Immobilie als Asset

Sind steigende Mieten ein Problem?

Kaum hatte das Statistische Bundesamt die aktuellen Zahlen veröffentlicht, aus denen hervorgeht, dass die Wohnungsmieten im bundesdeutschen Durchschnitt in den vergangenen Jahren kaum gestiegen sind, meldeten sich die Mieterverbände zu Wort: Man dürfe aus diesen Daten nicht die Folgerung ziehen, dass die Mietsteigerungen kein Problem darstellten. Die Durchschnittswerte hätten eine nur geringe Aussagekraft, da hierdurch verdeckt werde, dass in den Metropolen die Mieten deutlich gestiegen seien. Auch eine von Verbänden der Bauindustrie, Bauträgern und Deutschem Mieterbund getragene Initiative warnte eindringlich vor einer neuen Wohnungsnot und forderte die Wiedereinführung von massiven Steuervorteilen.

Die Fakten: Laut den Daten des Statistischen Bundesamtes ist die Leerstandsquote in Deutschland gegenüber der letzten Erhebung aus dem Jahre 2006 sogar gestiegen, und zwar von 8,0 auf 8,6 Prozent. Eine Leerstandsquote von fast neun Prozent ist mit Sicherheit kein Indiz für eine Wohnungsnot. Die realen Ausgaben der Bundesbürger für die Mieten blieben in den Jahren 2006 bis 2010 etwa gleich. Die Mietbelastung, das heißt der Anteil der Bruttokaltmiete am verfügbaren Haushaltsnettoeinkommen, betrug im Jahre 2010 durchschnittlich 22,5 Prozent - ein im internationalen Vergleich niedriger Wert.

Wenn der Mieterbund darauf hinweist, dass die Mieten in Metropolregionen - so etwa in Berlin - stärker gestiegen seien, dann ist das richtig. Aber dies war auch notwendig, da die Mieten hier über einen langen Zeitraum stagnierten. Dies wiederum hatte zur Folge, dass die Neubautätigkeit praktisch zum Erliegen gekommen war. Dies ändert sich jetzt langsam - und zwar deshalb, weil die Mieten steigen und sich daher der Neubau wieder eher lohnt.

Wer daher jetzt fordert, den Anstieg der Mieten durch neue Gesetze zu dämpfen, der bereitet damit dann tatsächlich den Boden für eine neue Wohnungsnot. Niemand wird neu bauen, wenn sich dies wirtschaftlich nicht lohnt, weil die Mieten so niedrig sind, dass sich die Gestehungskosten eines Mehrfamilienhauses aus den Mieterträgen nicht refinanzieren lassen. Worauf die Mieterverbände hinweisen, nämlich eine Spreizung in der Mietentwicklung - Anstieg in den Metropolen, Rückgang in ländlichen Gebieten -, beschreibt die Situation richtig; nur sind die Folgerungen, die daraus gezogen werden, falsch.

Die steigenden Mieten haben mehrere positive Wirkungen: Erstens werden wieder deutlich mehr Mehrfamilienhäuser gebaut, und dies, obwohl die steuerlichen Förderungen hierfür im Jahr 2006 gestrichen wurden. Zweitens steigt auch die Eigentumsquote in Deutschland so stark wie schon lange nicht mehr. Allein in den Jahren 2006 bis 2010 stieg sie um vier Prozentpunkte. Auch dies ist nicht zuletzt ein Ergebnis der steigenden Mieten.

Der Ruf nach einer weiteren Senkung der Kappungsgrenze, wie vom Deutschen Mieterbund gefordert, ist also ebenso verfehlt wie die Forderung nach einer Wiedereinführung der degressiven Abschreibung. Die steigenden Mieten sind kein Problem, sondern sie sind Teil der Problemlösung, weil sie dazu führen, dass der Neubau dort angekurbelt wird, wo es notwendig ist, nämlich in den Metropolen. Es wäre absurd, in einer Situation, da es bundesweit 8,6 Prozent Leerstand gibt, flächendeckend Steuervorteile einzuführen, um den Neubau anzureizen.

Rackham Schröder, Geschäftsführer, Engel & Völkers Gewerbe Berlin GmbH & Co. KG, Berlin

Noch keine Bewertungen vorhanden


X