Gespräch des Tages

Sparkasse Bochum - Ein Kartell der Empörung

Wenn es richtig ist, Dinge dann zu überdenken und möglicherweise zu ändern, wenn die Grundkonstellation dafür noch günstig ist, dann haben die deutschen Sparkassen mit der jüngsten Korrektur ihrer Steuerungsgröße Eigenkapitalrendite eine kluge Entscheidung getroffen. Zwar haben die meisten Häuser im Krisenjahr 2008 die Zielmarke ohnehin verpasst. Doch im Vergleich mit den von Verlusten gepeinigten Großen der Branche, lassen sich die Ergebnisse geradezu glänzend vermarkten. Negative Ertragszahlen jedenfalls dürften bei den Primären beider Verbundgruppen auch in dieser Bilanzsaison die große Ausnahme bleiben. Den Renditevergleich dennoch sehr dezent einzusetzen, nimmt deshalb schon heute Druck von den kommenden Jahren. Denn es gibt eindeutig neuen Spielraum für eine intensivere Marktbearbeitung, der gerade für die Institute mit einem durch das Re gionalprinzip festgelegten Geschäftsgebiet ungeheuer wichtig ist.

Mit dem Hinweis auf das Commerzbank-Startgeld von 50 Euro für Neukunden bei Eröffnung eines Girokontos und ähnlichen Auslobungen bei Neueröffnung eines Depots gibt es im Übrigen ein Thema, mit dem sich derzeit mindestens ebenso gut punkten lässt. Wie früher die privaten Banken gegen alles Öffentlich-Rechtliche wetterten, so geschlossen und durchgängig stürzen sich die Primären beider Verbünde auf diesen Aspekt. Man darf getrost von einem Kartell der Empörung sprechen. Ist es also nur noch eine Frage der Zeit, bis die Commerzbank diesen öffentlichkeitswirksamen Stein des Anstoßes aus dem Feuer nehmen muss?

Dass die Sparkasse Bochum wie viele andere Platzbanken auch in dieser Zeit von stabilen Erträgen und überschaubaren Risiken sprechen kann, hängt nicht zuletzt mit den Geschäftsstrukturen zusammen. Mit den um 3,7 Prozent auf 4,454 Milliarden Euro gestiegenen Kundeneinlagen werden die Kundenforderungen (plus 3,6% auf 3,396 Milliarden Euro) deutlich übertroffen. Die Notwendigkeit, die Mittel über den gestörten Kapitalmarkt zu beschaffen, um liquide zu bleiben, ist somit viel weniger ausgeprägt, als in anderen Häusern. In dieser Hinsicht verkörpert die Sparkasse Bochum eine Struktur, die nicht nur für ihr Verbandsgebiet West-falen-Lippe als charakteristisch gilt (76,8 Milliarden Euro an Kundeneinlagen und 72,6 Milliarden Euro an Ausleihungen), sondern bundesweit für viele Sparkassen und Genossenschaftsinstitute. In schwierigen Kapitalmarktjahren gilt bei dieser Bilanzstruktur allerdings der besondere Blick den Eigenanlagen, deren Bewertungsansätze dann unter Druck geraten. In Bochum wurde das Bewertungsergebnis im Wertpapiergeschäft im Berichtsjahr mit 7,6 Millionen Euro beziffert, andere Primärbanken dürften an dieser Stelle vergleichsweise stärkere Belastungen zu verkraften haben.

Völlig immun gegen die Markttrends waren die Sparkassen in Bochum (zu den Zahlen im Einzelnen siehe Seite 244) und anderswo auch im Kundengeschäft nicht. Vielfach standen hohen Zuflüssen im Einlagengeschäft ein mehr oder weniger starker Einbruch im Wertpapiergeschäft entgegen, nicht zuletzt durch die Flucht aus Investmentfonds. Gerade dieser provisionsträchtige Bereich hatte vielen Sparkassen und Genossenschaftsbanken in den vergangenen Jahren einen gewissen Ausgleich für das schwieriger werdende Zinsgeschäft gebracht. Im abgelaufenen Jahr war das nicht nur bei der Sparkasse Bochum anders. Ersten Eindrücken nach gab es bei den Primären weitaus seltener ein Wachstum im Provisionsüberschuss als in den Vorjahren. Folglich wird in vielen Häusern nach einem gewissen Ausgleich gesucht, etwa im weiten Feld der Altersvorsorge oder im Vertrieb von Versicherungen (siehe Kreditwesen 4-2009). Mit jedem abgeschlossenen Ausbildungslehrgang, so der hoffnungsvolle Bochumer Blick in die Zukunft, verankern sich Altersvorsorge und Basisversicherungen immer mehr als originäres Sparkassengeschäft in den Vertriebsaktivitäten. Im Geschäftsjahr 2008 haben solche zaghaften Ansätze in Bochum und anderswo einen Rückgang im Provisionsüberschuss nicht abwenden können, aber sie haben immerhin die Lücke durch fehlende Ergebnisbeiträge aus dem schwierigeren Wertpapiergeschäft etwas abgemildert. Und für das laufende Jahr dürfen die Ortsbanken auch im Zinsgeschäft wieder auf Besserung hoffen, die Fristentransformation läuft wieder an.

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