Im Blickfeld

Entschärfter Entwurf

Da zeigte die Watsche der Bundesregierung also doch die gewünschte Wirkung in der Immobilienwirtschaft. Hatte das Bundesministerium der Finanzen (BMF) doch ein Gesetz entworfen, das die europäische AIFM-Richtlinie in nationales Recht umsetzen sollte, dabei allerdings inhaltlich sehr deutlich über das von Europa Geforderte hinausging. Möglich war dies, weil die Branche sich gewohnt uneinig gab. Statt untereinander einen Kompromiss zu finden und mit gemeinsamen Forderungen und Vorschlägen an den Gesetzgeber heranzutreten, wurden Partikularinteressen gepflegt und Sonderwünsche reklamiert. Dass angesichts dieses Hickhacks die mit der Gesetzesformulierung betrauten Ministerialen die Geduld verloren, darf ihnen vorgeworfen, aber wohl menschlich nicht übel genommen werden.

Immerhin rauften sich die Vertreter der diversen immobilienwirtschaftlichen Interessen im Angesicht der gemeinsamen Gefahr doch noch zusammen und bemühten sich um eine konstruktive Diskussion. Daher offenbart der nunmehr überarbeitete Gesetzentwurf einen beachtlichen Fortschritt in der politischen Kultur der Branche. Und siehe da: Dann lässt sich auch Beachtliches durchsetzen. So ist die Neuauflage von Offenen Immobilien-Publikums- und -Spezialfonds entgegen dem ersten Entwurf auch zukünftig möglich. Ebenso vom Tisch ist die ursprünglich vorgesehene Begrenzung des Anlegerkreises bei den Grundstücks-Spezialfonds, sodass diese Anlageform semi-institutionellen Investoren wie Family Offices offen steht.

Teilweise geht der Entwurf aber immer noch über die Regelungen des erst 2013 in Kraft tretenden Anlegerschutzgesetzes hinaus. Neben einer Mindesthaltefrist von 24 Monaten wird festgeschrieben, dass Ausgabe und Rücknahme von Fondsanteilen höchstens vierteljährlich erfolgen dürfen. Sah der erste Gesetzentwurf hier noch einen Bestandsschutz für existierende Fonds vor, der auch deren künftige Neukunden einschloss, so findet sich diese Privilegierung im aktuellen Novellenvorschlag nicht mehr. Lediglich Investoren, die bis 21. Juli 2013 Anteile hielten, können diese künftig noch börsentäglich bis zu einem Volumen von 30 000 Euro pro Halbjahr zurückgeben.

Neu ist auch, dass Offene Immobilien-Publikumsfonds einen Sachverständigenausschuss haben können, aber nicht mehr müssen. Zudem braucht dieser Ausschuss, der dem Entwurf nach als "extern" anzusehen ist, nicht mehr aus mindestens drei Mitgliedern bestehen. Für Spezialfonds soll es möglich sein, die Anlageobjekte intern zu bewerten. Würden diese Vorschläge tatsächlich Gesetz, wäre das eine deutliche Minderung des Anlegerschutzes, die sogar noch hinter den Regeln des aktuellen Investmentgesetzes zurückbleiben.

Freuen können sich die Initiatoren Geschlossener Fonds, nachdem zahlreiche für sie ungünstige Regelungen wieder aus dem Entwurf gestrichen wurden. Vor allem bei der Begrenzung der Kreditaufnahme, der Mindestanlage und den Verwahrstellen seien praxisnahe Lösungen gefunden worden, wird aus der Branche gelobt. Fremdfinanzierungen bis 60 Prozent des Wertes des Fonds sollen möglich sein. Wenn es nach dem Willen der Bundesregierung geht, müssen geschlossene Beteiligungsmodelle jedoch künftig Risikomischung betreiben. Ein-Objekt-Fonds wären damit nur noch für Privatanleger, die mindestens 20 000 Euro anlegen möglich. Ansonsten sollte das Sondervermögen in mindestens drei Sachwerte investiert sein. Allerdings dürfen die Initiatoren weiterhin intern bewerten.

Paradox ist, dass gerade der Anlegerschutz, der in den vergangenen Jahren stets im Fokus vieler Gesetzesinitiativen stand, jetzt in wesentlichen Punkten wieder zurückgenommen wird. Statt die Produktanbieter auf mehr Qualität und Verlässlichkeit zu verpflichten, werden Muss- durch Kann-Bestimmungen ersetzt und die externe Kontrolle aufgeweicht. Statt die Rechte der Kunden zu stärken, droht der neue Gesetzentwurf ihre Entscheidungsfreiheiten zu beschneiden - ohne mehr Sicherheit zu bieten, sondern weniger. Aber vielleicht ist das die Vorstellung der Immobilien- und insbesondere der Fondsindustrie von erfolgreicher Lobbyarbeit. Wie nachhaltig sie ist? Die Anleger werden es zu bewerten wissen. L.H.

Noch keine Bewertungen vorhanden


X