Recht und Steuern

Haftung des Zweitarchitekten

Das Oberlandesgericht (OLG) Stuttgart hat mit seinem Urteil unter dem Aktenzeichen 19 U 100/09 über Schadenersatzansprüche gegenüber einem Zweitarchitekten bei Übernahme der sogenannten "Vollarchitektur" dessen Haftungsverantwortung bestätigt. Beendet ein Bauherr während der Bauphase das Vertragsverhältnis mit dem Erstarchitekten, so haftet der nachfolgend beauftragte Zweitarchitekt in vollem Umfang für Mängel und Schadenersatzansprüche. Dies schließt Planungs- und Baumängel des Erstarchitekten ausdrücklich mit ein, sofern der Zweitarchitekt die sogenannte "Vollarchitektur", also alle Leistungsphasen (LPH 1-9) im Sinne der HOAI übernommen hat. In diesem Fall ist der Zweitarchitekt verpflichtet, alle vorhandenen Planungsleistungen im Einzelnen zu überprüfen und bei Bedarf zu ändern. Die Richter argumentieren, dass beide Architekten jeweils umfassend vom Bauherrn beauftragt und somit auch in vollem Umfang planerisch verantwortlich sind. Eine höchstrichterliche Klärung steht allerdings noch aus.

Im konkreten Fall hatte eine Bauherrin ein Architekturbüro mit der Planung von Um- und Erweiterungsarbeiten an einem Wohnungs- und Bürogebäude beauftragt. Noch vor Ausführung der Bauleistungen wurde das Vertragsverhältnis beendet und ein Zweitarchitekt mit der Fertigstellung der Bauleistungen betraut. Dieser übernahm das Projekt mit sogenannter "Vollarchitektur" und die bereits vorhandenen Pläne wurden als Grundlage herangezogen. Nach Fertigstellung kam es zu Feuchtigkeitsschäden und Schimmelbildung, welche durch Planungsfehler des Erstarchitekten verursacht wurden. Eine Abnahme war nicht erfolgt. Infolgedessen wurde der Zweitarchitekt für alle Mangel- und Mangelfolgeschäden sowie Mietausfall auf Schadenersatz verklagt.

Das OLG Stuttgart folgte der Argumentation der Klägerin und bestätigte mit seinem Urteil, dass die Obliegenheit für mangelfreie Pläne nicht beim jeweiligen Bauherrn liegt. Gleichwohl waren die Schadenersatzansprüche nach Auffassung des Oberlandesgerichts zum Teil bereits verjährt und nicht mehr durchsetzbar. Es ist der Ansicht, dass mangels Abnahme die Fünfjahresfrist für Werkverträge gemäß § 634 a BGB keine Anwendung findet, sondern die allgemeine gesetzliche Regelverjährung von drei Jahren gemäß § 195 BGB. Dies würde bedeuten, dass nicht abgenommene Leistungen bereits früher verjähren als abgenommene.

(Lill Rechtsanwälte)

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