Schwerpunkt Immobilien an der Börse

Rechtliche Aspekte bei der Kapitalbeschaffung über Unternehmensanleihen

Nachdem die Neuemission von Mittelstandsanleihen Ende 2012/Anfang 2013 fast zum Stillstand gekommen war, ist es seit dem Frühjahr dieses Jahres wieder zu einer deutlichen Belebung gekommen. Neben diversen Modelabeln (More & More, Hallhuber) und Gesellschaften aus weiteren Branchen nutzten mit der Stern Immobilien AG auch wieder Immobiliengesellschaften die Möglichkeit der Finanzierung über den Kapitalmarkt.

Bis vor wenigen Jahren war die Begebung von Unternehmensanleihen im Wege eines öffentlichen Angebots mit anschließender Börsennotierung eher Großkonzernen vorbehalten. Vor dem Hintergrund der weltweiten Wirtschaftsund Finanzmarktkrise haben sich jedoch auch kleinere und mittlere Gesellschaften diese Finanzierungsmöglichkeit erschlossen und die deutschen Börsen haben auf dieses Bedürfnis mit der Schaffung von speziellen Qualitätssegmenten für Mittelstandsanleihen im Freiverkehr reagiert.

Die wichtigsten Handelsplätze für Mittelstandsanleihen stellen heute der Bondm der Börse Stuttgart, der Entry Standard für Unternehmensanleihen der Frankfurter Wertpapierbörse und der "mittelstandsmarkt" der Börse Düsseldorf dar, an denen mittlerweile weit über 70 Anleihen notiert sind.

Dadurch ist nun auch Personengesellschaften wie der GmbH & Co. KG, denen aufgrund ihrer Gesellschaftsform eine Notierung ihrer Geschäftsanteile an der Börse verwehrt ist, die Möglichkeit der Beschaffung von Finanzierungen über den Kapitalmarkt eröffnet.

Bereits ab einem Emissionsvolumen von 20 bis 30 Millionen Euro ist die Begebung einer Mittelstandsanleihe eine interessante Finanzierungsmöglichkeit, über die eine Gesellschaft größere Investorenkreise aufgrund der erhöhten Präsenz, die sich aus dem Börsenlisting und der vorangehenden Marketingunterstützung durch die Börse ergibt, erreichen kann.

Die Attraktivität einer Mittelstandsanleihe steigt für Investoren auch durch die mit der Börsennotierung der Anleihe verbundenen Transparenzpflichten für den Emittenten. Erschwerend bei der Begebung einer börsennotierten Anleihe wirkt jedoch das Marktrisiko. Denn aufgrund der allgemeinen Finanzlage, insbesondere wenn sie sich durch den Ausfall anderer Anleihen verschlechtert hat, kann ein Emittent unabhängig von der Qualität des eigenen Geschäftsbetriebes dazu gezwungen sein, die Anleihe zu für ihn schlechteren Konditionen zu begeben oder die Emission erst einmal zu verschieben.

Emissionsvoraussetzungen

Die Begebung einer Unternehmensanleihe und ihre Notierung an der Börse setzen die Veröffentlichung eines Wertpapierprospekts voraus, der von der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin) geprüft und gebilligt werden muss. Bei sorgfältiger Vorbereitung des Prospekts mit Unterstützung einer versierten Anwaltskanzlei ist es bei einem Anleiheprospekt möglich, das Billigungsverfahren bei der BaFin innerhalb von vier Wochen abzuschließen. Während dieses Zeitraums erfolgt die Einreichung von mehreren Fassungen des Prospekts, die jeweils aufgrund der Anmerkungen der BaFin überarbeitet werden.

Da der Prospekterstellung EU-weit geltende Regelungen zugrunde liegen, haben deutsche Emittenten auch die Möglichkeit, das Billigungsverfahren bei der Aufsichtsbehörde eines anderen EU-Mitgliedstaates durchzuführen; infrage kommt hierfür vor allem die Commission de Surveillance du Secteur Financier (CSSF) in Luxemburg. Die anschließende Durchführung des öffentlichen Angebots in Deutschland setzt lediglich die Notifizierung des Prospekts bei der BaFin voraus, die jedoch reine Formsache ist und keine weitere Prüfung des Prospekts bedeutet. Der bislang mit einer Billigung durch die CSSF verbundene Vorteil der Verkürzung des Verfahrens scheint in letzter Zeit aufgrund der begrenzten Kapazitäten der Luxemburger Aufsicht immer mehr abzunehmen.

Der Prospektinhalt ergibt sich aus der EU-Prospektverordnung, die für einen Anleiheprospekt deutlich geringere Vorgaben als für einen Aktienprospekt enthält. Denn anders als bei der Ausgabe von neuen Aktien im Wege einer prospektpflichtigen Kapitalerhöhung, bei der die Vermögens-, Finanz- und Ertragslage des Emittenten ausführlich dargestellt werden muss, geht es bei einem Anleiheprospekt primär darum darzustellen, dass der Emittent während der Laufzeit der Anleihe in der Lage ist, seinen Zahlungsverpflichtungen gegenüber den Anleihegläubigern nachzukommen, also Zins- und Rückzahlung der Anleihe am Ende der Laufzeit.

Ein Anleiheprospekt enthält die Darstellung der Geschäftstätigkeit des Emittenten und seiner Unternehmensstrategie, die Nennung von wichtigen Risikofaktoren, welche den Emittenten und die Anleihe betreffen, sowie die Erläuterung des Branchenumfelds und seiner Entwicklung. Ein wichtiger Prospektbestandteil bei Immobiliengesellschaften ist zudem die Darstellung des Immobilienvermögens durch eine textliche und gegebenenfalls auch grafische Beschreibung der gehaltenen Immobilien sowie insbesondere Angaben zu ihrem Wert, zu Mietpreisen und zur Leerstandsquote. Darüber hinaus sind die geprüften Jahres- beziehungsweise Konzernabschlüsse der vergangenen zwei Geschäftsjahre in den Prospekt aufzunehmen, wofür auch nach HGB aufgestellte Abschlüsse ausreichen.

Insbesondere kleine und mittlere Unternehmen können aufgrund des im Sommer 2012 in Kraft getretenen neuen EU-Prospektregimes von bestimmten Erleichterungen Gebrauch machen, wodurch ein geprüfter Abschluss für den Prospekt ausreicht. Soweit der Emittent im laufenden Geschäftsjahr einen Zwischenabschluss aufgestellt hat, ist dieser ebenfalls in den Prospekt aufzunehmen. Eine Erläuterung der Eigenkapitalausstattung des Emittenten und die Darstellung der Kapitalisierung und Verschuldung sind hingegen nicht er for derlich.

Die Angaben im Prospekt stellen auch die Grenzen für die Vermarktung der Anleihe dar. So dürfen insbesondere bei den Roadshows mit potenziellen Investoren keine wesentlichen Informationen über die Emittentin bekannt gegeben werden, die nicht auch im Prospekt stehen oder die im Widerspruch zum Prospekt stehen. Falls der Emittent diese Einschränkungen nicht beachtet, ist die BaFin zum Einschreiten berechtigt.

Neben der EU-Prospektverordnung sehen die Freiverkehrsbedingungen der Börsen weitere Voraussetzungen für die Notierung einer Mittelstandsanleihe in einem Qualitätssegment vor. Hierzu gehört insbesondere die Erstellung eines Ratings des Emittenten oder je nach Börse alternativ auch der An leihe, das zum Beispiel für den Mittelstandsmarkt ein "BB" erreichen muss. Darüber hinaus wird zum Teil ein bestimmtes Zielvolumen der Anleihe verlangt (Bondm: mindestens 15 Millionen Euro, Mittelstandsmarkt: mindestens zehn Millionen Euro).

Neben den bereits dargestellten Voraussetzungen für die Börsennotierung einer Mittelstandsanleihe kann es für Immobiliengesellschaften zusätzlich erforderlich oder zumindest empfehlenswert sein, ein Bewertungsgutachten über die gehaltenen Immobilien in den Prospekt aufzunehmen. Hierfür reicht es aus, eine Zusammenfassung des für die Aufstellung des Abschlusses erstellten Gutachtens, gegebenenfalls erweitert um die jüngsten Immobilienerwerbe, zu verwenden. Insoweit bestehen bezüglich der Grundlagen und der Art und Weise der Gutachtenerstellung keine Besonderheiten.

Besicherung

Diese Vorgehensweise ist aus prospektrechtlicher Sicht bei Anleihen jedoch nur dann zwingend erforderlich, wenn die von dem Emittenten gehaltenen Immobilien zur Besicherung der Anleihe verwendet werden. Eine Besicherung der Anleihe liegt jedoch im Ermessen des Emittenten, dem hierdurch eine wichtige Möglichkeit geboten wird, das Wertpapier für Investoren attraktiver zu gestalten. Die Praxis der letzten Jahre zeigt jedoch, dass Mittelstandsanleihen zum größten Teil unbesichert begeben wurden; lediglich bei Immobiliengesellschaften ist eine knappe Mehrheit der Anleihen besichert.

Als Sicherheit können Garantien oder Patronatserklärungen, beispielsweise der Muttergesellschaft des Emittenten, sowie Pfandrechte und weitere dingliche Rechte dienen. Gerade bei Immobiliengesellschaften kommt hierfür vor allem die Bestellung von Grundschulden an den Immobilien in Betracht.

Da der Kreis der Anleihegläubiger sich aufgrund der Börsennotierung ständig ändert, muss die Besicherung der Anleihe über einen Treuhänder abgewickelt werden, zu dessen Gunsten zum Beispiel Grundschulden bestellt werden und der sie dann treuhänderisch für die Anleihegläubiger hält. Soweit der Emittent seinen Zahlungsverpflichtungen nicht nachkommt, ist der einzelne Anleihegläubiger typischerweise berechtigt, von dem Treuhänder die Verwertung der Sicherheiten zur Befriedigung seiner Ansprüche gegenüber dem Emittenten zu fordern.

Klauseln für Covenants

Neben der Besicherung von Anleihen sowie zur Vermeidung der damit verbundenen Nachteile durch die Bindung des Sicherungsgutes hat es sich mittlerweile etabliert, dass der Emittent in den Anleihebedingungen bestimmte Zusicherungen gegenüber den Anleihegläubigern, sogenannte Covenants, abgibt. Ihre Anzahl und Ausgestaltung richtet sich üblicherweise nach der Erwartungshaltung der potenziellen Investoren. Als Standardklauseln gelten

- die Negative-Pledge-Clause, also die Verpflichtung, keine Sicherheiten zur Besicherung von Kapitalmarktverbindlichkeiten des Emittenten zu gewähren,

- die Change-of-Control-Clause, wonach der bisherige Hauptgesellschafter des Emittenten zu einem bestimmten Prozentsatz an der Gesellschaft beteiligt bleiben muss, sowie

- die Cross-Default-Clause, die für den Fall gilt, dass eine andere Verbindlichkeit des Emittenten mit Dritten vorzeitig fällig gestellt oder nicht erfüllt wurde.

Sofern ein Covenant während der Laufzeit der Anleihe nicht eingehalten wird, ist der Anleihegläubiger zur außerordentlichen Kündigung berechtigt, wodurch er die Rückzahlung des von ihm gezeichneten Nennbetrages inklusive der bis dahin aufgelaufenen Zinsen verlangen kann. Zur weiteren Steigerung der Attraktivität der Anleihe ist in den Anleihebedingungen zum Teil vorgesehen, dass dem Emittenten kein ordentliches Kündigungsrecht zusteht.

Transparenzpflichten nach der Platzierung

Nach der Begebung der Anleihe und ihrer Notierung an der Börse gelten für den Emittenten bestimmte Transparenzpflichten, die sich aus den Freiverkehrsbedingungen der Börsen ergeben. Hierzu gehören die Veröffentlichung sogenannter Quasi-Ad-hoc-Mitteilungen, also die umgehende Bekanntgabe von wichtigen die Anleihe betreffenden Umständen, die Veröffentlichung von Halbjahresfinanzberichten mit einem verkürzten Halbjahresabschluss sowie die Aufstellung und fortlaufende Aktualisierung eines Finanzkalenders.

Darüber hinaus ist die Aktualisierung des ursprünglichen Ratings durch jährliche Folgeratings erforderlich. Diese mit der Börsennotierung der Anleihe verbundenen Pflichten bedingen einen erhöhten Personal- und Kostenaufwand beim Emittenten, gerade bei nicht kapitalmarktorientierten Gesellschaften.

Obwohl die Begebung einer börsennotierten Anleihe grundsätzlich eine attraktive Finanzierungsmöglichkeit für mittelständische Gesellschaften darstellt, bestehen jedoch auch Risiken, die insbesondere im Bereich der Zinszahlung und der Refinanzierung liegen. So sollte der Emittent sich frühzeitig um eine Anschlussfinanzierung nach dem Laufzeitende der Anleihe kümmern. Darüber hinaus haben Beispiele wie Solen gezeigt, dass allgemeine Liquiditätsschwierigkeiten den Emittenten gezwungen haben, die Notierung der Anleihe in dem jeweiligen Qualitätssegment zu kündigen.

Des Weiteren besteht für die Anleihegläubiger das Risiko, dass bei einer Insolvenz des Emittenten wie zum Beispiel bei Siag Schaaf der Anspruch auf Rückzahlung der Anleihe wertlos ist. Insgesamt wird es jedoch voraussichtlich noch einige Zeit dauern, bis die langfristigen Chancen von Mittelstandsanleihen sowohl für die Gesellschaften als auch für die Investoren zuverlässig bewertet werden können.

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