Aufsätze

Währungsfonds - auf Qualität gemünzt

Die Welt blickt erschüttert und voll Anteilnahme nach Japan. Noch kann kaum ein Beobachter abschätzen, welche sozialen, ökologischen und wirtschaftlichen Auswirkungen die verheerenden Ereignisse dort für das Land, aber auch die globale Staatengemeinschaft mittel- bis langfristig haben werden. Entsprechend erratisch reagierten die Finanz- und Devisenmärkte. Während die japanische Börse erwartungsgemäß einen Crash erlebte, erreichte die ohnehin seit Monaten haussierende Landeswährung Yen am ersten Handelstag nach den Erdstößen ein 16-Jahres-Hoch gegenüber dem US-Dollar. Zuletzt hatte die japanische Währung dieses Niveau im Januar 1995 erreicht - nach dem Erdbeben von Kobe.

Unterschiedliche Reaktionen auf Katastrophen

Der Vergleich mit Neuseeland zeigt allerdings, wie unterschiedlich die Devisenmärkte auf derartige Ereignisse reagieren: Nach dem Erdbeben von Christchurch im September 2010 verlor der Neuseeland-Dollar erheblich an Wert. Der Grund für die sehr unterschiedlichen Reaktionen der jeweiligen Landeswährungen liegt in der Ausgangslage: Japan ist ein Land, das die Aufbauarbeiten zum Teil mit seinen bisherigen Leistungsüberschüssen finanzieren wird. Entsprechend werden Anlagegelder aus dem Ausland zurück ins Land geholt, was zu einer Aufwertung des Yen führt.

Demgegenüber gilt Neuseeland als Schuldnerland. Die nach dem Erdbeben veranlassten Zinssenkungen zur Finanzierung des Wiederaufbaus in den zerstörten Regionen sorgten somit für Verunsicherung an den Devisenmärkten - wiederum im Gegensatz zu Japan, wo die Zentralbank aufgrund der gegen null tendierenden Zinssätze über wenig Spielraum für Zinssenkungen verfügte. Stattdessen intervenierte die Notenbank kurz nach der Katastrophe mit massiven Liquiditätsspritzen, um die Kreditmärkte zu beruhigen. Die Märkte haben, sicherlich auch angesichts des unermesslichen Leids auf der Insel - die lockere Geldpolitik in diesem Fall jedoch toleriert.

Der beschriebene Vergleich zeigt, wie komplex Devisenmärkte agieren. Das gilt - Gott sei Dank! - vor allem und insbesondere für das Alltagsgeschehen abseits von unvorhergesehenen, schlimmen Ereignissen. So bietet das Wechselspiel der Devisenkurse im normalen Marktverlauf sehr viel Potenzial, Erträge zu erzielen. Und das besonders in langfristiger Perspektive bei einem vorteilhaften Rendite-Risiko-Profil und einer niedrigen Korrelation gegenüber anderen Anlageklassen. Aktiv verwaltete Währungspositionen tragen so zur Diversifizierung eines Portfolios bei.

Paradoxerweise liegt einer der wesentlichen Gründe für die guten Ertragschancen am Währungsmarkt darin, dass die überwiegende Zahl seiner Akteure nicht gewinnorientiert handelt. Gleichwohl können aber genau sie größere Marktbewegungen auslösen, die aufmerksamen Währungsmanagern Zusatzerträge ermöglichen.

Heterogene Marktstruktur

Ein gutes Beispiel für die Gattung der nicht gewinnorientiert handelnden Marktteilnehmer sind staatliche Organisationen der großen entwickelten Volkswirtschaften. Sie leisten häufig Transferzahlungen an zumeist kleinere Länder, etwa in Form von Ruhegeldern an frühere "Gastarbeiter", die in ihre Heimat zurückgekehrt sind. Auch internationale und supranationale Organisationen wie die Europäische Union transferieren Geldmittel an verschiedene Empfänger. Weitere grenzüberschreitende Kapitalflüsse ohne Gewinnerzielungsabsicht generieren Touristen sowie Fusionen von Unternehmen aus unterschiedlichen Herkunftsländern.

Die bei Weitem gewichtigsten Akteure sind jedoch Notenbanken. Sie versuchen mit ihren Interventionen, bestimmte, als fundamental begründet angesehene Korridore zu etablieren, in denen sich der jeweilige Wechselkurs bewegen sollte. So versuchte die Schweizerische Nationalbank in jüngster Zeit, mit umfangreichen Franken-Verkäufen und Euro-Käufen die fortschreitende Aufwertung der Eidgenössischen Währung abzuschwächen. Ziel war es dem Vernehmen nach, deflationäre Strömungen aufgrund sinkender Importpreise zu unterbinden.

Trends als Ertragstreiber

Auch die Bank of Japan wurde tätig. Sie intervenierte Mitte September 2010 massiv zugunsten des US-Dollars und wertete so den Yen ab, der zuvor ein 15-Jahres-Hoch gegenüber dem Greenback erreicht hatte. Der Erfolg war allerdings nur von kurzer Dauer; der Yen erklomm in den Wochen danach weitere Höchstmarken. Schon stellen Beobachter die Frage nach weiteren Maßnahmen. Immer deutlicher wird dabei der Verdacht beziehungsweise die Befürchtung geäußert, dass Japan ein Zeitalter kompetitiver Eingriffe eingeläutet haben könnte, also von wettbewerblich motivierten, auf den Export ausgerichteten Interventionen. Wer könnte dann noch guten Gewissens China Vorwürfe machen, gleiches mit seiner Währung zu tun?

Mit ihren Interventionen und natürlich ihren Zinsschritten sowie Sondermaßnahmen wie der quantitativen Lockerung tragen die Währungshüter erheblich zum Trendverhalten an den Devisenmärkten bei. Und genau durch diese Trends entsteht Ertragspotenzial. Fondsmanager nutzen dabei nicht nur das Trendverhalten von Währungen aus, sondern auch die zum Teil großen Zinsunterschiede in verschiedenen Währungsräumen (Abbildung 1). Nicht immer entwickeln sich die Zinsen oder die Wechselkurse so, wie es zum Beispiel für ein Währungspaar aus einem Hochzins- und einem Niedrigzinsland zu erwarten wäre. Theoretisch müsste etwa der in der Zukunft liegende Terminkurs einer Hochzinswährung gegenüber seinem aktuellen Niveau genau um die Zinsdifferenz abwerten. Schließlich wäre davon auszugehen, dass die Hochzinswährung weiter unter Inflationsdruck steht. Bei einem unveränderten Wechselkurs kämen Anleger zu einer Risikoprämie in Form der reinen Zinsdifferenz.

Aber selbst bei einer tatsächlichen Abwertung der Hochzinswährung können sich Investitionen lohnen, solange der Abschlag geringer ist als der Zinsvorteil. Ist die Abwertung nicht so hoch, wie es der Terminkurs impliziert, kann man diesen "Forward Rate Bias" als Risikoprämie begreifen, der Investoren vor dem Verfall einer Währung schützt (Abbildung 2).

Ein Rechenbeispiel verdeutlicht das Prinzip des Forward Rate Bias: Bei einer angenommenen Verzinsung der Hochzinswährung von 7,75 Prozent und der Niedrigzinswährung von 3,50 Prozent beträgt die Prämie für das Währungsrisiko 4,25 Prozent. Solange also die Hochzinswährung um weniger als 4,25 Prozent abwertet, beispielsweise nur um zwei Prozent, kann der Fondsmanager einen Gewinn verbuchen, in diesem Fall in Höhe von 2,25 Prozent. Im Ergebnis tragen damit Zins- und Wechselkursveränderungen zur Performance bei.

Auswahl des Anlageuniversums

Entscheidend für den Erfolg einer Devisenstrategie, sprich die Ausnutzung der genannten Marktphänomene, ist ein aktives Währungsmanagement. Dieses unterscheidet sich von den weithin bekannten reinen Carry Trades durch die Kombination von strukturierten Verfahren und qualitativen Einschätzungen. Die Umsetzung selbst geschieht idealerweise über ein breit diversifiziertes Instrumentarium aus Kassa-, Termin- und Optionsgeschäften auf Devisen sowie Futures, Investment-Grade-Anleihen oder Festgeld.

Die Rolle der Niedrigzinsländer ist dabei klar besetzt - es sind die großen etablierten Volkswirtschaften. Hier sind neben US-Dollar und Yen auch der Euro und das britische Pfund zu nennen. Die Zentralbanken haben ihre Leitzinsen auf Rekordtiefstände gedrückt. Auch wenn die Staatsanleihen aufgrund der steilen Zinskurven deutlich mehr Rendite abwerfen, bleiben diese Zinskurven gegenüber anderen Märkten deutlich zurück. In den entwickelten Volkswirtschaften gibt es einige Volkswirtschaften, die die Auswirkungen der Krise bereits deutlich hinter sich gelassen haben und deren Zentralbanken schon längst wieder den Pfad von Zinserhöhungen eingeleitet haben. Die Renditen werden hier wieder attraktiver. Analog gilt dies natürlich auch für die Emerging Markets. Hier besteht jedoch ein höheres Investmentrisiko.

Eine interessante Alternative zu den großen Blockwährungen oder Emerging Markets stellen deshalb Fremdwährungsanleihen aus der "zweiten Reihe" der G10-Länder dar. Bonds dieser Herkunft werfen häufig respektable Renditen ab, weisen jedoch gleichzeitig wesentlich geringere Ausfallrisiken und Schwankungsbreiten auf als die genannten, üblicherweise im Fokus stehenden Hochzinsregionen. Zudem besitzen diese Währungen noch Aufwertungspotenzial. Geeignete Kandidaten für diesen Ansatz sind beispielsweise Norwegen, Schweden, Dänemark, Kanada, Neuseeland, Australien und die Schweiz, obwohl das Renditeniveau im zuletzt genannten Land gering ist.

Orientierung durch Soliditätsindex

Um Länder mit diesem Rendite-Risiko-Profil aufzuspüren, hat das Analystenteam von Sal. Oppenheim einen Soliditätsindex entwickelt. Er ist ein strategisches Instrument und Bestandteil des qualitativen Ansatzes im aktiven Währungsmanagement. Auf Basis volkswirtschaftlicher Kennziffern wie dem Haushaltsdefizit, der Gesamt- und Auslandsverschuldung, dem Pro-Kopf-Einkommen, der Arbeitslosigkeit und Korruptionswahrnehmung sowie demografischen Parametern wird eine Rangliste der jeweiligen Soliditätswerte erstellt (Abbildung 3). Das ermöglicht einen Vergleich der Länderrisiken. Ein hoher Indexwert signalisiert dabei eine geringe Solidität; Länder mit niedrigen Indexwerten zeichnen sich durch gesunde Fundamentaldaten aus.

Renten- und Währungsanleihen aus diesen vergleichsweise soliden Märkten können so im Gesamtportfolio einen Gegenpol bilden zu eher schwankungsfreudigen Euro-, Dollar- und Schwellenländerinvestments in Lokalwährung. Aus Stabilitätssicht besonders interessant sind diejenigen Staaten, die über hohe Rohstoffvorkommen verfügen und deren Währung damit fundamental stark unterlegt ist. Denn während einige Marktbeobachter bereits wieder über die unrealistische - Einführung eines Goldstandards philosophieren, haben Länder wie Australien, Norwegen oder Kanada mit ihren reichhaltigen Bodenschätzen und niedrigen Staatsschulden längst eine neue Kategorie stabiler Währungen etabliert.

Ein qualitatives Währungsmanagement der genannten Art entfaltet für ein Depot in mehrfacher Hinsicht positive Wirkung. So reduzieren Fondsmanager damit im Vergleich zu einfachen Carry Trades die Risiken signifikant. Das belegt unter anderem eine aktuelle Studie der Wissenschaftler Alan M. Taylor und Òscar Jordà von der University of California: Sie weisen für 1986 bis 2008 nach, dass die Einbeziehung fundamentaler Daten zur Wechselkurs-, Zins- und Inflationsentwicklung die Performance gegenüber "seiiondaimlenen" Carry-Strategien nachhaltig anheben und gleichzeitig die Risiken deutlich vermindern kann. So errechneten die Wissenschaftler für neun im Rahmen einfacher Carry Trades gegen den US-Dollar gehandelte Währungen eine monatliche Rendite von 26 Basispunkten - bei sehr schlechten Werten für die Sharpe Ratio, also das Verhältnis der Rendite zur Schwankungsintensität, von 0,59 (annualisiert; je höher der Wert, desto besser). Gleichzeitig trat eine sehr hohe negative Schiefe auf, das heißt, das Risiko eines außerordentlichen Verlustes war wesentlich höher als die Chance eines entsprechenden Gewinns.

Danach wurde das Modell um makroökonomische Faktoren im Sinne eines qualitativen Managements erweitert. Die Ergebnisse waren eindrucksvoll: Die Erträge verdoppelten sich auf monatlich 57 Basispunkte, die Sharpe Ratio erreichte einen sehr guten Wert von 1,27 (annualisiert). Zudem zeigte sich eine positive Schiefe, sodass unerwartete Erträge wahrscheinlicher wurden als plötzliche heftige Einbrüche.

Positive Wirkung in Depots

Die Praxis des Fondsmanagements unterstreicht die Ergebnisse der Wissenschaft. So lehrt die jüngere Erfahrung, dass Währungen unter den genannten Bedingungen höhere Ertragschancen generieren als Geldmarktanlagen. Risikoadjustiert übertreffen sie sogar Aktien. Und während reine Carry-Strategien durchaus eine enge Korrelation mit anderen Assetklassen aufweisen, zeichnet sich der im vorliegenden Beitrag beschriebene differenzierte Ansatz durch einen verminderten Gleichlauf mit anderen Märkten aus. Ein nach diesem Verfahren geführtes Währungsinvestment kann also die Rendite-Risiko-Struktur eines Portfolios nachhaltig verbessern.

So überrascht es nicht, dass die Ratingagentur Standard & Poor's weltweit zum ersten Mal auch einem Währungsfonds ein A-Rating verliehen hat. Ausschlaggebende Kriterien für diese Einschätzung waren unter anderem das disziplinierte Risikomanagement und der Anlageprozess mit seiner beständigen Performance.

Die überraschenden Eigenschaften von Währungen als Assetklasse sprechen sich allmählich herum. So entdecken zunehmend auch langfristig ausgerichtete Investoren diese Anlagemöglichkeit, nachdem bisher vor allem kurzfristig ausgerichtete Akteure die Anlegerseite im Währungsmarkt prägten. Hatte bis dato die Ansicht regiert, Devisenstrategien seien zwar mit hohen Risiken behaftet, lieferten aber kaum stabile Zusatzerträge, schon gar nicht über längere Zeiträume hinweg, so erkennen immer mehr Portfolioverwalter nun das Gegenteil. Entsprechend engagieren sich verstärkt auch große Kapitalsammelstellen. So verzeichnet der Bericht der Bank für Internationalen Zahlungsausgleich (BIZ) eine gestiegene Handelsaktivität von Pensions-, Investment- und Hedge-Fonds sowie Versicherungen. Deren Transaktionsvolumen wuchs, zusammen mit dem der Zentralbanken, in den vergangenen drei Jahren von 1,3 Billionen auf 1,9Billionen US-Dollar. Damit ist der Währungsmarkt zugleich äußerst liquide, was als zusätzliches Plus anzusehen ist.

Weiteres Wachstum des Währungsmarktes

Zwar differenziert die BIZ-Studie nicht zwischen den Transaktionen von Notenbanken und denen von Fonds, doch kann auf Basis von sonstigen Marktbeobachtungen davon ausgegangen werden, dass anlageorientierte Adressen nicht unwesentlich zu dem Aufschwung im Währungshandel beigetragen haben. Dieser Trend wird sich sicherlich fortsetzen.

Auslöser dessen dürfte sein, neben den für sich genommenen positiven Eigenschaften eines aktiven Währungsmanagements, dass viele Anleger eine gewisse Ratlosigkeit überkommt, wie im derzeitigen Marktumfeld noch Mehrerträge erzielt werden können. Angesichts niedriger Zinsen und Anleiherenditen sowie schon sehr weit gelaufener Aktienmärkte ist es nicht gerade einfach, die im Markt noch zuhauf vorhandene Liquidität so anzulegen, dass Zahlungsverpflichtungen gedeckt beziehungsweise Renditeziele erreicht werden können. In dieser Situation können Währungen einen wichtigen Beitrag leisten.

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