsident derweil schon auf das Ende von AQR und Stresstest. Als Praktiker hat er hinsichtlich der gültigen Publikationspflichten der Kreditinstitute offenbar ein eher mulmiges Gefühl. Mithin fordert er die sorgfältig vorbereitete Kommunikation eines eventuell festgestellten Kapitalbedarfs durch die Aufsicht. Im Idealfall solle dem Management vorab ein "Gefühl" und kein "Wissen" darüber vermittelt werden, dass Kapitalbedarf festgestellt wurde. Damit könnte die Bank dann schon Gegenmaßnahmen eruieren und diese ankündigen, sobald sie ihre Probleme veröffentlicht. Der Unterschied freilich zwischen dem Gefühl und dem Wissen soll dafür sorgen, dass die Bank nicht Ad-hoc-pflichtig wird. Nicht zu unrecht bezeichnet Dunkel gerade diesen Bereich der EZB-Aufsicht als "hochkomplexes Minenfeld".

Den Aufsehern ist diese Problematik durchaus bewusst. BaFin-Präsidentin Elke König hat das auf der Jahrespressekonferenz der Behörde am Vortag zur VÖB-Veranstaltung bereits deutlich gemacht - auch wenn sie die beschriebene Situation etwas milder als ein "gewisses Dilemma" beschreibt. In ihren Augen könnte es durchaus in der praktischen Handhabung unerwünschte Nebenwirkungen haben, wenn eine Bank sich rechtlich gezwungen sieht, Teilresultate des Comprehensive Assessment schon vor der geplanten Publikation im Oktober zu veröffentlichen.

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