Im Blickfeld

Patrizia Immobilien: auf zwei Beinen

Für Dienstleister, die sich auf Kauf, Vermietung und Betreuung von Wohnimmobilien verstehen, sollten die Zeiten eigentlich sonnig sein. Die Finanzmarkt- und Wirtschaftskrise sowie die zunehmenden Befürchtungen, dass die ganze Banken- und Staatenrettung doch schon bald mit steigender Inflation bezahlt werden muss, lassen Investoren in die vermeintlich sichereren realen Kapitalanlagen flüchten. Dazu gehören neben Gold auch Immobilien.

Vor allem Wohnungen werden wieder mehr wertgeschätzt. Davon hat auch die Patrizia Immobilien AG in den vergangenen Jahren prächtig profitiert und ist mit beachtlichem Tempo organisch gewachsen. Ankauf, Wertoptimierung, Verkauf von Gebäuden betreibt sie im eigenen Namen und sie bietet ihr Können auch institutionellen Geschäftspartnern und der öffentlichen Hand an.

Vor allem das Dienstleistungsgeschäft ist für das Augsburger Unternehmen interessant, weil es stabile Erträge bei wenig Eigenkapitaleinsatz verspricht. Dabei kommt ihm entgegen, dass institutionelle Kapitalanleger tendenziell weniger direkt, sondern mehr indirekt investieren wollen. Immobilien-Spezialfonds haben sich hierbei oft als erste Wahl erwiesen. Seitdem sprießen diese Vehikel und die sie strukturierenden Kapitalanlagegesellschaften wie Pilze aus dem Boden. 2007 gründete auch Patrizia solch einen Spezialfondsanbieter, der bis heute immerhin fünf Sondervermögen mit einem gezeichneten Kapital von mehr als 800 Millionen Euro auf den Weg brachte.

Doch in ihrer 25-jährigen Unternehmensgeschichte hat die Patrizia auch erfahren, dass die Liebe der institutionellen Investoren zur Wohnimmobilie schnell erkalten kann, wenn andere Immobiliennutzungsarten attraktiver erscheinen. Daher ist es klug, in guten Zeiten ein weiteres Standbein zu schaffen. Bisher haben es die Augsburger aus eigener Kraft versucht, doch das kostet viel Zeit und bindet Ressourcen. Schneller geht es durch Zukauf.

Mit der LB Immo Invest GmbH bot sich jetzt die Gelegenheit und die Patrizia tat gut daran zuzugreifen. Die Hamburger Kapitalanlagegesellschaft, für die schätzungsweise 30 bis 40 Millionen Euro bezahlt wurden, ist sowohl im Spezialfonds- als auch im Gewerbeimmobilienmarkt eine Hausnummer. Dennoch passt sie von ihrer Größe und der Produktausrichtung zur Patrizia.

Schon länger zeichnete sich ab, dass die HSH Real Estate AG ihre Spezial-fonds-Tochtergesellschaft abstoßen wollte. Ein Jahr lang wurde nach einem langfristig orientierten und nachhaltigen Käufer gesucht, dem auch die Fondsanleger - vor allem Sparkassen, Versicherungen und Pensionsfonds vertrauen. Zu groß wäre sonst das Risiko, dass der HSH-Konzern als Verkäufer mitverantwortlich gemacht würde, falls sich die Investoren von der LB Immo Invest unter neuer Eigentümerschaft schlechter betreut fühlen als bisher. Tatsächlich dürfte die jetzt gefundene Lösung auch im Interesse der Fondszeichner sein. Denn sie beendet die Phase der Unsicherheit, welche die Investitionsfähigkeit der LB Immo Invest doch merklich hemmte.

Der Patrizia Konzern sieht in der LB Immo Invest mehr als eine Beteiligung, sondern will den Spezialfondsanbieter als strategische Investition verstanden wissen. Durch den Ausbau des Fondsgeschäfts und die damit verbundenen höheren Gebühreneinnahmen für das Asset Management sollen die stetigen Erträge erhöht und gleichzeitig die Volatilitäten des Transaktionsgeschäfts besser ausgeglichen werden. Zudem rückt die Patrizia mit einem Nettofondsvolumen von 1,8 Milliarden Euro, 18 Fonds und einem Marktanteil von sechs Prozent zur Nummer drei im deutschen Spezialfondsmarkt auf - hinter der IVG und iii-Investments.

Damit wird die Patrizia künftig auch anders wahrgenommen. Ihr kann und sollte es gelingen, über die LB Immo Invest Zugang zu neuen Kunden und neuen Märkte zu erlangen. Darüber hinaus gestattet die internationale Expertise der Hamburger dem Konzern eine Internationalisierung des Geschäfts. Synergieeffekte seien für die Übernahme nicht ausschlaggebend gewesen, heißt es seitens der Patrizia, weil man den Kauf nicht "schön" rechnen wollte, dennoch erwartet das Management Kostenvorteile - einesteils der höheren Zahl an verwalteten Immobilien und andernteils der Einsparungen beim Personal und der IT wegen.

Während Doppelstrukturen abgebaut werden, sollen vor allem die Mitarbeiter im operativen Geschäft an Bord gehalten werden. Auch in technischer Hinsicht, speziell im Reporting, seien die Hamburger den Augsburgern voraus. Für die nächsten beiden Jahre erwartet der Konzern von seiner neuen Hamburger Tochter nach Abzug der transaktionsbedingten Finanzierungskosten einen Beitrag von 3,5 und 5,0 Millionen Euro zum Konzern-Vorsteuerergebnis.

Die Gewerbeimmobilienaktivitäten des Konzerns sollen künftig von Hamburg aus gesteuert werden. So wird die LB Immo Invest künftig weiterhin Gewerbeimmobilienfonds initiieren und betreuen. Mit heute 49 Mitarbeitern hat die Gesellschaft bisher Baustein-, Individual- und Labelfonds aufgelegt, die hauptsächlich in Büro- und Handelsimmobilien, aber auch in Pflegeheime und Hotels investierten.

Aktuell stecken rund zwei Milliarden Euro Eigenkapital von institutionellen Investoren in den Fonds der LB Immo Invest. Dagegen sollen die Wohnimmo-bilien-Spezialfonds des Konzerns künftig nur von der Patrizia Immobilien Kapitalanlagegesellschaft mbH aufgelegt werden, denn die Kompetenz für Investitionen in Wohnimmobilien wird in Augsburg konzentriert.

Mit der neuen Konzernstruktur eröffnet sich für die Patrizia Immobilien AG die Möglichkeit, ihr Geschäftsmodell auf zwei Standbeine zu stellen. Im Wettbewerb sollte ihr das einerseits Größen- und Diversifikations-, andererseits auch Innovationsvorteile bringen. Schließlich machte die LB Immo Invest bereits bisher mit neuen Fondskonzepten von sich reden. Allerdings gelang es den Hamburgern bislang nicht, diese Ideen in so kraftvolles Wachstum umzumünzen, wie dies hätte erwartet werden können.

Potenziale hat die neue Konzernformation also durchaus reichlich im Immobili-en-Spezialfondsmarkt. Die zu nutzen wird jedoch entscheidend davon abhängen, wie gut das Patrizia-Management die bisherigen Kunden der LB Immo Invest überzeugen kann. Vor allem im Sparkassensektor, aus dem der Hamburger Fondsinitiator herausgelöst wurde, gilt es, die Vorteile der künftigen Konstellation zu erklären. L. H.

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