Expo Real Messeausgabe

Stadtbilder prägen - Möglichkeiten der Flächenentwicklung

Dass die Entwicklung innerstädtischer Brachflächen zu erfolgreichen Stadtquartieren eine komplexe Aufgabe ist, ist nicht neu. Verändert haben sich jedoch in den vergangenen Jahren die Kriterien, an denen sich der Erfolg solcher Projekte messen lassen muss. Besonders vier Faktoren sind es, die einem erheblichen Wandlungsprozess unterworfen sind.

- Erstens: Transparenz. Die Anforderungen hier sind erheblich gestiegen und gelten für den gesamten Planungsprozess zwischen Kommune und Grundstückseigentümer beziehungsweise Flächenentwickler. Nur transparentes, zuverlässiges Agieren aller Beteiligten führt zu Vertrauen und Akzeptanz. Das bedeutet zum Beispiel, dass die jeweiligen Einschätzungen über Chancen und Risiken, insbesondere die eigenen Restriktionen offengelegt werden.

- Zweitens: Projektziele und Projektstruktur. Der Zuwachs an Akteuren und Stakeholdern in den vergangenen Jahren erfordert mehr denn je ein versiertes Projektmanagement. Deshalb sind Projektziele sowie eine gute Projektstruktur in Aufbau und Ablauf unabdingbar. Ent-scheider-/Lenkungsebene und Arbeitsebene sind zu unterscheiden. Die Organisationseinheiten treffen sich regelmäßig und nehmen ihre jeweilige Verantwortung im Projekt wahr. Besprochene Maßnahmen werden umgesetzt. Die Entscheider rückkoppeln sich, soweit erforderlich, mit ihren Aufsichtsorganen (zum Beispiel Aufsichtsrat und Gemeinderat). Der Projektfortschritt wird vorausschauend geplant und zeitnah dokumentiert.

- Drittens: Städtebauliche Verantwortung. Jeder Flächenentwickler muss sich seiner identitätsstiftenden Rolle für ein Stadtbild bewusst sein und sich dieser Verantwortung stellen. Das ist im Übrigen kein Selbstzweck, sondern ein Zeichen guter Produktpolitik. Schließlich sollen die Menschen in den künftigen Quartieren gerne leben und arbeiten. Die Ausdrucksformen dafür sind vielfältig, zum Beispiel ausgewogene Nutzungsmischung, stadträumliche Integration in die Nachbarschaft, technische Voraussetzungen für nachhaltige Energieversorgung, hochwertige Grünflächen, soziale Infrastruktur, Anbindung an den ÖPNV.

- Viertens: Kommunikation. Eine der zentralen Herausforderungen erfolgreicher Projektentwicklung ist die bestmögliche Kommunikation mit allen Anspruchsgruppen. Die intensive und partnerschaftliche Kommunikation mit Politik und Verwaltung steht an erster Stelle. Allerdings haben wir es zunehmend mit dem Phänomen der Verlagerung politischer Entscheidungswege zu tun - weg von den Parlamenten und Parteien hin zu projektbezogen agierenden Interessengruppen und Allianzen, die sich permanent neu formieren. Die geübten politischen Entscheidungswege reichen somit nicht mehr aus. Jedes städtebauliche Projekt lässt sich in der Regel in folgende Projektschritte unterteilen: Grundlagenermittlung und Festlegung der Prozessstrukturen, Konzeptentwicklung und Visualisierung einer städtebaulichen Vision, städtebauliche Rahmenplanung, Schaffung von Planungsrecht (in der Regel über einen Bebauungsplan) und Realisierungsmanagement. Insgesamt kommt der ersten Phase, der Grundlagenermittlung, eine zentrale Rolle zu: Gerade hier, wo Ausgangsdaten des Grundstücks ermittelt werden, werden auch die Strukturmerkmale der Stadt herangezogen. Hierzu zählen unter anderem eine Standortanalyse, die soziodemografische Faktoren des Umfeldes einbezieht, die Historie des Geländes, die Einbindung in bestehende Infrastruktur, die Bodensituation, die aktuelle Bebauung auf der Fläche inklusive möglicher Denkmalschutzauflagen sowie die Orientierung an der Nachbarbebauung.

Projektstruktur

Gleichzeitig werden hier auch erste Berechnungen zur Wirtschaftlichkeit angestellt und die Marktnachfrage am Standort erforscht. Schon in dieser frühen Phase können erste Interessenkonflikte auftreten. Sie sind dann gut zu bewältigen, wenn Klarheit in die Kriterien und Wege der Entscheidungsfindung gebracht wird und sich Kommune und Entwickler als Partner verstehen.

Die beiden darauf folgenden Phasen sind nur schwer voneinander zu trennen. Im Zuge der Konzeptentwicklung wird auf der Basis der vorangegangenen Analysen und Machbarkeitsstudien die städtebauliche Idee erarbeitet und in erste Strukturen gefasst. Rahmenvereinbarungen legen die Eckpunkte der Zusammenarbeit fest und sind eine wesentliche Basis für die weitere Strategie. Die Ausarbeitung folgt in der städtebaulichen Rahmenplanung. Einer der wichtigsten Erfolgsfaktoren dabei ist ein robustes städtebauliches Konzept, das über den gesamten Entwicklungszeitraum die Chance zulässt, auf veränderte Situationen und Markterfordernisse flexibel reagieren zu können. Wichtig für die Attraktivität und damit die Akzeptanz eines Quartiers ist die Herausbildung einer identitätsstiftenden Mitte, die Orientierung schafft. Diese Mitte kann durch eine besondere Qualität des öffentlichen Raumes, also durch einen Platz, einen Straßenzug oder öffentliches Grün gebildet werden.

Nutzungsmischung statt Monostruktur

Ohnehin ist die Nutzungsmischung ein maßgeblicher Aspekt im gelungenen Städtebau, monofunktionale Gebiete entsprechen nicht mehr den zeitgemäßen Anforderungen. Soziale Infrastruktur wird zu einem frühen Stadium gefordert, Wohnen und Arbeiten wird zunehmend vertikal (Handel, Dienstleistung oder Freizeit im EG, Wohnen in den darüberliegenden Geschossen) oder horizontal (also pro Nutzung ein Gebäude) gemischt. Von besonderer städtebaulicher Anziehungskraft sind "öffentliche" Nutzungen im Erdgeschoss, darüber entweder Wohnen oder Büro. Aber auch in einem monofunktionalen Gebiet ist der Siedlungsbau Geschichte. Moderne städtebauliche Planungen sehen beispielsweise in Wohngebieten ein vielfältiges Angebot an Bebauungsstrukturen und unterschiedlichen städtebaulichen Modellen mit verschiedenen Haus- und damit Wohnungstypen vor, die die differenzierten Raum- und Wohnbedürfnisse von heute befriedigen können. In den folgenden beiden Schritten - Schaffung von Planungsrecht und Realisierungsmanagement - werden die Entscheidungen der ersten drei Schritte "nur noch" operationalisiert. Bei der Umsetzung ist allerdings darauf zu achten, dass die abgestimmte Vision bereits im ersten realisierten Bauabschnitt sichtbar wird.

Zielgruppen und ihre Ansprüche

Die Meinungsbildung findet nicht mehr ausschließlich vermittelt über die Volksvertreter statt. Zwar bleiben Politik und ihre Gremien Schnittstelle der Kommunikation, aber die Anforderungen haben sich erhöht. Bürger möchten heute unmittelbar und ohne politischen Filter wissen, was an ihrem Standort passiert. Gleichzeitig wollen sie ihre Standpunkte einbringen. Jeder Einzelne, der an einem Standort interessiert ist, kann als Befürworter oder Gegner eines Projektes aktiv werden. Wichtig ist dabei im Auge zu behalten, dass makro-orientierte Interessen der Stadtentwicklung nicht von mikro-orientierten Partikularinteressen überdeckt werden.

So steckt in nahezu jedem städtebaulich relevanten Projekt das Potenzial eines vorab schwer zu kalkulierenden Kommunikationsaufwands. Ein aktives und frühzeitiges Einbinden relevanter Anspruchsgruppen und die schon mehrfach angesprochene Transparenz können jedoch dafür sorgen, dass Meinungsunterschiede und Interessenkonflikte frühzeitig benannt und gelöst werden. Natürlich gibt es Gegensätze zwischen den unterschiedlichen Anspruchsgruppen. Politik, Verwaltung, Eigentümer, Anwohner und weitere Beteiligte beurteilen soziodemografische Faktoren, Erfordernisse der Infrastruktur, Wirtschaftlichkeit sowie weitere Aspekte der städtebaulichen Planung nach ihrem jeweils persönlichen Blickwinkel. Daraus können durchaus berechtigte Anforderungen entstehen. Sie im Bereich des Möglichen aufzunehmen, setzt Kompromissbereitschaft auf allen Seiten voraus, reduziert aber die Gefahr, dass in einem laufenden Bauleitplanverfahren plötzlich Kritik und eine zersplitterte Interessenslage entstehen.

Große Bau- und Infrastrukturprojekte können zukünftig nur noch dann durchgesetzt werden, wenn sie in dialogorientierten Verfahren transparent gemacht und mit den interessierten Gruppen vorab diskutiert werden. Diese Methode ist zwar mit einem höheren zeitlichen, finanziellen und personellen Aufwand verbunden, im Ergebnis aber zielführender und konfliktfreier als der Versuch, Beteiligungsinteressen zu ignorieren. Es wurden gute Erfahrungen damit gemacht, Gesprächsplattformen aus mehrstufigen öffentlichen Veranstaltungen zu schaffen.

Voraussetzung für den Dialog ist jedoch, dass Spielregeln definiert und akzeptiert werden. Ergebnisse werden dargestellt, das Verfahren der direkten Beteiligung wird jedoch auch klar abgeschlossen. Das heißt nicht, dass die Kommunikation dann eingestellt wird - diese läuft selbstverständlich im gesamten Entwicklungsprozess weiter. Es bedeutet aber, dass ein Punkt definiert wird, an dem Planungen beendet sind und Entscheidungen getroffen beziehungsweise umgesetzt werden. Und das dann im konstruktiven Zusammenspiel aller Partner.

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