Risikomanagement

Regionalisierte Wohnungsmarktüberwachung durch webgestützte Angebotsdaten

Um den steigenden Anforderungen an die Überwachung von Immobiliarsicherheiten und dem wachsenden Bedürfnis nach marktkonformen Messinstrumenten gerecht zu werden, haben der Bundesverband Öffentlicher Banken Deutschlands (VÖB), und Immobilienscout 24 (IS24) im Rahmen der Transparenzoffensive Immobilienwirtschaft ein Projekt initiiert, Wohnimmobilienmärkte auf der Grundlage von angebotsbasierten Immobilienmarktdaten regionalisiert zu überwachen. Damit entwickeln sie das seit 2007 etablierte VÖB-Marktschwankungskonzept methodisch weiter fort. Hieraus ergeben sich auch Perspektiven im Sinne eines Verfahrens zur Früherkennung von Immobilienrisiken.

Gestiegene bankaufsichtliche Anforderungen

Die bankaufsichtlichen Regelungen befinden sich derzeit im Umbruch. Seit 1. Januar 2014 gilt für Institute die neue EU-Bankenverordnung.1) Die Anforderungen an das regulatorische Eigenkapital und an die vorzuhaltende Liquidität von Kreditinstituten wurden erheblich verschärft (Basel III). Die privilegierte Behandlung von grundpfandrechtlich besicherten Forderungen steht deshalb im Interesse aller Immobilien finanzierenden Banken. Auch im europäischen Aufsichtsrecht sind die Regelungen zu durch Wohnimmobilien besicherte Realkredite nach dem Kreditrisikostandardansatz und den Internen Ratingansätzen zu unterscheiden.

- Im Kreditrisikostandardansatz gelten nach Art. 112 lit. i) CRR durch Immobilien besicherte Forderungen als eigene Risikoklasse. Auf durch Grundpfandrechte vollständig besicherte Forderungsteile können privilegierte Risikogewichte angewendet werden. Bei durch Wohnimmobilien besicherten Risikopositionen beträgt das Risikogewicht grundsätzlich 35 Prozent. Den neuen europäischen Regelungen folgend, erstreckt sich der vollständig besicherte Anteil der Forderungen auf bis zu 80 Prozent des Marktbeziehungsweise des Beleihungswertes der Immobilie.2) Hervorzuheben ist, dass die Bankenaufsicht künftig befugt ist, auf der Grundlage von Verlusterfahrungswerten und in Erwägung der zukünftigen Marktentwicklung die Risikogewichte auf bis zu 150 Prozent heraufzusetzen.

Nehmen Kreditinstitute geminderte Risikogewichte in Anspruch, müssen die Immobilienwerte nach Art. 208 Abs. 3 CRR anlassbezogen beziehungsweise regelmäßig "überprüft" werden. Demnach wären auch im Sinne des neuen Verordnungstextes der Wert von Wohnimmobilien mindestens alle drei Jahre zu überwachen - bei starken Marktschwankungen auch häufiger. Um diejenigen Immobilien zu ermitteln, die einer Neubewertung bedürfen, lässt die CRR mit Art. 208 die Heranziehung statistischer Verfahren zur Überwachung zu. Hierbei dürfte die Auslegung der deutschen Bankenaufsicht weiter Bestand haben, wonach beobachtete Marktwertverluste von Wohnimmobilien von bis zu 20 Prozent innerhalb eines Zeitraumes von bis zu drei Jahren toleriert werden, ohne dass eine Neubewertung vonnöten würde.3)

- Immobiliensicherheiten können im IRB-Basisansatz entweder für Risikopositionen gegenüber Unternehmen oder für Risikopositionen aus dem Mengengeschäft zu Anrechnungserleichterungen beitragen. Berücksichtigen Institute im IRB-Basisansatz Grundpfandrechte bei der Ermittlung der aufsichtlich vorgegebenen Verlustquoten, finden wiederum die Wertermittlungs- und Überwachungsvorschriften nach Art. 229 Abs. 1 beziehungsweise 208 CRR Anwendung.

Kritik am bisherigen Marktschwankungskonzept

Die Bankenaufsicht hatte die Nutzung von "Daten eines gewissen Aggregationsniveaus" als statistische Methode zur regelmäßigen Überwachung der Immobilienwerte explizit zugelassen.4) Vor diesem Hintergrund hatten VÖB-Institute ein Konzept erarbeitet, bei dem Veränderungen von Immobilienwerten an einer sektoral, regional und zeitlich determinierten Stichprobe von bis zu 51 Städten jährlich beobachtet werden. Die Marktschwankungen ergeben sich aus der Differenz stichtagsbezogener Verkehrswerte. Der Verband deutscher Pfandbriefbanken (vdp) verfolgt einen eigenen Ansatz. Für Die Deutsche Kreditwirtschaft (DK) werden die Marktschwankungen aus beiden Erhebungen zu einem Bericht zusammengefasst.

Die Zulässigkeit der Marktüberwachung mit dem Marktschwankungskonzept hat die Bankenaufsicht durch eine Reihe von Auslegungen eingeschränkt.5) So können auf der Basis des aktuellen Marktschwankungskonzeptes für Institute zwar Empfehlungen ausgesprochen werden, welche Immobilien einer Neubewertung bedürfen. Institute bleiben jedoch verpflichtet sicherzustellen, ob die Messungen geeignet sind, Marktschwankungen ihres institutseigenen Immobilienportfolios angemessen zu erkennen.

Die Bankenaufsicht stellte wiederholt klar, dass Ereignisse, die von der allgemeinen Marktentwicklung nicht erfasst werden, eine Überwachung des Wertes bestimmter Immobilien erforderlich machen können, ohne dass hierzu ein beobachteter Indikator des Marktschwankungskonzeptes einen Ausschlag gegeben hätte. Beispielhaft werden Naturkatastrophen, regionale Immobilienkrisen oder vertragsbezogene Ereignisse genannt. In diesem Fall ist zu prüfen, inwieweit Sicherheitenwerte des institutseigenen Portfolios belasteter Immobilien absinken.

Als weiteren Kritikpunkt wendet die Bankenaufsicht ein, dass das Marktschwankungskonzept keine starken Wertschwankungen abbildet, die unabhängig von den aufgeführten Ereignissen in der Natur des jeweiligen Marktsegmentes begründet sein können.6) Starke Wertschwankungen bedingen eine häufigere Überwachung.

Das Marktschwankungskonzept stellt einen verbändeübergreifend getragenen Messansatz über die Marktentwicklung wesentlicher Immobilienteilmärkte dar. Es ist als Indikation akzeptiert. Den Instituten verhilft es jedoch nicht zu einer uneingeschränkten Entlastung von ihrer Überwachungspflicht. Eine methodische Fortentwicklung des Marktschwankungskonzeptes muss deshalb vornehmlich die Lücke der Beobachtungen in peripheren Räumen schließen.

Im Wohnungssegment verfolgt IS24 nahezu sämtliche Marktentwicklungen, da dem Portal jeden Monat zirka 100 000 neue Immobilienmarktdatensätze zulaufen. Vor allem wegen dieser hohen Datendichte ist ihre Verwendung für eine regionalisierte und flächendeckende Wohnungsmarktüberwachung vielversprechend. Durch ein Forschungsprojekt mit dem Rheinisch-Westfälischen-Institut für Wirtschaftsforschung (RWI) hatte IS24 die Immobilieninserate auf ihrer Web-Plattform für einen Immobilienpreisindexes nutzbar gemacht.7) Der hohe Anteil adressgenau verorteter Objekte auf der Webplattform von IS24 lässt zudem eine räumlich kleinteilige Beobachtung einzelner Immobilienmarktsegmente zu.

Das gemeinsame Projekt

Wohnimmobilien lassen sich durch ihre jeweiligen Objekteigenschaften wie zum Beispiel Größe, Alter sowie verschiedene Ausstattungsmerkmale charakterisieren, die in unterschiedlichem Umfang Einfluss auf den Wert der Immobilie nehmen. Die Eigenschaften der im Zeitverlauf gehandelten Immobilien können jedoch in erheblichem Umfang variieren. Für die Erstellung eines Immobilienpreisindexes ist es daher wichtig, die durch unterschiedliche Objektqualitäten verursachten Preisveränderungen zu eliminieren.8) Hierfür nutzt IS24 eine hedonische Preisfunktion.

VÖB und IS24 haben in ihrem Projekt geprüft, inwieweit die hedonischen Preisindizes von Eigentumswohnungen (ETW) und Einfamilienhäusern (EFH) für das Marktschwankungskonzept des VÖB genutzt werden können. Grundsätzlich können Niveaus von Angebotsdaten und Transaktionsdaten erheblich voneinander abweichen. Die Frage, inwieweit Angebotsdaten deshalb überhaupt für eine Immobilienmarktüberwachung in der Kreditwirtschaft verwendet werden können, wird deshalb oft kritisch diskutiert. Die bankaufsichtliche Überwachung der Immobilienmärkte stellt jedoch ausschließlich auf die relativen Marktwertverluste ab.

Die Prämisse scheint deshalb plausibel, dass die relativen Marktwertschwankungen auf Basis von Angebotsdaten von solchen auf Basis von Transaktionsdaten nicht grundsätzlich abweichen. Um die Vorbedingung zu bestätigen, werden auf Basis der Angebotsdaten von IS24 die bekannten Marktschwankungsverläufe der DK aus den Jahren 2008 bis 2013 nachgebildet. Hierbei sind insbesondere die auf Transaktionsdaten basierten Marktschwankungen des vdp aufschlussreich. Als Modell determinierend gelten die Abgrenzung der Objekttypen und der Wohnlagen, an denen die Marktschwankungen bisher beobachtet wurden9): Das sind zum einen Eigentumswohnungen (ETW - Wiederverkaufsobjekte, nicht älter als zehn Jahre, drei bis vier Zimmer beziehungsweise zwischen 70 und 90 Quadratmeter Wohnfläche, in mittlerer Lage) und Einfamilienhäuser (EFH - regionaltypische Wiederverkaufsobjekte, nicht älter als zehn Jahre, "freistehendes Eigenheim", rund 120 Quadratmeter Wohnfläche mit ortsüblich großem Grundstück, inklusive Garage beziehungsweise "Reiheneigenheim", etwa 100 Quadratmeter Wohnfläche mit ortsüblich großem Grundstück, in mittlerer Lage).

Zur Untersuchung und Festlegung der weiteren Modellparameter werden acht städtische Modellregionen und ein nicht städtisch geprägter Landkreis ausgewählt.10) Besonders hervorzuheben ist die Untersuchung der Lageparameter, da Wertentwicklungen in guten Lagen in der Regel volatiler sind als in vergleichsweise einfachen. Die DK hatte sich darauf verständigt, der Entscheidung über Wertüberprüfungserfordernisse stets die Wertschwankungen von Objekten in mittleren Lagen zugrunde zu legen.

Es wird unterstellt, dass sich die Lagequalitäten in den unterschiedlichen Preisniveaus der Wohnquartiere abbilden. Um die durchschnittlichen Kaufpreise zu ermitteln, werden die Wohnquartiere in kleinteiliger Granularität untersucht und Segmenten einfacher, mittlerer und gehobener Preisniveaus zugeschlagen.11) Für die Abgrenzung werden zwei Varianten untersucht, sodass mit der hedonischen Preisfunktion unterschiedliche Marktschwankungsverläufe moduliert werden können:

- Bei der Abgrenzung nach dem Prinzip gleichverteilter Lagequalitäten sind einfache, mittlere und gehobene Wohnquartiere zu gleichen Anteilen vertreten. Lässt sich in einem Quartier keine ausreichende Anzahl von Angebotspreisen beobachten, wie dies zum Beispiel bei Gewerbegebieten oft der Fall ist, erfolgt keine Zuordnung ("weißer Fleck").

- In der Modellvariante nach dem Prinzip vorgegebener Preisgefüge für einfache, mittlere und gehobene Wohnquartiere können beispielsweise in der Modellregion gehobene Wohnlagen in nur eingeschränkter Anzahl abgebildet werden. Im Gegenzug würden mehr Wohnquartiere in einfacher oder mittlerer Lagequalität eingestuft. Das sich ergebende Gefüge unterschiedlicher Wohnlagen wird zusätzlich durch Experten plausibilisiert.

Im Ergebnis weichen die nach beiden Varianten modulierten Marktschwankungsverläufe nur unwesentlich voneinander ab. Unter dem Gesichtspunkt ihres geringeren Aufwandes und ihrer leichten Übertragbarkeit auf andere Regionen wird fortan im Modell das Prinzip der Gleichverteilung angewandt.

Dem Konzept des VÖB zufolge werden bisher Marktschwankungen durch Experten anhand von typischen Kauffällen beobachtet.12) Bei diesem Verfahren werden Kaufpreise von Objekten identischer Eigenschaften miteinander verglichen. Nachteilig ist bei diesem Vorgehen, dass die Anzahl der auswertbaren Be obachtungen verhältnismäßig klein ist. Kauffälle von Objekten, die nicht mit den vereinbarten Objekttypen übereinstimmen, können daher nicht ausgewertet werden, sodass ihr Informationsgehalt verloren geht. Wegen der geringen Fallzahlen sind die ermittelten Ergebnisse mit Unsicherheiten verbunden. Mit Hilfe des hedonischen Ansatzes können - von Ausnahmen abgesehen - alle Kauffälle berücksichtigt werden. Die Preise werden hier als Funktion ihrer preisbestimmenden Eigenschaften geschätzt. Durch die höheren auswertbaren Fallzahlen können auch in peripheren Räumen Marktaussagen getroffen werden. Für Regionen, in denen nicht genügend Angebotsdaten vorliegen, werden keine Ergebnisse ermittelt. Die Marktschwankungen werden auf der Grundlage der stichtagsbezogenen Erhebungen für die gewünschten Vergleichszeiträume berechnet.

Modellregion Braunschweig

Voraussetzung für die Anwendbarkeit des Modells in der Kreditwirtschaft bildet eine zuverlässige Plausibilisierung anhand veröffentlichter Marktschwankungen der DK. Hierzu sei exemplarisch auf die Modellregion Braunschweig verwiesen. Aus den Messergebnissen der beiden erhebenden Verbände lässt sich durch Indizierung (2008 = 100) relativ leicht die Wertentwicklung modulieren und mit den Auswertungen der Angebotsdaten von IS24 vergleichen. Um das Modell auch für die Immobilienmarktüberwachung in peripheren Räumen zu adjustieren, wurden Angaben der Gutachterausschüsse für Grundstückswerte im Landkreis Harz ausgewertet.

Die Diskussion der Marktschwankungsverläufe für die Modellregion Braunschweig bestätigt zunächst die hohe Korrelation der Indizes von VÖB/DSGV13) und vdp. Die Indizes von IS24 zeichnen die Marktschwankungen von VÖB/DSGV als auch vdp bei den ETW in hoher Genauigkeit nach. Die leichten Niveauunterschiede fallen bei der Betrachtung der relativen Marktveränderungen nicht ins Gewicht. Auffallend ist der zeitliche Vorlauf der Angebotsdaten (Time-Bias), sodass die Anspannung der Märkte etwa ein Jahr früher zu erkennen ist als durch die Auswertungen der DK.

Zur Interpretation der Preisentwicklung für EFH muss der attestierte Vorlauf der Auswertungen durch IS24 in die Diskussion einbezogen werden. Während die Indizes von VÖB/DSGV und vdp im Jahr 2009 fallen und in den beiden Folgejahren annähernd auf einem Niveau verharren, verläuft der IS24-Index bereits seit 2009 seitwärts, um ab 2010 allmählich zu steigen. Zieht man in Betracht, dass die IS24-Marktdaten den Preisrückgang der EFH bereits in 2006 und 2007 widerspiegeln, wird der Niveauunterschied am aktuellen Rand der Indexkurve interpretierbar.14)

Während die Indizes von VÖB/DSGV und vdp mit 95 Indexpunkten im Jahr 2010 ihren Tiefstand erreichen, liegt er beim IS24-Index zu diesem Zeitpunkt auf dem 100 Indexpunkteniveau und ist damit gegenüber den Vorjahren bereits leicht erhöht. In den folgenden Jahren steigt der IS24-Index zunächst verhalten, anschließend deutlich an. Diese Marktanspannung wird bei den vdp- und VÖB-Indizes erst im Jahr 2011 beziehungsweise 2012 erkennbar. Insofern können mit den Angebotsdaten aktuelle Markttendenzen antizipiert werden.

Modellregion Landkreis Harz

Für den Landkreis Harz sind weitaus weniger Vergleichsgrößen als für städtische Immobilienmärkte verfügbar. Die Diskussion der Marktschwankungen unterliegt deshalb bestimmten Einschränkungen. Als Anhalt dienen die ermittelten durchschnittlichen Kaufpreise der Gutachterausschüsse für Grundstückswerte in Sachsen-Anhalt. Zudem ist der Aussagegehalt der Zeitreihen auf Basis der Grundstücksmarktberichte durch die Kreisgebietsreform in Sachsen-Anhalt im Jahr 2010 beeinträchtigt. Die Kaufpreise aus dem Harz wurden wie im Falle Braunschweigs auf das Jahr 2008 indexiert.

Auffallend ist, dass die durchschnittlichen Kaufpreise für ETW im Jahr 2010 einen erheblichen Preissturz aufzeigen. Im folgenden Jahr steigt das Preisniveau über das Anfangsniveau hinaus, um anschließend abrupt wieder zu sinken. Solche Wertschwankungen sind bei einer regionalisierten Wohnungsmarktbeobachtung auf Basis nur kleiner Stichproben nicht unüblich. Als Indikator zur Begründung weiterführender bankaufsichtlicher Überprüfungsschritte taugen diese Analysen indessen nicht. Im vorliegenden Fall könnte die starke Volatilität der Durchschnittskaufpreise in der Häufung von angebotenen Objekten begründet liegen, die sich in den Beobachtungszeiträumen durch bestimmte Eigenschaften stark voneinander unterscheiden. Gerade in diesen Konstellationen verspricht die Marktbeobachtung durch hedonische Systeme Vorteile.15) Die Analyse der EFH zeigt, dass das Minimum der durchschnittlichen Kaufpreise ein Jahr früher eintritt als der hedonischen Preisfunktion zufolge. Außerdem übersteigen die Durchschnittskaufpreise am Ende des Beobachtungszeitraumes ihr Ausgangsniveau aus 2008 deutlich. Auch für die Analyse von EFH gelten die gleichen Einschränkungen wie bei ETW. Dem ungeachtet verlaufen beide Auswertungen weitaus ähnlicher, was vermutlich auf die höhere Anzahl an berücksichtigten Kauffällen zurückzuführen ist. Die Abweichungen wären insoweit auch in diesem Fallbeispiel durch das Modell begründet. Wegen der modellbedingten Einschränkungen lässt sich der zeitliche Vorlauf der Angebotsdaten empirisch nicht belegen.

Vorteile für die Kreditwirtschaft

Die Analyse von Preisentwicklungen auf Basis der Angebotsdaten zeigt hohe Übereinstimmung mit in der DK ermittelten Marktschwankungen in den Indikatorstädten. Das Modell von VÖB und IS24 ist deshalb zur Wohnungsmarktüberwachung in städtischen Lagen mit hoher Zuverlässigkeit geeignet. In der Regel weisen die Auswertungen auf Basis von Angebotsdaten gegenüber solchen auf Basis von Transaktionsdaten einen zeitlichen Vorlauf auf. Diesen informatorischen Vorsprung kann die Kreditwirtschaft zu ihrem Vorteil antizipieren.

Auch die Marktschwankungsverläufe für periphere Räume sind gemessen an den ermittelten durchschnittlichen Kaufpreisen der Gutachterausschüsse für Grundstückswerte plausibel. Mit dem Modell können deshalb auch Immobilienmärkte, die bisher in dieser Tiefe nicht überwacht werden können oder für die keine anerkannten zeitnahen Auswertungen zur Verfügung stehen, verlässlich analysiert werden.

Auch die Kritikpunkte der Bankenaufsicht an dem etablierten Marktschwankungskonzept können zu wesentlichen Teilen ausgeglichen werden:

- Die nahezu flächendeckende Überwachung der Wohnimmobilienmärkte lässt eine hohe Übereinstimmung mit der Struktur institutseigener Portfolios beliehener Wohnimmobilien erwarten.

- Im Falle von Naturkatastrophen oder regionalen Immobilienkrisen erlauben anlassbezogene Auswertungen die rechtzeitige Identifizierung von Kreditnehmern, bei deren Engagements sich erhöhte Risiken abzuzeichnen beginnen, sodass frühzeitig Gegenmaßnahmen eingeleitet werden können.

- Der bei starken Wertschwankungen geforderten häufigeren Überwachung kann durch eine quartalsweise Auswertung der Angebotsdaten entsprochen werden. Das Modell eignet sich damit gut als Basis für institutsindividuell auszugestaltende Verfahren zur Früherkennung von Immobilienrisiken.16)

VÖB und IS24 beabsichtigen, ihr Modell zur regionalisierten Wohnungsmarktüberwachung künftig regelmäßig einzusetzen. Die Bankenaufsicht hat der Fortentwicklung zugestimmt und den möglichen Erkenntnisgewinn für die Institute begrüßt. Gegen die Ausrichtung auf Angebotsdaten bestehen keine Vorbehalte. Institute bleiben jedoch individuell verpflichtet, ihr Portfolio belasteter Immobilien auch eigenverantwortlich zu überwachen und wahrgenommene Risiken zu steuern. Eine quartalsweise Auswertung unter Berücksichtigung von MFH wird angestrebt. Eine Auswertung für Gewerbeimmobilien könnte folgen.

Fußnoten

1) Vergleiche Capital Requirements Directive (CRD IV) beziehungsweise Capital Requirements Regulation (CRR) vom 27. Juni 2013.

2) Vergleiche Art. 125 Abs. 2 d) CRR.

3) Vergleiche BaFin BA 27 - FR 2402 - 2008/0001 vom 25. Juni 2008.

4) Vergleiche Auslegungsentscheidung der BaFin BA 27 - FR 2402 - 2008/0001 vom 25. Juni 2008 zu § 20 1a Abs. 6 Sätze 1, 2, 4 und 5 KWG.

5) Vergleiche BaFin BA 27 - FR 2402 - 2008/0001 vom 25. Juni 2008, so auch BaFin BA 27-FR-2402 - 2008/001 vom 9. Juli 2008 beziehungsweise BaFin BA 52-K-5240-2007/009 vom 7. Oktober 2009.

6) Vergleiche § 20 a Abs. 6 S. 3 KWG (alt).

7) RWI (2011): Projektbericht: Ein hedonischer Immobilienpreisindex auf Basis von Internetdaten 2007-2011.

8) Vergleiche RWI (2011): S. 8.

9) Vergleiche ZKA-Marktschwankungskonzept vom 24. Oktober 2008, S. 4-6.

10) Als städtische Modellregionen wurden untersucht: Aachen, Braunschweig, Chemnitz, Erfurt, Frankfurt am Main, Lübeck, Oldenburg, Würzburg; außerdem wurde die Preisentwicklung im Landkreis Harz analysiert.

11) Die Granularität der Untersuchung beläuft sich auf Wohnquartiere einer durchschnittlichen Größe von 500 Haushalten (Kreisgebietsschlüssel 22; vergleiche Infas).

12) Vergleiche Verfahren des "typischen Falls", Projektbericht des RWI, 2011, S. 8.

13) Die Überwachung der EFH hat für die öffentlichen Institute der DSGV übernommen.

14) Die Immobilienmarktdaten von IS24 der Jahre 2007 und 2006 können aus systemischen Gründen nicht im hedonischen Modell ausgewertet werden.

15) Anmerkung: Die hedonische Preisfunktion gleicht Marktschwankungen, die sich punktuell aus der Häufung von Objekten bestimmter Eigenschaftsmerkmale ergeben können, systematisch aus.

16) Vergleiche Mindestanforderungen an das Risikomanagement (MaRisk), BTO 1.3.

Dr. Thomas-Andreas Ziesenitz , Abteilungsdirektor, Team Förderbanken, Finanzierung und Wirtschaftspolitik , ­Bundesverband Öffentlicher Banken ­Deutschlands, VÖB e.V., Berlin
Noch keine Bewertungen vorhanden


X