Schwerpunkt Personalmanagement

Neue Anforderungen an Mitarbeiter und Management in der Immobilienwirtschaft

Ob börsennotierte Wohnungsunternehmen, Immobilienfinanzierer, Asset Manager oder Beratungsfirmen: Die Aus- und Fortbildungsstandards in der Immobilienwirtschaft, die in den letzten gut 20 Jahren etabliert wurden, sind heute profiliert, auf die Anforderungsprofile der einzelnen Unternehmensbedürfnisse und dementsprechenden Berufsgruppen ausgerichtet und werden fortlaufend weiterentwickelt. Dennoch befindet sich die Geschäfts- und Arbeitswelt in der Immobilienwirtschaft in puncto Arbeitnehmer- und Arbeitgeberanforderungen an einem historischen Wendepunkt. Dieser verändert radikal die Organisation, Innovation und Wertschöpfung der Unternehmen im 21. Jahrhundert.

Die Arbeit wird vor allem durch die aktuellen Informations- und Kommunikationstechnologien geprägt. So haben beispielsweise die Einführung des Computers und die Etablierung des World Wide Web die Art des Arbeitens, dramatisch verändert. Diese Veränderungen waren seit Beginn der Digitalisierung "angekündigt" und heute sind diese Auswirkungen zu spüren. Für die Immobilienwirtschaft speziell sind weitere Entwicklungen maßgeblich, beispielsweise die Globalisierung der Märkte sowie besonders in Deutschland der demografische Wandel, der sich immer stärker auf die Bewertung der Immobilienstandorte auswirken wird.

Die sich stetig verändernden Rahmenbedingen werden die Anforderungen für ein zukunftsorientiertes "Umgehen" mit Immobilien beeinflussen und stellen hohe Anforderungen an Flexibilität, Qualifizierung und Motivation der Mitarbeiter, die mit Immobilien "zu tun haben" und die sich, wie die Führungsebene auch, den veränderten Bedingungen in einem globalisierten Markt anpassen müssen.

Flexible Zeiten wichtiger als Parkplatz

Die Tätigkeiten in der Immobilienwirtschaft waren bisher eher durch klare Hierarchieebenen und eingespielte, aber starre Arbeitsabläufe strukturiert. In der Vergangenheit - und in vielen Fällen auch heute noch - waren die Unternehmen auf ihre regionalen Märkte fokussiert. Neue Mitarbeiter, auch auf der Führungsebene, wurden vor allem in Deutschland rekrutiert. Die Anforderungsprofile an potenzielle Mitarbeiter waren deutlich schlichter und konnten somit leichter erfüllt werden.

Auch haben sich selbst Spitzenkräfte und Talente leichter mit den klassischen Mitteln des Anwerbens und Haltens von Personal rekrutieren lassen. Die nach außen schnell sichtbaren, der formalen Autorität dienenden Statussymbole wie Titel, Gehaltserhöhung, Parkplatz und ein größeres Büro haben heute an Zugkraft verloren. Speziell jüngere Mitarbeiter sind eher an flexibleren Arbeitszeiten interessiert als an einem eigenen Parkplatz.

Die sogenannte Generation Y, also die unter 30-Jährigen, ist mit dem Internet und Mobiltelefon aufgewachsen. Diese Generation ist anpassungsfähiger als vorige Generationen, da fortdauernder Wandel für sie der Normalzustand ist. Sie sind ständig online, um sich auf den neusten Stand zu bringen und informieren sich über Twitter, Facebook oder Blogs.

Sie kommunizieren schneller und brauchen regelmäßig und sofort ein Feedback auf abgelieferte Arbeiten. Sie erwarten dementsprechend auch von einem potenziellen Arbeitgeber, dass Laptop und Smartphone zur Verfügung stehen. Zudem wünschen sie sich Flexibilität im Beruf, der gerne "irgendwo" im Büro oder in der eigenen Wohnung sein darf. Viele Hierarchieebenen schrecken sie eher ab. Wichtiger als Ort und Zeit für die Fertigstellung einer Aufgabe ist für diese Generation das qualitative Ergebnis ihrer Arbeit.

Ein zukunftsorientiertes Unternehmen in der Immobilienwirtschaft sieht sich heute mehr als zuvor einem globalen Wettbewerb um die talentiertesten und am besten ausgebildeten Köpfe gegenüber. Die Wettbewerbsfähigkeit der Unternehmen hängt entscheidend davon ab, ob sie für die besten Nachwuchskräfte ein gutes Angebotspaket "schnüren" können.

Veränderte Arbeitsweisen

Die genannten Aspekte fördern im Idealfall ein Umdenken der in der Immobilienbranche tätigen Unternehmen, auch was die Inanspruchnahme eigener Bürofläche angeht. Heute geht es um eine effizientere Raumaufteilung, die auch eine spätere Umnutzung oder völlig neue Raumstrukturen ermöglicht. Da rüber hinaus ist die Einrichtung einer technischen Ausstattung unabdinglich, die eine zeitgemäße Arbeitsweise erlaubt. So sind seit einiger Zeit offene Bürokonzepte unter dem Begriff "Open Space Office" im Trend. Diese Büroform ist variabel nutzbar und kommunikationsförderlich. Verbunden mit sogenannten "non territorialen Büroprinzipien" fallen persönlich zugeordnete Arbeitsplätze ganz weg. Das macht Sinn, wenn ein Teil der Belegschaft sich von anderen Orten in das Unternehmensnetz einloggen kann und freie Mitarbeiter nach Bedarf hinzugezogen werden sollen.

Trend zu virtuellen Unternehmen

So bezeichnen sich heute bereits jüngere Angestellte oder Selbstständige als "Multi-Mobility-Worker". Sie kombinieren nahezu gleichwertig Büro-, Heimund Telearbeit. Diese Entwicklung wird sich weiter fortsetzen. Zudem entstehen immer mehr Formen der Arbeitsteilung wie "Co-Working", also zunächst flexibel verfügbare Arbeitsplätze im Unternehmen. Weiter fortgeschritten führt dieser Trend zu virtuellen Unternehmen, deren Mitarbeiter von überall her jeweils Teilaufgaben bearbeiten um das Ergebnis später zusammenzufügen.

Um komplexere Aufgaben zu bewältigen, bedienen sich immer mehr Unternehmen Formen des "Crowd-Sourcing". Hier werden Spezialisten zusammengeführt: freie Mitarbeiter und Angestellte des Unternehmens arbeiten in Arbeitsgruppen auf Zeit zusammen, um bestehende Aufgabenstellungen innovativ zu lösen. Diese neuen Ansätze der Kooperation, auch "Open-Source" genannt, werden die Definition von Arbeit nachhaltig verändern.

Die neuen Arbeitsmodelle und das Selbstverständnis einer neuen technikaffinen Generation von Mitarbeitern erfordern einen anderen sozialen Umgang, neue Organisationskonzepte für dynamischere und virtuelle Arbeitsstrukturen sowie die Dezentralisierung von Verantwortung, was wiederum eine flache Hierarchie, ergebnisorientierte Führungskonzepte sowie "Vertrauensarbeitszeit" einschließt.

Im Ergebnis sollen die genannten Arbeitsmodelle auch zu einem bedürfnisgerechteren Verhältnis zwischen Berufs- und Privatleben führen. Wer sich, durch eine den persönlichen Bedürfnissen angepasste Zeiteinteilung mehr der Familie und Freunden widmen kann oder Zeit für die persönliche Fortbildung oder Sport hat, ist glücklicher und gesünder. Das wiederum kommt auch dem Unternehmen zugute.

Deutlich weniger Fluktuation durch Flexibilität

Durch weniger krankheitsbedingte Fehlzeiten müssen so keine Mitarbeiter für zusätzliches Budget angeworben werden, die darüber hinaus auch noch eingearbeitet werden müssten. Darüber hinaus fallen auch niedrigere Rekrutierungskosten an, weil ein zufriedener Mitarbeiter das Unternehmen nicht so schnell wechselt.

Es besteht zudem keine Gefahr, durch ein oft unterschätztes schlechtes Unternehmensimage an einem Bewerbermangel zu leiden. Wenn man gut ausgebildetes und eingearbeitetes Personal länger an das Unternehmen binden kann, hat man einen klaren Wettbewerbsvorteil der Konkurrenz gegenüber. Das Wissen, welches der Mitarbeiter mitbringt und im Unternehmen sammelt, ist als Humankapital schwer ersetzbar und würde im Falle seiner Kündigung oder Entlassung endgültig verloren gehen.

Erhalt von Erfahrung und Kompetenz

Ein weiterer Aspekt des demografischen Wandels wurde hier bisher wenig beleuchtet: die älteren Mitarbeiter und ihr ebenfalls wichtiger Anteil am Humankapital des Unternehmens. Einer hier drohende Diskriminierung, zum Beispiel aufgrund mangelnder IT-Kenntnisse, sollte früh begegnet werden, bevor es deshalb zu Kündigungen kommt. Vielmehr sollten diese Kräfte Teil einer internen Ausbildungskampagne werden. Ein im Unternehmen integriertes, aktives Diversity Management kann Diskriminierungen jedweder Art, sowohl bei den Mitarbeitern als auch bei Bewerbern im Rekrutierungsprozess, frühzeitig begegnen und so das Betriebsklima deutlich verbessern.

Aufgrund der beschriebenen veränderten Anforderungen sind heute unternehmensstrategische Maßnahmen gefragt. Mehr denn je müssen Unternehmen heute alternative Karrierewege bieten und in eine starke Arbeitgebermarke investieren, die den neuen Anforderungen an ein Arbeitsumfeld ein attraktives Angebot vermittelt, um sich deutlich von Wettbewerbern im Arbeitsmarkt abzusetzen.

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