Gespräch des Tages

Sparkassen III - Negative Realverzinsung als Dauerzustand?

Im traditionellen Selbstverständnis der Sparkassenorganisation als Anwalt der Kleinsparer prangert Georg Fahrenschon als DSGV-Präsident zwar in häufiger werdendem Turnus die Niedrigzinspolitik der Notenbanken an und mahnt angesichts der derzeit negativen Realverzinsung der Kundeneinlagen pflichtgemäß eine Abkehr von der Politik des billigen Geldes an. Doch er weiß ebenso wie seine Kollegen in den Regionen und die Verantwortlichen der Institute aus anderen Bankengruppen mit vielen Kleinsparern, dass er an diesem Grundszenario auf absehbare Zeit wohl kaum etwas wird ändern können. Auch die S-Regionalverbände von Stuttgart über Münster bis nach Frankfurt haben das Niedrigzinsszenario in ihrer Jahresberichterstattung für 2012 sehr weit nach oben gerückt. In der Bestandsentwicklung ihrer Kundeneinlagen hat sich diese Widrigkeit allerdings zumindest noch nicht dramatisch niedergeschlagen. Offensichtlich nimmt die Klientel der Sparkassen mangels überzeugender Alternativen mit vertretbarem Risikoprofil derzeit weitgehend klaglos hin, dass diese nach wie vor beliebte Anlageklasse derzeit reale Verluste schreibt. Plus 2,9 Prozent in Westfalen-Lippe, 2,5 Prozent in Stuttgart und plus 1,5 Prozent in Hessen-Thüringen lauten gleichwohl die Wachstumsraten für die Kundeneinlagen in drei wichtigen Regionen, bundesweit meldet der DSGV ein Plus von 2,0 Prozent. Überall fällt dabei das Wachstum der täglich verfügbaren Gelder kräftig aus. Die Sichteinlagen bilden mit knapp 380 Milliarden Euro für alle deutschen Sparkassen zusammen längst den größten Einzelposten der Kundeneinlagen.

Welche Belastungen die fristenkongruente Refinanzierung der überwiegend aus langfristigen Krediten mit fester Zinsbindung bestehende Aktivseite und der gleichzeitig kurzfristigen Anlagenstruktur auf der Passivseite schon im Berichtsjahr verursacht hat, verdeutlichte SGVHT-Präsident Gerhard Grandke für die Sparkassen in Hessen und Thüringen anhand des negativen Zinsergebnisses aus Derivaten. Bei einem um 0,6 Prozent auf 2,458 Milliarden Euro gestiegenen Zinsüberschuss mussten von seinen Mitgliedssparkassen mit 174 (124) Millionen Euro weit mehr als im Vorjahr für Absicherungsgeschäfte in Form von Zinsswaps aufgewendet werden. 2013 und in den kommenden Jahren dürfte sich dieser Absicherungsbedarf bei weiterer Verschiebung der Fälligkeitsstrukturen auf Aktiv- und Passivseite eher noch ausweiten und die besondere Aufmerksamkeit der internen Kontrollmechanismen der Ortsparkassen, der Verbandsprüfung und nicht zuletzt der Aufsicht genießen. Selbst wenn sich das Wertpapierkommissionsgeschäft wieder erholen sollte, dürfte es nicht nur den Sparkassen in Hessen und Thüringen, sondern allen Wettbewerbern im klassischen Einlagengeschäft enorm schwer fallen, das Zinsergebnis zu halten, zumal sich der historisch niedrige Stand an Risikovorsorge nicht einfach fortschreiben lässt.

Dass andere Assetklassen für die breiten Sparerschichten aller Institute einen Renditeausgleich schaffen könnten, ist angesichts des Sicherheitsdenkens der Kunden derzeit nicht absehbar. Trotz rückblickend guter Entwicklung der Erträge aus Aktien, Unternehmensanleihen, Ak tienfonds und Rentenfonds haben diese Produkte im Berichtsjahr nicht annähernd einen Ausgleich für die mäßige Ertragsentwicklung der Kundeneinlagen bieten können. Im Gegenteil, zusätzlich durch die administrativen Vorgaben wie die Beratungsprotokolle gedämpft, ist das Wertpapiergeschäft im Jahre 2012 in allen Sparkassenregionen eher zäh verlaufen. Mit Blick auf die Sparkassen in Hessen und Thüringen haben daran auch die neuen Aktivitäten der Helaba im Zertifikategeschäft im Herbst 2012 nichts Wesentliches geändert. Und nach den Vorstellungen des SGVHT-Vorstands über die strategische Ausrichtung dieses Geschäftsfeldes dürfte sich auch in der Zukunft an einem eher dosierten Einsatz dieser Produktpalette wenig ändern. Zwar registriert man in Frankfurt und Erfurt bei Privaten wie bei Institutionellen eine Nachfrage nach Zertifikaten und gibt sich offen für eine Weiterentwicklung des Geschäftsbereiches. Doch mit Blick auf das Angebot will man sich im Wesentlichen auf Basisprodukte konzentrieren. So sollen beispielsweise keine gehebelten Produkte neu angeboten werden, und kritische Zertifikate aus dem übernommenen Bestand will man auslaufen lassen.

Sparkassenpolitisch ist derzeit in Hessen und Thüringen viel Übereinstimmung mit den anderen S-Regionen zu spüren. Das auf den Weg gebrachte Konzept für die Neuordnung der Landesbank Berlin und der Deka-Bank wird befürwortet, die Onlineund Technik-Initiative des DSGV wird wohlwollend begleitet, und die Überlegungen zu Veränderungen bei den öffentlichen Versicherern klammert eine Fusionslösungen unter Einschluss der eigenen SV-Versicherung erst einmal kategorisch aus. Stattdessen will man dort einstweilen das schon laufende Effizienzsteigerungsprogramm umsetzen und ist darüber für sinnvolle Überlegungen zu Kooperationsprojekten offen, speziell im Bereich der IT.

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