MIPIM Special

Besonderheiten der Immobilienfinanzierung im multijurisdiktionalen Umfeld

Walter Hampel

Die starke Nachfrage nach gewerblichen Immobilien sorgt dafür, dass vermehrt größere Portfolios als Paket angeboten werden. Davon profitieren Käufer und Verkäufer gleichsam, da große Summen anlagesuchender Gelder den Exit in einem Schritt ermöglichen. Die Portfolios haben häufig paneuropäischen Charakter, sie liegen in verschiedenen Ländern und unterliegen unterschiedlichen Rechtsrahmen. Dies stellt den Investor, aber auch seine finanzierende Bank, vor Herausforderungen. Der Autor beschreibt hierbei, welche Besonderheiten Finanzierungen im multijurisdiktionalem Umfeld aufweisen. Eine Portfoliofinanzierung hat für den Investor den großen Vorteil, sich nur noch um eine Finanzierung kümmern zu müssen. Für den Finanzierer besteht gleichzeitig die Möglichkeit, ein höheres Pricing durchzusetzen. Red.

Die vergangenen Jahre waren geprägt von einer starken Nachfrage institutioneller Investoren nach gewerblichen Immobilien. Getrieben von sinkenden Renditen in den Anleihemärkten und steigender Volatilität an den internationalen Aktienmärkten, sahen viele Investoren Immobilien als attraktive Anlageklasse. Diese Entwicklung hält unvermindert an.

Die starke Nachfrage hat auch dazu geführt, dass vermehrt größere Immobilienportfolios als Paket am Markt angeboten werden. Große Asset Manager, vor allem aus dem US-amerikanischen Private-Equity-Bereich, wollen oft in einem Schlag große Beträge investieren, in vielen Fällen mehrere hundert Millionen Anlagekapital. Dies ist wiederum für Verkäufer wie Fondsmanager von Interesse, deren Investitionszeitraum abzulaufen beginnt. Ein Paketverkauf ermöglicht einen "Exit" in einem Schritt. Eher in den Hintergrund trat hingegen in den vergangenen Jahren der unter Risikogesichtspunkten wichtige Aspekt der Portfoliodiversifizierung.

Häufig haben die angebotenen Portfolios paneuropäischen Charakter, das heißt die Immobilen-Assets liegen in verschiedenen Ländern und unterliegen unterschiedlichen Jurisdiktionen. Die Finanzierung solcher Portfoliokäufe über einen Anbieter bietet sowohl dem Investor aber auch der Bank verschiedene Vorteile. Gleichzeitig stellt sie beide Partner auch vor eine Reihe von Herausforderungen.

Vorteile für Investoren

Für Investoren liegen die Vorteile auf der Hand. Der Investor, der den Portfolioerwerb aus einer Hand finanziert, hat einen primären Ansprechpartner und muss sich nur um eine Finanzierung bemühen. Dies ist besonders bei Finanzierungen von größeren Portfolios mit einer Vielzahl von Assets hilfreich. Oft sind in dieser Konstellation die Kreditprozesse erheblich einfacher und schneller.

An die Stelle von vielen Genehmigungen tritt eine Kreditgenehmigung. Dies bietet eine deutlich höhere Transaktionssicherheit für die involvierten Partner. Wendet sich der Investor an einen erfahrenen Bankpartner, so kann er zudem sicher sein, dass die erforderte Beratungskompetenz vorgehalten wird.

Für die finanzierende Bank bieten Immobilienfinanzierungen im multijurisdiktionalem Umfeld eine Möglichkeit, sich als kompetenter Anbieter eines "Premium-Produktes" zu positionieren. Tatsächlich ist jedoch die Zahl der Anbieter dieser Dienstleistung gesunken, denn in den Jahren nach der Finanzkrise haben eine Vielzahl von Immobilienfinanzierern ihre Rolle im Markt neu definiert und oft den Umfang ihrer Geschäftstätigkeit reduziert.

Herausforderungen für Finanzierer

Die Banken agieren fokussierter, wobei diese Konzentration sich bei vielen Instituten auf bestimmte Kundengruppen und bestimmte Finanzierungsstrukturen bezieht. Zudem haben sich bei vielen Instituten die geografischen Zielmärkte verändert. In nicht wenigen Fällen folgte in unterschiedlicher Ausprägung ein Rückzug aus dem internationalen Geschäft. Nur eine geringe Anzahl von Finanzierern ist daher aktuell noch bereit und in der Lage, großvolumige Finanzierungen jurisdiktionsübergreifend zu stellen.

Auch für die Finanzierung von heterogenen Portfolios mit verschiedenen Assetklassen gibt es nur noch wenige Anbieter. Die pbb Deutsche Pfandbriefbank ist einer davon. Dabei profitiert die Bank von ihrer paneuropäischen Aufstellung und der Fähigkeit, in allen wesentlichen Immobilienmärkten Europas Finanzierungen anzubieten.

Anforderungen an die Analyse heterogener Portfolios

Finanzierungen im multijurisdiktionalem Umfeld weisen eine Vielzahl komplexer Besonderheiten auf. So ist bei der Analyse von paneuropäischen Immobilienportfolios und der Strukturierung von Finanzierungen eine Reihe von Punkten zu berücksichtigen. Vor der Krise war es eher üblich, dass spezialisierte Investoren über eine Reihe von Jahren Immobilienportfolios aufbauten. Diese waren dann im Ergebnis relativ homogen. Viele der Portfolios, die heute am Markt sind, sind hingegen deutlich heterogener.

Dies hat oft auch mit Marktentwicklungen zu tun. Verschiedene Märkte werden unterschiedlich bewertet. So werden beispielsweise aktuell Portfolios von den Marktteilnehmern dann kritischer eingeschätzt, wenn Objekte in Spanien oder Italien enthalten sind, genauso wie regionale Portfolios in Mittel- und Osteuropa, wenn Objekte in Ungarn oder Rumänien enthalten sind.

Finanzierer, die dennoch bereit sind, auch in diesen "schwierigeren" Märkten zu finanzieren, müssen die entsprechenden Strukturen implementieren, die das Risiko, das sich aus den auf diese Märkte entfallenden Darlehensteilbeträgen ergibt, begrenzen.

"Allocated Loan Amount" und "Release Pricing"

Finanzierer analysieren Portfolios unter der Annahme einer Überkreuzbesicherung der einzelnen Portfolioteile. Eine lückenlose Überkreuzbesicherung aller Portfolioteile ist allerdings in der Regel nicht möglich. Zudem ist der Finanzierer beispielsweise dann einem erhöhten Risiko ausgesetzt, wenn der Kunde die liquideren Assets in den als sicherer angesehen Märkten zuerst verkauft. Dieses Risiko gilt es zu mitigieren.

In der Regel wird ihm mit einer Kombination aus dynamischem "Allocated Loan Amount (ALA)" und differenziertem "Release Pricing" begegnet. Der ALA ist der Darlehensteilbetrag, der dem jeweiligen Asset zugeordnet wird. Indem dieser dynamisch gestaltet und bei jeder Neubewertung des Portfolios neu festlegt wird, reduziert sich das Risiko, das aus der negativen Entwicklung eines Objektes oder dessen Marktumfeldes für die finanzierende Bank entsteht.

Unter "Release Pricing" versteht man den auf den ALA bezogenen Prozentsatz, der bei Verkauf eines Assets aus dem Portfolio den Rückführungsbetrag beim Darlehen determiniert. Ein Release Pricing von 120 Prozent bedeutet beispielsweise, dass beim Verkauf des betreffenden Objekts nicht nur der darauf entfallende Darlehensteilbetrag (ALA) zurückzuzahlen ist, sondern 20 Prozent mehr.

Auf diese Weise wird das Darlehen auf Portfolios bei Teilverkauf überproportional reduziert. Dabei ist es üblich, Objekte mit einem höheren Release Pricing zu belegen, die von der Bank als besonders werthaltig angesehen werden oder die einen besonders stabilen Cashflow aufweisen.

Darüber hinaus wird man als Finanzierer versuchen, bestimmte "Mindestkriterien" für das nach einem teilweisen Verkauf übrig bleibende Restportfolio zu definieren. Beispielsweise kann verlangt werden, dass sich bestimmte Financial Covenants wie "Loan to Value (LTV)" oder "Zinsdienstdeckung des Restportfolios" nicht verschlechtern oder sogar verbessern. Möglich ist auch eine Regelung, dass ein Restportfolio nur zu einem definierten Anteil Assets aus kritischeren Märkten enthalten darf.

Diese Strukturen sollen letztlich verhindern, dass der Darlehensnehmer die besten Objekte aus einem Portfolio mit Gewinn verkauft und am Ende die Bank mit den schwierigeren Assets in Probleme gerät. Neben dieser Betrachtung des Teilabverkaufes eines Portfolios tritt die Performance des Portfolios an sich, beziehungsweise des jeweiligen Restportfolios nach Abverkauf einzelner Objekte. Bei Portfoliofinanzierungen werden Financial Covenants üblicherweise auf Portfoliobasis und nicht auf Einzelobjektbasis berechnet.

Überkreuzbesicherung über Holding-Strukturen

Diese Betrachtung unterstellt, wie ausgeführt, eine komplette Überkreuzhaftung und Überkreuzbesicherung aller Objekte im Portfolio. In der Praxis ist dies nicht einfach darstellbar.

Paneuropäische Portfolios und Portfolios in europäischen Teilmärkten - wie zum Beispiel in Mittel- und Osteuropa - werden üblicherweise in Luxemburger oder niederländischen Holdingstrukturen gehalten. Eine teilweise Überkreuzbesicherung kann über rechtlichen Konstruktionen erreicht werden, in denen einzelne Objekte aus den jeweiligen europäischen Teilmärkten in lokalen Zweckgesellschaften ("Single Purpose Vehicles"/SPVs) mit einer Holding als Obergesellschaft gehalten werden.

In einem nächsten Schritt ist dann zu entscheiden, welches Recht für die Finanzierung und die Darlehensstruktur anwendbar sein soll. Im Regelfall einigen sich die Parteien auf die Anwendung englischen, deutschen oder in Einzelfällen österreichischen Rechts (bei der Finanzierung von Portfolios in Mittel- und Osteuropa). In andere lokale Rechtsordnungen wird dann ausgewichen, wenn die Objekte des Portfolios dominant diesem bestimmten Rechtskreis zuzuordnen sind.

Danach ist zu unterscheiden, ob als Darlehensnehmer die Objektgesellschaften auftreten oder die Luxemburger Holding (im letzteren Fall mit den Objektgesellschaften als Sicherheitengeber). Wenn die Objektgesellschaften als Darlehensnehmer auftreten, wird in Kreditverträgen nach englischem Recht oft mit Einzeldarlehen und Überkreuzhaftung ("cross guarantees") gearbeitet. In Kontinentaleuropa, insbesondere im deutschen Rechtsraum, wird hingegen üblicherweise der Ansatz eines einzigen Darlehens mit allen Objektgesellschaften als Gesamtschuldnern ("jointly and severally liable") gewählt. In diesem Fall übernimmt die Holdinggesellschaft zusätzlich eine selbstschuldnerische Bürgschaft ("parent guarantee").

Limitierende Wirkungen zu beachten

In beiden Fällen sind die limitierenden Wirkungen des "Corporate Benefit"-Prinzips und der Beschränkung der Einlagenrückgewähr zu beachten. Vereinfacht gesagt, bedeutet es, dass das Management einer Gesellschaft (und somit auch einer SPV) Verpflichtungen wie Schulden oder Haftungen nur eingehen darf, wenn aus diesen ein Vorteil für die Gesellschaft entsteht (also etwa im Falle einer Kreditaufnahme finanzielle Mittel dem Unternehmen zufließen). Hinsichtlich der Abgabe von Haftungen oder der Bestellung von Sicherheiten zugunsten von Schwestergesellschaften oder der Muttergesellschaft ist in aller Regel zu beachten, dass diese nur zulässig sind, wenn sie dem Nutzen der Gesellschaft dienen und insbesondere die daraus resultierenden Risiken das freie Vermögen der Gesellschaft nicht übersteigen.

Diese Beschränkungen sind in den einzelnen europäischen Jurisdiktionen unterschiedlich stark ausgeprägt. Besonders streng sind sie in Frankreich oder Österreich, liberaler dagegen in Polen, Tschechien und den Niederlanden. Generell lässt sich feststellen, dass es oft nicht möglich ist, von allen Darlehensnehmern gültige Haftungsübernahmen und/oder Sicherheiten für die gesamte Darlehenssumme zu erhalten. Eine volle, uneingeschränkte Überkreuzbesicherung kann daher nur in Ausnahmefällen erreicht werden.

Um eine zumindest beschränkte Mithaftung der einzelnen Darlehensnehmer zu ermöglichen, findet oft die sogenannte "limitation language" Anwendung. Hierbei handelt es sich um Vertragsklauseln, die im Rahmen der Übernahme von Haftungen oder der Bestellung von Sicherheiten für eine Schwester- oder Muttergesellschaft Anwendung finden.

Die Klauseln haben das Ziel, das Management der Gesellschaft vor einer persönlichen Haftung aus dieser Überkreuzhaftung oder Drittsicherheitenbestellung zu schützen und die rechtliche Durchsetzbarkeit der Haftungsübernahmen und Sicherheitenbestellungen nicht zu gefährden. De facto handelt es sich um eine schuldrechtliche Beschränkung der Verwertung der Überkreuzhaftung und der damit verbundenen Sicherheiten, mit dem Ziel der Erhaltung des Kapitals der betroffenen Gesellschaft.

Beste Absicherung für Darlehensgeber

Trotz dieser Limitierung besteht natürlich eine gewisse wirtschaftliche Teilbesicherung des Portfoliodarlehens, in Abhängigkeit von der Beleihungshöhe und damit verbunden des jeweiligen freien Vermögens der einzelnen SPVs - in Abhängigkeit von der konkreten Jurisdiktion. Darüber hinaus besteht in aller Regel keine Einschränkung einer Garantie oder Haftung der (üblicherweise Luxemburger oder niederländischen) Holding. Eine solche ist uneingeschränkt zulässig. Als Darlehensgeber erzielt man die beste Cross Colleteralization mit Überkreuzhaftungen samt Sicherheiten in den einzelnen Jurisdiktionen im Rahmen des rechtlich Zulässigen, zusätzlich einer Haftung der Holding, sowie darüber hinaus eine Abtretung der Ansprüche der Holding an ihre einzelnen Tochtergesellschaften. Im Zusammenspiel mit den erwähnten Financial Covenant- und Release-Pricing-Strukturen ist dann davon auszugehen, ein Maximum an möglicher Besicherung erzielt zu haben. Insbesondere kann so die Kontrolle über den Cashflow des Portfolios erzielt werden, was in der Regel das wesentlichste Ziel des Darlehensgebers ist.

Offensichtlich sind die geschilderten Schritte und die beschriebene Konstruktion rechtlich sehr komplex. Der finanzielle Aufwand für eine Kreditvertragsdokumentation in einem vier, fünf oder mehr Jurisdiktionen umfassenden Immobilienportfolio (zusätzlich Rechtsordnung der Holding und gegebenenfalls noch einer abweichenden Rechtsordnung der Vertragsdokumentation an sich) kann ohne Weiteres einen höheren sechsstelligen Euro-Betrag erreichen.

Eine Portfoliofinanzierung im multijurisdiktionalen Umfeld hat für den Investor den großen Vorteil, sich nur noch um eine Finanzierung kümmern zu müssen. Die Anzahl der kompetenten Anbieter für dieses Produkt ist in den letzten Jahren gesunken. Für die finanzierende Bank bieten Immobilienfinanzierungen im multijurisdiktionalem Umfeld eine Möglichkeit, sich als kompetenter Anbieter eines "Premium-Produktes" zu positionieren.

Premium-Produkt mit diversen Vorteilen

Letztlich besteht so für den Finanzierer so die Möglichkeit, ein höheres Pricing am Markt durchzusetzen. Im Zweifel ist es vorteilhafter, ein höheres Pricing über Kompetenz als ausschließlich über höheres Risiko - wie zum Beispiel eine höhere Beleihung - durchsetzen zu können.

Der pbb Deutsche Pfandbriefbank ist es in der Vergangenheit gelungen, sich für die Finanzierung von paneuropäischen Portfolios in westeuropäischen Märkten zu profilieren. So wurde beispielsweise 2015 eine größere Finanzierung für die Akquisition eines Logistikportfolios in Frankreich, Deutschland, den Niederlanden und Spanien für einen internationalen Investor bereitgestellt. Die Bank hat aber auch verschiedene Regionalportfolios in Mittel- und Osteuropa alleine oder mit Partnerbanken finanziert. Finanziert wurden Immobilien in Ländern wie Polen, Tschechien, der Slowakei, Ungarn oder sogar Rumänien.

Der Autor Dr. Walter Hampel Head of Origination CEE, pbb Deutsche Pfandbriefbank AG, Unterschleißheim
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