Unternehmensstrategie

"Wir sind auf höhere Eigenkapitalansprüche eingestellt"

Wie sieht ein internationaler Projektentwickler die aktuelle Lage der Immobilienwirtschaft?

Die Situation ist eine unverändert schwierige. Derzeit ist nur mit Gewissheit festzustellen, dass sich das Umfeld sehr rasant verändert. Aussagen, die heute gelten, können morgen schon nicht mehr stimmen. Dies macht es seit nunmehr einigen Monaten für alle Akteure im

Immobilienmarkt sehr schwer. Prognosen wagt noch immer keiner wirklich zu geben. Und falls doch, so sind die Einschätzungen nicht belastbar, sondern hoch spekulativ.

Insgesamt aber ist die Stimmung in der Branche nicht ausschließlich negativ. Wir haben uns natürlich mit den Themen einer anhaltenden Finanzmarktkrise auseinanderzusetzen, die massive Auswirkungen auf die Immobilienwirtschaft hat. Das Problem ist nicht, dass es keine Liquidität gäbe, sondern dass die vorhandene Liquidität der Immobilienwirtschaft nicht zur Verfügung gestellt wird.

Die Vertrauenskrise, die von den Banken ausging, ist noch nicht überwunden. Es stellt sich die Frage, wie lange dieses Misstrauen in den Finanzmärkten noch anhält und was in der Zwischenzeit passiert. Als Projektentwickler fragen wir uns: Werden Bauvorhaben überhaupt noch finanziert und unter welchen Bedingungen? Das ist aktuell noch immer schwer einzuschätzen, entsprechend gedrückt ist die Stimmung. Trotzdem sollten wir weiterhin Ruhe bewahren. Die Immobilienwirtschaft kann die akuten Probleme an den Finanzmärkten nicht lösen, aber sie kann ihren Beitrag dazu leisten, dass sich die Situation nicht verschärft.

Inwieweit ist Hochtief von der Finanzmarktkrise betroffen?

Wir haben eine sehr breite und gut gefüllte Projekt-Pipeline mit Bauvorhaben unterschiedlichen Reifegrades. Diese sind sehr stabil finanziert. Somit besteht für die nächsten zwei bis drei Jahre noch kein Akquisitionsdruck. Deshalb schauen wir noch recht entspannt in die Zukunft. Künftige Projekte werden von uns aber noch dezidierter geprüft als bisher.

Dennoch sind es weniger die Finanzierungsaspekte, die uns beschäftigen. Für uns viel interessanter ist, wie sich die Finanzmarktkrise auf die Konjunktur und damit auf unsere Mieter auswirkt. Hier wird es wohl einige Effekte geben, die unsere vor einigen Wochen noch gültigen Umsatzprognosen infrage stellen dürften. So werden wir uns sehr genau ansehen müssen, ob die Wachstums- und Expansionspläne der Unternehmen noch Bestand haben. Insbesondere im ersten Quartal 2009 heißt es, die gesamtwirtschaftliche Entwicklung in unseren Zielmärkten und die jeweiligen Geschäftsaussichten der für uns relevanten Kunden sehr genau zu beobachten.

Zusammenfassend können wir sagen: Die Produktion ist - auch für die nächsten Jahre - ausgelastet. Die Finanzierung ist gesichert. Entscheidender für uns ist aber, wie die Finanzmarktsituation das Kundenverhalten beeinflusst.

Würden Sie einen Konjunkturausblick auf 2009 wagen?

Man muss wohl stets zwischen einer belastbaren, an Statistiken und Zahlen verifizierbaren Konjunktur und einer gefühlten Konjunktur unterscheiden. Beides kann sehr stark voneinander abweichen. Gesichert ist, dass es einige Käuferschichten wie Private-Equity-Fonds, die mit hohem Fremdkapitaleinsatz auf den Immobilienmärkten einkauften, so nicht mehr gibt. Weiterhin am Markt aktiv sind die klassischen Immobilieninvestoren, die mit Eigenkapital Objekte erwerben können. Darunter

fallen zwar einige Offene Immobilienfonds, die deutlich an Liquidität verloren haben und deshalb sehr viel zurückhaltender agieren, aber es gibt auch andere Fonds, die jetzt durchaus zukaufen können und wollen.

Für uns Projektentwickler bedeutet die Verschiebung auf dem Investorenmarkt, dass wir es jetzt fast ausschließlich mit den altbekannten Käuferschichten zu tun haben. Diese verfolgen ein viel langfristigeres Geschäftsmodell als die opportunistischen Fonds und stellen an ihre Zielobjekte entsprechende Anforderungen zum Beispiel in Bezug auf die Nachhaltigkeit des Miet-Cash-Flows. Wer sein Produktspektrum zu sehr an den Bedürfnissen der hoch fremdfinanzierten Erwerber ausgerichtet hatte, wird sich jetzt beim Absatz schwer tun.

Bei der gefühlten, der emotionalen Konjunktur wird dagegen versucht, eine etwas konzentrierte Marktposition auszuleben, um es vorsichtig auszudrücken. Zwischen diesen beiden Polen bewegt sich im Allgemeinen die Wachstumseinschätzung der Marktteilnehmer.

Für Hochtief erweist es sich heute als Vorteil, dass wir die eigenkapitalstarken Investoren als unsere traditionellen Kunden nie vernachlässigt haben. Auch dann nicht, als bis Mitte 2007 ein Verkäufermarkt bestand, in dem sich Kaufinteressenten soweit überboten, dass klassische Immobilieninvestoren mit ihren Geschäftsmodellen, ihren Renditeansprüchen und ihren Refinanzierungsmöglichkeiten nicht mehr zum Zuge kamen. Uns war bewusst, dass sich dies auch wieder ändern wird und dass wir deshalb auch für diese Kunden weiterhin Produkte anbieten müssen. Dies erklärt einen Teil unserer Reputation, die uns im aktuellen Käufermarkt vielleicht ein Stück weit hilft.

Welche Vorteile hat das Geschäftsmodell Ihres Hauses im aktuellen Marktumfeld?

Hochtief ist ein klassischer Trader-Developer, das heißt wir kaufen Grundstücke, sorgen für ein entsprechendes Baurecht, wählen die Architektur und suchen vor dem physischen Baubeginn die späteren Nutzer. Wenn die gewünschte Vorvermietungsquote erreicht ist, verkaufen wir das Projekt. Im ungünstigsten Fall wird erst das fertige Gebäude veräußert.

Aber wir realisieren nur solche Objekte, bei denen wir überzeugt sind, dass sie auch nach Fertigstellung marktgängig sind und der erzielbare Preis kosten- und margedeckend ist. Insofern bestimmen wir durch eigenes Investment unsere Auftragslage und unsere Geschäftsperspektiven selbst und sind nicht wie ein Fee-Developer von den Aufträgen Dritter abhängig. Sollte es erforderlich sein, können wir unsere Immobilien auch selbst vermieten und betreuen bis die entsprechende Nachfrage zurückgekehrt ist.

Aber wie hoch ist dann ihre Abhängigkeit von den Finanzmärkten? Wie spüren Sie das aktuelle Umfeld?

Wir bringen in unsere Projekte traditionell etwa 20 Prozent Eigenkapital ein und nehmen 80 Prozent Fremdkapital auf. Je nach Projektphase und -qualität kann dieses Verhältnis erheblich schwanken. Beim Grundstücksankauf haben wir zwar schon Konzepte und Vorstellungen zur künftigen Bebauung und Nutzung des Areals, können aber naturgemäß noch keine überprüfbaren und für eine Kreditentscheidung relevanten Kennzahlen liefern. Deshalb erwerben wir die Flächen zumeist mit Eigenkapital. Aber sobald die Vorvermietungsquote erfüllt ist, werden die Fremdmittel besorgt.

Ob dieses 20-80-Verhältnis auch in Zukunft noch darstellbar ist, wird sich zeigen müssen. Im Moment erleben wir eine Konzentration auf der Anbieterseite für Fremdfinanzierungen. Dies wird nicht ohne Folge für die Konditionen bleiben. Wir erwarten, dass die Eigenkapitalanforderungen weiter steigen werden. Deshalb rechnen wir unsere Projekte inzwischen unter wesentlich konservativeren Annahmen und planen mehr Eigenmittel ein, als wir das noch vor ein paar Wochen oder Monaten getan hätten. Wir sind auf höhere Eigenkapitalanforderungen eingestellt.

Wollen sie künftig auch neue Finanzierungsinstrumente nutzen? Welche wären das?

Einige Häuser konzipieren derzeit Projektentwicklungsfonds. Diese Modelle sind spannend. Gleichwohl gibt es noch einige offene Fragen zum Beispiel bezüglich der Platzierung. Im Moment beobachten wir diesen Markt. Wenn diese Produkte kommen, dann sehen wir uns durchaus als idealen Partner für diese Fonds-Konzeptionisten, denn wir haben das nötige Developer-Know-how, die richtige Größe und die breite Aufstellung in Europa. Ein Projektentwicklungsfonds, der zunächst ein Blind-Pool ist, hat es einfacher, wenn er einen verlässlichen Partner hat, der auch bei Bedarf das gewünschte Produkt für die Fondszeichner liefern kann.

Die zweite Möglichkeit der Kapitalbeschaffung ist das Joint Venture. Diese Option prüfen wir bei Projekten, die eine kritische Größe übersteigen oder wo es vorteilhaft beziehungsweise notwendig ist, einen lokalen Partner einzubinden. Joint Ventures sind aber kein wesentlicher Bestandteil unseres Geschäftsmodells. Normalerweise schaffen wir es auch im heutigen Kapitalmarktumfeld, Projekte mit unserem Eigenkapital anzuschieben und dann mit Bankkrediten fertigzustellen. Unser Rendite-Risiko-Profil reichte dafür bislang auch immer noch aus.

Hochtief hat in den vergangenen

Jahren sehr stark in Richtung Osteuropa expandiert. Polen, Tschechien, Ungarn, jüngst Russland sind als Märkte hinzugekommen. Wird jetzt etwas kürzer getreten oder wollen sie weitere Märkte erschließen?

Wir haben einen eigenen Stab von Mitarbeitern, die sich mit dem Screening von möglichen neuen Zielmärkten befassen. Diese spezielle "Pfadfindergruppe" haben wir installiert, weil wir bei unserer Expansion nach Polen und Tschechien Ende der neunziger Jahre gemerkt haben, dass wir in diesen Märkten ein bis zwei Jahre zu spät waren. Wir meinten damals, dass wir in diese Länder erst gehen, wenn wir vor Ort eine Projektentwicklung stabilisiert haben. Heute wissen wir, dass ein Projektentwickler nicht mit dem Investor, sondern vor ihm in dem Land aktiv sein muss, um den Markt für den Kunden vorzubereiten.

Derzeit sehen wir uns die Türkei intensiver an. Wir haben einen ersten Blick nach Bulgarien geworfen. Die jüngste Markteintrittsstudie ist für die Ukraine erstellt worden. Um in einem neuen Markt erfolgreich zu starten, braucht es das richtige Zeitfenster und die richtigen Personen. Letztere zu finden, ist die schwierigere Aufgabe. Erforderlich ist eine personelle Doppelspitze aus einem Muttersprachler mit exzellenten lokalen Marktkenntnissen, dem sie aber einen mit der Geschäftsphilosophie und der Unternehmenskultur vertrauten Mitarbeiter aus dem Mutterkonzern an die Seite stellen müssen, um die Marktbearbeitung auch im eigenen Sinne steuern zu können. Am Ende muss alles passen, also "Hochtief-kompatibel" sein.

Welche Perspektiven sehen Sie für Hochtief?

Die Geschäftsaussichten des Unternehmens sind gut. Mehr dazu zu sagen, wäre unseriös, denn die Prozesse und Entwicklungen, die wir momentan sehen, sind so komplex, dass sie wohl kaum einer in der gesamten Breite und Tragweite überschauen kann.

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