Aufsätze

Konstruktion einer Währungsbenchmark

In den meisten Anlageklassen gibt es Benchmarken, die den jeweiligen Markt repräsentieren und Anlegern eine sinnvolle Orientierungsmarke für ihre Anlagen bieten sollen. Im Idealfall spiegeln sie zusätzlich die systematischen Ertrags- und Risikoeigenschaften dieses Marktes wider. Anleger orientieren sich an diesen Benchmarks, um die Leistungen von Asset Managern bewerten und individuell passende Anlagestrategien ausgestalten zu können. Eine Benchmark schafft Transparenz über den Anlagestil, in der Performancedarstellung über Ursachen und Performancequellen und in der Erklärbarkeit von Produkten. Auch lässt sich für den Anleger die Asset Allokation leichter steuern, da die Zusammenhänge zwischen Benchmark und Wirtschaftsszenarien einfacher ermittelbar sind.

Höhere Transparenz erwünscht

Gerade im Währungsbereich ist eine höhere Transparenz wünschenswert. Die Einflussfaktoren auf die Performance und das Risiko eines Produktes bleiben oft im Dunkeln, da Investmentansätze durch hohen Erklärungsbedarf in einer "Black Box" verbleiben. Das Verhalten von Anleihen oder Aktien in bestimmten Wirtschaftsszenarien lässt sich aufgrund verbreiteter und erworbener Wissensgrundlagen und Erfahrungen von Anlegern abschätzen und interpretieren. Im Währungsbereich ist dies nicht der Fall, da die Investmentprozesse und ihr Zusammenspiel mit Kursverläufen durch die Aktivitäten des Währungsmanagers wesentlich komplexer sind. Zusätzlich sind die Zusammenhänge von Wechselkursbewegungen mit Wirtschaftsentwicklungen oft nicht eindeutig oder weisen nicht so langfristige und feste Zusammenhänge auf wie bei konventionellen Anlageklassen. Ein Vergleich mit einer FX-Benchmark mit einfachen, transparenten Regeln, deren Verhalten in globalen Wirtschafts- und Konjunkturszenarien bekannt ist, kann zur besseren Erklärbarkeit und der richtigen Produktauswahl oder FX-Allokation durch den Anleger beitragen. Der Anleger erwartet bei einem Investment in eine Benchmark üblicherweise einen systematischen positiven Ertrag bei einem gewissen Anlagehorizont, unabhängig vom Startpunkt der Investition. Diese positive Ertragseigenschaft wird bei Aktien, Anleihen, Immobilien oder sonstigen Anlagen und Beteiligungen an wirtschaftlichen Aktivitäten bei ausreichender Streuung der Investments implizit angenommen. Diese Annahme ist berechtigt, da wirtschaftliche Aktivitäten mit dem Zweck einer Gewinnerzielung vorgenommen werden, aber leider nicht alle zu einem positiven Ergebnis kommen.

Bei Anlagen in Währungen ist die Lage nicht so eindeutig. Anlagen in Währungen sind entweder die Konvertierung der Heimatwährung in eine oder mehrere ausländische Währungen oder die Kreditaufnahme in einer Fremdwährung und Anlage in einer anderen Fremdwährung. Dies entspräche zum Beispiel einer Kreditaufnahme und Investition in eine Aktie im konventionellen Anlageuniversum. Bei Währungen ist nicht immer zweifelsfrei wissenschaftlich abgesichert, ob sich systematisch positive Erträge aus solchen Investitionen ergeben. Für einige Währungsstrategien gibt es jedoch weitreichende Belege und Argumente,1) dass sich mit ihnen systematische Erträge erzielen lassen.

Beispiel Carry-Trade

Eine der bekanntesten Währungsstrategien ist der Carry-Trade. Im Prinzip wird ein Kredit in einer niedrig verzinsten Währung aufgenommen und in einer hoch beziehungsweise höher verzinsten Währung angelegt. Der Ertrag besteht aus der Zinsdifferenz und einem potenziellen Wechselkursgewinn. Verschiedene Studien zum Forward-Rate Bias, der dem Carry-Trade zugrunde liegt, belegen die systematische positive Ertragskraft dieser Strategie. Einen guten Ansatzpunkt für eine Carry-Benchmark liefert James Binny.2) Die Währungsgewichte berechnen sich hier aus der Abweichung vom Mittelwert der Zinsen des Währungsuniversums (zinsgewichteter Ansatz). Dabei werden an den Extrempunkten des Zinsuniversums liegende Währungen stärker über- beziehungsweise untergewichtet als Währungen nahe dem Zinsmittelwert. Der Reiz des Ansatzes liegt in seiner Konsistenz und systematischen Struktur. Es lässt sich zeigen, dass jede Währung gemäß ihren Zinsdifferenzen zu allen anderen Währungen des Universums gewichtet wird. Zudem lassen sich aus einem großen Universum (Dachbenchmark) konsistente Teilmengen (Unterbenchmarken) bilden, die den gleichen Regeln gehorchen und deren Performance ihren Performancebeitrag zur Dachbenchmark widerspiegeln.

Bei dieser Art der Berechnung sind die Währungsrelationen konsistent. Das Gesamtexposure muss jedoch noch auf ein festgelegtes Niveau skaliert werden. Während Binny die Benchmark auf ein vorgegebenes Volatilitätsniveau skaliert, bei dem das Exposure (beziehungsweise Leverage) des Portfolios schwanken kann, erscheint die Skalierung auf ein fixes 100-Prozent-Exposure (beziehungsweise Leverage-Niveau) mit schwankendem Volatilitätsniveau sinnvoller für die Breite der Währungsprodukte oder das Currency-Overlay. Für FX-Hedgefonds müsste lediglich der Leverage der Benchmark angepasst werden.

"Faire" oder "gleichgewichtige" Kurse

Eine weitere Strategie richtet sich an makroökonomischen Variablen und daraus abgeleiteten "fairen" oder "gleichgewichtigen" Wechselkursen3) aus. Basierend auf verschiedensten volkswirtschaftlichen Ansätzen lassen sich "faire" oder "gleichgewichtige" Wechselkurse berechnen. In der Realität lassen sich jedoch starke, signifikante und länger dauernde Abweichungen von solchen Gleichgewichtskursen beobachten, die sich entweder langsam (im Falle flexibler Wechselkursregime) oder teils sehr heftig (im Falle von Einschränkungen der Wechselkursflexibilität) in Richtung Gleichgewichtskurs korrigieren. Hohe Abweichungen vom Gleichgewicht lassen sich systematisch mit entsprechender Währungspositionierung nutzen. Pojarliev4) greift in seiner Stilanalyse für Währungsmanager auf einen Index zurück, der Positionen ab 20 Prozent Abweichung von der Kaufkraftparität (PPP) gleichgewichtet in einem Währungspaar implementiert. Auch hier lässt sich ein konsistentes System wie beim Carry-Trade erreichen, wenn die Währungsgewichtung an das Ausmaß der Kauf-kraftparitäten-Abweichung5) gekoppelt wird.

Populär sind zudem Trendfolgestrategien. Sie versuchen sich in der Ausnutzung serieller Korrelation, das heißt, dass die nächste Kursänderung das gleiche Vorzeichen trägt wie die vorhergehenden und sich so die Kursrichtung aus der Vergangenheit fortsetzt. Begründung finden diese Strategien hauptsächlich im Verhalten der Marktteilnehmer, das sich nicht auf makroökonomische oder Zinseinflüsse zurückführen lässt. Voraussetzung für die positive Ertragskraft solcher Strategien ist das ausreichende Auftreten von Trends, da in Seitwärtsphasen von diesen Ansätzen Verluste generiert werden. Lequeux und Acar6) leiten in ihrer Arbeit eine gleichgewichtete Trendbenchmark basierend auf drei einfachen gleitenden Durchschnitten verschiedener Zeithorizonte (32, 61 und 117 Tage) ab. Befindet sich der Kurs oberhalb eines MA wird eine Long-Position implementiert, unterhalb des MA eine Short-Position. Die Addition der drei Resultate für ein Währungspaar ergibt die Gesamtposition in diesem Paar. Auch mit diesem Ansatz lässt sich zeigen, dass nur Währungspaare mit ausreichenden Trends ein positives Gesamtergebnis liefern. Die Anwendung von drei gleitenden Durchschnitten bildet jedoch sehr gut das Verhalten kurz-, mittel- und langfristig orientierter Trendfolger ab.

Auch im Bereich von Währungsvolatilitäten lassen sich verschiedene Formen von Marktineffizienzen finden, die sich nicht unbedingt mit volkswirtschaftlichen Theorien erklären lassen, aber dennoch positive Erträge ermöglichen. Ein Phänomen sind etwa die relativen Unterschiede in gehandelten langlaufenden und kurzlaufenden Währungsvolatilitäten. Es ist zu beobachten, dass die in kurzlaufenden Optionen gehandelten Währungsvolatilitäten relativ teurer sind als jene in langlaufenden Optionen. Dies wird erklärt durch die Präferenz der Mehrheit der Marktteilnehmer, Risiken durch Optionen abzusichern und möglichst geringe Prämien zu bezahlen. Dadurch ergeben sich Arbitragemöglichkeiten für risikobereite Marktteilnehmer. Eine andere Möglichkeit besteht im Kauf (Verkauf) von Optionen bei Volatilitäten unterhalb (oberhalb) eines langfristigen Durchschnitts.

Um den Anforderungen sowohl eines breiten Anlegerpublikums als auch der Stilanalyse professioneller FX-Investoren zu genügen, sollte eine Währungsbenchmark somit systematisch und in sich konsistent sämtliche Opportunitäten in den Währungsmärkten abbilden und die verfolgten individuellen Stile generalisiert abbilden können. An erster Stelle stehen damit die beschriebenen Opportunitäten aus Ineffizienzen der Währungsmärkte und daraus resultierenden Strategien. An zweiter Stelle folgt die Abbildung eines breiten Währungsuniversums, wobei eine Klassifizierung in Industrie- und Entwicklungsländer mit Klassifizierungen für Flexibilität und Konvertierbarkeit der Währungen zur Systematisierung der Benchmark nützlich ist.

Letztlich sind die Opportunitäten auf verschiedenen Zeitebenen zu berücksichtigen, die von sehr kurzfristigen Tick-Frequenzen bis zu längerfristigen Makro-Zeitebenen (Tage, Wochen, Monate) reichen. Jede Zeitebene bietet dabei Ineffizienzen, da die Marktteilnehmer auf verschiedensten Betrachtungshorizonten7) agieren. Aus den Anforderungen an eine Benchmark8) ergibt sich, dass Intraday-Bestandteile in einer FX-Benchmark nicht repräsentierbar sein werden. Es werden daher eher Frequenzen ab Tagesdatenebene Berücksichtigung finden. Aus den beschriebenen Anforderungen lässt sich die Bildung einer Composite-Benchmark herleiten, die aus Modulen besteht, welche die verschiedenen Opportunitätsdimensionen berücksichtigen.

Aktive Steuerung

Die notwendige Aktivität des Währungsmanagers für Währungsstrategien in der Benchmark ist nicht Ausschlussgrund für die Akzeptanz als Investitionsklasse. Da Währungen aus sich selbst keine eigene wirtschaftlichen Aktivitäten betreiben, wie Emittenten von Anleihen oder Unternehmen bei Aktien, müssen diese durch Währungsmanager erfolgen, um ein wirtschaftliches Ergebnis zu erzielen. Dies bedeutet die aktive und von anderen Investments unabhängige Steuerung von Währungspositionen unter Nutzung von Marktineffizienzen. Dies können die genannten oder neu im Markt aufgedeckten oder entstehenden Möglichkeiten sein. Eine Währungsbenchmark kann hier dem Anleger eine sinnvollere Orientierungsmarke sein als ein passives Exposure, da sie ihm zumindest eine systematische zusätzliche Ertragsmöglichkeit erschließt, während das Ergebnis eines passiven Exposure vollkommen zufällig ist.

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