Gespräch des Tages

Landesbanken I - Wenn Menschen weinen

Wer in diesen Tagen zugeben muss, "ein Banker" zu sein, hat nur geringe Aussichten, die nächste Stunde als Sympathieträger genießen zu dürfen - auch, wenn er nur die Poststelle der einwandfreien Kreissparkasse führt. Kopfschütteln und echter Volkszorn, Mitleid ein bisschen und Verachtung ausgeprägt wird "dem Geldmenschen" zuteil. Und Erklärungsversuche wie etwa solche, die sich auf den schrecklichen Druck, ja die Diktatur der Aktionäre, Anleger und Einleger berufen, immer höhere Dividenden, Ren diten und Zinsen zu verlangen, sie stoßen auf die eiskalte Ablehnung des emotionalisierten Volkes. Zudem kriechen natürlich wie immer auch jetzt aus jedem Loch die Altvorstände, Frischprofessoren sowie sämtliche parlamentarischen Vorder- und Hinterbänkler, die sowieso alles besser wissen, also diesmal vor der Finanzmarktkrise immer schon gewarnt haben.

Das Jahr 2008 wird lange in scheußlicher Erinnerung bleiben. Zu Recht. Denn wenn es noch ein wenig schlimmer wird mit den Auswirkungen des monetären Desasters in die Realwirtschaft hinein, ist die "Weltwirtschaftskrise II" mitten unter uns: Obwohl wir doch so stolz behauptet hatten, heute wirklich mehr als vor 80 Jahren zu wissen und zu können. In derartigen Verwirrungen jeder Unternehmensführung, jedem "Manager" mit mittlerer bis höherer Verantwortung die pure Unfähigkeit vorzuwerfen, ach wie leicht ist dies. Wenn der Vergleich des Münchener Forschers soeben nicht so völlig unpassend gewesen wäre - in der Sache liegt er richtig.

Und just diese relative Schuldlosigkeit ihres Vorstandsvorsitzenden Michael Kemmer gegen die keifende Politikergemeinde der bayerischen CSU hundertfach verteidigt zu haben, das ist etwas, worauf die Mitarbeiter der Bayerischen Landesbank sehr, sehr stolz sein dürfen (egal, wie's endlich ausgeht).

Dass Menschen für den Erhalt ihrer Arbeitsplätze demonstrieren, dass sie gegen einen rigiden Aufsichtsratsbeschluss auf die Straße gehen, und dass sie sich unschwer gegen "Ausbeutung und Sozialabbau" mobilisieren lassen, gehört zur Alltagserfahrung heute. Dass Menschen in einer Bank jedoch in der Dämmerung ihres Hauses zu Hunderten zeigen, wem sie ganz persönlich vertrauen, dass sie Schilder mit seinem Namen schwenken und manchem dabei die Tränen des Zorns rinnen, das ist mehr als irgendein Krisenbild. Das ist ein Menschenbild zum Einrahmen.

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