Immobilien im Workout

Interimsmanagement als Ersatz für fehlende Workout-Kompetenz

Noch vor einigen Jahren konnte man den Eindruck gewinnen, dass die Work-out-Abteilungen der Banken, die sich mit leistungsgestörten Krediten und "schwächelnden" Kunden befassten, zu den mächtigsten Bereichen innerhalb der Bank gehörten. Angesichts immenser Wertberichtigungen und Rückstellungen für Kreditausfälle in den Bankbilanzen war durch die Sanierung notleidender Kreditengagements vielfach mehr zu verdienen als durch Hereinnahme margenschwachen Neugeschäfts. Dementsprechend beschäftigte manche Bank noch vor etwa fünf Jahren mehrere hundert Mitarbeiter in ihrer Intensiv-care-Abteilung.

Vernachlässigte Basisarbeit

Mit Entwicklung der neuen Verbriefungsinstrumente war schlagartig alles anders: Erstmals konnten die Risiken von den zugrunde liegenden Krediten einfach "abgetrennt" und am Markt weitergereicht werden. Für solche Kreditrisikopapiere wurden im Zuge des allgemeinen Investmentbooms der letzten Jahre Mondpreise bezahlt. Die Banken konnten notleidende Kredite "säckeweise" zu derart attraktiven Konditionen verkaufen, dass die Basisarbeit der Sanierung vollkommen uninteressant wurde. Die Banken verkauften ihre riskanten Kredite und bereinigten ihre Bilanzen, was an sich schon in Ordnung gewesen wäre, hätten sie sich nicht im gleichen Zug neue, unkontrollierbare (übrigens hauptsächlich US-amerikanische) Risiken aus synthetischen Kreditrisikopapieren in ihre Bücher genommen.

In der von der Deutschen Bundesbank veröffentlichten Bankenstatistik kann man diese Entwicklung schwarz auf weiß nachvollziehen. Die Abschreibungen und Wertberichtigungen auf Kredite samt hierfür gebildeter Rückstellungen fielen aggregiert über alle deutschen Kreditinstitute von gut 34 Milliarden Euro in 2002 auf zunächst 23 Milliarden Euro (2003) beziehungsweise 20 Milliarden Euro (2004) und sanken in den Jahren 2005 und 2006 auf etwa 18 Milliarden Euro ab. Mit anderen Worten: Die deutschen Kreditinstitute konnten trotz steigender Kreditvergabe ihre Risikovorsorge für das Kreditgeschäft innerhalb von drei Jahren etwa halbieren. Das geschah aber eben nicht durch solides, handwerkliches Abarbeiten der Risiken, zum Beispiel durch Optimierung und aktives Management der hinter dem Kredit stehenden Immobilie, sondern durch bloßes Weiterreichen der Risikoposition an Dritte. Ersichtlich wird dies auch aus der Entwicklung des Anteils notleidender Kredite an den Gesamtkrediten deutscher Banken, die von 4,05 Prozent in 2005 über 3,41 Prozent in 2006 auf nur noch 2,65 Prozent in 2007 sanken.

Im Zuge der Bankenkrise ist der Markt für den Handel synthetischer Kreditrisikopapiere weitestgehend zusammengebrochen. Und die Käufer notleidender Kreditportfolios sind vom Markt verschwunden - schon allein deshalb, weil kein Kreditinstitut heutzutage mehr bereit ist, solche waghalsigen, unbeherrschbaren Transaktionen zu finanzieren. Damit sind die Banken gezwungen, sich wieder selbst ihren Kreditrisiken zu stellen. Deutlich zeigt sich dies am enormen Anstieg der Risikovorsorge bei den Banken. Diese schnellte nach einem bereits heftigen Anstieg in 2007 um knapp zehn Milliarden Euro im Jahr 2008 um weitere rund 13 Milliarden Euro nach oben und übertraf damit zum 31. Dezember 2008 mit einem Niveau von 36,6 Milliarden Euro sogar den bisherigen Höchststand aus dem Jahr 2002 (31,2 Milliarden Euro).

Mit Bezug auf die veröffentlichten Geschäftsberichte der Banken verweist die Deutsche Bundesbank in ihrem Monatsbericht für September darauf, dass die Risiken überwiegend im Auslandsgeschäft der deutschen Banken liegen dürften. Aber auch inländische Immobilienfinanzierungen dürften massiv betroffen sein.

Will man ein Gespür dafür entwickeln, wie schlimm es kommen könnte, hilft momentan nur der Blick in die USA. Anders als die Deutsche Bundesbank versorgt die Federal Reserve die amerikanische Wirtschaft quartalsweise mit neuen, fein differenzierten Daten. Demnach sind die Ausfallraten bei Immobilienkrediten von 3,02 Prozent Ende 2007 kontinuierlich auf mittlerweile etwa 8,3 Prozent Ende zweiten Quartals 2009 gestiegen. Dabei lag diese Kennziffer innerhalb der letzten 25 Jahre nur in seltenen Ausnahmefällen leicht über 3,0 Prozent. Mit Spannung und wachsender Sorge dürfen wir also erwarten, welche Zahlen uns die Deutsche Bundesbank in der zweiten Jahreshälfte offenlegen wird.

Was kommt noch?

Prekär ist die Lage für die deutsche Bankenlandschaft aus zweierlei Gründen: Zum einen sind die Kreditinstitute heutzutage kaum mehr dazu gerüstet, die Probleme hinter ihren Kreditengagements in den Griff zu bekommen. Denn mit dem Verkauf der Non-performing Loans haben viele Banken die gesamte für eine Sanierung erforderliche Infrastruktur abgebaut: Plötzlich unproduktive Workout-Abteilungen wurden eingedampft oder aufgelöst, erfahrene Mitarbeiter wechselten mitsamt den

Kreditportfolios zu Finanzinvestoren oder Servicern, organisatorische Strukturen und institutionalisiertes Wissen gingen verloren. Zum anderen ist die sich abzeichnende Welle notleidender Kredite, die derzeit auf die Banken zurollt, wohl erst die Spitze des Eisbergs. Bisher realisieren sich in erster Linie strukturelle Kreditrisiken, die daher rühren, dass im Zuge der Investmenthysterie der letzten Jahre Immobilien überteuert eingekauft und non recourse sowie systematisch mit zu wenig Eigenkapital finanziert wurden. Was aber erst kommen wird, sind die "klassischen" zyklischen Probleme wie rückläufige Mieten, steigende Leerstände oder hohe Ausfallraten aus der negativen konjunkturellen Entwicklung. Denn die realwirtschaftlichen Auswirkungen der Rezession sind auf dem gewerblichen Immobilienmarkt noch gar nicht richtig angekommen.

Abhängigkeit von externem Know-how

Gerade die Bewältigung dieser immobilienwirtschaftlichen Schieflagen erfordert aber hohen Sachverstand und große Expertise. Im benötigten Umfang werden die Banken das nicht mehr leisten können. Und eine Kehrtwende in der Strategie der vergangenen Jahre durch erneuten Ausbau der bankinternen Workout-Abteilungen wird wohl kaum vertretbar sein. Demzufolge werden die Banken bei den anstehenden Sanierungsaufgaben verstärkt auf krisenerprobte, externe Immobilienspezialisten zurückgreifen. Solche auf Zeit angeheuerten Interimsmanager schnüren Immobilienpakete auf, analysieren die Einzelimmobilien bis ins Detail, beheben Schwachstellen und organisieren ein effektives Asset Management, um die Objekte anschließend optimal am Markt zu platzieren. Gleichzeitig verfügen sie über wertvolle Kontakte im Markt und können Immobiliendeals einfädeln, die den Banken alleine so oft nicht möglich wären.

Neben seiner Fachexpertise bietet der Interimsmanager noch weitere Vorteile. Anders als die Bank kann er direkt im operativen Geschäftsbetrieb des Bankkunden tätig werden. Er kann relativ frei auch die unangenehmen Punkte in einem Unternehmen ansprechen, er ist nicht "betriebsblind", sondern bringt externes Know-how mit. Noch ein entscheidender Vorteil hebt den Interimsmanager von seinen fest angestellten Managerkollegen ab: Seine Position als externer "Feuerwehrmann" verleiht ihm eine hohe Durchsetzungskraft im Unternehmen. Gegenüber dem klassischen Einsatz von Beratern ist der Interimsmanager viel stärker operativ ausgerichtet, er arbeitet im direkten Tagesgeschäft des Kunden mit. Seine Aufgaben sind somit weniger strategischer Natur, sondern viel stärker praxisbezogen - und er übernimmt auch die Verantwortung für seine Maßnahmen.

Eine aktuelle Studie der Dachgesellschaft Deutsches Interim Management (DDIM) zeigt denn auch die hohe Zufriedenheit der Unternehmen mit ihren Managern auf Zeit: Knapp 90 Prozent würden wieder einen Interimsmanager einsetzen. Insgesamt handelt es sich um einen wachsenden Markt, gerade in Zeiten der Finanzkrise werden Manager auf Zeit gebraucht. Aktuell schätzt die DDIM den Markt auf 1 500 Interimsmanager, das Marktvolumen beträgt etwa 500 Millionen Euro.

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