Gespräch des Tages

Verbriefung - Revitalisierung des Marktes erwünscht

Wenn eine Interessengruppe in einer demokratischen Gesellschaft ihre Vorstellungen durchsetzen will, muss sie sich in der politischen Willensbildung Verbündete suchen und auf allen Ebenen für eine Verankerung ihrer Ziele in den gesetzlichen und/ oder gesellschaftlichen Rahmenbedingungen werben. In der Theorie klingt das eher spröde, in der praktischen Umsetzung hat es viel Potenzial, das ganze Spektrum menschlicher Überzeugungsarbeit abzudecken - mit sachlichen Argumenten, geschickter Polemik und oft auch viel Emotion. Ein gutes Beispiel dafür liefert die Verbriefung, deren Stern in den Jahren vor der Finanzkrise aufging, mit den Marktverwerfungen seit 2007 aber genauso schnell wieder versank. Allein die Gleichbehandlung mit anderen Finanzierungsformen zu fordern, war in den vergangenen Jahren eine schwer kalkulierbare Mutprobe. Wer hätte unter diesen Umständen beispielsweise vor fünf Jahren gedacht, dass es gelingen könnte, das Instrument der Verbriefung in der deutschen und europäischen Politik und Öffentlichkeit wieder hoffähig zu machen?

Dass eben dieses Stadium inzwischen wieder erreicht ist, hat maßgeblich mit der Einsicht bedeutender Akteure zu tun. Das fing zaghaft an mit Diskussionen und Papieren der EU-Kommission, der europäischen Aufsichtsinstanzen für Banken (EBA) und Versicherungen (EIOPA), und es fand auch Beachtung in der deutschen Politik. Spätestens das Grundsatzpapier der Europäischen Zentralbank zusammen mit der Bank of England aus dem Frühjahr dieses Jahres lieferte dann auf allen wirtschaftlichen, wissenschaftlichen und politischen Ebenen die Initialzündung, wieder frei und vor allen Dingen differenziert nachzudenken. Hierzulande hat schließlich auch die unermüdliche Aufklärungsarbeit der True Sale Initiative dazu beigetragen, der Verbriefungsbranche eine Plattform zu erhalten und den Gesprächsfaden zur Bundespolitik, zur Bundesbank und der EZB nicht abreißen zu lassen. Wenn sich die deutsche Verbriefungsszene dieser Tage auf dem TSI-Kongress in Berlin trifft, dann sind die Aussichten auf eine Revitalisierung des Marktes viel besser als in den vergangenen Jahren.

Zu verdanken ist das in erster Linie den konkreten Vorschlägen, mit denen über eine Wiederbelebung des Verbriefungsmarktes nachgedacht wird und die sich auch in Beiträgen dieses Heftes widerspiegeln. Es ist eben nicht mehr nur das allgemeine Bekenntnis zur Verbriefung, mit dem schon in den vergangenen Jahren Banker wie Politiker aufgetreten sind, sondern es wird mittlerweile auf vielen Ebenen ganz konkret an Revitalisierung des Marktes gearbeitet. Gerade der ganzheitliche Ansatz bei der regulatorischen Behandlung von ABS wie ihn EZB-Direktoriumsmitglied Yves Mersch von Aufsicht, Politik und Standardsettern einfordert, gibt der Verbriefungsbranche die realistische Chance auf ein Level Playing Field, das sie in den vergangenen Jahren immer wieder angemahnt hat. Sehr dezidiert ist auch sein Vorschlag nach einer verbesserten Transparenz sowie einer stärkeren Standardisierung von ABS-Produkten. Und nicht zuletzt geht sein Appell sehr direkt an die Ratingagenturen, ihre Bewertungsmethoden für ABS oder RMBS-Transaktionen zu überdenken. Weil all diese Anregungen und Erkenntnisse mit teils praxisnahen Beispielen und Analysen belegt sind, bieten sie zudem eine gute Basis für das Feilen an den Details. Nicht explizit erwähnt wird in diesem Zusammenhang das geplante Ankaufprogramm der EZB für Verbriefungen. Will die Notenbank dieses Instrument mit dem Ausplatzieren von Risiken verknüpfen, wird sie bei der konkreten Ausgestaltung Qualitätskriterien für die übernommenen Papiere formulieren müssen, sonst könnte die angepeilte Imagekorrektur für das Verbriefungsinstrument leicht verfehlt werden.

Dass die Europäische Zentralbank es nicht bei einer Analyse der Rahmenbedingungen und grundlegenden Sympathiebekundungen für den ABS-Markt belassen hat, zeichnet Fernando Gonzalez in seinem Beitrag nach. Schon seit dem Jahre 2009, so wird deutlich, hat die Notenbank an einer verbesserten Transparenz der europäischen Kreditmärkte gearbeitet. Im Jahr 2012 sieht sie mit Blick auf die ABS-Märkte mit dem European Data Warehouse einen ganz entscheidenden Schritt in diese Richtung schon vollzogen. Und bis zum Jahre 2017 will man unter Nutzung der vorhandenen Datengrundlagen aus den nationalen Notenbanken ein allgemeines europäisches Kreditregister auf den Weg bringen.

Beistand in Richtung eines High-Quality-Standards für Verbriefungen kommt auch aus dem Bundesfinanzministerium. Michael Meister betont dabei als besonderen Charme des Verbriefungsinstrumentes die Möglichkeit, kleine und mittlere Unternehmen über die Verbriefung als Bindeglied zwischen Kredit- und Kapitalmarkt einzubinden und damit der Realwirtschaft eine breitere Investorenbasis zu sichern. In diesem Sinne skizziert er die Grundzüge eines Konzeptes für "Hochqualitätsverbriefungen" und bekennt sich mittelfristig zu dem Ziel "eine allgemeine, grundsätzlich intersektoral verbindliche - also sowohl für Banken und Versicherungsunternehmen, wie auch für Asset Manager geltende - europäische Verbriefungsregulierung zu schaffen, die als Grundlage für alle sonstigen sektoralen/ intersektoralen Regulierungsvorhaben dient".

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