Schwerpunkt: Immobilien-Spezialfonds

Regulatorische Veränderungen verstärken den Trend

In den vergangenen Jahren haben Versicherungen und Pensionskassen, aber auch zahlreiche Industrieunternehmen ihr Immobilienvermögen in zunehmendem Maße an Immobilien-Spezialfonds verkauft, bei gleichzeitiger Zeichnung sämtlicher Fondsanteile, oder direkt gehaltene Immobilien veräußert und an ihrer Stelle indirekte Immobilienanlagen - wie Spezialfonds - erworben. Das Interesse an Möglichkeiten, direkte durch indirekte Immobilienanlagen zu ersetzen, dürfte in den kommenden Jahren weiter wachsen.

Erweiterter Stresstest

Ein wesentlicher Grund dafür ist die Tatsache, dass die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin) von diesem Jahr an ihren Stresstest für Lebens- und Rentenversicherer erweitert hat und nunmehr auch die Immobilienanlagen der Unternehmen einbezieht. Im Rahmen des Stresstests wird untersucht, wie sich bestimmte Krisenszenarien an den Kapitalmärkten auf die Vermögensanlagen der Versicherer auswirken würden und ob diese beim Eintritt eines solchen Szenarios noch in der Lage wären, die gegenüber ihren Kunden eingegangenen Verpflichtungen zu erfüllen.

Waren im Rahmen der Stresstests bislang nur Kurseinbrüche am Aktien- und Rentenmarkt beziehungsweise eine Kombination aus beiden simuliert worden, so prüft die BaFin nunmehr auch, welche Folgen ein Wertverlust bei Aktien in Verbindung mit einem gleichzeitigen Wertverlust bei Immobilien für die Portfolios der Versicherer hätte. Dabei wird unterstellt, dass die Aktienanlagen des betreffenden Unternehmens 20 Prozent und die Immobilienanlagen acht Prozent ihres Marktwertes verlieren.

Der wesentliche Grund für die Ausdehnung der Stresstest-Szenarien auf das Immobilienvermögen der Versicherer sind die Erfahrungen mit dem Niedergang des deutschen Gewerbeimmobilienmarktes, der in den vergangenen Jahren nach dem Einbruch der Aktienkurse im Zusammenhang mit dem Platzen der New-Econo-my-Blase und der weltweiten Konjunkturabkühlung im Umfeld des 11. September 2001 zu beobachten gewesen war.

Da der im Stresstest-Szenario unterstellte Werteverfall der Immobilien dem jeweiligen Versicherer nur insoweit angerechnet wird, wie das Unternehmen mit Eigenkapital an einer Immobilie beteiligt ist, ergeben sich Nachteile für jene Unternehmen, deren Immobilienanlagen - wie es zum großen Teil noch der Fall ist direkt gehalten werden. Da von den Versicherern direkt gehaltene Immobilien nach den gesetzlichen Bestimmungen vollständig aus Eigenkapital zu finanzieren sind, wirkt sich der im Stresstest simulierte Werteverfall in diesen Fällen im vollen Umfang auf die Vermögensanlagen des Versicherers aus. Demgegenüber sind die Auswirkungen bei indirekt beispielsweise über Spezialfonds - gehaltenen Immobilien mit gleichem Investitionsvolumen geringer, weil hier bis zu 50 Prozent des Immobilienwertes als Fremdkapital aufgenommen werden dürfen. Es besteht also ein starkes Motiv, direkt gehaltene Immobilienbestände aufzugeben und durch indirekte Immobilienanlagen zu ersetzen. Dies kann zum einen durch Verkauf des vorhandenen Immobilienbesitzes an einen Spezialfonds bei Zeichnung sämtlicher Fondsanteile erfolgen. Alternativ dazu sind auch ein Verkauf der vorhandenen Immobilienbestände und die Reinvestition der Erlöse in Anteile an Immobilien-Spezialfonds möglich.

Unerfüllte Anforderungen

Letztere Variante ist vor allem unter dem Aspekt einer Neustrukturierung der Portfolios interessant, die bei vielen Versicherern erforderlich ist. Denn die vorhandenen Immobilienbestände sind oftmals historisch gewachsen und entsprechen nicht den Anforderungen, die heute hinsichtlich des Renditepotenzials und der Risikostreuung an ein professionell strukturiertes Immobilienportfolio zu stellen sind. Sie sind vielfach an den Standorten konzentriert, an denen die Unternehmen beziehungsweise von ihnen erworbene Gesellschaften ansässig sind oder waren.

Auch in Bezug auf die Immobilien- Nutzungsarten finden sich häufig Ungleichgewichte, die im Sinne einer ausgewogenen Portfoliostruktur und einer Orientierung an aktuellen Immobilienmarktentwicklungen abgebaut werden sollten. Dies ist ein weiteres Argument für Investitionen in Spezialfonds, insbesondere für solche, die sich bei ihren Investitionen auf bestimmte Nutzungsarten oder Immobilienmarktsegmente konzentrieren. Mit einer Beteiligung an derartigen Fonds ist es auf vergleichsweise einfache Weise möglich, ein ausgewogenes Immobilienportfolio zusammenzustellen und dieses später gegebenenfalls an aktuelle Marktentwicklungen anzupassen.

Solvency II verstärkt Trend zu indirekten Immobilienanlagen

Auch das EU-Projekt Solvency II, das eine einheitliche Regelung des Versicherungsaufsichtsrechts innerhalb der EU und die Einführung risikobasierter Eigenkapitalvorschriften zum Ziel hat, dürfte den Trend zu indirekten Immobilienanlagen verstärken. Spätestens ab 2010 wird das Verhältnis von Eigenkapital und bestehenden Verpflichtungen aus den Versicherungsverträgen regelmäßig daraufhin überprüft werden, inwieweit die Versicherer tatsächlich in der Lage sind, die ihren Kunden gegebenen Zusagen jederzeit einzuhalten. Im Hinblick auf die in diesem Zusammenhang anstehenden Veränderungen haben zahlreiche Versicherungsunternehmen bereits ihre Anlagepolitik umgestellt. Weil für Aktien wegen der damit verbundenen Volatilitätsrisiken künftig eine deutlich höhere Kapitalunterlegung verlangt wird, reduzieren sie sukzessive die Aktienanteile in ihren Portfolios zugunsten anderer Assetklassen wie beispielsweise Immobilien.

Neben den genannten Argumenten spielen auch zunehmend Fragen der Kosten und des Portfoliomanagements eine Rolle, wenn Versicherer und Pensionskassen sich von direkt gehaltenen Immobilienbeständen zugunsten von Anlagen in Spezialfonds trennen. Denn obwohl das Immobilienmanagement kein Kerngeschäftsfeld dieser Unternehmen ist, verursacht es einen erheblichen Kosten- und Personalaufwand. So bilden die mit dem betrieblichen Immobilienbesitz in Zusammenhang stehenden Aufwendungen mit einem Anteil von rund 15 Prozent oftmals den zweitgrößten Kostenblock nach den Personalkosten. Angesichts des hohen Wettbewerbsdrucks sind die Versicherer zunehmend bestrebt, Kostensenkungspotenziale auch in diesem Bereich zu identifizieren und zu nutzen.

Flexibel und effizient

Hinzu kommt, dass an Entscheidungen über den An- und Verkauf von Immobilien unternehmensintern häufig eine Vielzahl von Gremien - bis hin zum Aufsichtsrat - beteiligt sind, was ein kurzfristiges Reagieren auf aktuelle Marktentwicklungen und damit ein professionelles Portfoliomanagement zum Teil erheblich erschwert. Auch unter diesem Aspekt bieten indirekte Anlageformen meist eine wesentlich flexiblere und effizientere Lösung.

Kapitalanlagegesellschaften, die sich auf die Konzeption und das Management von Immobilien-Spezialfonds fokussiert haben, verfügen über wesentlich bessere Voraussetzungen für ein wirtschaftlich erfolgreiches Management größerer Immobilienbestände und für eine effizientere Allokation des Investitionskapitals. Vorteile lassen sich insbesondere auch durch die Zusammenführung von Teilportfolios verschiedener institutioneller Anleger erzielen. Insgesamt ermöglichen solche Verwertungsfonds institutionellen Anlegern eine zügigere Portfoliobereinigung beziehungsweiseumschichtung, sorgen für eine Entlastung des eigenen Immobilien-Managements und bieten die Chance einer Renditeoptimierung nichtstrategischer Teilportfolios.

Steuervorteile

Bei Selbststeuerungsfonds nutzen institutionelle Investoren den Spezialfonds als Plattform für ihre eigenen Immobilienaktivitäten. Die Kapitalanlagegesellschaft stellt über den Fonds das Asset-Management und in der Regel auch die professionelle Immobilienverwaltung bereit. Dabei kann der Investor auch weiterhin seine eigene Anlagestrategie umsetzen. Darüber hinaus wirken sich regelmäßige Abschreibungen auf die im Fonds gehaltenen Immobilien nicht renditemindernd in der Gewinn- und Verlustrechnung des Investors aus.

Beim Verkauf seiner Immobilien an den Fonds erwirbt das Unternehmen Fondsanteile im entsprechenden Wert, die Bilanzierung der Anteile erfolgt dann zu Anschaffungskosten (HGB). Ein unabhängiger Sachverständigenausschuss hat zur Ermittlung der Anteilscheinpreise mindestens einmal pro Jahr Verkehrswertgutachten für jede einzelne Fondsimmobilie zu erstellen. Da ein Verkauf von Fondsanteilen grunderwerbsteuerfrei erfolgt, können auf diese Weise Umstrukturierungen steuerneutral umgesetzt werden. Zudem ermöglichen Spezialfondslösungen eine Bilanzverkürzung, eine Stärkung der Eigenkapitalquote und der Liquidität des Unternehmens.

Das Interesse an Poolfonds, an denen sich mehrere institutionelle Anleger beteiligen, dürfte vor allem angesichts der mit der Einführung der internationalen Rechnungslegungsvorschriften (IFRS) stark wachsen. Obwohl die Einzelabschlüsse der Unternehmen in Deutschland auch weiterhin nach den Rechnungslegungsvorschriften des HGB erfolgen, sind seit 2005 alle kapitalmarktorientierten Unternehmen in der Europäischen Union verpflichtet, einen Konzernabschluss nach IFRS zu erstellen. Bereits im Jahr 2000 hatte sich das Institut der Wirtschaftsprüfer IdW darauf verständigt, dass Spezialfonds als Zweckgesellschaft nach IFRS zu konsolidieren seien.

Alle börsennotierten Konzerngesellschaften, die Wertpapiere wie Anleihen oder Genussscheine emittiert haben, müssen IFRS-Abschlüsse vorlegen, sofern sie nicht nach US-GAAP abschließen. Spezialfonds gelten dabei als eigene Elemente des Konsolidierungskreises. Für Unternehmen, die nur Fremdkapital emittieren, kann ein Spezialfonds die Verpflichtung zur Bilanzierung nach IFRS auslösen. Andere Halter von Spezialfondsanteilen bilanzieren dagegen weiterhin HGBkonform oder erstellen für den Fonds einen Abschluss auf Basis einer Einnah-men-Überschuss-Rechnung.

Nach IFRS sind Immobilien-Spezialfonds immer dann zu konsolidieren, wenn diesem mehr als 50 Prozent der Fondsanteile zuzuordnen sind. Jedoch ist bereits bei Überschreitung einer Grenze von 25 Prozent durch einen Wirtschaftsprüfer festzustellen, ob eine wirtschaftliche Kontrolle oder eine beherrschende Stellung vorliegt. Bei einem Individualfonds mit nur einem Anleger steht die beherrschende Stellung außer Frage. Das Unternehmen muss in diesem Fall die einzelnen Immobilien des Fonds in seiner Bilanz zum Fair Value ausweisen. Im Unterschied zur Bilanzierung nach HGB, die die Immobilien mit ihren Buchwerten erfasst, ermöglicht der Ansatz zum Fair Value keine Bildung stiller Reserven.

Vier Klassifizierungen

Die Folgebewertung von Immobilien nach dem Standard für Finanzanlagen IAS 39 hängt davon ab, welcher Kategorie von Finanzinstrumenten die Beteiligung zuzuordnen ist. IFRS unterscheidet nach vier möglichen Klassifizierungen für Darlehen, Wertpapiere und Derivate. Im Rahmen einer Folgebewertung werden - je nach Erfassung der Beteiligung - erfolgsneutrale Buchungen von Marktwertveränderungen über das Eigenkapital oder erfolgswirksame Buchungen dieser Veränderungen über die Gewinn- und Verlustrechnung vorgenommen.

Aus den Rechnungslegungsvorschriften nach IFRS ergeben sich somit Auswirkungen sowohl auf die Asset Allocation als auch auf das Fondsmanagement direkt. Bei Konsolidierung des Sondervermögens hat jeder Geschäftsvorfall für dessen

Rechnung unmittelbaren Einfluss auf die Vermögens- und Ertragslage des Investors. Das Interesse an Poolfonds dürfte jedoch nicht nur wegen der dadurch vermeidbaren Konsolidierungspflicht weiter wachsen. Denn durch eine Verteilung des für Immobilienanlagen vorgesehenen Investitionskapitals auf mehrere ausgewählte Fonds mit Spezialisierungen auf bestimmte Marktsegmente oder Nutzungsarten lässt sich eine detaillierte Feinabstimmung der Portfoliostruktur darstellen, wie sie mit Direktinvestments, aber auch mit Individualfonds praktisch kaum umsetzbar ist.

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