MIPIM-Special

Russlands Immobilienmärkte - gute Investitionsperspektiven auf unbekanntem Terrain

In Russland ist alles etwas größer als anderswo in Europa. Die Russische Föderation ist das flächenmäßig größte Land der Erde und wird von über 100 Völkern bewohnt. Seine Staatsgebiet erstreckt sich über Europa und Asien und liegt teilweise im Nahen und Mittleren Osten. Die Hauptstadt Moskau ist die größte Stadt in Europa und die einzige, die eine Einwohnerzahl im zweistelligen Millionenbereich vorweisen kann. Sie hat laut offizieller Statistik rund zwölf Millionen Einwohner, tatsächlich dürften es einige Millionen mehr sein.

Die Hauptstadt ist auch immer wieder gut für Rekordmeldungen aus dem Immobilienbereich - zum Beispiel für den höchsten Wolkenkratzer in Europa. Noch ist dies der Ende 2012 fertig gestellte Mercury City Tower mit rund 338 Metern. 2014 soll er vom Wolkenkratzer Federazija übertroffen werden, dessen höchster Turm 354 Meter und dessen höchste Antenne über 500 Meter erreichen soll.

In die Höhe wachsen in Russland seit dem Ende der Finanzkrise auch die Investitionszahlen. In Europa insgesamt wurden im Jahr 2013 rund 153,9 Milliarden Euro in Immobilien investiert. Von den gut zehn Milliarden Euro, die davon in Immobilien Zentral- und Osteuropas (CEE) angelegt wurden - 2012 waren es hier 7,67 Milliarden Euro - entfielen mehr als 80 Prozent auf die Märkte Russland und Polen.

Investitionsvolumen auf Allzeithoch

Mit einem Investmentvolumen von rund 5,2 Milliarden Euro bleibt Russland wie bereits in den Jahren zuvor der stärkste Markt der Region und konnte zudem gegenüber dem Vorjahr 2012 einen Anstieg des Investitionsvolumens um 40 Prozent verzeichnen. 2014 dürfte das Investitionsvolumen auf dem erreichten Niveau stabil bleiben, da das Angebot an hochqualitativen Immobilien begrenzt ist. Internationale Investoren, die zum Zuge kommen, können von der Angebotsknappheit durchaus profitieren.

Für das - bisherige - Allzeithoch 2013 waren entsprechend eher wenige, dafür aber in der Regel großvolumige Transaktionen verantwortlich. Zu den größten internationalen Investoren zählte 2013 Morgan Stanley REI: Ein von der Bank gemanagter Immobilienfonds kaufte vom Entwickler Capital Partners das Einkaufszentrum Metropolis für nach Branchenschätzungen rund 0,9 Milliarden Euro.

Diese wenigen, aber großen Deals zeigen die Bereitschaft erfahrener internationaler Investoren für Aktivitäten am dortigen Immobilienmarkt. Im Vergleich mit den etablierten westlichen Gewerbeimmobilienmärkten können sie in Moskau deutlich höhere Nettoanfangsrenditen erzielen - von um die neun Prozent im Einzelhandels- und um die 8,5 Prozent im Bürobereich für jeweils erstklassige Immobilien.

Dominanz russischer Investoren

Bisher wird der russische Immobilienmarkt allerdings vor allem von den einheimischen Investoren auf Trab gehalten. Internationale Investoren, speziell auch aus dem deutschsprachigen Raum, agieren noch sehr verhalten. Unter den ausländischen Käufern treten vornehmlich solche am russischen Markt auf, die dort bereits häufiger aktiv waren. Die Hürde für einen Ersteinstieg ist hoch. Denn das öffentliche Bild Moskaus und Russlands ist eher schlecht - Intransparenz, Korruption und Verstöße gegen die Menschenrechte prägen die öffentliche Wahrnehmung.

Das Grundvertrauen in die rechtlichen Rahmenbedingungen ist in Russland nicht besonders ausgeprägt. In den Korruptionsranglisten von Transparency International schneidet Russland schlecht ab: In der Ende 2013 veröffentlichten Liste landete Russland unter insgesamt 175 untersuchten Ländern auf Platz 127. Im aktuellen Doing Business Report der Weltbank, der misst, wie stark unternehmerische Tätigkeit in den Ländern der Erde reglementiert ist, liegt Russland auf Rang 92 von 189 Ländern. Neben diesen für Unternehmen ungünstigen Bedingungen leidet Russland unter seiner einseitigen Ausrichtung auf den Export fossiler Energie und anderer Rohstoffe.

Zwischen zwei Extremen

Eine schnelle Änderung ist nicht in Sicht, nötig dafür wäre vor allem eine Diversifizierung der Wirtschaft unter Ausweitung des Privatsektors. Prinzipiell bewegt sich hier durchaus etwas. 2013 schaffte es Russland im Weltinvestitionsbericht der Uno-Konferenz für Handel und Entwicklung erstmals unter die Top 3 der attraktivsten Standorte für ausländische Direktinvestitionen. Zurückzuführen ist dies aber wiederum vor allem auf eine ungewöhnliche Großakquisition im Sektor der fossilen Energie. Das britische Unternehmen BP erwarb nach Angaben von Spiegel Online 18,5 Prozent des staatlichen russischen Ölkonzerns Rosneft.

Zwischen den guten Perspektiven auf der einen und einem herausfordernden Terrain auf der anderen Seite bewegen sich ausländische Immobilieninvestoren, die den Schritt auf den russischen Markt wagen. Bisher sind das vor allem Anleger aus den USA, Großbritannien, der Türkei und den CIS-Staaten (Gemeinschaft unabhängiger Staaten).

Großbaustelle Moskau

Investitionsmöglichkeiten bieten in Russland beziehungsweise Moskau alle Gewerbeimmobilienarten. Moskau ist - ähnlich wie Berlin nach der Wende - mit einer großen Baustelle vergleichbar. Speziell der Bedarf an Büro- und Einzelhandelsflächen ist enorm. Zwar liegt die Leerstandsquote bei den Büros bei etwa zwölf Prozent und bei den Einzelhandelsimmobilien bei drei Prozent, doch das betrifft vor allem ältere, mäßig ausgestattete Gebäude.

Oft sind diese speziell auf den ehemaligen Nutzer zugeschnitten, sodass eine Drittverwendung schwierig ist. An Büroneubauten werden langfristig wohl zusätzliche Millionen Quadratmeter gebraucht, um die Nachfrage abdecken zu können. Im Vergleich zu Großstädten wie London und Paris steht in Moskau heute viel weniger Fläche zur Verfügung.

Einzelhandel - bald weitgehend gesättigt

Vor diesem Hintergrund liegen die Nettoanfangsrenditen für Büros in Moskau bei rund 8,5 Prozent. In Frankfurt dagegen werden nur 4,8 Prozent erreicht, in Paris 4,25 Prozent und in London sogar nur etwa vier Prozent. Investoren muss allerdings klar sein, dass die Mieten hoch volatil sind. Das gilt für Moskau nochmals stärker als für den generell volatilen Büroimmobilienmarkt. So kann es durchaus passieren, dass die Moskauer Mieten um 30 Prozent sinken, wenn die Nachfrage wegfällt.

Im Bereich Einzelhandel dürfte es in den kommenden Jahren zwar weiter Bewegung in Moskau geben. Allerdings ist hier in den letzten Jahren bereits viel passiert - getrieben von der Konsumfreude der Russen, gestiegenen Einkommen und der hohen Nachfrage internationaler Händler nach hochwertigen Shoppingcentern gab es eine Vielzahl von Projektentwicklungen, die nach und nach auf den Markt kamen und kommen. Mit den aktuell noch laufenden Bauprojekten dürfte der Markt dann weitgehend gesättigt sein. Chancen ergeben sich anschließend vor allem in kleineren Nischensegmenten, während es Großprojekte eher schwer haben dürften.

Die zur Verfügung stehende Fläche ist mit bisher nur zirka vier Millionen Quadratmetern knapp. Vor diesem Hintergrund können Investoren im Einzelhandelsbereich eine Netto-anfangsren dite von derzeit rund neun Prozent realisieren. Diese liegt damit weit über den beispielsweise in London erzielba ren fünf oder den Paris und Frankfurt realisierbaren 4,75 Prozent. Das erklärt die Bestrebung internationaler Investoren, sich die besten Einzelhandelsvorhaben in der City zu sichern.

In den Jahren nach der Wirtschaftskrise waren wenige neue Einzelhandelsimmobilien entstanden, Banken haben große Projekte nicht finanziert. Doch deren Hemmungen scheinen mittlerweile zum Großteil überwunden zu sein. 2013 wurden 265 000 Quadratmeter neu errichtet, für 2014 und 2015 ist ein Wert von einer Million Quadratmetern zu erwarten. Dazu trägt insbesondere das dann größte Einkaufszentrum in Europa bei: Ende 2014 soll der Avia Park mit rund 230 000 Quadratmetern vermietbarer Fläche fertiggestellt sein. Das Investitionsvolumen für das Center liegt bei geschätzten 550 Millionen US-Dollar.

Nicht zu kurzfristig planen

Insgesamt betrachtet, lässt sich folgendes Fazit ziehen: Trotz des bisher weiter gedämpften Wirtschaftswachstums wächst der russische Markt und professionalisiert sich. Moskau wird sich sukzessive zu einer Dienstleistungswirtschaft entwickeln - mit dem entsprechenden Flächenbedarf. Dieser Wandel vollzieht sich allerdings bisher nur langsam. Daher gilt, wer in Russland investieren will, muss eine gewisse Risikobereitschaft mitbringen und sollte nicht zu kurzfristig planen. Der Druck auf die Mieten wird erst dann spürbar steigen, wenn die Wirtschaft in Russland und damit in Moskau anzieht. Das wird aber noch nicht 2014 der Fall sein.

In Europa ist derzeit eine Vielzahl an Investoren unterwegs, die sich im Value-Add-Bereich bewegen. Für diese mehr opportunistisch ausgerichteten Investoren ist Russland in den kommenden Jahren ein interessantes Anlageziel. Wer seine Investitionen durch ein ausgeprägtes Research im Vorfeld vernünftig plant, kann am Einzelhandels- und Büroimmobilienmarkt aber auch im Logistikbereich in Moskau viele Chancen wahrnehmen und gute Renditen realisieren.

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