Messeausgabe 2008

Ablauf einer Cross-Country-Portfoliofinanzierung

Immobilienfinanzierer stehen derzeit vor besonderen Herausforderungen: Die Krise der internationalen Finanz- und Kapitalmärkte als auch die angespannte Situation auf einer Reihe von Immobilienmärkten in Europa erschweren die Geschäfte und erfordern ein vorsichtiges Agieren. Die Herausforderungen bieten aber jenen Kreditinstituten, die in ihren Kernmärkten gut aufgestellt sind, nach wie vor die Chance, attraktive Finanzierungen zu interessanten Margen abzuschließen. Die klassische Immobilienfinanzierung, basierend auf der auch in der aktuellen Marktlage attraktiven Refinanzierung über Pfandbriefe, hat weiterhin ihre Daseinsberechtigung.

Vorgeschichte und Anfrage

Ein gutes Beispiel dafür ist das Unternehmen Prologis, einer der weltweit führenden Anbieter von Logistikzentren. Derzeit entwickelt, betreibt und verwaltet das Unternehmen über 50 Millionen Quadratmeter Gewerbeflächen in über 132 Marktgebieten in Nordamerika, Asien und Europa. Zu den Kunden gehören Hersteller, Handelsketten, Transportunternehmen, firmenexterne Logistikdienstleister und andere Betriebe mit umfangreichem Logistikbedarf. Prologis hat seinen Sitz in Denver, Colorado, ist ein Fortune-1000-Unternehmen und ein Mitglied der S&P 500.

Prologis ist seit 1997 in Europa vertreten und gründete 1999 den "Prologis European Properties Fund (PEPR)" in Form eines Luxemburger FCP (fonds commun de placement). Seit 2006 ist dieser Fund an der Euronext Börse in Amsterdam notiert. Im Jahr 2007 wurde als zweiter Private-Equity-Fund "Prologis European Properties Fund II (PEP II)" ins Leben gerufen. Gemeinsam verwalten diese Fonds 352 Immobilien mit 7,7 Millionen Quadratmeter Nutzfläche in zwölf europäischen Ländern mit einem Marktwert von 5,8 Milliarden Euro.

Auf der Suche nach einer CMBS-Alternative

Diese Fonds nutzen einen Leverage von maximal 60 Prozent und haben stark auf CMBS-Finanzierungen gesetzt, wobei sie die starke geographische Diversifizierung des Logistikportfolios zu nutzen verstanden. Der Hypo Real Estate Bank International gelang es 2004, die erste Senior-Bankfinanzierung für Prologis in Zentraleuropa darzustellen, da die Länder Polen, Tschechien und Ungarn damals von Ratingagenturen noch nicht als CMBSfähig eingestuft waren. Mit 110 Millionen Euro wurde die bis dahin größte länderübergreifende Portfoliofinanzierung in Mittel- und Osteuropa abgeschlossen. Ein Jahr später kam es zu einer Erhöhung der Finanzierung auf 151 Millionen Euro, da weitere Objekte in Polen dem Portfolio hinzugefügt wurden.

Der Zusammenbruch des Securitisations-Marktes Mitte 2007 veranlasste PEP II, für die Refinanzierung des aktuellen, 2007/2008 in den Fonds eingebrachten Portfolios in Zentraleuropa den Pfandbriefbankenmarkt anzusprechen. Das Portfolio umfasste 34 Logistikimmobilien in elf Distributionszentren in Polen, Tschechien, der Slowakei und Ungarn mit einer Gesamtnutzfläche von über 700 000 Quadratmetern. Seit dem Beitritt dieser osteuropäischen Staaten zur Europäischen Union 2005 sind dort ausgereichte Immobiliendarlehen pfandbrieffähig, sodass die Stabilität, die der Pfandbriefmarkt in der aktuellen Finanzkrise bewiesen hat, dem Kunden zugute kam. Dabei wurde eine Marge in Kauf genommen, die substanziell über den Margen lag, die Prologis im Rahmen der CMBS-Programme gewohnt gewesen war. Die geplante Darlehenssumme lag bei 276 Millionen Euro.

Es gelang der Hypo Real Estate Bank International, sich das Mandat für diese Finanzierung zu sichern, wobei sie sich in einem frühen Stadium des Bietungsprozesses mit der Aareal Bank auf ein gemeinsames Vorgehen verständigt hatte. Ferner traten die Helaba und die Postbank dieser Finanzierung bei, sodass es sich bei Kreditvertragsabschluss um einen Konsortialkredit von vier Banken handelte. Gerade vor dem Hintergrund der beabsichtigten Refinanzierung aller Banken über den Pfandbrief war dies wichtig, da die nachträgliche Übertragung von Hypotheken in Zentraleuropa nicht möglich ist und die Kosten einer eventuellen Neubestellung eine Syndizierung nach Vertragsabschluss oft unattraktiv machen.

Problemstellungen

Eine Portfoliofinanzierung in vier Ländern und 34 Einzelimmobilien ist zwangsläufig aufwendig. Da die einzelnen Objekte über einen längeren Zeitraum fertiggestellt, vermietet und in den Fonds eingebracht worden waren, existierten nur Bewertungen für die Objekte, die teilweise bis zu neun Monate zurücklagen. Zudem waren sie von Gutachtern erstellt worden, die nicht von den finanzierenden Banken, sondern von Prologis beauftragt worden waren. Es war daher nötig, zu jedem Objekt ein neues Gutachten zu erhalten oder zumindest eine Aktualisierung, die an die finanzierenden Banken adressiert werden musste und die die aktuelle Marktlage berücksichtigte.

Während der europaweit festzustellende Anstieg von Immobilienrenditen und der damit verbundene Wertverfall in Zentraleuropa bisher glimpflich ausgefallen sind, so ist dennoch auch in diesen Märkten ein genereller Trend der Immobilienrenditen nach oben zu erwarten. Prologis kam zugute, dass es sich um relativ neue Immobilien handelte, die alle in guter bis sehr guter Lage in für Logistik wichtigen Ballungsgebieten lagen: Warschau und Umgebung, Schlesien, Posen und Umgebung, Breslau und Umgebung, Zentralpolen (Lodz und Umgebung), Prag, Budapest und Bratislava.

Bewertung der zugrunde liegenden Sicherheiten

Prime Yields von Logistikimmobilien in diesen Märkten dürften aktuell zwischen 6,5 Prozent und 7,5 Prozent liegen, was einer Erhöhung von rund 50 Basispunkten innerhalb der vergangenen zwölf Monate entspricht - allerdings liegen nur wenige aktuelle Vergleichsdaten vor. Sekundäre Immobilien wären wohl um mindestens 100 Basispunkte höher zu bewerten, was zeigt, dass der Trend zu erstklassiger Qualität und die damit verbundene stärkere Unterscheidung zwischen Prime Assets und Secondary Assets nun auch in Zentraleuropa gilt.

Insgesamt führte die Bewertungsthematik bei dieser Finanzierung, bei der der LTV-Covenant (die maximale Beleihungshöhe) bei 60 Prozent lag, zu einer Reduzierung des Kreditbetrages um immerhin zwölf Millionen Euro gegenüber der ursprünglichen Annahme, sodass schlussendlich 264 Millionen Euro zur Auszahlung gelangten.

Mit der Bewertung verbunden war die technische Due Diligence, da eventuelle Baumängel bei einzelnen Objekten ausgeschlossen werden sollten, sowie die Umwelt-Due-Diligence. Dabei kam es zu intensiven Diskussionen zwischen dem Kreditnehmer und den Banken, bevor eine für alle Parteien akzeptable Lösung gefunden werden konnte. Während Prologis auf das erst junge Baualter und die langjährige Erfahrung des Bauherrn in der Errichtung dieser Art von Immobilien hinwies, waren die Banken naturgemäß bedacht, einen guten Überblick über eventuelle Bau- und Umweltrisiken zu erhalten und diesen auch mit entsprechenden Haftungen von Spezialisten untermauert zu sehen.

Dies ist ein typisches Problem bei einer Portfoliofinanzierung, gerade bei einer grenzüberschreitenden. Während man es bei einer Einzelobjektfinanzierung mit maximal zwei Sachverständigen zu tun hat, ist dies bei 34 Objekten in vier Ländern wesentlich aufwendiger.

Dass im gegenwärtigen Marktumfeld immer noch ein relativ kompetitives Pricing dargestellt werden konnte, ist neben der Pfandbriefrefinanzierung auf die sogenannte Cross-Collateral-Struktur zurückzuführen. Ein stark diversifiziertes Portfolio, das außer dem normalen Port-folio-Effekt auch noch in verschiedenen Ländern angesiedelt ist, bringt bei jedem Rating-Ansatz Vorteile. Es ist allerdings äußerst kompliziert, eine solche Cross- Country-Cross-Collateralisation umzusetzen.

So bestehen Restriktionen im Hinblick auf sogenannte Financial Assistance und Corporate-Benefit-Regeln (also Einschränkungen, welche Sicherheiten und Garantien gegeben werden dürfen) und steuerliche Themen ebenso wie zwingende Rechtsbestimmungen im Hinblick auf Sicherheiten wie Hypotheken oder Grundpfandrechte in den einzelnen Rechtssystemen setzen der Umsetzung Grenzen.

Allerdings gelang es, zumindest auf schuldrechtlicher Ebene das Ziel weitgehend zu erreichen. Ein einziger Kreditvertrag unter deutschem Recht, den alle finanzierenden Banken und die Hypo Real Estate Bank International zusätzlich in ihrer Funktion als Agent auf Kreditgeberseite unterschrieben und dem alle Kreditnehmer in den einzelnen Ländern als Kreditnehmer gesamtschuldnerisch haftend beitraten, erfüllte diesen Zweck.

Rechtsfragen und Dokumentation

Die Dokumentation umfasste nicht nur deutsches und polnisches, tschechisches, slowakisches sowie ungarisches Recht, sondern auch niederländische, französische und luxemburgische Bestimmungen. Grund ist, dass nicht in allen Ländern die jeweiligen Objektgesellschaften die Kreditnehmer waren, sondern teilweise Finanzierungsgesellschaften, für die die Objektgesellschaften Sicherheiten zu bestellen hatten.

Die zweite substanzielle rechtliche Aufgabe war die rechtliche Due Diligence, bei der die Gültigkeit der Eigentumstitel samt der Historie des Eigentumsübergangs auf den heutigen Eigentümer überprüft wird (ein Schutz des gutgläubigen Erwerbes wie in Deutschland besteht in Zentraleuropa nicht regelmäßig). Ferner umfasst die Prüfung die Genehmigungslage (Bau- und Nutzungsgenehmigung), die Gültigkeit der Mietverträge und eventueller Garantien sowie Gültigkeit und Umfang des Versicherungsschutzes.

Finanzielle und steuerliche Prüfungen

Wiederum führte die Vielzahl der Objekte dazu, dass eine Reihe von Punkten geklärt beziehungsweise bereinigt werden mussten. Die Rechtsprechung in den betroffenen Ländern ist sehr formalistisch, was beispielweise dazu führen kann, dass eine fehlende Unterschrift auf einem Dokument auch durch nachträgliche Unterschrift nicht geheilt werden kann. Darüber hinaus erfolgte eine rechtliche Analyse der Kreditnehmerstruktur, die durch entsprechende Rechtsgutachten bestätigt werden musste.

Last but not least umfasste die finanzielle Due Diligence neben der regelmäßigen Analyse der Bilanzen der jeweiligen Kreditnehmer und Sicherheitensteller auch die Analyse der steuerlichen Struktur der Kreditnehmergruppe.

Abschluss und Auszahlung der Finanzierung

Nachdem der Kreditgenehmigungsprozess bei allen involvierten Banken reibungslos gelaufen war, nahm in der Folge die gesamte Due Diligence einen Zeitraum von mehreren Monaten in Anspruch. Parallel dazu wurde die Kreditdokumentation erstellt und verhandelt. Einerseits war es möglich, zumindest teilweise auf die bereits 2004/2005 verhandelte Dokumentation zurückzugreifen, andererseits mussten zwischenzeitliche Änderungen in der Gesetzeslage und Rechtsprechung berücksichtigt werden. Ferner waren Änderungswünsche und die Vorstellungen der Konsortialbanken zu berücksichtigen.

Schließlich galt es, im Zeitraum zwischen Vertragsunterschrift und Auszahlung 178 einzelne Conditions Precedent zu erfüllen. Letztendlich lagen zwischen der Einigung auf die Commercial Terms und der Auszahlung einige Monate. Angesichts der aktuellen Marktlage und der Komplexität der Finanzierung handelt es sich im Fall Prologis um eine Finanzierung, die die Leistungsfähigkeit der Hypo Real Estate Group in besonderem Maße unter Beweis stellt.

Noch keine Bewertungen vorhanden


X