Messeausgabe 2007

Der US-Immobilienmarkt neue Chancen für Investoren

Der US-Immobilienmarkt ist derzeit vor allem mit Negativmeldungen in den Schlagzeilen. Das Szenario einer platzenden Immobilienblase, die die gesamte US-Wirtschaft in die Rezession reißt, erschütterte im Frühjahr 2007 die Aktienmärkte weltweit. Die Verunsicherung stieg nicht zuletzt bei den Immobilienanlegern, denn sie hatten den Markt zuvor als Eldorado erlebt. Seit ihnen 2002 durch die Aufhebung der Restriktion für europäische Fondsanbieter, maximal 20 Prozent des Fondsvolumens außerhalb der EU anzulegen, der Zugang zu Auslandsinvestitionen erleichtert wurde, brachte die größte Boom-Phase in der Geschichte des US-Immobilienmarktes erfreuliche Renditen. Was bedeutet die aktuelle Schwäche nun für Investoren? Geht der Zyklus tatsächlich dem Ende zu, handelt es sich um eine willkommene Abkühlung für einen überhitzten Markt oder fordern nun strukturelle Unterschiede ihren Tribut?

Strukturanalyse des US-Immobilienmarktes

Dafür bedarf es einer differenzierteren Betrachtung der Strukturen des US-Immobilienmarktes. Denn der sich abschwächende Markt für private Wohnimmobilien ist schließlich nur ein Teil des Gesamtbildes. Der US-Immobilienmarkt ist mit 5,2 Billionen US-Dollar investiertem Kapital mit Abstand der größte Markt der Welt. Bezieht man die Immobilien im Unternehmensbesitz mit ein, beläuft sich das Volumen sogar auf mehr als sieben Billionen US-Dollar. Zum Vergleich: An zweiter und dritter Stelle folgen Japan und Deutschland mit gerade einmal einer Billion beziehungsweise 750 Milliarden US-Dollar Immobilienvermögen. Die Aufteilung der Gewerbeimmobilien in Industrie-, Büro- und Einzelhandelsflächen ähnelt der Zusammensetzung in Europa. Der Unterschied liegt vielmehr im Bereich der Wohnimmobilien. Dieser Markt ist in den USA, anders als in Europa, reif und liquide und stellt ein Kerninvestment der Strategien institutioneller Investoren dar.

Der US-Immobilienmarkt ist zu mehr als 50 Prozent fremdfinanziert. Ein Großteil dieser Verbindlichkeiten - weit mehr als in Europa - sind auf öffentlichen Marktplätzen beispielsweise als von Immobilienunternehmen begebenen Anleihen oder gewerblichen Mortgage Backed Securities handelbar. Auch die Finanzierung über Mezzanin-Kapital - eine Mischform aus Eigen- und Fremdfinanzierung - ist im amerikanischen Immobilienmarkt weiter verbreitet als in anderen Märkten.

Auf der Eigenkapitalseite befindet sich der Großteil des Geldes in Immobiliendirektinvestitionen. Diese umfassen zum einen die Anteile von Private Commingled Real Estate Funds (CREFS), die einen großen und wachsenden Anteil des institutionellen Besitzes darstellen. Auch die Investitionen auf eigene Rechnung spielen immer noch eine bedeutende Rolle in den Portfolios größerer Pensionsfonds und Lebensversicherungen. Der Anteil der von REITs ausgegebenen Schuldtiteln oder Aktien macht dagegen nur 13 Prozent des Marktes aus.

Intensiver Wettbewerb sorgt für Transparenz

Die große Liquidität des US-Immobilienmarktes ist dabei nicht allein auf seine Größe, sondern vor allem auf die gut ausgebildete Infrastruktur zurückzuführen. So zeichnet er sich hauptsächlich durch seine Transparenz, sein fortschrittliches Beratungs- und Agenturnetzwerk und seine niedrigen Transaktionskosten aus. Diese Eigenschaften gehen auf die hohe Wettbewerbsfähigkeit des Marktes zurück sowie auf die fast vollständige Abwesenheit von Transaktionssteuern bei Geschäften mit Immobilienwerten. Wie in vielen anderen Ländern auch, war 2006 in den USA ein äußerst transaktionsreiches Jahr im Immobiliensektor.

Es fällt auf, dass der Markt zunehmend von gepoolten Instrumenten wie Fonds dominiert wird. Zudem operiert der Großteil der Investoren im Private-Equi-ty-Segment, das sich durch ein höheres Risiko auszeichnet. Dabei nutzen sie entweder ihr eigenes Kapital oder das der Investoren ihrer Fonds. Obwohl die führenden zehn Investoren in den USA ansässig sind und die Finanzierung hauptsächlich durch US-Kapital stattfindet, sollte die wachsende Bedeutung ausländischer Investoren im US-Markt nicht außer Acht gelassen werden.

Die Mitglieder der AFIRE (Association of Foreign Investors in Real Estate) halten in den USA zusammen 184 Milliarden US-Dollar in Immobilien. Für 2007 planen sie Investitionen in Höhe von 250 Millionen Dollar - mehr als je zuvor. Das entspricht der Hälfte der insgesamt im Ausland geplanten Ausgaben.

Vor einigen Jahren noch hielten deutsche Investoren den größten Anteil ausländischer Investitionen in US-Immobilien. Doch aufgrund zunehmender Liquiditätsprobleme einiger Offener Immobilienfonds wurde die Spitzenposition von den australischen Investoren übernommen. Ihr wachsender Bedarf für Immobilieninvestitionen, kann im eigenen Land nur unzureichend gestillt werden.

Die Investoren, die in den USA anlegten, wurden dafür ausreichend belohnt: In den vergangenen drei Jahren erzielte der NCREIF-Index des National Council of Real Estate Investment Fiduciaries, der ähnlich wie der IPD-Index in Europa die Wertentwicklung von rein eigenkapitalfinanzierten institutionellen Immobilieninvestments darstellt, eine Kurssteigerung von 16 Prozent. Bei Betrachtung der gesamten Zeitspanne seit Auflegung 1978, weist der Index eine durchschnittliche jährliche Rendite von zehn Prozent auf.

Dass dieser Wert im Vergleich zu den meisten europäischen Ländern etwas niedriger ist, geht vor allem auf eines zurück: In europäischen Städten werden die Kapitalwerte häufig durch Bebauungsquoten in die Höhe getrieben. In den USA existieren diese rechtlichen Einschränkungen von Bauvorhaben kaum. Die Stadt Houston in Texas zum Beispiel schreibt keinerlei öffentliche Genehmigungsprozedere für private Gebäude vor. Das einzige, an das sich der Bauherr zu halten hat, ist die Begrenzung seines Grundstücks.

Darüber hinaus ist zu beachten, dass ein höherer Anteil der Rendite bei US-Immobilien in Form laufender Erträge generiert wird, wodurch das Risiko niedriger ist. Das geringere Risiko von US-Immobilieninvestitionen gilt nach wie vor - auch nachdem das Zusammenschrumpfen der Renditen in den USA die Lücke zwischen US- und Europa-Investitionen kleiner werden lässt.

Sinkende Attraktivität fremdfinanzierter Immobilien

Der Einbruch des Indexes im letzten Quartal 2006 ist vor allem auf drei Faktoren zurückzuführen: Die Renditen des gesamten Sektors befinden sich einerseits auf dem niedrigsten Niveau ihrer Historie. So ist die Rendite des NCREIF-Indexes Ende 2006 auf 5,6 Prozent zurückgegangen und die Renditen vieler Immobilien sind so weit gefallen, dass sie kaum mehr über den Finanzierungskosten liegen. Dadurch ist zweitens die Anziehungskraft fremdfinanzierter Immobilien extrem gesunken. Ihre Attraktivität lag vor allem an dem Zusatzertrag, der durch die Differenz zwischen Finanzierungskosten und Rendite an ihnen verdient werden konnte. Als dritter Faktor ist die sich im Markt zunehmend verfestigende Annahme zu nennen, dass mittelfristig das Wachstum der Mieten nachgeben wird.

In einem Teil des Immobiliensektors dem Wohnungsmarkt - hat sich das Wachstum der Mieten schon wahrnehmbar verlangsamt, was vor allem auf die phänomenale Ausweitung des Angebots in den vergangenen Jahren zurückzuführen ist. Darüber hinaus ist die Verzinsung auf Wohneigentum gestiegen - wenn nicht in absoluten Zahlen, so zumindest in Relation zu anderen Sektoren. Inzwischen zeichnet sich eine Veränderung der Angebotssituation ab, weil die Baufirmen aufgrund der Krise am Häusermarkt beginnen, ihre Ressourcen abzuziehen und sich wieder stärker auf Gewerbeimmobilien konzentrieren. Die steigenden Kreditstandards und die zunehmenden Ausfälle im Hypothekenmarkt wirken sich negativ auf die Nachfrage am unteren Ende des Häusermarktes aus. Durch die schwindende Nachfrage verlangsamt sich die Preisentwicklung in diesem Bereich, während die Kapitalwerte im kommerziellen Immobiliensektor langsam wieder an Fahrt gewinnen. Dadurch bekommt die angespannte Situation am Häusermarkt für den gewerblichen Bereich des Immobiliensektors ironischerweise die Bedeutung eines Rettungsankers. Denn nur durch die dadurch ausgelöste erhöhte Aktivität auf dem Gebiet der Gewerbeimmobilien, kann dort langfristig die Balance zwischen Angebot und Nachfrage gewahrt werden. Denn während des Booms im privaten Wohnungsmarkt, der einen Großteil der Ressourcen der Bauunternehmen für sich beanspruchte, gingen die Bauvorhaben im kommerziellen Bereich zurück, was langfristig zu einem Nachfrageüberhang hätte führen können. Trotz der aktuell gegenläufigen Entwicklung wächst die Nachfrage bei den Bürogebäuden, dem größten Bereich des Gewerbeimmobiliensektors, immer noch schneller als das Angebot.

- Im ersten Quartal 2007 stieg der Anteil vakanter Gebäude zwar aufgrund der erhöhten Aktivität auf der Angebotsseite leicht an. Auf lange Sicht bleibt die Anzahl ungenutzter Bürogebäude aber auf niedrigem Niveau und die Mieten werden weiter ansteigen.

- Im Bereich der Lagerflächen hat der jüngste Anstieg der Umschlaghäufigkeit - eine Kennzahl für das Verkaufsvolumen - der Nachfrage auf die Sprünge geholfen, sodass die Mieten in diesem Bereich erwartungsgemäß auf oder leicht über dem Inflationsniveau wachsen sollten.

- Der Einzelhandelssektor ist das schwächste Glied in der Kette der Gewerbeimmobilien und weist die am wenigsten robusten Daten auf. Das ist vor allem darauf zurückzuführen, dass dieser Bereich am stärksten von den sinkenden Konsumausgaben betroffen ist, die die Krise am Häusermarkt mit sich bringt. Darüber hinaus wirkt sich das erhöhte Angebot durch die leicht erhöhte Bauaktivität der letzten zwei Jahre negativ auf die Mieten aus.

Insgesamt lässt sich also eine sehr uneinheitliche Entwicklung der verschiedenen Immobilienmarktsektoren beobachten. Ertragsstarke Märkte mit begrenztem Angebot, wie der Markt für Bürogebäude, weisen robuste Daten auf, die auf ein Wachstum hindeuten. Betrachtet man aber den gesamten Immobilienmarkt, so kann im nächsten Jahr mit einer Nullrunde des realen Wachstums der Mieten gerechnet werden.

Lohnt die Anlage noch?

Um eine Aussage für die langfristige Entwicklung der Renditen treffen zu können, gilt zu beachten: Es war weniger die Mieternachfrage, die die Renditen in den letzten Jahren so heftig getrieben hat, sondern vielmehr der Enthusiasmus der Investoren. Dies führte dazu, dass die Renditen sanken, während die Kapitalwerte in ungeahnte Höhen stiegen. Jeder neue Investor im US-Immobilienmarkt wird sich daher die Frage stellen, ob dieser Trend sich fortsetzen, einfach enden oder sich sogar ins Gegenteil umkehren wird.

Viele befürchten das Schlimmste, weil sich die Mieteinnahmen auf dem tiefsten Stand ihrer Historie befinden und kaum über den Kreditzinsen liegen. Aber eigentlich ist das nur dann alarmierend, wenn Immobilien wie festverzinsliche Papiere betrachtet werden. Wer würde dagegen schon Aktien als überbewertet bezeichnen, nur weil ihre Dividendenrendite niedriger ist als die Rendite von Anleihen? Jeder Analyst würde darauf hinweisen, dass Aktien doch wohl eher vom Kapitalzuwachs abhängen.

"Anleihe oder Immobilie" lautet also die Frage. Immobilien werden traditionellerweise als hybride Assetklasse zwischen Aktien und Anleihen angesehen. Trotzdem entsprechen sie in vielen Charakteristika doch eher Aktien als Anleihen. So sind die Einnahmen eines Immobilienportfolios klassischerweise nicht fix, weil die Mieten vom Markt abhängen und der Leerstand von Gebäuden auf das wirtschaftliche Umfeld zurückgeht.

Die Duration - ein Maß für den Zusammenhang von Preis und Zinsrate und ein anerkannter Indikator für den Anleihenstatus eines Investments - ist bei Immobilieninvestitionen sehr niedrig oder sogar negativ. Im Gegensatz zu Anleihen stellen Immobilien außerdem einen "realen" Wert dar, denn ihr nominaler Wert ist nicht fix. Wie bei Aktien verändert sich der Wert mit der Inflation und der ökonomischen Aktivität.

Bei Betrachtung von Immobilien als eine Investition in Aktien, löst sich die ganze Diskussion über eine Überbewertung des Immobilienmarktes in Luft auf. Zugegebenermaßen führen fallende Renditen zu niedrigeren erwartenden absoluten Erträgen. Davon abgesehen befinden sich die Renditen des Immobilienmarktes jedoch im Einklang mit den Renditen des Aktienmarktes, was für einen fairen Wert spricht. Im Vergleich zum Anleihenmarkt zahlen Immobilieninvestitionen immer noch eine Risikoprämie von 420 Basispunkten. Eines sollten die Investoren jedoch stets beachten: US-Mieten werden in Dollar bezahlt und Anlagen und Sicherheiten werden in Dollar gehandelt, sodass jede Investition einem Wechselkursrisiko unterliegt. Diese sind gegebenenfalls abzusichern, wobei dies ungefähr 0,85 Prozent der Performance kosten wird.

Trotz des Wechselkursrisikos stellt der US-Immobilienmarkt nach wie vor eine attraktive Investmentmöglichkeit für deutsche Investoren dar. Auch wenn keine Rekordrenditen wie in den vergangenen Jahren zu erwarten sind, können Investoren immer noch von der Liquidität und Transparenz des Marktes profitieren. Darüber hinaus zeichnet sich in einigen Untersektoren nach wie vor erhebliches Aufwärtspotenzial ab. Besonders vielversprechend ist die Entwicklung des Bürogebäudesektors.

Noch keine Bewertungen vorhanden


X