Schwerpunkt Immobilien in der Förderung

Förderung des ländlichen Raums als gesamtgesellschaftliche Zukunftsaufgabe

Während der Immobilienmarkt in den Großstädten boomt, gibt es in den ländlichen Regionen der Republik immer mehr Häuser, die als unverkäuflich gelten. Die Gründe hierfür sind vielfältig, und oft droht eine Kettenreaktion: Sinkt die Wirtschaftskraft einer Region und fehlt es an Arbeitsplätzen, sinken bald auch die Einwohnerzahlen und die kommunalen Mittel für Investitionen. Durch eine schwache Infrastruktur wird die Region schließlich noch unattraktiver, und dies nicht nur für deren Bewohner, sondern auch für potenziell Hinzuziehende und neue Arbeitgeber.

Mit dieser Abwärtsspirale aus Arbeitslosigkeit, Abwanderung und Überalterung kämpfen aktuell etliche Kommunen im ländlichen Raum, vor allem in Ostdeutschland. Doch sollten wir, wie es so schön heißt, die Kirche im Dorf lassen: Nach wie vor beneiden uns andere Länder darum, dass Deutschland nicht nur von einer großen Metropole abhängig ist, sondern auch auf dem Land viele Unterzentren hat, deren wirtschaftliche Dynamik bisweilen sogar die Wachstumsraten in den Städten übertrifft. Der ländliche Raum als Wirtschaftsstandort trägt ganz wesentlich zur Entwicklung Deutschlands bei, und in manchen Regionen, zum Beispiel in Süddeutschland, herrscht sogar Vollbeschäftigung verbunden mit einem positiven Binnenwanderungssaldo.

Große strukturelle Unterschiede

Wer heute also nach den Herausforderungen einer Modernisierung des ländlichen Raums fragt, dem muss man zunächst antworten: Es gibt nicht "den" ländlichen Raum, und genauso wenig gibt es überall einen Bedarf zur Modernisierung. Gleichwohl gibt es aber große strukturelle Unterschiede, und daraus erwächst die Notwendigkeit für die Politik, Ziele und Maßnahmen für eine Strukturförderung zu definieren. Laut Grundgesetz muss es dabei auf jeden Fall Ziel sein, gleichwertige Lebensverhältnisse in Deutschland herzustellen. Doch lässt sich daraus ein Anspruch für jeden noch so kleinen Ort ableiten? Oder darf man - im allgemeinen Interesse - die Leistungen der Daseinsvorsorge auch konzentrieren und von wirtschaftlichen Erwägungen abhängig machen?

Zugegeben - im Grunde sind dies rhetorische Fragen, die die Realität längst beantwortet hat. Doch natürlich tut man sich zurecht auch schwer mit der Entscheidung, wo sich Förderung lohnt und ob für manche Kommune nicht gar der Rückbau die beste Alternative wäre. Aktuell kann man beobachten, dass der Fokus in Deutschland zunehmend auf die (wirtschaftliche) "Stärkung der Starken" gelegt wird und damit der Ausbau von Metropolregionen und Mittelzentren unterstützt wird. Dies ist auch Stand der Diskussion in der Wissenschaft. Denn durch die Konzentration auf größere Orte mit klar definiertem Einzugsbereich verteilen sich die hohen Kosten für die Daseinsvorsorge besser, und auch eine finanzielle Beteiligung der Bürger ist leichter zu realisieren. Dies dient schließlich nicht nur den Mittelzentren selbst, sondern auch den Gemeinden in der Nachbarschaft.

Agrarwirtschaft prägt ländliche Entwicklung

Ein Blick in die Historie zeigt übrigens, dass Siedlungsstrukturen, auch unabhängig von politischen Umbrüchen, in Deutschland schon immer dynamisch waren. So führten zum Beispiel verbesserte landwirtschaftliche Anbauverfahren oder ein Bevölkerungsrückgang schon in früheren Zeiten zur Aufgabe von Dörfern und zur Verwaldung ganzer Regionen.

Damals wie heute gilt, dass die Entwicklung des ländlichen Raums eng mit der Entwicklung der Landwirtschaft zusammenhängt. Denn für viele Regionen ist die Landwirtschaft mit dem dazugehörigen vor- und nachgelagerten Bereich ein wichtiger Teil der Wirtschaft. In einigen Regionen, etwa in Nord-West-Deutschland haben sich sehr erfolgreiche Agrar-Cluster herausgebildet. Und dank der positiven Entwicklung auf den Weltmärkten für Agrarprodukte erlebt die Landwirtschaft in den vergangenen Jahren insgesamt einen Boom. In Deutschland hat das Erneuerbare-Energien-Gesetz diese Dynamik sogar noch verstärkt, denn die Energiewende findet zum großen Teil auf dem Land statt.

Die Stimmung der Landwirte ist entsprechend gut und sie investieren kräftig, sowohl in erneuerbare Energien als auch in die klassische Landwirtschaft, beispielsweise in neue Ställe oder Maschinen. Doch unabhängig von dieser positiven Entwicklung schreiten auch in der Landwirtschaft der Strukturwandel und die Rationalisierung voran. Die Zahl der dort Beschäftigten ist langfristig betrachtet rückläufig und es ist eine zentrale Herausforderung, dort Arbeitsplätze zu erhalten oder zu schaffen- etwa durch Diversifizierung oder durch die Erschließung zusätzlicher, nicht landwirtschaftlicher Einkommensmöglichkeiten.

Dieser Herausforderung hat sich auch die gemeinsame europäische Agrarpolitik angenommen und fördert parallel zur Landwirtschaft die ländliche Entwicklung in der sogenannten 2. Säule. In Deutschland liegt die Zuständigkeit für die Umsetzung der Strukturpolitik bei den Bundesländern. Der Bund beteiligt sich allerdings im Rahmen der Gemeinschaftsaufgabe Agrarstruktur und Küstenschutz (GAK). Jedes Bundesland setzt im Rahmen der 2. Säule eigene Schwerpunkte. Diese zielen entweder auf eine Verbesserung der Wettbewerbsfähigkeit, die Entwicklung des ländlichen Raums oder auf Umwelt- und Ausgleichsleistungen ab.

Als Besonderheit werden von der Europäischen Union mit dem "Leader-Programm" modellhafte innovative Ak tionen im ländlichen Raum gefördert. Entgegen der ursprünglichen Planung gehen jedoch die Mittel für die 2. Säule der EU-Agrarpolitik zurück. Daher wird den Mitgliedsländern erlaubt, zukünftig einen Teil der Agrardirektzahlungen in die ländliche Entwicklung umzulenken. In welchem Ausmaß davon Gebrauch gemacht wird, muss politisch noch entschieden werden.

Ausbau der Infrastruktur, Erhalt der Lebensqualität

Um den ländlichen Raum attraktiv zu halten, sind Investitionen in eine funktionierende Infrastruktur aber auf jeden Fall unverzichtbar. Und hierzu gehört mehr als der Ausbau von Straßen, Kanalisation und Schienenwegen. So kann beispielsweise eine moderne Kommunikationsinfrastruktur mit schnellen Internetverbindungen die Attraktivität ländlicher Räume erheblich steigern.

Denn langfristig bietet die Telearbeit mit Homeoffice für viele Bewohner die Chance, die Vorteile von Arbeitsangeboten aus der Stadt mit denen des Landlebens zu kombinieren. Sie müssten dann je nach Arbeitsmodell zumindest nicht mehr täglich pendeln.

Die Anziehungskraft ländlicher Regionen hängt aber auch von Kultur-, Freizeit-, Bildungs- und Betreuungsangeboten ab, denn häufig entscheiden diese über Wegzug oder Bleiben vor allem junger Menschen. So kann bereits eine fehlende Kindertagesstätte das entscheidende Argument gegen einen Wohnort sein. Vor dem Hintergrund einer zunehmend älter werdenden Gesellschaft steckt in der Anpassung der weichen Faktoren an die veränderten Bedürfnisse ein großes Potenzial, in den ländlich geprägten Regionen den Wohn- und Lebenswert zu erhalten.

Die Landwirtschaftliche Rentenbank hat als Förderbank einen gesetzlichen Auftrag zur Förderung der Agrarwirtschaft sowie eben auch des ländlichen Raums und unterstützt dessen Entwicklung auf zahlreichen Wegen. So erhalten Städte und Gemeinden mit bis zu 50 000 Einwohnern sowie andere Gebietskörperschaften und Zweckverbände zinsgünstige Kredite für Inves - t itionen in Infrastruktur. Für private Investoren refinanziert die Rentenbank Investitionen in den Erhalt oder die Umnutzung von landwirtschaftlicher Bausubstanz, aber auch in die Verbesserung des Kultur-, Bildungs- und Freizeitangebots. Mit ihrem Förderungsfonds, in den die Hälfte ihres Bilanzgewinns fließt, unterstützt die Rentenbank außerdem zahlreiche Institutionen und Initiativen, die sich für den ländlichen Raum einsetzen.

Ein relativ neues Förderprogramm der Rentenbank finanziert Projekte von privaten Investoren im Rahmen des Open-Access geeigneten Breitbandausbaus, der aufgrund seiner herausragenden Bedeutung für die Wirtschaft vor Ort auch von der Politik stark unterstützt wird. Bei diesem und weiteren Themen arbeitet die Rentenbank auch mit Landesförderinstituten zusammen.

So hat sie beispielsweise in Zusammenarbeit mit der Europäischen Investitionsbank das Darlehensprogramm "Klar" der Investitionsbank Sachsen-Anhalt refinanziert. Mit diesem Programm wird die Umrüstung und Errichtung von Kleinkläranlagen finanziert, die nicht dauerhaft an die öffentlichen Abwasseranlagen angeschlossen werden können - ein typisches Beispiel für die auf den Bedarf im ländlichen Raum zugeschnittene Förderung von Investitionen. Ein weiteres Beispiel hierfür sind moderne Projekte der Bürgerbeteiligung wie die ebenfalls durch die Rentenbank geförderten "Bürger- und Bauernwindparks", bei denen ein erheblicher Teil der Wertschöpfung auf dem Land verbleibt. Die nächste Herausforderung wird der Ausbau der Stromnetze im Rahmen der Energiewende sein. Auf weiten Strecken verlaufen die Trassen durch ländliche Gebiete, wodurch die Flächeneigentümer und die ländliche Bevölkerung die Lasten des Flächen- und Landschaftsverbrauchs tragen müssen. Vielleicht kann auch hier eine angemessene Bürgerbeteiligung helfen, die notwendige Akzeptanz zu schaffen und gleichzeitig den Ausbau zu forcieren.

Erfahrungen nutzen, rechtzeitig handeln

Die Förderung der ländlichen Entwicklung ist eine zentrale Zukunftsaufgabe für die gesamte Gesellschaft. Der absehbare Bevölkerungsrückgang, das Abschmelzen des Erwerbspersonenpotenzials und die starke Alterung der Bevölkerung fordern die Politik zum Handeln auf. Dabei gilt es jedoch, realistisch zu bleiben, denn Zuwanderung, ob aus dem Ausland oder aus anderen Regionen, ist für viele Orte keine Option. Das Ziel der Strukturpolitik sollte daher eher eine Anpassung an die veränderten demografischen und ökonomischen Bedingungen sein. "Anpassung" bedeutet dabei jedoch keinesfalls die Aufgabe des Bestands, sondern eher dessen qualitätssichernde Redimensionierung.

Die bisherigen Erfahrungen in Regionen, die schon früh vom demografischen Wandel betroffen waren, zeigen, dass die rechtzeitige Auseinandersetzung mit der relativ gut prognostizierbaren demografischen Entwicklung von entscheidender Bedeutung ist. Wird erst reagiert, wenn Schrumpfungsprobleme deutlich sichtbar werden, können Fehlentwicklungen kaum mehr abgewendet werden. Deshalb gilt es umso mehr, an der seit Jahrzehnten kontinuierlich betriebenen ländlichen Entwicklungsförderung festzuhalten und ihre Zielsetzung weiter zu schärfen. Es gilt, diese an die neuen Herausforderungen anzupassen, um die Vitalität des ländlichen Raumes zu sichern und zu stärken. Die Landwirtschaftliche Rentenbank als Förderbank für die Agrarwirtschaft und den ländlichen Raum wird hierzu auch künftig ihren Beitrag leisten.

Dr. Horst Reinhardt , Sprecher des Vorstands der Landwirtschaftlichen Rentenbank
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