VIRTUELLE IMMOBILIENMÄRKTE

ENGMASCHIGE BEGLEITUNG VON PROJEKTENTWICKLERN ALS ERFOLGSKONZEPT FÜR DIGITALE IMMOBILIENFINANZIERUNGEN

Tobias Barten, Foto: EV Digital Invest GmbH

Die Immobilienbranche ist nicht nur konservativer, sondern vielfach auch noch deutlich analoger aufgestellt als andere große Branchen. Mittlerweile aber stehen etwa Projektentwicklern im Bereich der Finanzierung ja durchaus innovative Wege offen, Stichwort "Crowdinvesting". Die Zahl der Projektentwickler, die die Vorteile einer solchen digitalen Finanzierungsplattform nutzt, ist nach Beobachtung des Autors allerdings immer noch die Minderheit - die Scheu vor dem Neuen sei zum Teil sehr hoch. Wie sich das Problem beheben lässt, ist Gegenstand des folgenden Beitrags. Red.

Projektentwickler sehen sich häufig mit dem Problem konfrontiert, dass Vorhaben in der Anfangsphase einer Entwicklung ausschließlich aus Eigenkapital finanziert werden müssen, bis die Finanzierungsfähigkeit durch ein Kreditinstitut gegeben ist. Die Finanzierungszusage ist dabei abhängig von einer Eigenkapitalquote von etwa 20 Prozent. Wenn vom Unternehmen mehrere Projekte parallel realisiert werden, kann das eine Herausforderung sein, weil so in der Summe ausgesprochen viel Eigenkapital benötigt wird. Oder aber es handelt sich um ein junges Unternehmen, das zwar ein tolles Projekt und einen prinzipiell realistischen Wirtschaftsplan, aber kein oder kaum Eigenkapital hat.

Keine Konkurrenz der Banken

In solchen Fällen kann Mezzanine-Kapital die Lösung sein. Mittlerweile gibt es zunehmend digitale Plattformen, die dieses zur Verfügung stellen. Anbieter solcher Lösungen sehen sich nicht als Konkurrent der Banken, sondern als digitaler Kooperationspartner, der zur Gesamtfinanzierung von Projektentwicklungen beiträgt und den Projektentwickler auch in weiteren Geschäftsbereichen entlastet, sodass sich der Projektentwickler besser auf sein Kerngeschäft fokussieren kann. Insbesondere Crowdinvesting-Plattformen bieten beispielsweise einen hohen Mehrwert im Bereich digitales Marketing.

Ob die Zusammenarbeit für beide Seiten sinnvoll sein könnte, lässt sich gut in einem ersten kurzen Gespräch klären. Je nachdem, wie konkret die Vorstellungen des Projektentwicklers bereits sind und wie viel Know-how er zum Bereich Mezzanine-Finanzierung bereits mitbringt, dauert dies zwischen 15 und 60 Minuten. Idealerweise findet das Gespräch nicht nur telefonisch, sondern face to face, also vor Ort oder per Video-Call statt. Letzteres wird immer öfter von Projektentwicklern favorisiert - nicht nur aufgrund von Corona. Schon aufgrund der schlichten Zeitersparnis ist es häufig einfacher, einen Termin für einen Video-Call zu bekommen. Manchen ist aber nach den langen Bildschirm-geprägten Monaten mittlerweile ein persönliches Gespräch auch wieder lieber. Hier den Wünschen des Projektentwicklers entgegenzukommen, ist der erste Schritt für ein erfolgreich verlaufendes Erstgespräch.

Prinzipiell kennen fast alle Projektentwickler die Möglichkeit, mit Mezzanine-Kapital zu finanzieren, wie sehr sie sich damit im Detail auskennen, ist allerdings sehr stark von ihrer Erfahrung abhängig. Wichtig ist daher, dass der Finanzierungsdienstleister seinem Gegenüber signalisiert, dass er jegliche Frage unbesorgt stellen kann - und eine Antwort parat hat, die dem Projektentwickler verdeutlicht, dass er einem Partner mit hoher Problemlösungskompetenz gegenübersitzt. Das funktioniert allerdings nur dann, wenn der Ansprechpartner ein umfassendes Verständnis von dem Markt hat, auf dem der Projektentwickler aktiv ist. Ideal ist es zudem, wenn der Projektentwickler einen einzelnen Mitarbeiter des Finanzdienstleisters als Kundenbetreuer zugewiesen bekommt, bei dem dann bei der folgenden potenziellen Zusammenarbeit mit dem Unternehmen sozusagen "alle Fäden zusammenlaufen".

Finanzierer mit einem starken Netzwerk bieten außerdem den Vorteil, dass sie nicht nur Mezzanine-Kapital zur Verfügung stellen, sondern darüber hinaus auch ein komplettes Finanzierungspaket schnüren und bei der Abstimmung mit Banken und Joint-Venture-Partnern unterstützen beziehungsweise diese bei Bedarf auch vermitteln können. Gerade für Projektentwickler, die selbst (noch) kein solches Netzwerk haben oder kurzfristig auf Umstrukturierungen angewiesen sind, kann dies ein echter Mehrwert sein.

Verkannter Zusatznutzen

Was vielen noch nicht bewusst ist, ist der Zusatznutzen, den Crowdinvesting-Plattformen durch das projektbegleitende digitale Marketing bieten. Dazu gehören unter anderem die Anfertigung von hochwertigen Visualisierungen, die Erstellung einer eigenen Website für das Immobilienprojekt sowie die projektbegleitende Darstellung in sozialen Medien. Finanzierer aus dem Premiumbereich arbeiten außerdem mit hochwertigen Videos, in denen sie das Immobilienprojekt vorstellen. Dies wird - wie die Website - benötigt, um den Crowdanlegern das Projekt bestmöglich vorzustellen, selbstverständlich aber kann der Entwickler dieses Material später selbst für den Vertrieb des Projektes oder sonstige Marketingzwecke einsetzen. Hier liegt es am Kundenbetreuer herauszufinden, welche Bedürfnisse der Projektentwickler in dieser Hinsicht hat, um ihm die möglichen Synergieeffekte aufzuzeigen.

Dennoch steht für den Projektentwickler an erster Stelle natürlich immer die Finanzierung seines Projektes. Daher kommt im Vorgespräch praktisch immer die Frage, in welchem Zeitrahmen das Mezzanine-Kapital zur Verfügung gestellt werden kann, wie hoch die Zinsen ausfallen und wie mögliche Laufzeiten sind. Da Crowdfinanzierungen aufgrund der gesetzlichen Volumenbeschränkung auf maximal 6 Millionen Euro Projekte mit einem darüber hinausgehenden Volumen nicht möglich sind, ist es von Vorteil, wenn der Finanzierer auf ein Netzwerk institutioneller Investoren zurückgreifen und gegebenenfalls eine unverbindliche Strukturierungsberatung anbieten kann. Bei Engel & Völkers Digital Invest wäre - als Beispiel - ein Split von 3 Millionen Euro über die Crowd und 6 Millionen Euro über Institutionelle nichts Ungewöhnliches.

Einen echten Wettbewerbsvorteil hat der Finanzierer natürlich auch, wenn er eine Vorfinanzierung bieten kann - das heißt, eine Finanzierung unabhängig davon, wann und wie viel Prozent der vorgesehenen Mezzanine-Summe durch die Crowd eingesammelt wird. Tatsächlich ist es durch einen klaren Dokumentenkatalog möglich, bestenfalls eine Finanzierung in einem Zeitrahmen von nur wenigen Wochen zu ermöglichen - gerechnet ab dem Zeitpunkt, zu dem der Projektentwickler alle erforderlichen Unterlagen eingereicht hat, bis zur Auszahlung. Das sind Zeitspannen, die bei Banken & Co. in der Regel völlig unrealistisch sind. Hier zeigt sich, dass digitale Plattformen in puncto Schnelligkeit unschlagbar sind. Projektentwickler können Finanzierungslücken schnell schließen und behalten Planungssicherheit. Diese wird noch erhöht, wenn der Finanzierer auch eine Garantie auf Vollfinanzierung des Mezzanine-Kapitals geben kann, unabhängig zum Beispiel von einer Crowd.

Unschlagbar in puncto Schnelligkeit

Die Frage nach der Schnelligkeit der Finanzierung interessiert natürlich besonders diejenigen Unternehmen, die bereits ein konkretes Projekt planen. Hier kann man dann mit Zahlen, Zeiten und erforderlichen Rahmenbedingungen - zum Beispiel die benötigten Sicherheiten - sehr schnell konkret werden. Häufig aber haben die Projektentwickler, mit denen die Gespräche stattfinden, nicht sofort ein zu finanzierendes Projekt im Fokus. Hier gilt es, langfristig am Ball zu bleiben, indem man den Kontakt zum Projektentwickler nicht abreißen lässt.

Egal, ob der Projektentwickler bereits etwas Konkretes plant oder sich nur generell für diese Möglichkeit der Finanzierung interessiert: Wichtig ist, im Nachgang des Gesprächs eine E-Mail zu versenden, in der die Kernpunkte des Gespräches und der konkrete Bedarf des Projektentwicklers festgehalten werden. Dies ist zum einen ein Service für den Projektentwickler, zum anderen dient es der internen Dokumentation. Projektentwickler, die erst später etwas finanzieren wollen, sollten dazu angehalten werden, einen Teaser zu schicken, sobald ein konkretes Objekt feststeht. Hier ist es dann ganz wichtig, dass der Kundenbetreuer zeitnah - am besten noch am selben Tag - ein Feedback gibt, ob das Projekt für eine Finanzierung prinzipiell infrage kommt oder nicht. Das gilt auch für den Fall, dass der Kontakt ausschließlich über eine Online-Anfrage zustande kommt. Digitale Plattformen inkludieren auf ihrer Website in der Regel sehr kurz gehaltene Formulare, auf denen Projektentwickler formlos eine Finanzierung anfragen können.

Um realistisch einschätzen zu können, ob ein bestimmtes Projekt für eine Finanzierung infrage kommt, müssen die Kundenbetreuer im finanzierenden Unternehmen natürlich entsprechend geschult sein, Projekte für die interne Prüfung "vorzufiltern". Kundenbetreuer, die ausschließlich auf "Masse statt Klasse" setzen und sämtliche Interessenten "durchreichen" nützen weder dem finanzierenden Unternehmen noch dem Projektentwickler, der im Zweifelsfall dann nur länger auf eine Absage warten muss. Unserer Erfahrung nach ist es Projektentwicklern aber vor allem wichtig, frühzeitig eine realistische Einschätzung zu ihrem Projekt zu bekommen.

Passt das Projekt prinzipiell in das Finanzierungskonzept des Unternehmens, wird der Kundenbetreuer von dieser Sekunde an der Stellvertreter des Projektentwicklers beim Finanzdienstleister. Das bedeutet zunächst, dass er ihn genau brieft, welche Unterlagen er für eine exakte, gegebenenfalls externe Prüfung einzureichen hat. Da die zu finanzierenden Projekte in der Regel sehr unterschiedlich sind, ist es hier nicht sinnvoll, dem Projektentwickler eine ausufernde 08/15-Liste zum Abhaken zu geben. Vielmehr wird der Kundenbetreuer die Anforderungen zusammen mit ihm durchgehen beziehungsweise ihm eine individualisierte Anforderungsliste senden, sodass der Projektentwickler nur die Unterlagen heraussuchen muss, die für die Prüfung zwingend benötigt werden.

Sollte die Wirtschaftlichkeitsprüfung bei erster Durchsicht nicht positiv ausfallen, wird ein guter Kundenbetreuer auch nicht postwendend eine Absage versenden, sondern sich vielmehr darum kümmern, dass der Projektentwickler vom Finanzierer sinnvolle Hinweise darauf erhält, wie das Vorhaben so optimiert werden kann, dass das Prüfungsergebnis gegebenenfalls doch noch positiv ausfallen kann - ein Beispiel wären hier unrealistisch angesetzte Preise oder zu kurz gesetzte Zeitschienen für Genehmigungsverfahren.

Ist das der Fall, startet die rechtliche und technische Due Diligence. Kundenbetreuern, die in Unternehmen arbeiten, die aus dem großvolumigen Geschäft kommen, sind diese Prozesse vertraut - auch wenn sie mit externen Prüfungspartnern erfolgen -, sodass sie den Projektentwickler gut durch diese Phase begleiten können. So oder so sollte sich der Projektentwickler im kompletten Prozess darauf verlassen können, dass sein persönlicher Ansprechpartner seine Interessen vertritt und ständig mit ihm im Austausch bleibt. Dies gilt natürlich nicht nur bis zu dem Zeitpunkt, zu dem der Projektentwickler das Kapital erhalten hat und das Projekt auf der Crowdinvesting-Plattform vorgestellt wird, sondern im gesamten Finanzierungszeitraum. Denn für den Fall, dass Probleme auftreten, ist der frühzeitige Austausch zwischen Projektentwickler und Finanzdienstleister ganz zentral dafür, dass das Projekt erfolgreich abgeschlossen werden kann.

Im ständigen Austausch bleiben

Im Projektgeschäft kann es immer zu unvorhergesehenen Verzögerungen von einigen Monaten kommen - die Baustopps und behördlichen Verzögerungen in der Corona-Zeit sind hier nur ein Beispiel von vielen. Entscheidend ist dann, dass - sollte die Verzögerung so umfangreich ausfallen, dass das vereinbarte Tilgungsdatum betroffen ist - rechtzeitig eine Anschlussfinanzierung gefunden wird.

Wichtig ist hier vermitteln zu können, welche Möglichkeiten das Netzwerk bietet. Aus Sicht eines Finanzierers ist die Vermittlung einer Anschlussfinanzierung natürlich nicht uneigennützig, sondern man lässt dies nur Partnern angedeihen, an deren Erfolg man wirklich glaubt. Zudem kann es sehr sinnvoll sein, bereits im Vorfeld eine Finanzierung zumindest eingeschränkt flexibel zu machen: Eine Möglichkeit ist es hier, zwei mögliche Tilgungsdaten festzulegen - eines, bei dem der Entwickler sicher zurückzahlen kann, und ein vorzeitiges, das er bei einem sehr guten Verlauf seines Projekts für die Tilgung nutzen kann, ohne eine Vorfälligkeitsentschädigung zahlen zu müssen.

Durch die Corona-Krise sind praktisch alle Unternehmen und Branchen zu einem Digitalisierungsschub gezwungen worden - dabei haben viele gemerkt, welche Vorteile Umstellungen auf digitale Prozesse bieten. Im Bereich digitaler Finanzierungen sind dies insbesondere die Schnelligkeit, mit der eine Finanzierung zur Verfügung gestellt werden kann, der Einsatz projektbegleitender digitaler Marketingmaßnahmen sowie idealerweise Unterstützungsleistungen im Bereich Strukturierung und ein gewachsenes Netzwerk im Immobilienbereich, das über Finanzierungsthemen hinausgeht.

Tobias Barten , Geschäftsführer , EV Digital Invest GmbH, Berlin
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