Aufsätze

Zum Zusammenhang zwischen Currency Futures und Wechselkursentwicklung

Makroökonomische Informationen werden auf den Devisenmärkten zurzeit vor dem Hintergrund ihres Einflusses auf die Geldmarktzinsen interpretiert, weil Marktbeobachter die Wechselkursentwicklung überwiegend von den Zinsdifferenzen getrieben sehen. So verlor der Yen im Verlauf des Jahres 2005 gegenüber dem US-Dollar gut zwölf Prozent an Wert, während die Zinsdifferenz zwischen beiden Währungsräumen im Zuge des "Monetary Tightening" der US Federal Reserve von etwa 2,5 auf 5,5 Prozent angestiegen ist. Als Ursache hierfür werden immer wieder sogenannte Currency Carry Trades angeführt, wobei internationale Investoren Kapital in niedrig verzinsten Währungen aufnehmen und in hoch verzinsten Währungen anlegen. Da diese Kapitalströme nicht systematisch erfasst werden, ist die Abschätzung ihres Umfangs und ihres Einflusses auf den Wechselkurs jedoch problematisch.

Currency Futures als Indikator

Einen Hinweis geben möglicherweise die auf Terminbörsen, wie zum Beispiel der Chicago Mercantile Exchange (CME), gehandelten Currency Futures, da sie Carry Trades exakt abbilden. Die Eigenschaft von Currency Futures, Carry Trades abzubilden, resultiert aus der Glattstellung dieser Kontrakte. Hat beispielsweise eine Bank Netto-Longkontrakte an ihre Kunden verkauft, tauscht sie den entsprechenden Betrag zu Beginn der Kontraktlaufzeit zum vorherrschenden Kassakurs um und legt ihn auf einem Fremdwährungskonto an.

Dieses Vorgehen entspricht damit der Replikation des Futures, aus der sein theoretischer Preis errechnet wird. Zwar ist der Anteil börslich gehandelter Kontrakte am Gesamtvolumen des Terminmarkts noch relativ unbedeutend, sie werden jedoch häufig zur Beurteilung der aktuellen Entwicklung auf den internationalen Finanzmärkten herangezogen. Im Folgenden soll untersucht werden, ob sich diese Daten zur Erklärung und Prognose der Wechselkursentwicklung eignen.

Der Zusammenhang zwischen Currency Futures und Wechselkursen soll anhand der an der CME gehandelten Yen Non-Commercial Contracts und des Yen/US-Dollar-Wechselkurses exemplarisch dargestellt werden. Da ein dort abgeschlossener Terminkontrakt jeweils einen Kauf und einen Verkauf von Termindevisen impliziert, entspricht die Summe aller Shortkontrakte der Summe aller Longkontrakte. Die Kontraktpartner werden von der US Commodity Futures Trading Commission (CFTC) im Wesentlichen entsprechend ihrer Handelsmotive in zwei Gruppen aufgeteilt. Kontraktpartner, die Currency Futures überwiegend zur Absicherung offener Positionen nutzen, sind als "Commercial Traders" klassifiziert, wohingegen alle anderen, insbesondere jene mit vorwiegend spekulativen Absichten, als "Non-Commercial Traders" eingestuft werden.

Die Unterscheidung zwischen Commercial und Non-Commercial Traders basiert dabei laut CFTC auf den Angaben der Marktteilnehmer. Die Fokussierung auf die Handelsaktivitäten der Non-Commercial Traders sollte es zumindest näherungsweise ermöglichen, die Wechselkurserwartungen des "Marktes" abzuschätzen. Ist zum Beispiel die Summe der spekulativen Shortkontrakte auf den Yen größer als die Summe der spekulativen Longkontrakte, erwarten risikoneutrale Non-Commercial Traders im Durchschnitt, dass der Yen prozentual um weniger steigt, als die Zinsdifferenz zwischen beiden Währungen vorgibt. In der Praxis wird eine solche Situation freilich einfach als Hinweis für zukünftige Kursverluste des Yen gegenüber dem US-Dollar gewertet.

Ökonometrische Analyse

In der Abbildung ist der Wechselkurs des Yen gegenüber dem US-Dollar (rote Linie) zusammen mit der Differenz aus Longkontrakten und Shortkontrakten auf den Yen (blaue Linie) abgetragen. Die auf wöchentlicher Basis vorliegenden Zeitreihen (Dienstagswerte) weisen mit einem Korrelationskoeffizienten von knapp 60 Prozent einen beachtlichen Gleichlauf auf. Auch für die anderen hier untersuchten Währungen ergeben sich ähnlich hohe Werte, woraus sich sicherlich auch das Interesse der Marktbeobachter an den Netto-Longkontrakten als Indikator für die Wechselkursentwicklung ableitet.

Da das Niveau des Wechselkurses in der Regel eine Einheitswurzel aufweist, wird in der ökonometrischen Analyse die prozentuale Wechselkursänderung auf die Veränderung der Nettoposition regressiert. Wie die Tabelle zeigt, sind die Koeffizienten durchweg vom richtigen Vorzeichen und statistisch signifikant auf dem Ein-Prozent-Niveau. Ein Koeffizient von 0,09 (für den Euro) bedeutet etwa, dass ceteris paribus eine Erhöhung um 1 000 Longkontrakte mit einer Aufwertung des Euro um 0,09 Prozent einhergeht. Zudem lässt ein vergleichsweise hohes R2 einen signifikanten Erklärungsbeitrag der Nettopositionen vermuten.

Natürlich sind Spekulanten auf Devisenmärkten in erster Linie daran interessiert, ob das Vorzeichen ihrer Positionsveränderung mit dem Vorzeichen der Wechselkursänderung übereinstimmt. Deshalb wurden ergänzend sogenannte Success Rates berechnet, die als relative Anzahl der Wochen definiert sind, in welchen Non-Commercial Trader ihre Netto-Longposition erhöht haben und die Währung aufwertete beziehungsweise vermindert haben und die Währung abwertete. Tatsächlich weisen die Kennziffern mit Werten über 70 Prozent auf eine relativ hohe Erfolgsquote der marktweiten spekulativen Positionierung hin. Damit können spekulative Positionen auf den Futures-Märkten durchaus als Indikator für die aktuelle Entwicklung auf dem Devisenmarkt angesehen werden.

Systematische Vorlaufeigenschaften?

Wenn diese Daten jedoch zur Prognose der Wechselkursentwicklung herangezogen werden sollen, müssen sie systematische Vorlaufeigenschaften aufweisen. Die Vorlaufeigenschaft einer Variablen kann mit Hilfe von Granger-Kausalitätstests überprüft werden, wobei Vergangenheitswerte der Positionsveränderung auf ihre statistische Signifikanz für die aktuelle Wechselkursänderung zu untersuchen sind. Die Testergebnisse in der Tabelle zeigen, dass die Positionsveränderungen in der Regel keine Prognose- beziehungsweise Erklärungskraft aufweisen; Positionsveränderungen sind (außer im Fall des Euro) nicht Grangerkausal für die Wechselkursänderungen.

Spekulative Aktivitäten internationaler Investoren?

Dagegen ist eine Granger-kausale Beziehung von den Wechselkursänderungen zu den Positionsveränderungen festzustellen. Das ökonometrische Modell lässt demnach nicht darauf schließen, dass der Wechselkurs durch die spekulativen Aktivitäten internationaler Investoren getrieben wird. Im Gegenteil, Spekulanten scheinen auf Wechselkursänderungen mit Änderungen ihrer Netto-Longposition zu reagieren, was man als Indiz für Feedback-Trading auffassen könnte.

Wenn die ökonometrischen Tests hier auch überwiegend negativ ausfallen, so ist eine Vorlaufeigenschaft von spekulativen Positionen nicht völlig auszuschließen. Da die Tests auf wöchentlichen Daten basieren, wird jede kürzerfristige Beziehung zwischen den beiden Variablen nicht erfasst. Folgt man neueren Ansätzen in der Wechselkurstheorie, welche die Mikrostruktur der Devisenmärkte explizit berücksichtigen, sollten zumindest für Intratagesdaten eine kausale Bedeutung offener Positionen für die Wechselkursentwicklung zu identifizieren sein.

Daten vorsichtig interpretieren

Die Umsätze der an Terminbörsen gehandelten Currency Futures können mit Wechselkursen hoch korreliert sein und bieten damit zusätzliche Informationen über die aktuelle Entwicklung auf dem Devisenmarkt. Die Daten sind jedoch sehr vorsichtig zu interpretieren, da eine Granger-kausale Beziehung von Terminkontrakt-Umsätzen zu Wechselkursen, wie sie zur Erklärung und Prognose der Wechselkursentwicklung erforderlich wäre, in der Regel nicht postuliert werden kann. Vielmehr weist die (statistisch signifikante) umgekehrte Kausalität auf Feedback-Trading der Terminmarkt-Akteure hin. Die Ergebnisse widersprechen nicht moderneren Ansätzen in der Wechselkurstheorie, wonach offene Positionen die treibende Variable auf den Devisenmärkten darstellen. Ihr Einfluss kann jedoch nicht mit Hilfe von wöchentlichen Daten von Terminbörsen approximiert werden.

* Der Artikel spiegelt die persönliche Auffassung der Autoren wider.

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