Schwerpunkt

Carry-Trade-Strategien für institutionelle Investoren

Das aktuelle Kapitalmarktumfeld mit historisch niedrigen Zinsen im Euroraum und sehr stark eingeengten Credit-Spreads für Corporate Bonds mit einem Investment Grade Rating, aber auch für Staatsanleihen und Covered Bonds aus den Euro-Peripherie-Staaten, stellt für viele Anleger eine anhaltende Herausforderung dar. Selbst die Rendite des J. P. Morgan Euro EMBI Index, der alle Euro-denominierten Anleihen aus den Emerging Markets umfasst, ist auf eine Rendite von nur noch 2,43 Prozent bei einem durchschnittlichen Rating von BBB/Baa2 und einer Duration von 4,7 Jahren gesunken. Zudem geben die geldpolitischen Beschlüsse der Europäischen Zentralbank (EZB) wenig Anlass zur Hoffnung, dass sich dieses Umfeld in naher Zukunft grundlegend ändert. Vielmehr deutete EZB-Chef Mario Draghi an, dass die Geldmarktzinsen in der Eurozone noch mindestens bis Ende 2016 auf dem gegenwärtigen Niveau bleiben und sogar zusätzliche geldpolitische Lockerungen, wie etwa ein ABS-Aufkaufprogramm, möglich sind. Entsprechend intensiv wird nach höher rentierlichen Alternativen, die zudem möglichst unkorreliert mit dem Zins- und Credit-Risiken sein sollen, gesucht.

Wieder stärkeres Interesse für Carry Trades

Eine Alternative könnten Carry-Trade-Strategien sein, die in jüngerer Vergangenheit wieder stärkeres Interesse hervorgerufen haben. Darauf weisen Daten der Bank für Internationalen Zahlungsausgleich hin. Der Handelsumsatz am Devisenmarkt ist demnach von 2010 bis Ende 2013 um 35 Prozent auf 5,3 Billionen Dollar täglich gestiegen. Das ist für sich genommen schon bemerkenswert, noch interessanter ist aber eine weitere Zahl: 53 Prozent des Umsatzes werden von sogenannten Nicht-Händler-Finanzinstitutionen getätigt, also kleinen, nicht berichtspflichtigen Banken, Vermögensverwaltern und auch Hedgefonds, während gleichzeitig der Anteil der Unternehmen am Handel gesunken ist. Diese Entwicklung hat sicherlich auch damit zu tun, dass die Währungen aufstrebender Länder immer häufiger konvertierbar sind, und sich die Geld-Brief-Spannen für deren Währungen dank gestiegener Liquidität denen in entwickelten Ländern angenähert haben.

Insgesamt ist der Devisenmarkt ein sehr effizienter Markt. Der starke Anstieg des täglichen Handelsumsatzes an den Devisenmärkten spiegelt die Tendenz wider, dass große Vermögensverwalter ihre Portfolios vermehrt global diversifizieren. Hieraus erwächst ein Bedürfnis nach Absicherung der Währungsrisiken. Wie hoch dieser Bedarf ist, wurde vor einem Jahr deutlich, als die US-Notenbank Federal Reserve den Ausstieg aus der quantitativen Lockerung ankündigte und daraufhin viele Schwellenländer-Währungen unter Druck gerieten. Die Analysen zeigen allerdings, dass ein systematischer Zusammenhang zwischen steigenden/fallenden USD-Kurzfristzinsen und den Währungen der Schwellenländer nicht besteht. Entsprechend sollte die im Jahr 2013 beobachtete Entwicklung nicht in die Zukunft extrapoliert werden.

Neben der Absicherung zeichnet auch die bewusste Risikonahme am Devisenmarkt, die auf Zinsdifferenzen setzt, für den Anstieg des Handelsvolumens verantwortlich. Dies führt zu den Carry Trades. Carry-Trade-Strategien in den Hauptwährungspaaren bieten wegen der zwischen diesen Währungen weitgehend eingeebneten Zinsdifferenzen kein nennenswertes Ertragspotenzial mehr. Anders sieht es demgegenüber noch beziehungsweise wieder in den Schwellenländern aus, die teilweise erhebliche Zinsdifferenzen zu den Industrieländern aufweisen.

Schwellenländer heute stabiler als in den neunziger Jahren

Aus volkswirtschaftlicher Sicht werden die an den Märkten bestehenden nominalen Zinsdifferenzen gegenüber dem Euro und dem US-Dollar durch höhere reale Wachstumsraten, höhere Inflationsraten, bestehende Außenhandelsdefizite und Risikoprämien begründet. Es kann davon ausgegangen werden, dass die Schwellenländer ungeachtet des derzeit schwächeren Wachstums (auch als Folge einer vielfach restriktiveren Geldpolitik) mittel- bis langfristig die im Vergleich zu den Industrieländern höheren Wachstumsraten aufweisen werden und damit deren Anteil am Welt-Bruttoinlandsprodukt weiter ansteigt. Vor diesem Hintergrund und in Anbetracht der im Vergleich zu den späten neunziger Jahren in etwa vierfach so hohen Direktinvestitionen in den Schwellenländern sind diese heute wesentlich stabiler als damals.

Auf dieser Basis wurde dann die Theorie der ungedeckten Zinsparität verifiziert. Der Theorie zufolge wertet die höher verzinsliche Währung im Zeitablauf sukzessive ab, sodass kein systematischer Gewinn aus der Zinsdifferenz gezogen werden kann. Entsprechend stellt der Terminkurs den besten Schätzer des künftigen Kassakurses dar. Die Überprüfung ergab allerdings, dass das in der Realität meist nicht der Fall ist: In der Vergangenheit hatten Währungen sich immer wieder anders entwickelt, als dies der Terminkurs prognostiziert hatte. Während der Euro-Schuldenkrise hatte der Euro weit stärker zum Australischen Dollar, einer typischen Anlagewährung, abgewertet als dies der Terminkurs hätte erwarten lassen. Ähnliches war bei Euro und Schweizer Franken zu beobachten. Die Wissenschaft spricht vom Forward Rate Bias.

Der Terminkurs eines Währungspaares ist demnach ein verzerrter Schätzer für die tatsächliche Kursentwicklung. Eine systematische Arbitrage ist nicht möglich. Der Forward Rate Bias stellt vor allem eine Risikoprämie für höhere Inflationsraten in der Zukunft, politische Instabilitäten oder hohe Außenhandelsdefizite dar. Auf diesem Forward Rate Bias, der jedoch nicht als Gelegenheit zur Arbitrage missverstanden werden darf, setzt die Konstruktion des LBBW FX Carry Index auf.

Innovative Indexkonstruktion

Der Index bildet aus dem Universum der 15 Währungen die Wertentwicklung als Summe aus Zinsdifferenz zuzüglich Kursveränderung derjenigen Währungen ab, die an dem sogenannten regulären Anpassungstermin - der zweite Freitag im Januar und Juli eines Jahres - eine Zinsdifferenz von mindestens 1,5 Prozentpunkten für 6-Monatsgeld zu den beiden Basiswährungen Euro und US-Dollar aufweisen. Dabei wird eine Long-Position in den Währungen mit einem Zinsvorteil von mindestens 1,5 Prozentpunkten gegenüber Euro und Dollar und eine Short-Position in den Währungen eingegangen, deren Zinsdifferenz mehr als minus 1,5 Prozentpunkte zum Euro und US-Dollar beträgt. Faktisch kommen für eine Short-Position nur der Yen und der Franken infrage. Alle identifizierten Währungen werden gegenüber den beiden Referenzwährungen Euro und US-Dollar gleichgewichtet. Umgesetzt wird diese Strategie mittels Devisentermingeschäften mit einer Ursprungslaufzeit von sechs Monaten.

Risiken einzelner Währungen werden durch die Gleichgewichtung der Einzelwährungen und damit der Diversifikation des Index aufgefangen. Darüber hinaus wird versucht, anhand eines eigenen Risikoindikators Phasen des allgemeinen Marktstresses zu identifizieren. In diesen Stressphasen werden alle Währungspaare glattgestellt und vollständig in Cash investiert. Erst wenn gemäß des Indikators wieder normale Marktphasen erreicht sind, werden die Devisentermingeschäfte neu eröffnet. In diese monatlich durchgeführten Stressanalysen fließen insbesondere Volatilitätskennzahlen der Währungs-, Rohstoff- und Aktienmärkte ein. Dieser in das Indexkonzept integrierte Risikoindikator führt zu einem deutlich verbesserten Drawdown-Verhalten des Index und reduziert damit auch die Volatilität des LBBW Devisen 1 Fonds. In diesem Fonds, der am 14. März 2014 als richtlinienkonformer Publikumsfonds nach deutschem Recht aufgelegt wurde, wird die Wertentwicklung des LBBW FX Carry Index über einen Total-Return-Swap abgebildet.

Attraktives Chance-Risiko-Profil

Wie sieht die historische Performance aus? Der Index weist seit Anfang 1999 bis zum 31. Mai 2014 eine Performance von 5,36 Prozent bei einer Volatilität von 6,05 Prozent auf. Interessant ist, dass bei einer Betrachtung von rollierenden Zeiträumen die per annum Performance in einem rollierenden 60-Monats-Zeitraum auf 5,8 Pro zent ansteigt. Man muss dabei konzedieren, dass eine auf Carry Trades ba sierende Strategie nicht in jedem Jahr einen positive Wertentwicklung garantieren kann, aber insgesamt ein attraktives Chance-Risiko-Profil bietet.

Dies zeigt auch der Vergleich des LBBW FX Carry Index mit zwei reinen Kursindizes, die die Entwicklung der Kassakurse der 15 Währungen aus dem Währungsuniversum indexiert gegen den Euro und den US-Dollar abbilden. Die beiden Kursindizes berücksichtigen im Unterschied zum LBBW FX Carry Index weder Carry noch die Signale des Risikoindikators und weisen entsprechend nur eine geringe Wertentwicklung auf. Von Bedeutung für einen Anleger sind darüber hinaus die Korrelationseigenschaften eines Index. Der LBBW FX Carry Index war in dem Zeitfenster von 1999 bis Ende 2013 mit dem REX-Index und auch zum BofA ML Index für Corporate Bonds (ENOO) mit minus 0,13 beziehungsweise minus 0,05 leicht negativ korreliert.

Spätestens seit der Finanzmarktkrise weiß man jedoch, dass Korrelationen nicht kons tant sind. Daher wurde auch die über einen rollierenden 2-Jahres-Zeitraum beobachtbare Korrelation zu den genannten Rentenindizes analysiert. Es zeigt sich, dass mit Ausnahme einer Phase von 2003 bis 2007, in der die rollierende 2-Jahres-Korrelation leicht positiv war, diese mit dem REX-Index sich ansonsten zwischen minus 0,35 und null bewegte.

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