Schwerpunkt Nachhaltigkeit

Dezentrale Energieversorgung in Ludwigsburg

Was kann eine Stadt gemeinsam mit ihren Akteuren in Bürgerschaft, Kommunalpolitik und Wirtschaft tun, um sich mit der Energieversorgung optimal für die Zukunft aufzustellen? Dazu hat die moderne Stadtverwaltung im baden-württembergischen Ludwigsburg eine nachhaltige Strategie entwickelt. Zunächst wurden Sanierungsmaßnahmen für die wichtigsten städtischen Gebäude im Rahmen eines vom Bund geförderten Konzepts erarbeitet, die derzeit entsprechend umgesetzt werden. Zudem werden für alle Neubaugebiete in Ludwigsburg Energiekonzepte erstellt, um eine passgenaue Alternative zur Energieversorgung mit Blick auf die Energieeffizienz, den Einsatz erneuerbarer Energien und die Wirtschaftlichkeit zu finden.

Smarte Energieversorgung

Eine sichere, bezahlbare und nachhaltige Lösung für die Energieversorgung ist ein wichtiger Standortfaktor. Die Übernahme des lokalen Stromnetzes durch die städtische Tochtergesellschaft, die Stadtwerke Ludwigsburg-Kornwestheim GmbH (SWLB), bedeutet dabei eine große Chance: Wie bislang bei der Fernwärmeversorgung vor Ort praktiziert, soll künftig auch dezentral und klimafreundlich Strom erzeugt werden. Dazu gehört, dass zunehmend neue Arbeitsfelder für die SWLB erschlossen werden. Ein Schwerpunkt ist dabei die Finanzierung neuer Heizungsanlagen über laufende Energieeinsparungen für Wohnungseigentümergemeinschaften, das sogenannte "Contracting". Damit können auch in diesem rechtlich und finanziell oft schwierigen Bereich energieeffiziente und umweltfreundliche Heizungsalternativen umgesetzt werden. Ebenso werden sich die SWLB im Bereich der intelligenten Netze, sogenannter "Smart Grids", einbringen. Mit deren Einsatz können im Strom-, aber auch im Wärmebereich durch intelligente Lösungen zum Beispiel über Pufferspeicher Energiebedarf und Energieerzeugung optimal aufeinander abgestimmt werden.

Mehr Fernwärme für Ludwigsburg

Der Ausbau der Fernwärme ist für die SWLB und den Erfolg der Energiestrategie der Stadt Ludwigsburg ebenso ein sehr wichtiger Baustein. Vieles ist schon erreicht - so werden zum Beispiel in der Innenstadt immer mehr private und öffentliche Gebäude angeschlossen. Allein 2013 wurden 1 700 Meter an neuen Fernwärmeleitungen erstellt. Seit Inbetriebnahme des Holzheizkraftwerks Ende 2009 wird das Fernwärmenetz der SWLB zu 70 Prozent regenerativ gespeist. Das Holzheizkraftwerk ist das größte seiner Art in Baden-Württemberg: Es hat eine thermische Leistung von zirka zehn Megawatt und eine elektrische Leistung von rund zwei Megawatt. Als Brennstoff kommt ausschließlich naturbelassenes Holz, etwa aus der Landschaftspflege in der Region zum Einsatz. Mit dem Holzheizkraftwerk werden jährlich zirka 20 000 Tonnen Kohlendioxid eingespart.

Im barocken Innenstadtquartier von Ludwigsburg läuft derzeit eine "Fernwärmeoffensive": Im Rahmen zweier Förderprojekte von Bund und Land wurde gemeinsam mit der Ludwigsburger Energieagentur LEA e.V. sowie der Hochschule für Technik Stuttgart untersucht, welche Möglichkeiten es gibt, denkmalgeschützte und stadtbildprägende Gebäude so schonend zu sanieren, dass baukulturelle Aspekte berücksichtigt, aber dennoch energetische Verbesserungen erreicht werden. Ideal ist dafür der Anschluss an die in hohem Maße regenerative Fernwärme. Aus diesem Grund wird derzeit das Netz in dem betreffenden Quartier ausgeweitet und die Eigentümer der entsprechenden Gebäude werden gezielt angesprochen, beraten und motiviert, ihre Häuser zu sanieren und an die Fernwärme anzuschließen. Auch in den anderen Ludwigsburger Stadtteilen wurden Fernwärmelösungen für Neubaugebiete und im Bestand umgesetzt. So ist in Eglosheim über die neue Heizzentrale an der Pädagogischen Hochschule eine Erweiterung des Fernwärmenetzes auch im Gebäudebestand möglich.

Blockheizkraftwerk am Ortsrand

In Neckarweihingen wird das Neubaugebiet "Neckarterrasse" als Ergebnis eines von der Ludwigsburger Energieagentur erstellten Energiekonzepts zentral mit regenerativer Wärme aus einer Holzhackschnitzel-Anlage versorgt. Anfang 2014 wurde entschieden, dass die SWLB zusätzlich ein mit Biomethan betriebenes Blockheizkraftwerk am Ortsrand von Neckarweihingen errichtet, über das die angrenzenden Hochhäuser effizient und klimaschonend mit Wärme versorgt werden können. Der Wärmebedarf dieser Bestandsgebäude ist dabei höher als der des gesamten angrenzenden Neubaugebiets. Durch die Kraft-Wärme-Kopplung und einen großen Pufferspeicher wird das Blockheizkraftwerk stromgeführt als "virtuelles Kraftwerk" betrieben, das heißt es läuft nach der Inbetriebnahme dann, wenn auf dem Markt Strom benötigt wird. Es werden zirka 3,8 Millionen Kilowattstunden pro Jahr an Strom produziert, womit der Jahresstrombedarf von rund 1 000 Vier-Personen-Haushalten gedeckt werden kann. Damit entsteht ein weiterer Baustein für eine dezentrale und effiziente Energieversorgung in Ludwigsburg.

Energieversorgungsvarianten

Das Neubaugebiet "Am Sonnenberg" im Stadtteil Grünbühl-Sonnenberg wird über die Nutzung von Geothermie und Kraftwärmekopplung sowie eines erdgasbetriebenen Spitzenlastkessels in Kombination mit einem intelligenten Netz und dezentralen Pufferspeichern mit Wärme versorgt. Das Gebiet besteht vorwiegend aus Mehrfamilienhäusern. Die drei Energieversorgungsvarianten wurden von Fachleuten der Ludwigsburger Energieagentur analysiert und im Blick auf Umweltfaktoren, Wirtschaftlichkeit, Platzbedarf und Erweiterungsmöglichkeiten auch für bestehende Gebäude untersucht. Am besten schnitt insgesamt die Kombination von Geothermie mit 50 Bohrungen von über 100 Metern Tiefe mit einem Blockheizkraftwerk ab, das zum Beispiel den notwendigen Strom für die Wärmepumpe erzeugt.

Die Entscheidung dafür wurde offensiv in der Bürgerschaft und insbesondere den Anwohnern gegenüber kommuniziert. Wesentliche Punkte waren hier die Nachhaltigkeit des Energiekonzepts sowie das Darlegen und Untersuchen der geologischen und bohrtechnischen Risiken bei der Erstellung des Erdwärmesondenfeldes. Dazu gab es im Vorfeld mehrere Bürgerveranstaltungen, die über das Projekt, dessen Zielsetzung sowie über die Umsetzung aufgeklärt haben. Dabei konnten Bedenken seitens der Bürgerschaft ausgeräumt beziehungsweise im weiteren Ablauf berücksichtigt werden. Angeschlossen an das Fernwärmenetz ist auch das Kinder- und Familienzentrum Grünbühl-Sonnenberg. Es liegt zentral an der Schnittstelle zwischen den beiden Wohngebieten Grünbühl und Sonnenberg und an einem neu entstandenen Quartiersplatz. Die Nutzerinnen und Nutzer können damit auf die umweltfreundliche und effiziente Energieversorgung optimal aufmerksam gemacht werden - ein wichtiger Aspekt, denn die Stadt Ludwigsburg hat gemeinsam mit den Bürgerinnen und Bürgern noch viel vor in Sachen Energie.

Auf dem Weg zur klimaneutralen Stadt

Engagierte Bürgerinnen und Bürger haben sich gemeinsam mit dem Gemeinderat und der Stadtverwaltung zum Ziel gesetzt, dass Ludwigsburg bis 2050 eine klimaneutrale Stadt wird. Energie ist eines der elf Themenfelder des nachhaltigen Stadtentwicklungskonzepts "Chancen für Ludwigsburg", das seit 2004 mit viel Bürgerengagement vorangetrieben wird. Das Ziel der "Klimaneutralen Stadt Ludwigsburg" ist aber auch mit anderen Themenfeldern wie zum Beispiel attraktives Wohnen, grün in der Stadt oder Mobilität eng verbunden. Das ist das Besondere am Stadtentwicklungsprozess in Ludwigsburg: der ganzheitliche Blick, der Zusammenhänge erkennt und aufnimmt und verschiedene Aspekte nachhaltig miteinander vernetzt.

Um dies gemeinsam zu entwickeln und verbindlich festzulegen, haben sich Bürgerinnen und Bürger, Expertinnen und Experten, Gemeinderat und Verwaltung seit 2004 in mehreren sogenannten "Zukunftskonferenzen" auf Leitsätze und strategische Ziele zu den elf Themenfeldern des Stadtentwicklungskonzepts verständigt. Diese wurden vom Gemeinderat beschlossen und seither immer wieder in weiteren Zukunftskonferenzen aktualisiert und fortgeschrieben. Im "Masterplan Energie", in dem die Energiestrategie von Verwaltung und Kommunalpolitik dokumentiert ist, sind unter anderem Zwischenziele, Maßnahmen und Aufgaben zu Schwerpunkten wie Energieversorgung und -nutzung, dem Energiestandard städtischer Gebäude und Bebauungspläne, Öffentlichkeitsarbeit und Beratung sowie Energieeinsparungen bei der Mobilität enthalten.

Neue Konzepte für Energie und Mobilität

Ein wichtiger Baustein ist das Gesamtenergiekonzept für Ludwigsburg, das vom Institut für Energiewirtschaft und Rationelle Energieanwendung der Universität Stuttgart gemeinsam mit der Stadt Ludwigsburg, lokalen Energieexperten und interessierten Bürgerinnen und Bürgern in den Jahren 2010 und 2011 erstellt wurde. Ergebnis waren verschiedene Maßnahmenvorschläge und Handlungsempfehlungen, durch deren Umsetzung Ludwigsburg bis 2050 zu einer klimaneutralen Stadt werden könnte. Das heißt konkret, dass pro Kopf und pro Jahr nicht mehr als zwei Tonnen Kohlendioxid ausgestoßen werden. Verantwortlich für den "Masterplan Energie" und das Gesamtenergiekonzept ist das Referat Nachhaltige Stadtentwicklung der Stadt Ludwigsburg. Im Frühjahr 2014 hat es über den aktuellen Stand in den Bereichen Energie und Mobilität berichtet.

Beim Thema Mobilität liegen die Schwerpunkte auf der Erstellung eines Konzepts für den Fuß- und Radverkehr sowie den ÖPNV und um intensive Öffentlichkeitsarbeit. Ebenfalls im Fokus stehen der Ausbau des stadtweiten Mobilitätsmanagements und die Weiterentwicklung des nachhaltigen Individualverkehrs unter Einbeziehung der Elektromobilität. Bei der Förderung der E-Mobilität spielt die entsprechende Infra- und Ladestruktur eine sehr wichtige Rolle, im öffentlichen Raum, aber vor allem auch in privaten und gewerblichen Gebäuden. Ein enger Zusammenhang zwischen Mobilität, Energie und Gebäuden besteht auch bei Mobilitätskonzepten für Quartiere und Neubaugebiete. Hier können zum Beispiel durch Car-Sharing-Angebote weniger Stellplätze notwendig werden.

Im September 2014 startet die Verwaltung in Ludwigsburg eine größere Informationskampagne, in deren Zentrum die Ausstellung für Klimaschutz und Energie, das "Wissenszentrum Energie" steht. Sie wurde im Oktober 2013 im Kulturzentrum eröffnet und liegt mitten in der Innenstadt. Bei der Konzeption und der Umsetzung der Info-Ausstellung hat die Stadt eng mit verschiedenen Partnern zusammengearbeitet. Einer davon ist die Ludwigsburger Energieagentur LEA e.V.. Sie leistet bei der Umsetzung der städtischen Energiestrategie einen wichtigen Beitrag, zum Beispiel durch ihre umfassenden Beratungsangebote für Bürgerinnen und Bürger. Das Energetikom e.V., Kompetenzzentrum für Energie und Ökodesign, übernimmt als Schnittstelle zur Wirtschaft eine wichtige Rolle.

*) Mitarbeit, Fotografien, Grafik: Systherma Planungsbüro für Erdwärmesysteme; Ingenieurbüro Zeeh, Schreyer + Partner; Ingenieurbüro Bolkart; Stadtwerke Ludwigsburg-Kornwestheim GmbH

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