Interview

Redaktionsgespräch mit Wolfgang F. Driese / "Nicht alles, was Schiff heißt, ist schwierig"

Wie war das vergangene Geschäftsjahr? Sind Sie mit dem Verlauf für Ihr Haus zufrieden?

Das finanzielle Ergebnis für 2012 wird - so viel lässt sich ohne finale Zahlen zum jetzigen Zeitpunkt schon sagen - erneut sehr gut ausfallen und dies trotz eines nach wie vor sehr schwierigen Umfelds.

Vor allem für die Schifffahrt ist 2012 erneut ein schweres Jahr gewesen, allerdings auch nicht in allen Bereichen. Gut lief etwa das Offshore-Geschäft, das in unserem Haus im Laufe des ersten Quartals in eine vierte Division ausgegliedert werden soll. Bei der traditionellen Schiffsfinanzierung liefen zum Beispiel die Teilbereiche Gastanker (LPG, LNG), Produkt- und Chemikalientanker recht gut. In schwerer See befanden sich hingegen die Sektoren Bulker, Containerschiffe und Rohöltanker.

Nicht alles, was Schiff heißt, ist deshalb schwierig. Besonders problematisch waren die Segmente, in denen vor allem die traditionellen großen deutschen Institute beteiligt sind, insbesondere das Containergeschäft als Schwerpunkt der deutschen Reeder. Hier kam der DVB Bank zugute, dass das deutsche Geschäft weniger als fünf Prozent ihres Gesamtgeschäftes ausmacht. Wir sind global aufgestellt und suchen uns die Transaktionen, die uns einen nachhaltigen Erfolg sichern.

Worauf führen Sie den guten Geschäftsverlauf Ihres Instituts konkret zurück?

Unsere Strategie ist klar. Das gesamte Neugeschäft ist research-gesteuert. Die Research-Einheiten analysieren den gesamten Globus und schauen, in welchen Assetklassen der Seeschifffahrt, des Landtransports und des Luftverkehrs die Bank vertreten sein soll. Mithilfe eigener Berechnungen über die wahrscheinlichen Zukunftswerte von Flugzeugen oder Schiffen wird ausgesucht, was am besten ins Portfolio passt.

In der Regel schließen wir zwischen 140 und 160 Finanzierungen im Jahr ab und sehen uns damit als eine Manufaktur für Finanzierungslösungen. Wir suchen uns die Assets heraus, die in unser Portfolio hineinpassen, und setzen uns Rahmen für die einzelnen Flugzeug- und Schiffstypen. Wir streben außerdem eine breite Diversifikation an - nicht nur bezüglich der Assets, sondern auch hinsichtlich der Regionen, der Kunden und der Dauer der Beschäftigung.

2005 hatten wir ein Kundenkreditvolumen von neun Milliarden Euro, jetzt sind wir bei 21,5 Milliarden Euro. Es hat sich in dieser Zeit also gut verdoppelt, aber wir haben das Ergebnis vor Steuern verdreifacht und haben trotzdem die durchschnittliche Geschäftsgröße nicht verändert. Eine Neugeschäftstransaktion hat im Durchschnitt eine Größe von 30 Millionen Euro - das war 2005 so und das ist auch heute so.

Wagen Sie einen Ausblick auf 2013?

Vom Ergebnis her dürfte 2013 insgesamt vergleichbar ausfallen wie 2012. Die Flugzeugfinanzierung läuft weiterhin gut, der Landtransport ebenso; gleiches gilt für den Offshore-Bereich und die bereits erwähnten Sektoren der Schifffahrt. Damit sind 85 Prozent unserer Finanzierungen in normalem Fahrwasser. Dagegen wird es bei Container- und Bulkschiffen sowie Rohöltankern mindestens so viele Herausforderungen wie 2012 geben.

Hinsichtlich des Risikopotenzials in den einzelnen Segmenten wird es zwar im Portfolio also nicht unbedingt weniger Probleme geben, aber die Bank ist unterproportional davon belastet. Der Anteil der Container-Schifffahrt liegt nur bei rund zehn Prozent und in diesem Teilportfolio befindet sich wiederum nur ein geringer Teil in den typischen deutschen KG Fonds Finanzierungen.

Welche regulatorischen Anforderungen empfinden Sie für das Geschäft Ihres Hauses als besonders belastend?

Wir erfüllen alle derzeitigen regulatorischen Anforderungen. Auch Basel III bereitet uns keine Probleme. Die Core Capital Ratio liegt derzeit bei 19 Prozent, die Basel-II-Gesamtkapitalrelation bei 22 Prozent. Wir haben ausschließlich eingezahltes Aktienkapital und einbehaltene Gewinne, nichts ist in irgendeiner Form derivativ.

Wir gingen allerdings davon aus, dass mit der Einführung von Basel II Basel I nicht mehr gilt. Basel I hat sich aber in die Neuzeit gerettet, sodass wir in zwei Welten beziehungsweise mit Basel III sogar in drei regulatorischen Welten leben. Basel I bereitet uns nach wie vor ein Problem, weil sich dort unser besichertes Geschäft nicht niederschlägt, sondern dort geht es um Nominalbeträge. Bei Dollar-Währungsschwankungen - rund 87 Prozent der Aktivseite sind in US-Dollar - kann somit ein Engpassfaktor entstehen.

Was allerdings wirklich Sorgen bereitet, sind die ständigen regulatorischen zusätzlichen Anforderungen und die damit verbundenen Unsicherheiten. Neben dem Kreditrisiko ist es zum zweiten Risiko in unserem Geschäft geworden, den Überblick über die regulatorischen Anforderungen zu behalten. Das treibt das Bankgeschäft in eine erhöhte Komplexität.

Müssen Sie deshalb von manchen Geschäften Abstand nehmen?

Das hat noch keinen Einfluss auf das Geschäft. Man muss allerdings den Überblick darüber behalten, welche Anforderungen es geben soll und wann man zum Beispiel die IT umstellen muss.

Nur ein Beispiel: In den letzten drei Jahren sind unsere Aufwendungen für Projekte um 40 Prozent gestiegen. Der Anteil der Projekte, die etwas mit Regulatorik zu tun haben, ist von 27 Prozent auf 51 gewachsen. Jedes zweite Projekt, das intern angestoßen wird, hat somit etwas mit dem regulatorischen Umfeld zu tun.

Die internen Ressourcen werden wesentlich stärker mit Anforderungen belegt, die von außen gestellt werden. Ich glaube nicht, dass wir dadurch sicherere Banken haben, aber wir füllen mehr Ordner mit Berichten. Wir haben weniger Zeit und Mittel für die Unterstützung des Kundengeschäfts, sodass der eigene Fortschritt darunter leiden muss. Irgendwo muss man Abstriche machen. Und das wird sich irgendwann einmal negativ auswirken - für alle Banken und letztlich auf das Kundengeschäft.

Konnten Sie hinsichtlich der drei Teilmärkte der Zielzusammensetzung Ihres Kreditportfolios näher kommen (40 Prozent Shipping, 40 Prozent Aviation, 20 Prozent Landtransport)?

Der Anteil der traditionellen Schifffahrt beträgt - wenn man den Offshore-Bereich, also Bohrinseln und die Versorgungsschiffe (Offshore-Supply-Vessels) herausnimmt - etwa 42 Prozent. Der Anteil der Luftfahrt liegt bei 31 Prozent.

Der Offshore-Bereich wird auch in den nächsten Jahren wachsen aufgrund des steigenden Ölpreises, und die Luftfahrt würde ich gerne auch noch weiter wachsen sehen. Die Geschäftsmöglichkeiten in diesem Markt sind allerdings geringer als im Schifffahrtsmarkt. Aber auch im Flugzeugmarkt kann ich mir vorstellen, dass wir uns in Richtung 35 Prozent entwickeln, sodass sich die beiden großen Portfolios relativ annähern.

Ist der zukünftig vierte Teilmarkt - der Offshore-Sektor - hinsichtlich des Risikos mit dem Schifffahrtsmarkt vergleichbar?

Nein, er ist nicht vergleichbar, da es für diesen Markt ganz andere Treiber gibt. Investitionen in die Erschließung von Rohölvorkommen hängen zum Beispiel von den Erwartungen über künftige Ölpreise und der Nachfrage ab.

In diesem Teilmarkt gibt es somit keine größeren Risiken, sondern eher andere Treiber. Es geht nicht um den Transport von Gütern zwischen Asien und Europa, sondern um die Erwartungen der Ölförderländer hinsichtlich des Ölpreises und der Entwicklung der Ölnachfrage. Darum haben viele Banken und zukünftig auch die DVB Bank diesen Sektor als separate Aktivität abgebildet.

Das ist sicherlich aber auch besonders research-intensiv?

Wir beobachten, welche Länder mit welchen Erwartungen verstärkt investieren. Dabei engagieren wir uns nicht in der reinen Exploration. Sobald bekannt ist, dass es ein nachhaltiges Ölfeld gibt, wird es einen Investor geben. Dann entscheiden wir, ob wir uns zum Beispiel an der Finanzierung einer Ölplattform beteiligen.

Aber was noch viel wichtiger ist und mehr als die Hälfte dieses Geschäfts bei uns ausmacht: Sobald eine Ölplattform installiert ist, müssen Waren und Menschen hin- und hertransportiert werden. Die Ölplattformen müssen verankert und können auch wieder verschoben werden. Dazu sind Spezialschiffe notwendig, und da sind wir ebenfalls sehr stark.

Finden im Schiffsmarkt nach wie vor Neubauten ausreichend Unterstützung im Markt?

Wir beobachten in der Schiffsfinanzierung zwei Dinge: Neubauten finden eine Finanzierung, weil bereits ein öffentliches Interesse besteht. Die größten Werftkapazitäten sind zwischenzeitlich in China, und dort stellen Werften einen wesentlichen Beschäftigungsfaktor dar. Jedes bestellte Schiff wird weitergebaut, denn die Werft wurde ja bereits vorfinanziert, meistens von den Banken in den jeweiligen Ländern. Ob es China, Korea, Japan oder Vietnam ist - der Staat hat ein großes Interesse daran, dass die Beschäftigung und damit auch der soziale Frieden im Lande sichergestellt sind. Das wird auch sehr stark von Exportkreditversicherern unterstützt. Ähnliches ist bei der Flugzeugfinanzierung zu beobachten. Auch neue Boeing und Airbus Flugzeuge werden durch Exportkredite mitfinanziert.

Die Liquidität bei gebrauchten Schiffen und Flugzeugen hingegen ist sehr eingeengt. Die DVB Bank ist eine der wenigen Banken, die sich noch für Schiffe oder Flugzeuge interessieren, die fünf Jahre oder älter sind. Viele Banken haben sich mittlerweile aus der Transportfinanzierung zurückgezogen - beispielsweise die HSH Nordbank oder die Commerzbank, aber auch internationale Banken wie Lloyds Bank oder Royal Bank of Scotland. Dadurch fehlt Liquidität. Die verbleibende Liquidität geht in erster Linie, wenn nicht sogar ausschließlich in die Finanzierung von Neubauten.

Der zweite Aspekt, der die Finanzierung so schwierig macht, ist vor allem bei größeren Engagements von Bedeutung. Wenn man dort in einem Syndikat ist und ein Mitglied sich von diesem Geschäftsfeld zurückziehen möchte, gibt es bei schwierigen Engagements in der Zusammenarbeit Probleme. Die Kundenbetreuer, die früher das Engagement geführt und die notwendige Kompetenz gehabt haben, sind oftmals nicht mehr in der Verantwortung. Die Portfolios gehen in Abwicklungseinheiten über, wo nur noch danach gemessen wird, wie schnell das Volumen abgebaut wird. Wenn die Mitarbeiter aber danach bezahlt werden, dann ist die Gesprächsbereitschaft für eine Restrukturierung, die das Engagement wieder in ein ruhigeres Fahrwasser bringt, sehr eingeschränkt.

Besteht für den Standort Deutschland angesichts des Rückzugs zahlreicher Institute die Gefahr, die Bedeutung im Schifffahrtssegment zu verlieren?

Tendenziell sind Banken aufgrund der neuen regulatorischen Anforderungen gezwungen, ihre Eigenkapitalpuffer zu erhöhen. Das können sie erreichen, indem sie entweder das Eigenkapital erhöhen oder die Assets herunterfahren. Letzteres ist manchmal der einfachere Weg. Beim Abbau der Assets sucht man sich eher Spezialthemen heraus, etwa die Flugzeugoder Schiffsfinanzierung oder die Transportfinanzierung insgesamt. Diese Entwicklung ist derzeit in Deutschland sehr deutlich zu beobachten.

Dadurch ist der Markt in Deutschland für die Schiffsfinanzierung und vor allem für die deutschen Reeder extrem schwierig geworden. Ich habe wenig Hoffnung, dass sich das in den nächsten Jahren ändert. Das wird auch den Anteil deutscher Reeder an der Weltflotte beeinflussen. Länder wie China haben ein großes Interesse daran, nicht nur zu ex- oder importieren, sondern auch den Transport in einem erweiterten Umfang in die eigenen Hände zu bekommen. Die Marktanteile der chinesischen Reeder steigen ständig, und das geht auch zulasten der deutschen Reeder.

Welche Eigenschaften zeichnen die DVB Bank im Vergleich zu den Mitbewerbern aus?

Die DVB Bank beschäftigt sich ausschließlich mit der Transportfinanzierung. Wir haben kein anderes Geschäft, keine Möglichkeiten auszuweichen. Folglich müssen wir es auch nachhaltig richtig machen.

Darüber hinaus haben wir in den letzten Jahren viele Mitarbeiter eingestellt, die nicht nur Banker sind, sondern in der Transportbranche gearbeitet haben. Einige waren in der Transportbranche operativ tätig - zum Beispiel als Schiffskapitäne -oder sie haben bei Reedern oder Fluggesellschaften im Finanzierungsbereich gearbeitet. Das bedeutet eine ganz andere qualitative Zusammensetzung der Belegschaft. Diese Mitarbeiter bringen einen immensen Erfahrungsschatz direkt aus der Transportbranche mit.

Ferner sind wir keine rein deutsche Bank, sondern haben 39 Nationalitäten. Der Pass war bei uns nie ein Einstellungskriterium. Alle, die ein Interesse an der Flugzeug- oder Schiffsfinanzierung haben, wollen gerne für uns arbeiten, weil sie wissen, dass die DVB Bank ein nachhaltiges Unternehmen ist.

Viele Häuser stellen die Schiffsfinanzierung auf den Prüfstand. Gibt es derzeit Schiffsportfolios, die Sie besonders interessieren?

Nein. Wir finden ausreichend Neugeschäft am Markt. Lediglich im Flugzeugbereich haben wir vor zwei Jahren von einer Bank einige Engagements übernommen.

Die Anbieter sind noch nicht bereit, mit dem richtigen Abschlag die Realität anzuerkennen. Alleine aus der veränderten Zinslandschaft rechtfertigt sich bereits ein höherer Abschlag als es einzelne Häuser gerne wahrnehmen wollen. Und da haben wir noch nicht einmal über Risikoabschläge gesprochen.

Darüber hinaus wollen wir weiterhin neue Kundenkreise erschließen. 2005 hatten wir weltweit 450 Kunden, jetzt sind es 610. Und die Bank wächst auch mit eigenen Kunden. 2005 hatten wir nur zwei Kunden mit einem Engagement über 100 Millionen, inzwischen sind es 44. Konzentrationsrisiken gibt es dabei trotzdem keine, da es sich oft um Engagements bei Leasinggesellschaften handelt, vor allem im Flugzeugbereich. Mit neuen Investoren in der Schifffahrt wie Private Equity- und Hedgefonds, die sich ein Portfolio von Schiffen zusammenkaufen, bauen sich ebenfalls gewisse Leasingstrukturen auf. Auf die einzelne Kreditnehmergruppe bezogen bekommt man dadurch zwar ein höheres Engagement, aber das Risiko hat sich nicht erhöht, weil eine Diversifikation über unterschiedliche Assets und unterschiedliche Leasingnehmer erfolgt.

Wenn die Abschläge aus Ihrer Sicht noch nicht stimmen: Ist der Leidensdruck bei den betreffenden Häusern noch nicht groß genug?

Das ist schwer zu beurteilen. Bei einer deutschen Großbank, die hinsichtlich des Darlehensbestands ihrer Schiffsaktivitäten weltweit eine gewichtige Rolle einnimmt, machen die Schiffsaktivitäten nur drei Prozent der Bilanzsumme aus. Die Bank muss sich fragen, ob dieser Abbau ausreicht, um die Bilanzsumme schnell genug auf das gewünschte Niveau zu bringen oder ob es eventuell andere Hebel gibt. Bei einer Landesbank liegen die Schiffsfinanzierungsaktivitäten bei etwa zwölf Prozent. Hier stellen sich die Fragen, was ein schnellerer Abbau durch höhere Abschläge für die Gewinn- und Verlustrechnung bedeutet und ob genügend Wertberichtigungen vorhanden sind, um das aufzufangen.

Grundsätzlich fehlt allerdings noch die Bereitschaft, größere Abschläge in Kauf zu nehmen.

Wie sieht die Produktpalette der DVB Bank aus?

Die Bank hat ein überschaubares Produktprofil. Unser wichtigstes Produkt ist und bleibt die Finanzierung von Assets über traditionelle, besicherte Bankkredite. Wir beraten Kunden bei Finanzierung und möglichen Expansionen und suchen Partner und Eigenkapital. Eigenkapital können wir dabei auch über unsere Investmentfonds zur Verfügung stellen.

Die Nord-LB hat im vergangenen Jahr einen Flugzeugpfandbrief emittiert. Wann werden Sie mit einem solchen Produkt an den Markt gehen?

Unser Flugzeugpfandbrief wird dieses Jahr kommen. Wir haben ihn deshalb nicht 2012 emittiert, weil wir eine Überfinanzierung hatten. Die Vorbereitungen für einen Flugzeugpfandbrief sind aber abgeschlossen, und das Portfolio dafür ist bereits separiert. Voraussichtlich im zweiten Quartal werden wir mit einem Anfangsvolumen von 250 Millionen Euro an den Markt kommen.

Zum Verkehrsmarkt zählt auch die Infrastruktur. Eignet sich die Anlageklasse "Infrastrukturprojektfinanzierung" für die DVB Bank als weiteres Standbein?

Bis zum Dezember 2006 waren wir in der Infrastrukturfinanzierung engagiert. Es gibt dort zweifellos einen riesigen Bedarf.

Wir haben uns damals aus zwei Gründen verabschiedet: Erstens wollen wir bei jeder Transaktion eine führende Position einnehmen. Bei Infrastrukturfinanzierungen reden wir über relativ große Beträge, die wir nicht alleine stemmen können und wollen. Somit hätten wir zu selten die führende Rolle inne.

Zweitens haben wir in allen Bereichen mit der traditionellen Kreditvergabe angefangen und dann gesehen, dass es auf Seiten der Investoren Interesse gab, dass wir auch in das Eigenkapital gehen, sodass wir Fonds aufgelegt haben. In der Flugzeugfinanzierung haben wir derzeit etwa 2,1 Milliarden US-Dollar Assets under Management, bei Schiffsfonds sind es zwei Milliarden US-Dollar.

Als wir in der Infrastrukturfinanzierung ebenfalls an die Entscheidung kamen, mit einem namhaften Investor einen Fonds aufzulegen, haben wir uns dagegen entschieden. Wir hatten festgestellt, dass die Mobilität der von uns finanzierten Assets für uns ein Grundprinzip ist. Wir fühlen uns nur wohl bei der Finanzierung von mobilen Assets, die man im Falle eines Falles von Airline A in Region B herausnehmen kann und an Airline C in Region D verwerten kann. Die Verwertung eines Containerhafens hingegen ist schwierig. Wenn ein großes Shopping-Center nicht läuft, dann wechselt man in der Regel den Betreiber. Dieser verlangt oftmals, dass die Banken beim Zinssatz nachgeben oder gar auf Tilgung verzichten. Ich habe kaum ein Infrastrukturprojekt gesehen, bei dem die teueren Verkehrsgutachten auch nur annähernd die spätere Wirklichkeit treffend abgebildet haben. Das Nein für den Infrastrukturfonds bedeutete damit letztlich das Nein auch für die Finanzierung.

Als sich die Bank aus Infrastrukturfinanzierungen verabschiedete, umfasste der Darlehensbestand 28 Projekte mit 750 Millionen Euro. Inzwischen liegt der Bestand bei etwa 200 Millionen Euro, die wir einfach auslaufen lassen.

Wie fühlen Sie sich im genossenschaftlichen Verbund aufgehoben?

Gut. 1995 hat die DZ Bank die Mehrheit an der DVB übernommen. Bereits 1998 gab es ein erstes gemeinsames Projekt, in dem die Beziehung getestet werden konnte. Die DVB Bank hatte von der Long Term Credit Bank of Japan deren Flugzeugfinanzierungsgeschäft übernommen. Dazu brauchten wir mehr Kapital, das wir auch bekamen. In 2000 übernahmen wir zu 100 Prozent die Nedship Bank in Holland - wiederum durch Eigenkapital der DZ Bank mitfinanziert.

Wir haben also immer die Unterstützung bekommen, die wir für den Geschäftsausbau brauchten. Bislang sind wir durch alle Krisen gut durchgekommen und haben über die letzten 15 Jahre ein sehr starkes Vertrauensverhältnis aufgebaut.

Fühlen Sie sich nach wie vor am Tropf der DZ Bank, wie es eine Tageszeitung Anfang letzten Jahres formulierte?

Die Finanzkrise hat eine neue Erkenntnis gebracht: Ohne Finanzierungsrückhalt in einem großen Konzern ist das Konzept einer Wholesale-Bank gefährdet. Wenn man keine ausreichenden Kundeneinlagen hat und die Märkte die erforderliche Liquidität nicht hergeben, ist es sehr gut, wenn man jemanden hat, der wie die DZ Bank über ausreichend Liquidität verfügt.

Vor der Krise haben wir die Bank ausschließlich eigenständig am Markt außerhalb des Verbundes refinanziert. 2009 mussten wir allerdings feststellen, dass es die Liquidität nicht mehr gibt, und uns bis auf 100 Millionen Euro vollständig bei der DZ Bank refinanziert. Unser durchschnittlicher Neufinanzierungsbedarf liegt zwischen drei und fünf Milliarden Euro pro Jahr.

Im vergangenen Jahr haben wir uns bereits zu 50 Prozent außerhalb des Verbundes refinanzieren können. Und für 2013 könnten es vielleicht schon zwei Drittel sein, sodass wir nicht mehr am Tropf der DZ Bank hängen. Aber es ist gut zu wissen, dass es einen Verbund gibt, der aufgrund seiner gesamten Ausrichtung immer über Liquidität verfügt. Das gibt uns jederzeit die Möglichkeit, um Unterstützung zu bitten. Diese hat man uns nie versagt, und das ist sehr beruhigend.

Wie verhält es sich hinsichtlich der Refinanzierung mit den genossenschaftlichen Primärbanken?

Die DVB Bank hat die Liquidität schwerpunktmäßig von der DZ Bank erhalten, aber sicherlich ist auch das eine oder andere Refinanzierungsprodukt, zum Beispiel Schuldscheindarlehen oder Inhaberschuldverschreibungen, gern von den Primärbanken aufgenommen worden.

Die DVB Bank ist ein eigenständiges Institut. Zwar liegen 95,4 Prozent der Anteile in den Händen der DZ Bank, aber es war schon immer vereinbart, dass die Bank einen eigenständigen Marktauftritt, einen eigenständigen Bankapparat und eine eigenständige Refinanzierung hat. 2009 und 2010 war das nicht mehr vollständig gegeben, und das wollen wir wieder zurückgewinnen, um auch als eigenständiges Institut wahrgenommen zu werden - für unser eigenes Selbstverständnis, aber auch im Verbund.

Sie haben Mitte letzten Jahres die Verträge mit der Ratingagentur Moody's gekündigt. Warum?

Zwei Dinge haben zu dieser Entscheidung geführt: Erstens sind zwei Ratings ausreichend. Bereits aus Kostengründen war das dritte Rating entbehrlich. Zweitens gab es schon eine gewisse Überraschung, dass die Ratings zwischen S&P und Moody's so weit auseinanderklafften. Einen Unterschied von drei Ratingstufen kann man keinem Investor erklären. Dies war nicht mehr hinnehmbar, zumal bereits vier Jahre Schifffahrtskrise hinter uns lagen und die traditionelle Schifffahrt nur gut 40 Prozent unseres Geschäfts ausmacht. 60 Prozent sind sehr stabil, und auch innerhalb der 40 Prozent laufen viele Bereiche wie Gas-, Produktund Chemikalientanker vernünftig.

Wir nehmen uns viel Zeit für die Ratingagenturen, unterrichten regelmäßig, liefern viel Material und sind sehr transparent. Deshalb waren wir enttäuscht, dass Moody's zu einer solch starken Abweichung kam. Nach dem Ende der Krise werden wir uns einmal zusammensetzen und über die Prämissen von Moody's und die tatsächlichen Entwicklungen diskutieren.

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