Im Blickfeld

Schwere Zeiten für Einzelkämpfer

Lange Zeit waren Projektentwickler Einzelkämpfer. Sie haben am liebsten alleine und unabhängig von anderen Parteien gearbeitet. Jetzt zeichnet sich jedoch eine Trendwende ab. Partnerschaften mit anderen Entwicklern stehen die Unternehmen zunehmend offener gegenüber. Das hat mehrere Gründe - und viele Vorteile. Ein wesentlicher Antrieb dafür, dass die Hemmschwelle zum Joint Venture sinkt, sind die veränderten Finanzierungsbedingungen. Denn durch Regulierungsmaßnahmen wie Basel III wird es für Projektentwickler schwieriger, an die nötigen finanziellen Mittel zu gelangen. Insbesondere die höheren Eigenkapitalstandards für Banken wirken sich dabei negativ aus, weil sich die Kreditinstitute künftig vor allem bei der Finanzierung kapitalintensiver Großvorhaben zurückhalten werden.

Für Projektentwickler heißt das, dass sie immer seltener in das Raster der Banken passen. Selbst wenn ein Developer langjährige Erfahrungen, ein hochwertiges Projekt und eine entsprechend hohe Vorvermietungsquote vorweisen kann, fordern die Geldinstitute Eigenkapitalsätze von durchschnittlich 30 Prozent - eine Summe, die viele Projektentwickler alleine nicht aufbringen können oder nicht für ein einzelnes Vorhaben binden möchten. Entwickler sind somit stärker auf alternative Finanzierungsinstrumente angewiesen.

Weil Projekte aber insbesondere in den frühen Planungsphasen mit einem vergleichsweise hohen Risiko verbunden sind, ist es häufig schwierig, einen geeigneten Investor zu finden. Joint Ventures zwischen zwei oder mehreren Entwicklern bieten deshalb eine gute Möglichkeit, um die Lücke zwischen den Eigenkapitalvorgaben der Banken und den verfügbaren Eigenmitteln zu schließen. Aus Sicht der Banken sind die Projektgemeinschaften auch deshalb von Vorteil, weil das Ausfallrisiko bei zwei oder mehr Partnern geringer ist und der Track Record nochmals verbessert wird.

Die Zusammenarbeit mit anderen "Vollblut-Projektentwicklern" bietet aber nicht nur mit Blick auf die Finanzierung Vorteile. Ein weiteres Plus ist das erweiterte Know-how. Denn die "Königsdisziplin der Immobilienwirtschaft" ist geprägt durch eine Vielzahl unterschiedlicher Wertschöpfungsprozesse zwischen der Idee und der Fertigstellung: von der Standortauswahl und Grundstücksicherung über die Wahl von Architekt und Bauunternehmen bis hin zur baulichen Realisierung und Vermietung beziehungsweise Veräußerung des Objektes.

Projektierer müssen nicht nur das nötige Fachwissen mitbringen, wenn es um spezifische Nutzungsarten wie Shoppingcenter, Bürogebäude oder Fachmarktzentren geht. Auch die lokalen Kenntnisse sind von wesentlicher Bedeutung. So funktioniert zum Beispiel nicht jedes Einzelhandelskonzept an jedem Standort gleich gut. Die spezifischen Bedingungen vor Ort müssen berücksichtigt und lokale Besonderheiten beachtet werden. Deshalb ist es sinnvoll, einen Spezialisten mit ins Boot zu holen, der sich mit den Eigenheiten des Ortes auskennt, über eventuelle Hindernisse informiert ist und mögliche lokale Risiken einschätzen kann.

Ein Projektentwickler, der vor Ort sehr gut vernetzt ist, ist aus einem weiteren Gesichtspunkt von Vorteil: Er kann als Türöffner zu den ansässigen Akteuren aus Politik und Verwaltung fungieren. Denn weil es immer weniger Möglichkeiten gibt, beispielsweise integrierte Shoppingcenter zu entwickeln, gewinnen gute Beziehungen zu Stadt und Verwaltung an Bedeutung.

Und auch ein gutes Verhältnis zu den Bürgern wird immer wichtiger. Denn mit der öffentlichen Zustimmung zu einem Vorhaben steht und fällt das gesamte Projekt. Hier haben lokale Entwickler in der Regel einen Vorteil gegenüber solchen, die in einem Ort oder einer Region noch unbekannt sind. Denn Letztgenannten begegnen die Bürger häufig mit Skepsis: Sie haben Bedenken, dass es sich möglicherweise um reine "Heuschrecken" und "Finanzhaie" handelt, die keine Rücksicht auf die Belange der Bewohner nehmen.

Lokalen Entwicklern trauen die Bürger hingegen eher zu, dass sie auf die Geschichte und die Besonderheiten des Ortes eingehen und kein Einzelhandelskonzept von der Stange über den Ort stülpen wollen. Vor allem für große Entwickler kann es deshalb sinnvoll sein, mit einem kleineren, lokalen Partner zusammenzuarbeiten.

Statt sich jahrelang die Zähne an einem Projekt auszubeißen, das am Ende doch nicht alleine zu stemmen ist, sollten Entwickler von Anfang an auf Teamwork setzen. Das vereinfacht nicht nur die Finanzierung und minimiert das Risiko - auch Synergieeffekte lassen sich besser nutzen. Denn bei der Projektentwicklung ist Fachwissen in den unterschiedlichsten Gebieten gefragt. Indem sich Developer zusammentun und jeweils Experten aus unterschiedlichen Disziplinen beisteuern, können Kenntnisse in allen Spezialgebieten der Projektentwicklung vereint werden. Dabei sind gegenseitiges Vertrauen und eine offene, transparente Kommunikation unabdingbar. Letzten Endes gilt aber: Es muss sich nicht um eine Liebesheirat handeln - eine Zweckgemeinschaft auf Zeit tut es manchmal auch.

Bernhard Schoofs, Geschäftsführer, Wegner & Schoofs GmbH, Köln

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