Gespräch des Tages

Sparkassenverband Bayern - Vorrang für die Nutzenstiftung

Das Thema Kennziffern wird dieser Tage verstärkt in den Medien aufgegriffen, weil es den Ruch einer Zielverfehlung hat oder im schlimmsten Falle gar die generelle Verabschiedung von strategischen Vorgaben vermuten lässt. Aber neu ist die relativierende Sicht auf die für alle S-Institute gültigen Zielgrößen für die Eigenkapitalrentabilität (15 Prozent) und die Cost Income Ratio (60 Prozent), die sich die deutsche Sparkassenorganisation im Jahre 2002 in ihrem viel zitierten Strategiepapier gegeben hat, wahrlich nicht. Schon im Entstehungsprozess des S-Papiers zu den strategischen Leitlinien und konkreten Handlungsfeldern für die Zukunft wurden höchst berechtigte Bedenken vorgetragen, inwieweit es Sinn macht, für alle Regionen in Nord und Süd, Ost und West, für die Stadt- und Flächensparkassen, für Institute mit guter und schwächerer Eigenkapitalausstattung exakt die gleichen Vorgaben zu geben.

Mit Rainer Voigt, dem früheren Geschäftsführenden Präsidenten des Ostdeutschen Sparkassenverbandes, hat schon vor knapp einem Jahr ein hochrangiger Vertreter der Sparkassenorganisation angeregt, grundsätzlich über die wahre Nutzenstiftung der Sparkassen nachzudenken (Kreditwesen 9-2006). Er tat das seinerzeit aus einer Position der Stärke heraus, denn mit 59,2 Prozent für die Cost Income Ratio und knapp 17 Prozent Eigenkapitalrendite hatten seine ostdeutschen Sparkassen den Zielkorridor schließlich schon 2005 erreicht. Dieser Tage sind die S-Zielgrößen dieser beiden beliebten Kennziffern dann wieder in den Blickpunkt gerückt - zunächst bei der Berichterstattung der hessisch-thüringischen und dann der bayerischen Sparkassenorganisation.

Es war dabei wohl kein Zufall, dass der Präsident des Sparkassenverbandes Bayern bei der Präsentation der Ergebnisse 2006 die Eigenkapitalrentabilität zunächst nicht genannt hat. Denn angesichts unterschiedlicher Berechnungsmethoden, wie sie sowohl bei börsennotierten Instituten wie der Deutschen Bank (Kreditwesen 4-2004) als auch offensichtlich in der Sparkassenorganisation gebräuchlich sind, wollte Siegfried Naser die Gefahr von Missverständnissen offenbar gering halten. Die 14 Prozent Eigenkapitalrendite, die sein hessisch-thüringischer Kollege Gregor Böhmer zwei Tage zuvor für seine Mitglieder präsentiert hatte, so ließ er jedenfalls vorsichtig durchblicken, könnten nach einer anderen Berechnungsmethode ermittelt worden sein, als sie in Bayern gebräuchlich ist. In einer Bandbreite von 6 bis 15 Prozent, so gab er zu verstehen, ließe sich für die bayerischen Sparkassen die Eigenkapitalrendite darstellen, und zwar je nach zu Grunde gelegter Eigenkapitalgröße allesamt auf gut begründbarer methodischer Grundlage. Nach der Berechnungsmethode, wie sie die bayerischen Sparkassen als Steuerungsgröße verwenden, wurden im Berichtsjahr 2006 als Eigenkapitalrendite 8 (nach 9) Prozent erreicht. Die unterschiedlichen Ergebnisse machen freilich schon ein wenig neugierig, wie die einzelnen Regionalverbände bei einer nach einheitlicher Methodik ermittelten Eigenkapitalrendite abschneiden. Nun muss man sich in der Sparkassenorganisation aber gewiss nicht über Spitzfindigkeiten der Zielgrößendefinition streiten. Worauf es dem Strategiepapier ankommt, ist eine betriebswirtschaftliche Optimierung anhand der beiden Steuerungsgrößen Cost Income Ratio und Eigenkapitalrendite. Und die zeigt bei den Regionalverbänden im Trend der vergangenen Jahre durchaus in die richtige Richtung, nämlich hin zur angepeilten Zielgröße. Marktanteilsgewinne und eine Intensivierung des Vertriebs, so haben es Gregor Böhmer und Siegfried Naser nun am konkreten Fall erläutert, können in der Sparkassenorganisation aber durchaus Vorrang vor einem sklavischen Festhalten an Zielgrößen haben. Hätten die Sparkassen ihr Kapital ähnlich "runtergeprügelt", wie das die Geschäftsbanken getan haben, um ihre Renditeziele zu erreichen, so haben beide Verbandspräsidenten ihre Präferenz für eine Stärkung des Eigenkapitals verteidigt (SGVHT: Anteil des haftenden Eigenkapitals an der Bilanzsumme 7,5 Prozent und SVB: Kernkapitalquote 9,5 Prozent; Eigenkapitalquote 14,4 Prozent), dann ließen sich auch bessere Renditeziffern zeigen.

Rainer Voigt hat die Fragestellung vor einem Jahr noch grundsätzlicher aufgerollt. Eine Sparkasse, von der der Verwaltungsrat einen erkennbaren Beitrag zum Abbau der Arbeitslosigkeit im Landkreis, die Präsenz an weniger rentablen Standorten und die bestmögliche Unterstützung der regionalen (Wirtschafts-)Entwicklung verlangt, so hat er sinngemäß argumentiert, kann nicht mit "goldenen" Kennziffern brillieren. In diesem Sinne hat er dafür plädiert, die Bedeutung der beiden Zielgrößen im Tagesgeschäft und in der Selbstdarstellung der gemeinwohlorientierten Aufgabenausrichtung einer Sparkasse unterzuordnen.

Von den heutigen Verantwortlichen beim SVB und beim SGVHT war es angesichts des Drucks auf das Zinsgeschäft, der unzureichenden Kompensation durch das Provisionsgeschäft und der zunehmenden Investitionen der Sparkassen in den (mobilen) Vertrieb vielleicht ganz klug, diese grundsätzlichen Überlegungen zu den S-Kennziffern schon heute zur Sprache zu bringen. Die relativ guten Jahresergebnisse 2006 lassen sich durch Sondereffekte wie die Körperschaftssteuergutschriften und die überaus komfortable Lage bei der Kreditrisikovorsorge noch relativ gut verkaufen. Im laufenden Jahr dürften die Verhältnisse nicht einfacher werden.

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