Immobilien-Spezialfonds

Die Landschaft wird vielfältiger

Alexander Eggert

Am Markt für institutionelle Immobilieninvestments macht der Autor zwei Entwicklungen aus, die nur auf dem ersten Blick gegenläufig zu sein scheinen: der lange totgesagte Poolfonds, in dem viele Anleger mit jeweils überschaubaren Beträgen gemeinsam in eine Strategie investieren, erlebe ein Comeback. Gleichzeitig stellten etablierte Immobilienanleger zusehends höhere Anforderungen an individuell ausgestaltete Investmentlösungen, die wiederum den Trend zur Spezialisierung weiter antreiben. Der Autor gibt einen Überblick. Red.

Brexit, Bankenkrise, Terrorangst - die vergangenen Monate haben einige Schocks gebracht, die auch an den Immobilieninvestmentmärkten nicht spurlos vorübergegangen sind. Die Lage ist bisweilen schwer zu überblicken, Konsequenzen nicht immer deutlich zu identifizieren.

Sorgt die Verunsicherung für Turbulenzen an den Märkten oder lässt sie die Nachfrage nach Immobilien sogar eher noch steigern? Drei Trends lassen sich am Investmentmarkt (nach wie vor) identifizieren.

Die Nachfrage nach Immobilien bleibt hoch und konzentriert sich noch stärker. "Topobjekte sind so gut wie ausverkauft." "Der Markt ist leergefegt." "Investment-Boom hält an." Drei Beispiele zu Schlagzeilen zum deutschen Markt für Gewerbeimmobilien aus den vergangenen Wochen. Spätestens seit dem Brexit-Votum der Mehrheit der Wähler im Vereinigten Königreich und der da raus resultierenden Unsicherheit konzentriert sich die Nachfrage nationaler und internationaler Immobilieninvestoren noch stärker auf Deutschland. Die Zukunftsaussichten in Großbritannien sind zumindest kurz- bis mittelfristig ungewiss, die französische Wirtschaft weiter schwach und in den südlichen EU-Staaten herrscht eine anhaltende Krisenstimmung. Für Anleger gibt es aktuell außerhalb Deutschlands in Europa nicht mehr viele "sichere Häfen", die sie ansteuern können. Gleichzeitig steigt als direkte Folge des Niedrigzinsumfelds der Anlagedruck weiter, da Staats- und Unternehmensanleihen als Alternative weiterhin und in zunehmenden Maße ausfallen.

Nachfrageüberhang verfestigt sich

Die Nachfrage nach Immobilien aus Deutschland boomt also und der einzige Grund, warum dieses Jahr wahrscheinlich keinen neuen Transaktionsrekord am Immobilienmarkt bringt, ist das fehlende Angebot. Die Renditen für die besonders gefragten Core-Immobilien erreichen daher neue Tiefststände. Moderne Bürogebäude in guter Lage in einem der Top-7-Standorte in Deutschland werden zu Renditen von vier Prozent gehandelt, teilweise sogar noch weniger.

Angesichts dieses Umfelds neigt eine zunehmende Anzahl von Investoren dazu, Investments in andere Risikosegmente verstärkt ins Auge zu fassen. Die Bereitschaft, bei der Gebäude- oder Standortqualität sowie bei der Vermietungssituation Abstriche zu machen, steigt bei vielen Anlegern. Die direkte Folge ist, dass sich der Renditeabstand zwischen Core- und Core+-Immobilien oder zwischen Objekten in A- oder B-Lagen sehr verringert hat. Das kann bei einer wachsenden Zahl von Transaktionen durchaus die Frage aufwerfen, ob das höhere Risiko, das beispielsweise aus einer schlechteren Drittverwendungsfähigkeit oder einer geringen Marktliquidität resultiert, durch die Rendite noch angemessen abgebildet wird.

Jahrelang war es stets dasselbe Spiel. In Umfragen zu den Investitionsplänen nannten die Versicherungen und weitere institutionelle Anleger stets eine Erhöhung ihrer Immobilienquote als Ziel - ohne dass sich an den tatsächlichen Quoten grundlegend etwas änderte. Mittlerweile haben die institutionellen Anleger ihren Worten allerdings Taten folgen lassen: Einige etablierte Akteure stoßen mit ihren Immobilienquoten bereits an die aufsichtsrechtliche Grenze.

Diese Anleger haben über die vergangenen Jahre eine erhebliche Erfahrung mit Immobilieninvestments aufgebaut und verfügen auch innerhalb ihrer Organisation über eine erhebliche Immobilienexpertise. Sie wählen sehr genau aus, mit welchen Investitionen sie ihr Portfolio weiterentwickeln und durch welche Maßnahmen sie es im Detail optimieren können. Da können beispielsweise neue Investmentstrukturen sein oder gezielte Ergänzungen in einzelnen Sektoren oder Ländern.

Neue Investorentypen kommen auf den Markt

Das Niedrigzinsumfeld und die fehlende Rendite bei anderen Anlageformen sorgen dafür, dass in der jüngeren Vergangenheit neue Akteure verstärkt in Immobilien investieren. Ein Beispiel sind Banken und Sparkassen, die im Rahmen ihrer Eigenanlage (Depot A) stärker auf Real Estate setzen, um die Rendite zu optimieren. Auch Stiftungen oder kleinere Versorgungswerke gehen stärker in den Markt und suchen nach für sie attraktiven Investitionschancen in einer für den institutionellen Markt überschaubaren Größenordnung von zum Beispiel 500 000 Euro.

Für diese Art von Anlegern kommen weder eine Direktanlage noch die Teilnahme an Club-Deals, geschweige denn die Auflage von Individualfonds, infrage. Zusammengefasst: Der Markt für institutionelle Immobilieninvestments wächst weiter, professionalisiert sich in vielen Segmenten und differenziert sich im Hinblick auf die Anleger weiter aus. Im Hinblick auf die eingesetzten Strukturen und Investmentlösungen führt dies zu zwei Entwicklungen, die sich nur auf dem ersten Blick einander auszuschließen scheinen. Möglichst wenige Anleger mit möglichst gleich gerichteten Interessen. So lautete seit der Finanzkrise der Jahre 2007/2008 die Devise bei institutionellen Immobilieninvestments. Club-Deals oder Individualfonds waren die passenden Produkte, Poolfonds mit vielen Investoren ließen sich demgegenüber nur schwer platzieren.

Das Comeback der Poolfonds

Mittlerweile hat sich das Bild grundlegend gewandelt. Gerade für Anleger, die sich dem Immobiliensektor neu nähern und darüber hinaus mit überschaubaren Beträgen operieren, sind Poolfonds sehr geeignet. Schließlich lässt sich über die Beteiligung an einem großen Portfolio mit vielen Anlegern das Risiko gut diversifizieren. Für sehr kleine Investmentsummen sind darüber hinaus Dachfondskonzepte möglicherweise das Mittel der Wahl, um das Investment angemessen zu diversifizieren. Das lange totgesagte Konzept der Poolfonds präsentiert sich daher gerade in diesem Segment heute wieder sehr lebendig.

Insbesondere die bereits länger entsprechend aktiven Immobilieninvestoren stellen an das Investment- und Asset Management höhere Ansprüche. Ihnen geht es in vielen Fällen darum, den über die vergangenen Jahre gewachsenen Immobilienbesitz optimal zu strukturieren. Die Bezeichnung "Individualmandat" ist für diese Art von Aufgabenstellungen in doppelter Hinsicht treffend. Einmal, weil hier Lösungen für einen einzelnen Investor zu entwickeln sind. Aber vor allem, da es darum geht, aus allen verfügbaren Wegen der Immobilieninvestition die optimale Kombination zu finden. Die Ziele, die Investoren damit erreichen möchten, sind so vielfältig wie die Anleger selbst: mehr Effizienz und Transparenz im Portfolio, eine Glättung der Performance und die Ausschüttungssteuerung, eine optimierte Struktur im Hinblick auf Finanzierung oder Steuern, stille Reserven heben oder die Möglichkeit, den Immobilienbesitz flexibler steuern zu können, sind einige Beispiele.

Individualfonds können damit sowohl dazu dienen, eine Investitionsstrategie weiter umzusetzen, als auch der Weg sein, bestehende Investments zu bündeln. Ein etablierter Ansatz ist beispielsweise, dass institutionelle Anleger ihren bisher direkt oder indirekt gehaltenen Immobilienbestand in eine Investment-KG einbringen und dafür Anteile an der Gesellschaft erhalten. Durch die Aufnahme zusätzlichen Kapitals lassen sich so etwa weitere Neuerwerbe realisieren.

Portfolio geht in gebündeltes Reporting ein

Im Hinblick auf ein optimiertes Reporting lassen sich Individualfonds und weiterhin direkt gehaltene Immobilien auch kombinieren. So geht das gesamte Portfolio in ein gebündeltes Reporting ein, ohne dass der gesamte Bestand in das Bündelungsvehikel eingebracht werden muss.

Welcher Weg der passende ist und ob der Investor das gesamte Investment- und Asset Management an einen integrierten Anbieter vergibt oder eher nach dem Baustein-Konzept mit mehreren Anbietern agiert, ist Teil der individuellen Ausgestaltung dieser Lösungen.

Am Markt für die institutionelle Immobilienanlage sind also zwei Trends zu erkennen. Zum einen die wachsende Schar neuer Investoren mit vergleichsweise geringem Investitionsbedarf. Sie benötigen Lösungen, mit denen sie effizient anlegen und Risiken optimal diversifizieren können. Und zum anderen die anhaltende Spezialisierung bei den etablierten Anlegern, die auf allen Ebenen der Wertschöpfungskette individuell zugeschnittene Lösungen verlangen. Die Produkte, die diesen Anforderungen genügen, werden zunehmend spezifisch und fokussieren noch stärker auf eine bestimmte Immobilienart beziehungsweise Risikoklasse. Das ohnehin schon bunte Feld gewinnt also weiter an Farbe.

Der Autor Alexander Eggert Geschäftsführer, Warburg-HIH Invest Real Estate GmbH, Hamburg
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