Aufsätze

"Es ist kein Kavaliersdelikt, nicht über ein ausreichendes Geschäftsmodell zu verfügen"

Die dritte Augustwoche und insbesondere das Wochenende vom 24. bis 26. August wird mir in besonderer Erinnerung verbleiben: Der Flug nach Dresden am Freitag und die Rückkehr am Sonntag, der Abschluss eines Grundlagenvertrages, der die Übernahme der Sachsen-LB zum 31. Dezember 2007 beinhaltete, und die sofortige Wahrnehmung der Treuhandschaft über die Sachsen-LB. Die Subprime-Krise und ihre Folgen haben eine besondere Bedeutung für mich gewonnen. Deshalb werde ich das heutige Thema über Risiko, Rendite und Regulierung unter dem Eindruck der Finanzmarktkrise beleuchten.

Schlagartiges Austrocknen der Märkte

Der Immobilienmarkt in den USA verlor bekanntlich Anfang 2006 an Dynamik. Bereits Ende desselben Jahres zeichneten sich erste Befürchtungen über eine Subprime-Krise ab. Die Ausfall- und Verzugsraten steigen an; manche Hypothekenbanken vergeben keine Subprime-Kredite mehr, der Markt für Emissionen mit Subprime-Inhalt dreht. Am 3. April 2007 meldet New Century Financial Konkurs, einer der größeren Subprime-Finanzierer in den Staaten.

Im Juni 2007 kommen zwei Bear-Stearns-Fonds ins Trudeln, die über Kreditderivate mit dem Subprime-Segment verbunden sind. Im Juli stufen die Ratingagenturen Bonitätsbewertungen von Subprime-Portfolios herab. Die in Tranchen von Triple-A bis Sub-Investment Grade verbrieften Kredite erleiden Kursverluste. Deutlich wird dies an den SIVs und Conduits, die in solche ABS-Papiere stark investiert sind und die über kurzfristige Commercial Papers refinanziert werden. Wegen eines nur marginalen Eigenkapitalpuffers fürchten die Investoren von Commercial Papers in SIVs oder Conduits Verluste zu erleiden. Die Märkte trocknen schlagartig aus; über Backup-Kreditlinien werden Banken als Sponsoren Finanzierer dieser ABS-Portfolios.

In Deutschland war zuerst die IKB Ende Juli betroffen. Über das Ziehen der Kreditlinie von acht Milliarden US-Dollar des Conduits Drachenfels wurden die Kursverluste der dort investierten Aktiva sofort auf die IKB übertragen. Der drohende Verlust der Hälfte des Eigenkapitals machte eine Abschirmung von 3,5 Milliarden Euro notwendig. Der Fall der Sachsen-LB, der 14 Tage später eintrat, hatte die gleiche Ausgangssituation, lag aber anders. Das 17 Milliarden Euro-Conduit Ormond Quay hatte fast ausschließlich in Triple-A-ABS-Papiere investiert. Die Finanzierung erfolgte ausschließlich über kurzlaufende Commercial Papers. Da keine Kreditlinien syndiziert waren, kam nach Austrocknen des CP-Marktes nur die Sachsen-LB als Liquiditätsversorger in Frage. Das Volumen von 17 Milliarden Euro hat das Institut überfordert.

Parallelen mit der Krise um LTCM

Die Option, die Triple-A-ABS zu verkaufen, ließ sich nicht realisieren, da die Abschläge in einem nicht funktionierenden Markt zu groß gewesen wären. Die Sachsen-LB hätte in erheblichem Umfang Eigenkapital einsetzen müssen, um das Vehikel zu stützen und somit die Rückzahlung der Commercial Papers sicherzustellen. Nach Abschreibung des Eigenkapitaleinsatzes wäre eine ordnungsgemäße Fortführung der Geschäfte nicht mehr möglich gewesen.

An der IKB, der Sachsen-LB und später Northern Rock wurde deutlich, wie ausgehend von Subprime-Krediten erst ABS-Wertpapiere, später Conduits und SIVs und schließlich Banken mit Versiegen der Marktliquidität in Mitleidenschaft gezogen wurden. Die jetzige Finanzmarktkrise scheint Parallelen mit der Krise um den Hedgefonds Long-Term-Capital-Management aufzuweisen. Der 1994 gegründete Fonds - kurz LTCM - spekulierte darauf, dass sich die Kurse bestimmter Bonds im Zeitverlauf annähern, die Spreads also zusammenlaufen. Zum Beispiel zwischen südamerikanischen Dollar-Anleihen und US-amerikanischen Treasury-Bonds oder auch zwischen deutschen und italienischen Anleihen.

Für diese Spekulationen bediente sich der Fonds komplexer quantitativer Modelle, um potenzielle Fehlbewertungen von Bonds aufzuspüren. Mit von der Partie waren auch die beiden Wirtschaftswissenschaftler Robert C. Merton und Myron Scholes, die 1997 den Nobelpreis bekommen hatten. Mit der Russlandkrise 1998 kam es zu einer drastischen Rubelabwertung und einem Schuldenmoratorium Russlands. Dies verursachte einen Flight to Quality. Die Investoren zogen sich aus den Bonds zweit- und drittklassiger Schuldner zurück und investierten verstärkt in hochsichere Staatsanleihen. Damit begannen die Spreads exakt in die andere Richtung zu laufen, als die Modelle von LTCM dies vorausberechnet hatten.

Stichtagsbezogene Vermögensvernichtungen

Da bei LTCM einem Eigenkapital von fünf Milliarden US-Dollar ein Fremdkapital von 125 Milliarden gegenüberstand, drohte infolge von Nachschussverpflichtungen eine Zwangsliquidierung des Fonds. Die amerikanische Notenbank initiierte eine Rettungsaktion. Ein Bankenkonsortium stellte gut 3,6 Milliarden US-Dollar an Eigenmitteln bereit, die FED senkte zweimal die Leitzinsen um jeweils 25 Basispunkte. Bekannt wurde, dass viele Banken, insbesondere die an der Rettung von LTCM teilnahmen, Parallelpositionen in weit höherem Ausmaß in ihren Handelsbüchern hatten. Die Gefahr eines Flächenbrands, dem große Finanzinstitute und damit das Finanzsystem zum Opfer fallen könnten, hatte realistische Züge angenommen.

Worin liegen die Parallelen beider Finanzmarktkrisen? Aus meiner Sicht sind in beiden Fällen extreme Kursveränderungen Ursache für zeitpunktbezogene Vermögensvernichtungen, denen andererseits nur in vergleichsweise geringem Umfang echte Ausfallrisiken gegenüberstanden. Die Zwangsliquidation von LTCM hätte bei Corporate-Anleihen guter Bonität, italienischen Staatsanleihen und so weiter in einem sogenannten Fire Sale zu erheblichen Abschlägen geführt, die bei Banken mit gleichartigen Handelspositionen zu existenzbedrohenden Verlusten geführt hätten, ohne dass der italienische Staat oder die jeweiligen Corporates in ihrer Bonität betroffen gewesen wären.

Kursverluste in ABS-Papieren, auch wenn Ausfälle nur in einem relativ geringen Umfang zu erwarten sind, haben die Conduits und SIVs und schließlich die Banken in krisenhafte Situationen gebracht. Wären die Subprime-Kredite durch regionale Banken vergeben und nicht verbrieft worden, wäre die Krise regional begrenzt und hätte sich nicht zu einer globalen Dimension entwickelt.

Die Verbriefung von tausenden Hypothekenkrediten hat zwar zur Berechnung von Ausfallwahrscheinlichkeiten und damit zu statistisch guten Rechenergebnissen geführt. Der Nachteil besteht aber darin, dass eine Marktpreisbildung von ABS- Anleihen mit verpackten Hypothekenkrediten, die echte Ausfallwahrscheinlichkeiten widerspiegeln, nicht mehr möglich ist. Dadurch kommt es bei übergroßen Vorsichtsabschlägen - selbst bei Triple-A-Anleihen, geschweige denn bei Notverkäufen aus der Liquidation von SIVs oder Conduits - dazu, dass solche stichtagsbezogenen Vermögensvernichtungen die eben beschriebenen Finanzmarktkrisen auslösen können.

Eine schärfere Unterscheidung von handelbaren und nicht handelbaren Assets, das heißt Krediten und Anleihen, im Risikomanagement und in der Rechnungslegung ist eine Schlussfolgerung aus der Finanzmarktkrise. Auch wenn einzelne Kredite gebündelt und zu Wertpapieren verpackt werden, hat das Wertpapier doch den Charakter eines Kredits, der im Hinblick auf seine Werthaltigkeit auf die Endfälligkeit hin beurteilt werden muss. Rendite, Risiko und Regulierung sind die Stichworte der Tagung. Unter der Überschrift Finanzmarktkrise wird deshalb im Folgenden auf die genannten Begriffe eingegangen, um daraus einige Schlussfolgerungen für den deutschen Bankenmarkt zu ziehen.

Rendite

Das Thema Rendite stellt fast alle deutschen Banken schon seit einigen Jahren vor besondere Herausforderungen. Es wird zu wenig im Vergleich zur europäischen Konkurrenz verdient. Umso nachdenklicher muss es stimmen, wenn mit der IKB und der Sachsen-LB bei einer nach europäischen Maßstäben eher bescheidenen Ertragssituation die Erträge nicht aus dem jeweils vermuteten Geschäftsmodell verdient wurden. So wurde bei der IKB deutlich, dass die Mittelstandsfinanzierung nicht die erforderliche Eigenkapitalverzinsung erbracht hat.

Es ist jetzt nachvollziehbar, dass der langfristig besicherte Kredit nicht allein ausreicht, um für eine Bank eine auskömmliche Rendite zu erwirtschaften. Die Diversifizierung der IKB in Conduits und Kreditstrukturen hat den nötigen Ertrag gebracht, war aber unter Risikogesichtspunkten so weit überdimensioniert, dass eine Abschirmung von 3,5 Milliarden Euro nötig wurde.

Was die Sachsen-LB anbetrifft, so wurde deutlich, dass das Bankgeschäft in Sachsen und den angrenzenden Regionen bei weitem zu gering gewesen ist. Mehr als 50 Prozent der Erträge kamen aus der Tochter in Irland beziehungsweise aus ähnlichen Treasury-Positionen in Leipzig. Mit der beabsichtigten Übernahme durch die LBBW erfolgt eine notwendige Adjustierung des Geschäftsmodells mit Mittelstandsunternehmen und vermögenden Privatkunden in Sachsen und angrenzenden Regionen, wo die BW-Bank bereits seit Anfang der neunziger Jahre mit drei Filialen und an die 100 Mitarbeitern aktiv ist.

Deutlich zeigt die Krise beider vorgenannten Institute, dass es kein Kavaliersdelikt ist, nicht über ein ausreichendes Geschäftsmodell zu verfügen. Gerade im deutschen Markt, mit seiner harten Wettbewerbssituation, ist es unbedingt erforderlich, dass sich jede Bank ein langfristig ertragreiches Geschäftsmodell erarbeitet. Dies sollte eine wichtige Schlussfolgerung aus der Finanzmarktkrise sein.

Eine positive Bewertung des deutschen Bankenmarktes sollte die vorherrschende Struktur regionaler Volks- und Raiffeisenbanken sowie Sparkassen bekommen. Diese Institute refinanzieren sich fast ausschließlich durch Einlagen und sind damit gegen globale Finanzmarktkrisen resistent. Dieser wichtige Effekt für die Volkswirtschaft sollte bei wiederaufflackernden Bankenstrukturdiskussionen nicht vergessen werden.

Risiko

Unter dem Gesichtspunkt des Risikos ist in Anbetracht der Finanzmarktkrise die Entwicklung der Disintermediation zu überprüfen. Mit der Verbriefung ist die 1:1- Beziehung zwischen Kreditgeber und Kreditnehmer aufgelöst. Es stellt sich die Frage, ob Risiken über Kennzahlen und Ratings ausreichend erfasst werden können. Zumindest die Subprime-Kredite machen deutlich, dass durch Verbriefung übertriebene und damit gefährliche Incentives zur Kreditvergabe bei den Kreditinstituten gegeben sind.

Ein weiterer Aspekt ist der Contagion- oder Ansteckungseffekt. Die Handelbarkeit der Verbriefungen kann zur globalen Ausbreitung lokaler Krisenherde führen. Rückschlüsse auf die einer Verbriefung zugrunde liegenden Einzelrisiken sind vielfach unmöglich. Ratingagenturen kompensieren dies nur, soweit Ausfallrisiken der verbrieften Anleihen betroffen sind. Allerdings gibt es keine Beurteilung der Marktrisiken, vor allem nicht in Bezug auf die Risikotragfähigkeit des Investors. Ferner ist die Intransparenz ein gewichtig gewordener Risikoaspekt.

Zur Intransparenz in den Verbriefungen kommt die Intransparenz durch Conduit- und SIV-Konstruktionen. Solche Vehikel können durchaus betriebswirtschaftlich sinnvoll sein, verstärken aber bei inadäquatem Management die Gefahr eines unzureichenden Risikomanagements und damit die Verschleierung von Risiken. Das Zusammenspiel der bis hierher geschilderten Effekte hat zu einer Neubewertung von Bankenrisiken und der Funktionsfähigkeit von Märkten geführt. Dies hat die gegenwärtige Liquiditätskrise zur Folge.

Eine große Rolle spielten dabei gewisse Trendverstärker. Vehikel und gehebelte Fonds sind oft so konstruiert, dass sie ihre Verbriefungen bei Unterschreiten bestimmter Wertschwellen verkaufen müssen. Für den Markt sind solche Fallnetze mitunter fatal, weil sie selbstverstärkende Effekte haben. Der Marktwert sinkt, Papiere müssen verkauft werden, die Marktpreise geraten weiter unter Druck und verursachen eine kaskadenartige Verkaufswelle. Ein weiterer Verstärkungseffekt ist mit verhaltenspsychologischen Zusammenhängen zu erklären. Wenn die Abwärtsspirale erst in Gang gesetzt ist und sich ein gewisser Trend abzeichnet, ist ein Handeln gegen den Trend häufig nicht möglich.

Hortung von Liquidität

Die Banken horten in Situationen wie der gegenwärtigen ihre Liquidität aus zwei Gründen. Zum einen, weil sie der Bonität zahlreicher Marktpartner aufgrund der beschriebenen Intransparenzen nicht mehr trauen und Forderungsausfälle befürchten. Zum anderen stellen sie freie Liquidität auch absolut verlässlichen Marktpartnern nur zögerlich zur Verfügung. Warum? Weil sie angesichts der ausgetrockneten Märkte nicht davon ausgehen können, dass sie sich bei Engpässen schnell genug wieder Liquidität besorgen können.

Alle Teilnehmer könnten sich verbessern, wenn sie ihre Liquidität zur Verfügung stellen würden. Das Horten ist ja mit Opportunitätskosten verbunden. Aber vorsichtshalber halten sie ihre Liquidität zurück, weil sie nicht wissen, wie die anderen sich verhalten. Spieltheoretisch spricht man in solchen Situationen vom Gefangenendilemma. Wegen des Marktversagens springen notwendigerweise Zentralbanken in die Bresche, füllen das Liquiditätsvakuum und verhindern so, dass aus der Liquiditätskrise auf breiter Front eine Bonitätskrise mit anschließendem Kreditcrunch wird. Nachhaltige Abhilfe ist aber nur durch eine verbesserte Vertrauensbasis zu erzielen und damit durch Transparenz.

Regulierung

Welche Konsequenzen hat dies nun für die Regulierung? Basel II lässt bereits eine qualitative Verbesserung des Risikomanagements erwarten. Die Anforderungen steigen und mit Säule II nehmen die Überprüfungen durch die Aufsicht zu. Enhancements für die Conduits unterliegen mit Basel II der Eigenkapitalunterlegung, auch bei Kreditlinien unter einem Jahr Laufzeit; Verbriefungen sind risikoadjustiert zu unterlegen. Basel II sollte eine Chance erhalten, sich zu bewähren.

Auch eine europäische Superaufsicht wäre inadäquat, da nationale Spezifika zu wenig Berücksichtigung finden. Der Bankenmarkt ist in den einzelnen Ländern Europas viel zu unterschiedlich, als dass eine anonyme europäische Behörde für jedes Land die passende Lösung fände. Nationale Behörden mit Mitarbeitern aus den eigenen Reihen können die Risiken ihrer heimischen Banken sicher besser beurteilen.

Nach wie vor ist der Bankenmarkt in Europa ein nationaler Markt, grenzüberschreitende Institute ohne einen wesentlichen nationalen Schwerpunkt sind in Europa die absolute Ausnahme und nicht die Regel. Daher sollte die Entwicklung der Aufsicht in Europa nicht der wirtschaftlichen Entwicklung vorauseilen. Eine Abstimmung auf supranationaler Ebene ist zumindest in Europa mit dem Comittee of European Banking Supervisors gegeben.

Sinnvoll erscheint dagegen, das Hauptaugenmerk auf die Geschäftsmodelle der Banken zu legen. Fehlende Geschäftsmodelle führen zwangsläufig zu höherer Risikobereitschaft und damit zu instabilem Gleichgewicht auf dem Finanzmarkt. Ein weiterer Punkt betrifft die praktische Handhabung von Paragraf 33 KWG. De facto benötigt man für die Zulassung zur Geschäftsleitung einer Bank Erfahrungen im Kreditgeschäft, aber nicht unbedingt Kapitalmarktkenntnisse. Es stellt sich die Frage, ob vor dem Hintergrund globaler Finanzmarktkrisen nicht stärker auf notwendige Qualifikationen und Erfahrungen im Bankenmanagement geachtet werden muss - zumal sich das Geschäft in vielen Instituten sehr stark vom klassischen Kredit weg und hin zu kapitalmarktbasierten Finanzierungen verschoben hat.

Keine dramatischen Modifikationen der Regulierungsmechanismen

Trotz aller Verwerfungen hat die Krise gezeigt, dass die Kreditinstitute in Deutschland - säulenübergreifend - willens und in der Lage sind, Krisen in hohem Maße selbst zu bewältigen. Dramatische Modifikationen staatlicher oder supranationaler Regulierungsmechanismen wären vorschnell. Basel II muss erst seine Wirkung entfalten. Eine adäquate Ausstattung der Aufsichtsorgane mit Know-how und Erfahrung ist aber unabdingbar, um den komplexen Herausforderungen gerecht zu werden.

In der derzeitigen Finanzmarktkrise wurde die Wichtigkeit von Banken als Kreditvergabeinstitute für die Wirtschaft deutlich. Das mögliche Schließen von Kreditinstituten hat äußerst schwerwiegende Folgen für die nationale und internationale Wirtschaft. Dies haben uns auch die Krise in Japan Ende der achtziger Jahre, die Te-quilla-Krise in Mexico 1994 und die Asienkrise 1997 gezeigt. In allen Fällen waren Banken nicht mehr in der Lage, ihrer Aufgabe der Kreditvergabe an Unternehmen und Private nachzukommen. Dies hatte einen nachhaltigen Rückgang der Wirtschaftsaktivität mit gravierenden Wirkungen zur Folge.

Die japanischen Banken erlitten nach Platzen der kreditfinanzierten Immobilien- und Aktienblase eine solche Schwächung, dass das wirtschaftliche Wachstum in Japan über ein Jahrzehnt zum Erliegen kam. Erst die Null-Zins-Politik der japanischen Zentralbank und die damit verbundene steile Yen-Zinskurve von 1,5 bis zwei Prozent führte zu Gewinnen, deren Thesaurierung eine Rekapitalisierung des Bankensektors ermöglichte. In Mexiko und den asiatischen Ländern kamen die Verluste der Banken durch übermäßige Refinanzierungen in US-Dollar nach Einbruch der jeweiligen Wechselkurse zustande. Der darauf erfolgte scharfe Rückgang des Wirtschaftswachstums wurde durch das nicht mehr funktionierende Bankensystem verursacht.

Schlüsselfunktion der Banken

Aus dieser Schlüsselfunktion der Banken leitet sich die Forderung für die Gestaltung eines Rahmens in der Geschäftspolitik ab, die nicht dem sogenannten freien Spiel der Kräfte ausschließlich überantwortet werden kann. Übertreibungen haben bereits in der Aufarbeitung der Weltwirtschaftskrise in den USA zu einschränkenden Gesetzgebungen für Banken wie dem Glass- Steagall-Act geführt. In einer vorausschauenden Analyse der Gefährdungspotenziale aus globalen Finanzmärkten ist einer solchen Entwicklung vorzubeugen. In diesem Zusammenhang sollten die nicht einer Regulierung unterworfenen Parallelmärkte, auf denen Conduits, SIVs aber auch Hedgefonds agieren, unter besonderer Beobachtung stehen.

Die Rahmenbedingungen für Banken, das heißt die Regulierungen, sollten stärker auf ihre Schlüsselfunktion in den Volkswirtschaften ausgerichtet werden. Denn das nachhaltige Zurverfügungstellen von Krediten für Unternehmen und Haushalte setzt einen anderen Akzent als die Finanzierung über die Kapitalmärkte mit opportunistischen Entscheidungen institutioneller Investoren. Der am Markt gebildete Preis hat nicht immer recht. Die oft geäußerte gegenteilige Behauptung ist Ideologie. Dies wird deutlich, wenn stichtagsbezogene Fire-Sale-Preise zum Kapitalverzehr und zur Existenzvernichtung von Instituten führen - mit ihren Folgen für die Gesamtwirtschaft.

Risiko und Rendite haben jedes für sich gesehen ihren Beitrag geleistet und sind in ihrem Zusammenspiel zur Finanzmarktkrise geworden. Wenn wir die drei R überdenken, wird sich diese Krise im Rückblick als Episode klassifizieren lassen - von der zu hoffen ist, dass sie bald zu Ende sein wird.

Der Beitrag basiert auf einer Rede des Autors bei der 53. Kreditpolitischen Tagung der ZfgK am 9. November 2007. Die Zwischenüberschriften sind von der Redaktion eingefügt.

Dr. Siegfried Jaschinski , Partner, Augur Capital AG, Frankfurt am Main
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