Geschlossene Fonds

Umwelttauglich - Nachhaltigkeit als Werttreiber

Nachhaltigkeit - im ökologischen, ökonomischen und sozialen Sinne - ist auch für die Immobilienwirtschaft ein ethischer Anspruch geworden, dem sich kaum ein Projektentwickler und Flächennutzer entziehen kann. Längst ist Energieeffizienz nicht mehr nur ein Aspekt unter vielen im Sachaufwand der Unternehmen, sondern stellt einen erheblichen Aktivposten im Marketing dar. Folglich streben allerorten Gebäude in die Höhe, die für sich den Anspruch erheben, "grün" zu sein. Längst haben auch die Initiatoren von Fonds für private und institutionelle Anleger erkannt, dass "Nachhaltigkeit" eine neue, gut zu verkaufende Sparte ist. Und heftig konkurrieren in Europa diverse Zertifikate, die irgendwie Nachhaltigkeiten bewerten, benoten, attestieren.

Dabei ist die Immobilienwirtschaft überzeugt: Ohne Zertifikat geht es nicht mehr. Denn nicht nachhaltige Gebäude werden künftig keine Nachfrager finden, weil beispielsweise die höhere Energieeffizienz von heute der selbstverständliche Standard von morgen ist (siehe hierzu auch Seite 56 in diesem Heft). Dem kann sicherlich vorbehaltlos zugestimmt werden. Auch am ökologischen, kaufmännischen und gesellschaftlichem Sinn eines schonenden Umgangs mit den natürlichen Ressourcen besteht kein Zweifel.

Misstrauisch sollten Investoren und Mieter jedoch angesichts der Vielfalt der Zertifikate werden. Es hat den Eindruck, dass inzwischen (fast) jede Immobilie irgendein Prädikat bekommen kann, das ihr auf irgendeinem Feld besondere Nachhaltigkeit attestiert. Auch aus anderen Bereichen des täglichen Lebens ist der kreative Umgang mit Testaten bekannt: So muss auch bei den hochgeschätzten Qualitätsurteilen der Stiftung Warentest sehr genau geschaut werden, auf was und auf welchen Zeitpunkt sich die Benotung bezieht und wie das Produkt im Vergleich zu den anderen Angeboten abgeschnitten hat. Dies gilt auch für die diversen Nachhaltigkeitszertifikate in der Immobilienwirtschaft.

Denn die Zertifikate sind pures Geld wert. Laut einer Im Frühjahr 2010 veröffentlichten Studie des Analysehauses Fonds-Media im Auftrag von Hesse Newman Capital erzielen sogenannte "Green Buildings" um bis zu 13,1 Prozent höhere Mieteinnahmen als andere Gebäude. Damit verbunden ist eine erheblich höhere Wertsteigerung. Jüngst hat die Royal Institution of Chartered Surveyors die Auswirkungen von Energiezertifikaten bei Wohnimmobilien in den Niederlanden untersucht und festgestellt, dass diese den Wert des Gebäudes um 2,8 Prozent erhöhen.

Doch Zertifikate sind nicht geregelt. Daraus ergibt sich durchaus ein Interessenkonflikt. Denn der Wert eines Zertifikats bemisst sich nicht nach seiner inhaltlichen Qualität, sondern nach seiner Bekanntheit. Mieter und Investoren werden also darauf achten, dass die Immobilien ein Zertifikat besitzen, das möglichst weit verbreitet und wenig erklärungsbedürftig ist. Das wissen auch die Aussteller der Zertifikate, denen deshalb daran gelegen ist, möglichst viele Immobilien zu zertifizieren. Allzu strenge Maßstäbe hinsichtlich der Qualität könnten bei der Verfolgung dieses Ziels hinderlich sein.

Wichtig wäre, die Qualität zum Beispiel der Energieeffizienz und Ressourcenschonung im Lebenszyklus der Immobilie differenziert zu benennen. Eine Klassifizierung kann eine Orientierung bieten. Allein ist sie jedoch noch kein Ausweis von unternehmerischer Verantwortung. Vielmehr muss auch die "grüne" Qualitätsverbesserung für die Mieter Kostenvorteile und für die Käufer höhere Erträge bringen. L. H.

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