Konzernstrategie

"Gerne würden wir weitere Asset Manager kaufen"

Seit einem Jahr sind Corpus und Sireo eins. Welche Entwicklung war damit verbunden?

Corpus hat die Anteile an der Sireo, die noch bei Morgan Stanley und der Deutschen Telekom lagen, zum 1. Mai 2007 vollständig übernommen und so von 50,4 auf 100 Prozent aufgestockt. Bis zum Jahresende wurde die Integration vollzogen und seit dem Jahr 2008 tritt die Gesellschaft als Asset Manager im Markt auf.

Durch die schrittweise Erhöhung der Anteile haben wir Corpus Sireo allmählich zu einem Asset Manager weiterentwickeln können. Wir verstehen uns heute nicht mehr als Investor, sondern als Dienstleister, als Asset Manager und Berater.

Gibt es mentale und kulturelle Unterschiede zwischen Sireo und Corpus, die es in Einklang zu bringen gilt?

Wir leben in einer Zeit sich stark verändernder Märkte, deren Wandel durch die Subprime-Krise sogar noch vorangetrieben wird. Veränderung ist ein Teil unserer Philosophie, die von den Mitarbeitern gelebt und mitgetragen wird - auch wenn es für einige eine kulturelle, mentale oder geografische Veränderung bedeutet.

Beide Unternehmen haben eine eigene Identität entwickelt: Während sich Corpus als mittelständisch versteht und sparkassennah ist, wurde Sireo stark von den Konzernen Morgan Stanley, der Deutschen Telekom und dem Drittgeschäft geprägt. Hier treffen also spontanes unternehmerisches Denken auf der einen und strukturierte Manager-Mentalität auf der anderen Seite aufeinander. Die Symbiose aus beidem ist wertvoll.

Wie weit ist die Integration beider Unternehmen fortgeschritten, was muss noch getan werden?

Die technische Integration ist komplett vollzogen, sie wird aber weiter fortgeschrieben. Hinsichtlich unseres Geschäftsmodells werden wir noch einige Anpassungen vornehmen. Diese hängen damit zusammen, dass es einen Asset Manager von unserer Größe hierzulande bislang nicht gibt, sodass wir Pionierarbeit leisten und aus eigenen Erfahrungen lernen müssen. Das heißt, es wird weiter Veränderungen im Unternehmen geben. Die kulturelle und mentale Integration braucht noch gewisse Zeit.

Ginge es mit einem zentralen Standort schneller?

Die räumliche Trennung der Mitarbeiter in den Standorten Düsseldorf und Heusenstamm macht die kulturelle Integration sicherlich nicht leichter, aber ein Asset Manager braucht keine Zentrale; wichtiger sind optimierte Prozesse, weil ein Berater die beste Leistung zum niedrigsten Preis liefern muss.

Werden Ihre Beratungsleis tungen angemessen bezahlt?

Die deutschen Investoren zahlen hohe Pauschalen, aber geringe Erfolgshonorare, denn sie sind in der Regel an einer langfristigen Anlage interessiert. Auch deutsche Unternehmen verhalten sich ähnlich, weil sie die Immobilien in der Regel schon besitzen und nur ein besseres Management der Objekte wünschen. Dagegen zahlt der amerikanische Opportunist nur noch geringe Grundgebühren (flat fees), gleicht das aber mit hohen Erfolgsprämien (success fees) aus. Diese Konstellation der unterschiedlichen Gebührenmodelle ist

insofern vorteilhaft, weil wir uns auf eine Basis an Grundgebühren stützen können, die stets kostendeckend sind, während die Erfolgsprämien das Sahnehäubchen darstellen.

Corpus Sireo beteiligt sich auch an einigen Projekten, zum Beispiel dem Sony Center in Berlin. Verstehen Sie sich als reiner Asset Manager oder doch auch als Investor?

Morgan Stanley hat das Sony Center erworben und wir haben uns mit 3,75 Prozent beteiligt. Dies ist eine ganz andere Dimension als beispielsweise beim Millennium-Paket, wo wir seinerzeit 25 Prozent erworben hatten. Die geringe Beteiligung am Sony Center soll Interessenidentität sicherstellen. Denn wenn wir fehlerhaft beraten würden, riskieren wir unser Eigenkapital. Wir sind damit kein Investor, sondern bleiben ein Berater, ein Asset Manager mit Eigenkapitalbeteiligung.

Wer wünscht diese Beteiligung?

Angelsächsische opportunistische Investoren verlangen das regelmäßig, während hiesige institutionelle Investoren diese Beteiligungen eher nicht wünschen. Meist lohnt sich auch der Aufwand nicht, weil eine Beteiligung mit komplexen Verträgen verbunden ist.

Corpus Sireo zählt europaweit zu den großen Asset Managern in Europa und will zu den Top-Five aufsteigen. Wie wollen Sie das erreichen?

Wir kommen unserem Ziel schneller näher als gedacht. Zum Zeitpunkt der Fusion im Mai 2007 hatte das Unternehmen etwa 15,6 Milliarden Euro Assets under Management. Ende des Jahres 2008 wollten wir über 18 Milliarden Euro schaffen. Aber mittlerweile erreichen schon die im Jahr 2007 beurkundeten Transaktionen die 20-Milliarden-Marke. Da weitere Abschlüsse in der Pipeline sind, wird das Ziel von 20 bis 22 Milliarden Euro Assets under Management zum Jahresende 2008 voraussichtlich um zehn bis 15 Prozent übertroffen. Damit wären wir dann unter den ersten fünf Asset Managern in Europa.

Wie haben Sie das bei einem tendenziell rückläufigen Investmentmarkt geschafft?

Es gibt eine Verschiebung vom Opportunisten zum Core- und Core-Plus-Investor, der mehr Eigenkapital einsetzt. Trotzdem wird es die wirtschaftlich stabilen Opportunisten solange am Markt geben, wie sie Opportunitäten finden.

Nach wie vor werden große Bestände gehandelt und professionelle Asset Manager gebraucht. Obgleich wir mit 700 Mitarbeitern die kritische Größe überschritten haben, können wir nicht alle Angebote annehmen.

Diese Marktstellung haben wir nur erreicht, weil wir konsequent Interessenkonflikte vermeiden und nicht mehr als Investor auftreten, sondern ausschließlich als Dienstleister. Zudem wird jeder Kunde in seinem gewünschten Produktsegment exklusiv beraten. So betreuen wir zum Beispiel bei Büroportfolios über 500 Millionen Euro ausschließlich Morgan Stanley, während Wohnungsbestände zwischen zehn und 200 Millionen Euro nur für die Citigroup erworben und gesteuert werden. Bei Pflegeheimen arbeiten wir lediglich für einen bestimmten Kreis institutioneller Investoren.

Damit schränken Sie sich aber auch stückweise ein. Wo bestehen noch Andockpunkte für weitere Investoren?

Da gibt es jede Menge, zum Beispiel Hotels, Light Industrial, Büros unter 500 Millionen Euro, Wohnungen über 500 Millionen Euro oder Krankenhäuser. Die Liste ließe sich fortsetzen. Aktuell verhandeln wir mit einem weiteren opportunistischen Investor über eine Zusammenarbeit und mit verschiedenen institutionellen Investoren über neue Produkte.

Wer sind Ihre Wettbewerber und wie schätzen Sie die momentane Wettbewerbslage ein?

Bundesweit sehen wir derzeit keinen Wettbewerber. Einzig Pirelli versucht das entsprechende Know-how in Deutschland aufzubauen. Ansonsten konkurrieren wir vor Ort lediglich mit lokalen Asset Managern. Einige Investoren wie zum Beispiel Lone Star und Goldman Sachs haben ihre eigenen Asset Manager. Diese arbeiten dann aber exklusiv für den Gesellschafter, sodass auch hier kein Wettbewerb herrscht. Zukünftig wird es wohl nur wenige große, überregionale und zahlreiche kleine, lokale Asset Manager geben.

Wie spürt Corpus Sireo die Finanzmarktkrise und wie reagieren Sie darauf?

Wir haben sehr zeitig erkannt, was Subprime bedeutet und die Kredite sehr früh verlängert. Insofern ist unsere Liquiditätsversorgung ausgezeichnet. Aber wir spüren die Krise im Kundenverhalten. Denn alle, sowohl die amerikanischen Opportunisten als auch die deutschen Institutionellen sind zurückhaltender. Denn beide fürchten, zum falschen Zeitpunkt einzukaufen. Gleichzeitig halten sich die betreuten Unternehmen mit Verkäufen zurück, weil sie meinen, aktuell nicht den besten Preis erzielen zu können.

Sind bei Corpus Sireo auch REITs in der Pipeline?

Allen Kunden, die Immobilien im Milliardenbereich besitzen, raten wir, diese Bestände REIT-fähig zu machen. Dabei helfen wir, damit bei passendem Börsenumfeld ein entsprechender REIT starten kann. Wir sind aber keine Investmentbank, sondern ein immobilienorientiertes Beratungsunternehmen, das heißt wir bringen den REIT nicht selbst an die Börse.

Wo will Corpus Sireo wachsen, welche neuen Märkte haben Sie sich vorgenommen?

Für unsere deutschen institutionellen Anleger sind wir in fast allen europäischen Ländern und künftig auch in den USA investiert. Wir wollen dieses Angebot demnächst auf europäische und amerikanische institutionelle Investoren wie Versicherungen und Pensionsfonds ausweiten. Kernmarkt wird Deutschland bleiben.

Daneben suchen wir in den Ländern, deren Immobilienmärkte Aufwärtspotenzial haben und wo sich Opportunitäten ergeben, was zurzeit in fast allen Märkten möglich ist. Im Ausland bedienen wir uns allerdings lokaler Asset Manager.

Wo bekommen Sie die Leute her, die Sie brauchen, um das wachsende Auftragsvolumen bewältigen zu können?

Wir haben genügend Personal im eigenen Haus, um auch bei Megatransaktionen schnell die benötigten Kapazitäten bereitzustellen. Aber wir suchen auch ständig neue Mitarbeiter. Gerne würden wir kleine, lokale Asset Manager oder Asset-Management-Einheiten aus größeren Konzernen kaufen.

Warum haben Sie die Degi nicht übernommen?

Hier hätten wir Immobilien übernehmen müssen, das wollten wir aber nicht. Wir sind nur am Dienstleister interessiert. Wenn dabei ein Liegenschaftsbestand vorhanden sein sollte, müsste dafür ein Partner gesucht werden.

Wo findet sich bei der Positionierung als Asset Manager das Bauträger- und Maklergeschäft wieder?

Das Bauträgergeschäft ist ein gutes und wichtiges Geschäft, das sich sehr gut entwickelt. Aktuell errichten wir für 730 Millionen Euro Wohnungen und unser Ziel ist es, den Bauträger zu einem der größten in Deutschland auszubauen.

Wir werden aber unseren Wohnungsbestand von 12 000 auf etwa 6 000 Einheiten mittelfristig abschmelzen. Das ist der Bestand, den wir brauchen, um kurzfristige Anfragen aus dem Maklersegment bedienen zu können. Wir wollen uns nicht als Bestandshalter betätigen, um möglichen Interessenkonflikten mit den Investoren aus dem Weg zu gehen. Das Maklergeschäft soll auf dem heutigen Niveau eingefroren werden. Derzeit werden über den Makler mehr als 1 500 Wohnungen pro Jahr beurkundet. Damit ist das Geschäft zwar ein wichtiger Baustein des Unternehmens, aber wer einen Asset Manager beauftragt, will in der Regel nicht die Maklerleistungen vom gleichen Unternehmen beziehen, sondern bevorzugt externe Dritte. Daher arbeitet der Makler künftig vor allem für die Sparkassen und fremde Dritte.

Über den Verkauf unseres Property Managers im Wohnungssegment verhandeln wir gerade. Was wir hier an Leistungen noch brauchen werden, kaufen wir künftig extern ein. Dies hat sich bei den Gewerbeimmobilien bereits bewährt, wo wir zum Beispiel sehr zufriedenstellend von Dete-Immobilien betreut werden.

Passt die Eigentümerstruktur noch zur aktuellen Lage und zu den Zielen des Unternehmens?

Die Sparkassen fühlen sich mit uns sehr wohl, weil wir unser Wachstum aus dem bestehenden Eigenkapital darstellen können. Das Ergebnis, das wir 2007 erzielt haben, ist das zweitbeste Jahr in der Unternehmensgeschichte. Es besteht kein Grund, einen weiteren Gesellschafter aufzunehmen. Das ist auch nicht gewollt.

Anders sähe es aus, wenn wir uns strategisch neu aufstellen würden und dazu mehr Eigenkapital oder einen neuen Partner benötigen. 2006 bestand die Möglichkeit eines Börsengangs, aber keiner der Anteilseigner wollte dies. Wenn jeder Eigentümer nur ein Viertel der Gesellschaft besitzt, ist die Versuchung, an der Börse Kasse zu machen, etwas geringer als bei dem einen oder anderen Mittelständler.

Sind Sie im Rückblick froh, doch nicht an die Börse gegangen zu sein?

Mit der Neuausrichtung zum Asset Manager sind wir den richtigen Weg gegangen. Wer sich als Bestandshalter oder als Immobilienhändler positionierte, hat es heute wesentlich schwerer.

Wie nützlich sind Sie für die Sparkassen?

Für die Sparkassen, die sehr viel Kompetenz in ihrem lokalen Markt haben, ist es interessant, auch eine Gesellschaft zu besitzen, die nationale und internationale Expertise vorweisen kann. Gemeinsam können wir Marktveränderungen frühzeitig antizipieren. Zudem ist das Bauträger- und Maklergeschäft für die Sparkassen interessant, weil es ihnen eine dreistellige Millionensumme an Finanzierungen zuführt.

Wie helfen Ihnen die Sparkassen?

Als ich vor 15 Jahren mit einer halben Million Euro Eigenkapital anfing, halfen die Sparkassen dem Unternehmen, das nötige Kapital auf die Füße zu stellen. Zudem unterstützen sie den Aufbau operativer Strukturen, beraten strategisch und warnen vor Risiken.

Und aufgrund der hohen Finanzierungskraft kann sich wohl kein Wettbewerber so günstig mit Kapital versorgen wie wir. Zudem profitieren wir von der hohen Reputation der Sparkassen, vor allem wenn wir mit ausländischen Investoren zusammenarbeiten. Aufträge vermitteln uns die Banken in der Regel nicht.

Fühlen Sie sich als Teil des S-Finanzverbundes?

Nein, wir sind kein Bestandteil des Verbundes und fühlen uns auch nicht so, denn wir werden völlig eigenständig geführt. Die Sparkassen begreifen uns als Finanzbeteiligung mit synergetischen Effekten.

Wird das soziale Engagement der Corpus Sireo von den Sparkassen verlangt?

Nein. Als Schüler an einer Jesuitenschule lernte man auch, soziale Aufgaben über den Unterricht hinaus wahrzunehmen. Mir blieb soziales Engagement auch als Unternehmer wichtig. Deshalb ist die Cornelius-Stiftung, die sich der Betreuung von Kindern suchtkranker Eltern widmet, unter anderem auf meine Initiative entstanden.

Damit wollen wir eine Lücke schließen, denn die karitativen Organisationen widmen sich zwar den Suchtkranken, aber nicht deren Kindern. Dabei ist deren Suchtabhängigkeitsrisiko zehnmal höher als bei Kindern von Nichtsuchtkranken. Im Cornelius-Haus können die Mütter mit ihren Kindern ein Jahr lang wohnen und werden dabei begleitet, wieder ein selbstbestimmtes Leben zu führen. Wir versuchen präventiv zu arbeiten.

Derzeit hat die Stiftung ein Haus in Köln, daneben gibt es viele Einzelmaßnahmen. Jetzt planen wir ein Haus in Berlin, wofür zunächst ein karitativer Träger gesucht wird.

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