Im Gespräch

"Wir wollen beweisen, dass das veränderte Geschäftsmodell funktioniert"

I&F Die Deutsche Pfandbriefbank hat erheblich Ballast aus der Bilanz geworfen und sich von den Staatshilfen frei gemacht. Wie ist die Stimmung im Hause?

Die Kolleginnen und Kollegen sind motiviert, denn wir können uns nach der Restrukturierung und Neuausrichtung wieder voll auf den Markt und unsere Kunden konzentrieren. Vor allem der Abschluss des EU-Beihilfeverfahrens hat uns einen wichtigen Impuls gegeben. Es gibt zwar Auflagen, und wir mussten Federn lassen. Aber viel wichtiger ist, dass das Geschäftsmodell bestätigt wurde. Damit haben unsere Kreditkunden, die Investoren in unsere Refinanzierungsmittel und die Mitarbeiter im Hause die Gewissheit, dass das Unternehmen fortbestehen wird.

I&F Um welche "Federn" hat es Ihnen leid getan?

Die EU forderte als Kompensation für die Staatshilfen, die Bank zu verkleinern. Diese Anpassungen haben wir in den letzten Jahren zu großen Teilen bereits vorgenommen. Dabei war die Auslagerung von nicht-strategischen Assets in Höhe von 173 Milliarden Euro im vergangenen Herbst auf die FMS Wertmanagement der wichtigste Einzelschritt. Die EU-Kommission macht uns auch Auflagen für das zukünftige Geschäft. Insgesamt haben wir aber genug Potenzial. Deshalb wird die pbb Deutsche Pfandbriefbank im Rahmen der EU-Vorgaben über die Zeit ein Portfolio aufbauen, das die notwendige Profitabilität erreicht.

I&F Selten loben Kontrolleure die Kontrollierten und umgekehrt. Welche Herausforderungen gab es zwischen den EU-Wettbewerbshütern und der HRE und was können Sie anderen Banken für ein harmonischeres Verhältnis zur EU-Kommission raten?

Die HRE war einer der größten Beihilfefälle in Europa, von daher war das Prüfungsverfahren der EU-Kommission intensiv und aufwendig. Geholfen hat sicherlich, dass die im Laufe des Verfahrens von der EU geforderten Informationen zumeist schnell geliefert wurden. Insgesamt fühlen wir uns fair behandelt, weil es stets ein konstruktiver Prozess war.

I&F Sie kennen die Bank schon sehr lange, haben den Höhenflug bis in den Dax und den jähen Absturz bis hin zur Zwangsverstaatlichung miterlebt. Was hat Sie bewogen, immer weiterzumachen?

Zunächst fühle ich mich der Immobilien- und Staatsfinanzierung verbunden. Während der Krise haben die Mitarbeiter des gesamten Hypo Real Estate Konzerns mit sehr viel Engagement und Leidenschaft alles daran gesetzt, das Ruder wieder herumzureißen. Wer das erlebt hat, glaubt an die Zukunft dieser Bank. Dieser Rückhalt und diese Leistungsbereitschaft der Mitarbeiter sind auch für das Management ein starker Ansporn.

I&F Wie viel politisches Fingerspitzengefühl braucht es in Ihrer Position?

Die Aufgabe des Chief Executive Officers fiel mir überraschend und im wahrsten Sinne des Wortes "über Nacht" zu. Wenn man - aus der Privatwirtschaft kommend - plötzlich ein Unternehmen führt, das zu 100 Prozent dem Staat gehört, dann ist eine hohe Lernkurve nötig. Aber es gab kein Gegeneinander zwischen Eigentümer und Management. Vielmehr sind wir von der Politik, insbesondere den Ministerien unterstützt worden.

I&F Was reizt Sie an der gewerblichen Immobilienfinanzierung im Allgemeinen und an der Deutschen Pfandbriefbank von heute im Besonderen, dass Sie Ihren Vertrag jetzt um fünf Jahre verlängerten?

Der Reiz, für die pbb Deutsche Pfandbriefbank tätig zu sein, liegt in der besonderen Aufgabe. In den vergangenen Monaten haben wir intensiv daran gearbeitet, die Bank neu aufzustellen und im Markt wieder als langfristig verlässlichen Partner in der Immobilien- und öffentlichen Investitionsfinanzierung zu positionieren. Jetzt wollen wir beweisen, dass das veränderte Geschäftsmodell unter den sich verändernden Rahmenbedingungen funktioniert. Perspektivisch wollen wir die Bank reprivatisieren. Das Management dieser Veränderung ist eine Herausforderung.

I&F Wie sehen Sie die Zukunft der gewerblichen Immobilienfinanzierung? In der Krise hat sich gezeigt: Der Pfandbrief ist der Pfeiler der gewerblichen

Immobilienfinanzierung. Andererseits ist die ungedeckte Refinanzierung für die Kreditinstitute zum limitierenden Faktor geworden. Für die Zukunft dieses Geschäftsfeldes ist es entscheidend, dass die günstige Refinanzierung über den Pfandbrief erhalten bleibt. Aber wir müssen auch über alternative Wege der ungedeckten Refinanzierung nachdenken.

Als Folge der Krise wird die Regulierung der Banken verschärft. An vielen Stellen ist das berechtigt. Zwei Grundsätze gilt es allerdings zu beachten: Wir dürfen nicht überregulieren und den Wettbewerb nicht verzerren. Daher ist eine Harmonisierung der europäischen Bankenregulierung so wichtig. Auf jeden Fall werden sich die neuen Regeln auf die Strukturen und die Konditionen in der gewerblichen Immobilienfinanzierung auswirken. In welchem Maße dies geschieht, ist Gegenstand der aktuellen Abstimmung. Als sicher darf aber gelten, dass Kredite teurer werden - vor allem die nicht pfandbrieffähigen - und die Eigenkapitalanforderungen an die Kunden steigen.

I&F Welche Produkte und Dienstleistungen sind gefragt und wo ergeben sich dabei Chancen für Pfandbriefbanken?

Aktuell sinken die von den Banken angebotenen Beleihungsausläufe deutlich und nähern sich der Grenze, bis zu der die Kredite deckungsfähig für Pfandbriefe sind. Da nicht alle Kreditnehmer genügend Eigenkapital mitbringen, wird es auch weiterhin einen Bedarf an alternativen Finanzierungen für den nachrangigen Teil der Finanzierung geben. Doch diese Mezzanin-Produkte dürften künftig anders aussehen. Ob Pfandbriefbanken sie anbieten werden, lässt sich heute noch nicht sagen.

I&F Wird die Bedeutung der Pfandbriefbanken in der Immobilienfinanzierung abnehmen?

Schon heute haben vor allem börsennotierte Immobilieninvestoren die Möglichkeit, Kapital über Anleihen- und Aktienemissionen aufzunehmen. Damit lässt sich jedoch nicht der gesamte Kapitalbedarf decken. Künftig werden in den Unternehmen sicherlich häufiger die gewerbliche Immobilienfinanzierung und die alternative (Eigen-)Kapitalbeschaffung kombiniert werden.

Die Bedeutung der klassischen, pfandbriefrefinanzierten Immobilienkredite dürfte demnach sogar noch zunehmen, obwohl es nicht unbedingt mehr Transaktionen oder mehr Neubau gibt. Vielmehr werden große Volumina an Commercial Mortgage Backed Securities in den nächsten Jahren fällig, die anders refinanziert werden müssen. Gleichzeitig ist der Verbriefungsmarkt nach wie vor wenig aktiv, und in vielen europäischen Märkten ziehen sich Finanzierer unter anderem infolge von EU-Auflagen aus Geschäftsfeldern und Ländern zurück. Das eröffnet große Potenziale für Spezialfinanzierer mit Pfandbrieflizenz.

I&F Wie sehr hilft es im aktiven und passiven Neugeschäft, den Staat als Eigentümer hinter sich zu wissen?

Unsere Kreditkunden schauen in erster Linie auf unsere Expertise und die Konditionen. Auch an den Refinanzierungsmärkten genießen wir keine Vorteile gegenüber unseren Wettbewerbern. Aktuell verfügt die pbb Deutsche Pfandbriefbank über einen komfortablen Liquiditätspuffer. Trotzdem liegt die Herausforderung der nächsten Jahre im Zugang zur ungedeckten Refinanzierung. Das gilt aber für alle kapitalmarktorientierten Pfandbriefbanken. Es gilt, für die Zukunft alternative Quellen der Senior-unsecured-Refinanzierung zu erschließen.

I&F Welche könnten das sein?

Wir schauen uns hier verschiedene Alternativen an. Denkbar wären zum Beispiel verschiedene Einlagenformen. Wie diese konkret aussehen könnten, sondieren wir derzeit noch.

I&F Welche Lehren zieht die Deutsche Pfandbriefbank aus ihrer Vergangenheit?

Vor der Krise gab es zwei Ansätze: Pfandbriefe und Verbriefung. Es zeigt sich, dass der Kapitalmarkt dem Pfandbrief mehr vertraut. Für die Emission von Pfandbriefen zu möglichst guten Konditionen ist die Qualität der Deckungsmassen ausschlaggebend. Daher wird die Bedeutung des Portfolios, seines Aufbaus und seiner Struktur in den nächsten Jahren an Bedeutung gewinnen. Deshalb wird die pbb Deutsche Pfandbriefbank verstärkt in das Risikomanagement und dessen Prozesse, insbesondere bei der Objekt- und Kreditnehmerbeurteilung, investieren.

I&F Werden Sie dabei auch von den Ratingagenturen getrieben?

Die Pfandbriefe werden letztlich nicht von den Ratingagenturen gekauft, sondern von den Investoren. Diese haben eigene Erwartungen an die Produkte, messen aber den Ratings eine hohe Bedeutung bei. Daher gibt es ein Wechselspiel zwischen Pfandbriefbank, Investoren und den übrigen Marktakteuren, zu denen neben den Ratingagenturen zum Beispiel auch die Gesetzgeber gehören - Stichwort Solvency II.

I&F Welchen Auftrag hat die Deutsche Pfandbriefbank von ihrem Eigentümer mitbekommen?

Wie jedes Unternehmen hat auch die pbb Deutsche Pfandbriefbank ihr Geschäftsmodell mit dem Eigentümer abgestimmt, in unserem Falle ist das zu 100 Prozent der Bund. Der Geschäftsplan sieht mittelfristig die Reprivatisierung der Bank vor. Den Zeitkorridor gibt die EU vor. Innerhalb dieses Rahmens und unter Berücksichtigung der Wettbewerbsauflagen werden wir die Bank entwickeln.

I&F Pfandbriefbanken ließen sich schon vor der Krise schlecht verkaufen, jetzt erst recht. Wie wollen Sie erreichen, dass die Deutsche Pfandbriefbank kein Ladenhüter wird?

Tatsächlich ist der Markt im Moment schwierig. Deshalb soll die Bank auch nicht heute verkauft werden. In den nächsten Jahren wird es darauf ankommen, einen soliden, pfandbriefbasierten Finanzierer für Immobilien und öffentliche Investitionen aufzubauen, der eine Struktur und Größe hat, die ihn für Investoren interessant macht. Darauf arbeiten wir in den dafür notwendigen Schritten hin.

I&F Wie ist der aktuelle Stand in der Restrukturierung des Konzerns?

Die Restrukturierung ist abgeschlossen. Die pbb Deutsche Pfandbriefbank positioniert sich als Finanzierer für gewerbliche Immobilien und Investitionen der öffentlichen Hand. Entsprechend der EU-Auflagen ist die öffentliche Budgetfinanzierung kein strategisches Geschäftsfeld mehr, das entsprechende Neugeschäft stellen wir ein. Daher schmilzt dieses Portfolio, das derzeit noch eine Größenordnung von etwa 35 Milliarden Euro hat, in den nächsten Jahren ab. Wir ersetzen diesen Teil des Portfolios mit strategischem Neugeschäft.

I&F Welche Handlungsoptionen gibt es von heute aus betrachtet für die strategische Entwicklung und welche nächsten Schritte stehen an?

Es gilt, das Vertrauen der Kunden und Investoren nachhaltig zurückzugewinnen. Nach der erfolgreichen Restrukturierung arbeiten wir jetzt weitere Punkte ab. So muss das Risikomanagement noch präziser werden, um die Qualität des Aktiv-Portfolios zu verbessern. In der Kreditvergabe wollen wir noch schneller und effizienter werden. Zudem werden wir unsere Kosten reduzieren, damit wir noch wettbewerbsfähiger werden.

I&F Wohin will, wohin soll sich die Bank entwickeln - strategisch, vom Ertrag, vom Volumen, von der Rendite her?

Wir wollen eine führende europäische Spezialbank für die Finanzierung von Immobilien und öffentlichen Investitionen sein und einer der wichtigen Pfandbriefemittenten mit regelmäßigen Emissionen. Und wir wollen nachhaltig profitabel sein. Es ist inzwischen akzeptiert, dass mit dem pfandbriefrefinanzierten Geschäft keine Renditen wie im Investment Banking zu erzielen sind. Wir streben eine Eigenkapitalrendite im oberen einstelligen Bereich an.

I&F Dürfen die Gewinne thesauriert werden?

Wir müssen zunächst die in der Vergangenheit aufgelaufenen Verluste ausgleichen, bevor eine Thesaurierung überhaupt infrage kommt. So müssen wir zum Beispiel die stille Einlage des Bundes auffüllen, über deren Rückzahlung wir zu gegebener Zeit mit dem Eigentümer sprechen werden. In jedem Fall bleiben die Gewinne aber zunächst einmal im Unternehmen.

I&F Wie wird die neue Marke zwei Jahre nach Einführung im Markt angenommen?

Die Marke steht für einen Neuanfang und ein neues Selbstverständnis. Uns hilft, dass wir in einer für unsere Kunden und die Bank schwierigen Situation ein partnerschaftliches Verhältnis zu unseren Kunden gepflegt und gemeinsam nach Lösungen gesucht haben, mit denen beide Seiten leben konnten. So werden wir auch von unseren Kunden wahrgenommen. Ein Problem mit der Wiedererkennung der Marke bestand zu keinem Zeitpunkt.

I&F Aber ist die Pflege der Kundenbindung unter der Maßgabe der Bilanzverkürzung nicht ein Ding der Unmöglichkeit?

Darin besteht kein Widerspruch. Es kommt darauf an, transparent, kommunikativ und kooperativ zu sein. Der Kunde erwartet, dass die Bank an einer Lösung mitarbeitet.

I&F Gibt es noch Raum für Visionen? Wann soll die Bank Marktführer im gewerblichen Hypotheken- und im Staatskreditgeschäft sein?

Der Maßstab kann nicht das Volumen sein. Vielmehr streben wir die "Marktführerschaft" hinsichtlich Stabilität, Verlässlichkeit und Produkt-Know-how an.

I&F Was entgegnen Sie Wettbewerbern, die der Bank den bisherigen (Neugeschäfts-)Erfolg neiden und sie lieber abgewickelt sehen würden?

Eine Erfolgsstory müssen wir erst noch liefern, von daher ist Neid unangebracht. Auch das EU-Beihilfeverfahren sowie die Übertragung der Vermögenswerte und die Rückführung der Liquiditätshilfen waren keine einfachen Prozesse. Unser Vorteil ist, dass wir die Restrukturierung zum Abschluss gebracht haben. Jetzt widmen wir uns dem Markt. Wir sind also noch lange nicht am Ziel.

I&F Wie viele Anbieter braucht es in der gewerblichen Immobilienfinanzierung und im Staatskreditgeschäft und warum sollte die Deutsche Pfandbriefbank auch künftig dazugehören?

Es sollte so viele Anbieter geben, dass die Kunden den Markt als lebhaft und attraktiv wahrnehmen. Wenn wir die pbb Deutsche Pfandbriefbank wie vorgesehen positionieren, dann wird sie im Markt ihren Platz und ihre Berechtigung haben.

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