Gespräch des Tages

Sparkassenorganisation I - Baden-Württemberg offen für neue Anläufe

Dass in den Pressemitteilungen des Sparkassenverbandes Baden-Württemberg hinter dem Namen des Präsidenten das Kürzel MdL auftaucht, schärft in diesem Falle eindeutig das Verständnis für die Positionierung des SVBW in der Frage der Landesbankenkonsolidierung. Peter Schneider war und ist in der Landespolitik verwurzelt und kennt somit bestens die Abläufe und Gepflogenheiten in diesem Umfeld. Und diese Vertrautheit mit den Mechanismen verhilft ihm nach knapp zweijähriger Amtszeit als Vertreter seiner 55 südwestdeutschen Sparkassen zu einem hohen Maß an gesunder Einschätzung in dem für Außenstehende oft so schwer durchschaubaren Feld der Neuordnung der Landesbanken.

Die in der Öffentlichkeit ansonsten als etwas schroff und typisch bayerisch empfundene Absage des dortigen Finanzministers an ein Zusammenrücken von LBBW und Bayern-LB vom November 2007 sieht der Stuttgarter Verbandschef jedenfalls auch heute noch vergleichsweise wohlwollend im landespolitischen Kontext. Wenn er die Bayern-LB auch nach deren etwas zähem und mühsamem Kommunikationsprozess in Sachen Wertkorrekturen rund um die Subprime-Krise als weiteren großen Spieler in einer Landesbankenkonsolidierung nennt und unverhohlen seine persönlichen Sympathien für ein Zusammengehen der Landesbanken in Stuttgart und München zum Ausdruck bringt, dann zeugt das von der sehr pragmatischen Situationsanalyse eines Sparkassenpolitikers. Er sieht weder die eigene Sparkassenregion brüskiert noch fühlt er sich gar persönlich beleidigt, sondern listet ganz nüchtern Vorteile einer südlichen S-Verbindung auf. Die beiden Bundesländer sind aus seiner Sicht beide wirtschaftlich stark und haben große politische Schnittmengen, beide S-Verbände streben keine weitere Vertikalisierung an, die LBBW ist im eigenen Bundesland und bald auch in Rheinland-Pfalz und Sachsen fest im Mittelstandsgeschäft verankert, und die Bayern-LB könnte unter anderem ihre Stärke im Ostgeschäft und im Direktbankgeschäft in ein Bündnis mit sich ergänzenden Geschäftsfeldern einbringen.

Wenn sich die bayerische Politik einstweilen anders positioniert hat, will der SVBW-Präsident das im Vorfeld der bayerischen Landtagswahlen zur Kenntnis nehmen, aber ganz abgeschrieben hat er dieses Szenario offenbar noch nicht - möglicherweise zu Recht wie sich nur wenige Tage später nach den Veränderungen an der Spitze der Bayern-LB zeigt. Spätestens nach der dortigen Landtagswahl Ende September will Schneider eine Gesprächsbereitschaft aus Bayern nicht ausschließen. Und diese Wartezeit sieht er für die eigene LBBW bis in den Sommer hinein ohnehin durch deren "Hausaufgaben" (sprich Neujustierung der kapitalmarktlastigen Geschäftsfelder der Landesbank Rheinland-Pfalz und vor allem endgültiger Verhandlungsabschluss und rückwirkende Integration und Neuaufbau der Sachsen-LB einschließlich der Klärung der Beihilfefrage mit Brüssel) mühelos ausgefüllt.

Insofern gibt das Engagement der LBBW in Sachsen der badenwürttembergischen Sparkassenorganisation in der jetzigen Diskussion um die weitere Landesbankenkonsolidierung große Argumentationsfreiräume. Das zeigt sich beispielsweise in der rückblickenden Betrachtung des im Frühsommer 2007 angedachten Zusammengehens von Stuttgart mit Düsseldorf. Weitere Integrationsschritte, etwa in Richtung WestLB, könnte die LBBW aus Schneiders Sicht zurzeit überhaupt nicht stemmen. Aber trotz dieser derzeitigen Auslastung der Managementkapazitäten durch die Integration der Sachsen-LB will er rückblickend auch das Bündnis WestLB/LBBW zum damaligen Zeitpunkt als Chance für beide Seiten bewertet wissen, zumal er die Lage in Düsseldorf nach wie vor als virulent für die gesamte Sparkassenorganisation einstuft.

Seit Beginn dieses Jahres rückt die Landesbankenkonsolidierung mehr und mehr als tragfähiges Gesamtprojekt in den Mittelpunkt. Zur Erfüllung der Zentralbankfunktion wird auf Sparkassenebene nahezu einhellig eine einzige Landesbank für ausreichend gehalten. Und auf (sparkassen-)politischer Ebene ist nahezu täglich Bewegung zu spüren. So erklärt die Bundespolitik die Geschäftsmodelle einiger Landesbanken offen als "unzureichend". Nach den jüngsten Signalen der Landespolitik in den verschiedenen S-Regionen scheinen sogar grundsätzliche Positionswechsel nicht mehr ganz ausgeschlossen, wie sie vom DSGV schon seit eineinhalb Jahren mehr oder weniger dringlich angemahnt werden.

In Nordrhein-Westfalen gilt heute eine Stand-alone-Lösung für die WestLB als nicht mehr darstellbar. Selbst die dortige Landespolitik wendet sich hilfesuchend nach Berlin. Dass Letzteres für geboten gehalten wurde, liegt nicht zuletzt an der geschickten Kommunikationspolitik, mit der die hessisch-thüringische Sparkassenorganisation ganz dezent hat klar werden lassen, dass zumindest die Verzahnung mit der WestLB allein für die eigene S-Region vielleicht doch nicht die beste aller Lösungen ist. Mehr oder weniger laut denken die Eigentümer der Nord-LB über einen Verkauf ihrer Anteile im Zuge einer größeren Lösung nach. Und selbst die Bayern-LB ist seit Mitte Februar durch die Offenlegung der eigenen Bewertungsfragen endlich in die Diskussion um die Neuordnung der Landesbankenlandschaft eingebunden. Die offiziellen Äußerungen aus der dortigen Politik zeigen zuletzt eine ungewohnte Offenheit für kreative Lösungsansätze.

Kurzum: Jetzt ist die große Chance zur Landesbankenkonsolidierung da. In Stuttgart hat man dabei gegenüber anderen Sparkassenregionen einen gewichtigen Vorteil: Es gibt keine erkennbaren Zwistigkeiten zwischen Sparkassenverband, Landesbank und Landespolitik.

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